Nachbericht des ImmoLive Talks: Geldanlagen in Immobilien

Unsere Podiumsgäste: Martina Hirsch, Leiterin Bauträgervertrieb bei der sReal Michael Baert, Vorstand der ifa AG Benedikt Hartig, CCO (Chief Commercial Officer) der eyemaxx Real Estate Group Florian Kammerstätter, Geschäftsführer der Consulting Company Markus Mendel, EHL Investment Consulting Wie steht es um die derzeitige wirtschaftliche Situation? Michael Baert (IFA) beginnt die Runde und sieht „eine gewisse Verunsicherung und Nervosität“ – ähnlich der Wirtschaftskrise vor 10 Jahren. Aus Sicht des Vermögens – „der sichere Hafen fürs Geld“ – bleiben Immobilien krisensichere Investitionen. Die IFA verwalte 10.000 Wohnungen, bei nur insgesamt 80 Stundungs-Fällen – das zeige, wie sicher insbesondere die Sparte Wohnen in der Branche sei. Martina Hirsch (sReal) sieht eine „starke Erhöhung“ bei Nachfrage nach und Umsätzen bei Wohnungsverkäufen seit Juli dieses Jahres. Gerade bei privaten Anlegern sei die Nachfrage extrem hoch (Stichwort „sicherer Hafen“). In der zweiten Gruppe der Eigennutzer spüre man aber sehr wohl die Verunsicherung, hier würden Kaufentscheidungen oft verschoben. Benedikt Hartig (eyemaxx) beurteilt die indirekten Investments. Die Pandemie habe „starke Auswirkungen“ auf Immobilien-Aktien gehabt. Gewerbe-Immobillien seien Teil vieler Portfolios – und gerade die seien gerade mit Unsicherheit verbunden; die allerwenigsten Aktien-Portfolios bestünden ausschließlich aus „sicheren“ Wohn-Beteiligungen. Mit Ausbruch der Pandemie habe es teilweise starke Kurseinbrüche gegeben, und die Aktien hätten sich nur teilweise erholen können. Florian Kammerstätter von der Consulting Company will keinen großen Unterschied zwischen den österreichischen Bundesländern sehen – egal ob Anlageprodukt oder Eigennutzung. Nach dem ersten Lockdown sei die Nachfrage stark gestiegen, bekräftigt Kammerstätter. Wien als Bundeshauptstadt habe einen „Bonus“ bei den Vorsorgewohnungen und deren Käufern – egal ob Private oder Institutionelle – und auch trotz der niedrigeren Renditen, als sie zum Beispiel, laut Kammerstätter, im oberösterreichischen Wels zu erwarten seien. Wien habe den Vorteil laufend steigender Preise, was eine Werststeigerung bedeutet. Markus Mendel (EHL) analysiert das (oft) internationale Investment von Institutionellen: „Das erste Investment passiert in Wien, aber dann geht es sehr schnell in die Bundesländer.“ Graz, Linz, Salzburg-Stadt seien da „ganz vorne mit dabei“; das Rendite-Niveau dort gleiche sich stetig an den Wiener Markt an. Es seien, so Mendel, vor allem deutsche Investoren „die sich auf diesen Märkten tummeln“, die aufgrund der geografischen Nähe „den Ausflug in die Bundesländer wagen“. Werden Fonds ihre Portfolios neu durchmischen, weg von Hotels und dem Einzelhandel? Markus Mendel sieht seitens der Investment Manager – die ja oft im Auftrag der großen Insitutionellen, wie Versicherungen und Pensionskassen agieren – eine deutlich größere Nachfrage nach „stabilen“ Produkten, also Wohnungen und dem Logistik-Bereich. „Wir werden in Österreich bald Investoren erleben, die in Wohnprojekte investieren, die das früher nicht getan haben.“ Im Wohnbereich werde die Investorenlandschaft im kommenden Jahr deutlich vielfältiger, prognostiziert Mendel. Florian Kammerstätter (Consulting Company) ergänzt um seine Einschätzung zu Privatinvestoren. Viele, die in der Vergangenheit in kleine Gewerbeflächen investiert hätten, tendieren jetzt zum Wohnbau. Kleinanleger, Familienstiftungen und Einzelkäufer hätten den Wert des Wohnens als „Grundbedürfnis“ und somit ausfallsichere Anlage erkannt. Aus seiner Erfahrung hätte es im oberösterreichischen Gewerbesegment – durch die Pandemie – zuletzt einige Stundungen bzw. Mietausfälle gegeben – nicht so aber beim Wohnen und den Mieten. „Das sehen jetzt viele: Wenn ich im Grundbuch stehe und weiß, das gehört mir – dann setze ich mein Vermögen nicht aufs Spiel.“ Martina Hirsch (sReal) spricht die veränderten Wohnwünsche im Eigennutzungsbereich an: Gartenwohnungen („eine Besonderheit im städtischen Bereich), größere Außenflächen und „50 bis 60 Quadratmeter statt den bisherigen 30 bis 40“ seien stärker nachgefragt denn je. Über das gesamte Jahr 2020 – vom Q1 bis zum laufenden Q4 – seien die Preise gestiegen, sowohl im Eigennutzungs- als auch im Anlegebereich. Das zeige, dass Menschen jetzt noch bereit seien, auch höhere Preise zu zahlen. Aber, so Hirsch: „Ich bin skeptisch, dass die Menschen auch 2021 noch bereit sein werden, diese Preise zu zahlen, sollten sie weiter steigen.“ Eine ungehemmte Steigerung der Preise von Q1 2021 bis zum Q4 2021?, „da wäre ich sehr vorsichtig“, sagt Hirsch. Benedikt Hartig (eyemaxx) analysiert die Situation der Banken bei Immobilien-Investments und die Frage der Finanzierung. „Als Privatperson waren die Zeiten selten günstiger als jetzt“, so Hartigs knappes Fazit. Das liege an den historisch niedrigen Zinsen und den Prognosen, wonach das Zinsniveau auch langfristig niedrig bleiben werde. Unternehmensfinanzierungen hingegen seien pandemiebedingt schwieriger geworden. Bei bestimmten Asset-Klassen – vorrangig Hotels – „sprechen die Banken jetzt eher ein Nein aus“, so Hartig – und das passiere unabhängig von Faktoren wie der Objektlage und etwaigen Betreibern. Auch beim Einzelhandel sei es gerade schwierig, Finanzierungen von der Bank zu bekommen. Erste Frage aus dem ImmoLive-Chat: Wie sieht das Podium Crowd Investments in Wien? Michael Baert (ifa) sieht Crowd Investment „wohl ein bisschen kritisch“. Vor allem, wenn dadurch Kleinstbeträge gesammelt werden. Die ifa selbst biete ein ähnliches Produkt, „mit dem wir zuletzt 30 Millionen Euro umsetzen konnten“ – allerdings liege das durchschnittliche Investment dort „in einem deutlich fünfstelligen Bereich“. Das müsse auch so sein, denn die Kosten des Crowd Investments „bei kleinen Tickets“ seien dermaßen hoch, dass „es schwierig wird, eine entsprechende Rendite zu versprechen und das auch zu erwirtschaften“. Es mache einen Unterschied, „ob ich tausend Kunden à 500 Euro betreuen muss oder zehn Kunden à 50.000 Euro“, zieht Baert einen Vergleich. Was Crowd Investment noch von den „Immobilien-Profis“ unterscheide, sei die genaue Prüfung jedes einzelnen Objekts, wirbt Baert für die „professionelle“ Branche und deren Produkte. Benedikt Hartig (eyemaxx) unterstreicht: „Das ist eine Variante mit Zukunft, aber derzeit noch nicht günstig genug, um sich das – aus Unternehmenssicht – anzutun.“ Hartig zieht einen ähnlichen Vergleich: „Ich hole mir doch nicht 1.000 Anleger ins Haus, wenn ich die Möglichkeit habe, denselben Deal mit einem Pensionsfonds abzuschließen.“ Florian Kammerstätter (Consulting Company) ergänzt: In Zeiten der Negativzinsen sei es legitim, ein höheres Risiko einzugehen mit der Aussicht auf höheren Ertrag und Rendite-Aussichten – nicht zuletzt, wenn sich ein seriöser Bauträger finde „dem man das Geld in die Hand gibt“. Der ImmoLive-Chat fragt: Mehr Miet- statt Eigentumswohnungen – steigt der Druck der Investoren auf die Bauträger? Markus Mendel (EHL) sieht einen „durchaus Investoren-freundlichen Markt“. Es gebe eine Vielzahl an Mietwohnungs-Projekten, die an institutionelle Investoren verkauft würden. Statt Einzelwohnungs-„Abverkäufen“ interessierten sich Institutionelle jetzt für den „Globalankauf“ der ganzen Immobilie. Gleichzeitig gebe es viele Mietwohnungsprodukte am Markt – und da werde die genaue Prüfung der Immobilie schlagend. Wenn die zu erwartende Rendite ohnehin nicht allzu hoch sei und die Höhe der Miete „nicht unambitioniert“, müsse schon beim Projektverkauf eine schlaue Mietprognose angesetzt werden – „da steckt das Geschick des Investors dahinter“. Es sei ein Blick in die Glaskugel, „jetzt etwas vom Plan weg zu kaufen“ und das Objekt dann in zwei, drei Jahren erfolgreich zu vermieten. „Wer jetzt am Wohnungsmarkt die konservative Brille aufhat, wird schlecht zum Zug kommen“, vermutet Mendel. Vor- und Nachteile des Bauherrenmodells? Das will der ImmoLive-Chat wissen Martina Hirsch habe bei der sReal „wenige Bauherrenmodelle im Vertrieb, und ich erkläre gerne warum“. Beim Bauherrenmodell kaufe man nicht eine bestimmte Wohnung, sondern den Mitanteil an einem Objekt. Die sReal zähle dagegen „konservative Kunden, wobei nur eine Nische davon dieses Modell interessiert“. „Unsere Kunden“ sind die „sicheren Anleger“, welche die eigene Immobilie wollen – und sich nicht auf ein „Miteigentum“ einlassen wollen, mit allen rechtlichen Bürden. Michael Baert (ifa) sieht es beim Kunden, „der am Ende des Tages mit seiner Entscheidung glücklich sein muss“. letztlich habe jedes Modell seine Vorteile. Wer sich für das Bauherren-Modell entscheide, bekomme letztlich „immer ein gefördertes Modell mit kurzfristigen Abschreibungen“. Durch gedeckelte Mieten sei eine „gute Vermietbarkeit“ über die gesamte Laufzeit gegeben. Auf der anderen Seite stehe die Eigentumswohnung für „ein alleiniges Entscheidungsrecht“, sagt Baert. „Im Endeffekt kommt es darauf an, was ich mit der Immobilie vorhabe: Sehe ich sie als Wohnung? Ein Ort, wo einmal meine Kinder einziehen? Oder sehe ich sie als Investment, als Sparbuch?“ Was tun mit 52.000 Euro auf der Kante?, fragt ein User im Chat – „was empfehlen Sie mir?“ Benedikt Hartig (eyemaxx) will hier keine eindeutige Aussage treffen – „es kommt auf den individuellen Hintergrund an“. Hartig würde – mit den 52.000 Euro an Eigenmitteln – „versuchen, eine Wohnung zu kaufen“. Vielleicht „gehen sich ja auch zwei Wohnungen aus, wenn man geschickt verhandelt mit der Bank“, so Hartig. Florian Kammerstätter (Consulting Company) bekräftigt: Eine Wohnung „kann ich mir anschauen, das ist ein realer Wert, die existiert“. Egal ob Anleihe oder Beteiligungsmodell oder Eigentumsmodell – all das sei zukunftssicher. Mit 52.000 Euro Eigenmittelanteil sei eine vernünftige Finanzierung „mit wenig Risiko“ möglich. Sind Inflationssorgen berechtigt? Markus Mendel (EHL) meint: Mittelfristig werde sich an der Niedrigzinspolitik nichts ändern. Es brauche eine gesunde Inflation, und jeder Investor rechne das in seiner Investitionsrechnung mit rein. „Dennoch – jetzt ist es ein Blick in die Glaskugel.“ Die Wertsteigerung des „Betongolds“, der Immobilie, habe in Wien und Österreich – verglichen mit anderen europäischen Metropolen – jedenfalls noch ein Steigerungspotenzial. Mehr Fragen aus dem ImmoLive-Chat Führt die Wirtschaftskrise durch die Pandemie zu mehr Edikten, weil Kreditraten nicht gezahlt werden können? Was bedeutet das für Preise am Immo-Markt?, will das User-Forum im ImmoLive-Chat wissen. „Ich sehe keinen Trend in diese Richtung“, sagt Benedikt Hartig (eyemaxx). Banken würden wohl „alles tun um zu verhindern, dass es zu einem solchen Worst-Case-Szenario kommt“. Auswirkungen auf das Preisgefüge sehe Hartig keine; Banken würden Maßnahmen in alle Richtungen setzen, um Privatkunden „stabil“ zu halten. Werden die Mieten stagnieren? Rund die Hälfte der User in der ImmoLive-Online-Umfrage sehen das so. Was sagen die ExpertInnen? Florian Kammerstätter von der Consulting Company sieht keine einheitliche Bewegung im Neubaubereich, sondern eine mögliche „Aufspreizung“. Die Mietenentwicklung werde ganz abhängig von der Wohnungsgröße und -typologie, und natürlich von der Lage. „In Wien im 14. Bezirk, dem gewählt wohnenswertesten Bezirk in der Stadt, wo noch dazu nicht viel neu gebaut wird, wird es definitiv zu Preissteigerungen kommen“. Beim Neubau habe der Entwickler zudem Spielraum beim Grundriss – „da komme ich bei einer Zwei-Zimmer-Wohnung mit 40 Quadratmeter auf unter 700 Euro Bruttomiete. Das funktioniert“, sagt Kammerstätter: „Wenn die Mieten allgemein steigen, werden wir mit neuen Angeboten reagieren müssen.“ Martina Hirsch von sReal ergänzt: Von genau 12 Euro Nettomiete im Neubau-Erstbezug für das Q1 2020 sei der Preis bereits innerhalb weniger Monate durchschnittlich auf 12,36 Euro netto gestiegen. Was Grundriss und Größe betreffe: Als Entwickler „dürfen wir den Blick des Mieters nicht verlieren“; „wir setzen auf die Kommastelle eine Miete an, aber der Kunde will wissen: Was muss ich am Ende des Tages zahlen, inklusive Betriebskosten und Steuer?“, sagt Hirsch und weiß: „Da gibt es Schmerzgrenzen.“ Was höhere Preise rechtfertigt, seien „Alleinstellungsmerkmale“: der Concierge, der Pool, der Co-Working-Space im Haus. „Davon gibt es in Wien nicht allzu viel, und da können sich Projekte abheben“, sagt Hirsch. Michael Baert (ifa) wirft ein: Ja, mit intelligentem und elegantem Grundriss-Schnitt seien auch Zwei-Zimmer-Wohnungen „auf 42, 43 Quadratmeter“ gut umsetzbar. „Das funktioniert!“, erklärt Baert, „aber uns muss klar sein, wir haben dort eine höhere Fluktuation“. Wie lange lange sollte der Horizont von (in-)direkten Investments sein?, fragt ein Privatinvestor im ImmoLive-Chat Markus Mendel (EHL) ragt retour, ob der User „gerne und oft mit Immobilien handelt“, Wohnungen bzw. Investments bzw. Aktien kauft und wieder verkauft. Ein indirektes Investment sei womöglich leichter handelbar, flexibler. „Aus privater Natur“ würde Mendel aber wohl eher auf langfristige Investments setzen. „Schnell Kohle machen“ sei das eine, das andere sei das Handling der vielen Nebenkosten, ergänzt Benedikt Hartig von eyemaxx. Eine weitere Frage aus dem Chat: Schafft der Trend zum Home Office andere Nachfragen in unterschiedlichen Regionen als bislang? Florian Kammerstätter von der Consulting Company sieht „durchaus die Bereitschaft, die eigene Lebenssituation zu verbessern“ – und das muss nicht die Vergrößerung der Quadratmeter sein. „Es muss nicht immer das eine Zimmer mehr sein“ – schon eher sei es die Nachfrage nach Frei- und Außenflächen, die zum Schlagen komme. Weitere Fragen aus dem ImmoLive-Chat Das Expertinnen- und Experten-Podium beantworte noch weitere User-Fragen aus dem Chat. Wie steht es um das Mietrechtsgesetz? Werden Mietbefristung gesetzlich künftig erschwert, was bedeuten lange Verfahrensdauern bei Klagen gegen Mietern? Martina Hirsch (sReal) relativiert: Der Großteil der Mietwohnungen in Wien sei bereits „reglementierte Wohnungen“. Zusätzliche Reglements seien aus Hirsch’s Sicht demnach nicht vorstellbar. „Ja, Wohnungen unter 50 Quadratmeter werden gesucht und werden nachgefragt“, erklärt Florian Kammerstätter (Consulting Company) eine Frage aus dem Chat. Eben weil der Wohnungsdruck steige und es dringende Nachfrage nach leistbarem Wohnen gebe. „Natürlich gibt es auch größere Wohnungen, aber die muss man sich leisten können. Und in Wien wird sowieso alles gesucht“, ergänzt Michael Baert (ifa). „Es ist ja für uns Entwickler auch nicht lustig, wenn rundherum alles so teuer wird, dass wir unser Produkt nicht positionieren können.“ Zum Abschluss: Was bringt 2021? Michael Bart (ifa) wil „immer mehr Barzahler, immer weniger Kreditnehmer“ beobachten; zweitens werde im kommenden Jahr 2021 „noch mehr Geld in Immobilien gespeichert“. Benedikt Hartig (eyemaxx): Bei niedrigen Zinsen gebe es „sehr viel Geld, das investiert werden möchte“. Immobilien blieben im Fokus – „ich bin überzeugt: Die Renditen sinken, die Preise steigen“, so Hartig. Florian Kammerstätter (Consulting Company) meint: Die Tendenz der vergangenen zwei, drei Jahre werde beibehalten. Wien sei im europäischen Vergleich eine „sehr leistbare Hauptstadt“. „Ich sehe keine Blase, ich sehe viel Geld am Markt. Die Immobilie bleibt Top-Investment-Möglichkeit.“ Markus Mendel von EHL sieht sich jetzt schon am „Sichern von Exklusivitäten mit Investoren“ für 2021; das unterstreiche das bereits Gesagte – „das Geld ist da, es gibt keine Finanzierungsvorbehalte“. Die Anzeichen stünden gut – „es gibt extrem viel Geld“, die Investoren seien bereits auf der Suche nach „Pipelines“, wo sie ihr Kapital investieren könnten. Martina Hirsch von sReal blickt „grundsätzlich positiv“ ins kommende Jahr. Es kämen viele neue Projekte auf Schiene, und auch „die Kunden sind affin wie nie“. Der Aspekt „Sicherheit“ stehe in Krisenzeiten im Vordergrund, was für die Branche eine positive Perspektive bedeute.

Geldanlagen in Immobilien

Wir sehen derzeit eine enorme Nachfrage sowohl von den großen institutionellen Investoren, als auch von Privatpersonen. Das ist ein großer Unterscheid, aber es gibt sehr wohl Ähnlichkeiten im Anlageverhalten. Die Verunsicherung durch die aktuelle wirtschaftliche Situation ist hoch und Sicherheit steht bei den Investments im Vordergrund, Egal ob es sich um Vorsorgewohnung, Zinshaus, Bauherrenmodell, Immo-Aktien oder Anleihen oder um gewerbliche Objekte handelt.  Wir möchten den Bogen spannen und einen Überblick über den Status Quo geben und natürlich auch versuchen einen Ausblick zu schaffen auf die kommenden Monate – wie wohl wir wissen, dass das nicht leicht ist. Unser Podium bei dieser Diskussion: Martina Hirsch, Leiterin Bauträgervertrieb bei der sReal Michael Baert, Vorstand der ifa AG Benedikt Hartig, CCO (Chief Commercial Officer) der eyemaxx Real Estate Group Florian Kammerstätter, Geschäftsführer der Consulting Company Markus Mendel, EHL Investment Consulting

Allora Immobilien und VÖPE, die neuen Projekte von Peter Ulm

Seit Jahrzehnten in der Branche, aber erst seit einem guten Jahr tatsächlich selbstständiger CEO seines eigenen Unternehmens „Allora Immobilien“ – wie geht es Ulm dabei? „Es gibt keinen Zeitpunkt, der nicht herausfordernd ist“, beginnt Ulm den Executive Talk. Die aktuelle Pandemie und der Lockdown brächten „massive ökonomische Herausforderungen“, aber „meine persönliche Meinung ist: Der Virus ist Beschleuniger von Entwicklungen, die ohnehin gekommen wären“. Dass nach zehn Jahren ungebremsten Wirtschaftswachstums irgendwann eine Verlangsamung kommen müsse, „ist für mich völlig normal“. Mit Erfahrung in der Branche zu „Allora“ Ulm berichtet über das „Bodenständige, das Erdige, das Anpacken an den Wurzeln“, das mit seiner im Herbst 2019 gegründeten „Allora“-Immobilien einher gegangen sei – davor war Ulm in größeren Konzernen tätig, zuletzt bei der „6B47“-Investment-Gruppe. Der neue Name „Allora“ stehe – aus dem Italienischen übersetzt – für „packen wir’s an“, und „mit ein bisschen Italophilie geht es auch leichter“, berichtet Ulm schmunzelnd. Mit „Allora“ wolle sich Ulm auf Österreich – mit Schwerpunkt Wien – konzentrieren. Im Fokus stünden „größere Developments, also 10.0000 Quadratmeter aufwärts“, wobei er keinen Unterschied zwischen Wohn- und Büroimmobilien mache. Aktuell sei „Allora“ an Projekt-Developments in der Größenordnung von 180.000 Quadratmeter Nutzfläche beteiligt. Vorteile des Neueinstiegs, die Zukunft des Büros und Aussichten für 2021 Ulm berichtet, erst im Q4 2019 mit konkreten Akquisitionen begonnen zu haben. „Wird sind dann rasch in die Beschleunigung der Situation gerutscht, aber gleichzeitig muss  ich mich nicht mit Dingen beschäftigen, die schon seit drei bis vier Jahren am Laufen sind“, wiegt Ulm die Vor- und Nachteile der Firmengründung ab. „Der Office Markt ist nicht tot! Ich glaube an den Wiener Büromarkt, Totgesagte leben länger“, fasst Ulm seine Einschätzung zu Office-Immobilien zusammen. Grundsätzlich werde das kommende Jahr einen Fokus auf „green buildings“ sowie soziale und energetische Nachhaltigkeit bringen – aber auch eine ungebremste Nachfrage nach (Wohn-)Immobilien als Anlageprodukt. „Ich habe jüngst einem Kollegen eine Wette angeboten“, erzählt Ulm, „wir werden 2021 im Wohnbereich 3 Prozent Rendite sehen“. Bei aller Freude über konstante Renditen und guter Nachfrage schaut Ulm mit ernstem Blick auf die makroökonomische Lage: Die Finanzreserven der Privathaushalte schrumpfen, durch Teilzeit- und Kurzarbeit würden die Geldbörsen knapper. „Die Leistbarkeit der privaten Haushalte geht zurück“, sagt Ulm; „wir müssen im privaten Sektor vor dem Blick auf die Rendite schon noch darauf schauen – wer uns diese Mieten noch zahlt“. Die Zukunft der Hotellerie und Menschen im Home-Office Ulm zeigt sich überzeugt von Aussagen, die er „im Gespräch mit Experten gehört“ habe: 2022, 2023 komme  der Tourismus zurück nach Wien – aber „nur“ er Individualtourismus. Wien ist seit Jahren Top-3-Kongress-Stadt weltweit; aber der Kongresstourismus werde sich nicht so schnell erfangen. Große Benchmarks wie der Radiologen-Kongress würden wohl künftig als „Hybdrid-Veranstaltung“ abgehalten. „Die normale Hotellerie erlebt jetzt eine Talsohle, aber die Kongresse kommen nicht mehr zurück“, zeichnet Ulm ein dunkles Bild. „Home Office hat eine Luxustangente“, sagt Ulm bezogen auf das Arbeiten von zuhause: „Es macht dann Spaß, wenn ich die technischen Voraussetzungen habe und die Wohnung, wo ich in Ruhe arbeiten kann.“ Aber diesen Luxus hätten bei weitem nicht alle. Deswegen, so Ulms Prognose, werde „die Arbeit als Bürofläche in die Wohnquartiere reinkommen“. Statt riesenhafter, monolithischer Konzern-Headquarters vermutet Ulm einen Trend zu „Corporate-Sub-Locations“, die mit kleineren Büro-Einheiten in die Wohngrätzl gehen und die MitarbeiterInnen ebendort erreichen. Frage aus dem Chat: Ist der Ertrag nicht egal, solang das Kapital sicher ist? Macht es wirklich Sinn, die Rendite zu beäugen, solange doch die Wohnung als Kapital sicher sei?, stellt die ImmoLive-Community die Frage im Chat. Ja, die Frage aus dem Chat sei durchaus richtig selbst beantwortet, meint Ulm. „Als Privatanleger schaue ich: Habe ich mit meiner Wohnung auch ein Produkt, das in zehn Jahren auch noch wen interessiert?“ Ob die Wohnung nun „2 oder 2,5 Prozent Rendite“ abwerfe, sei irrelevant – solange das Produkt (also die Wohnung, die Immobilie) gut ist. ImmoLive-Frage: Was bringt die neue Wiener Stadtregierung für die Stadtplanung? Das Stadtplanungs- und Flächenwidmungsressort soll in der neuen SPÖ-NEOS-Stadtkoalition zu einem „Innovations-Ressort“ werden, dass der SPÖ untersteht. Was erwartet sich Ulm von diesem Switch – immerhin waren jetzt zehn Jahre lang die Grünen für das Thema zuständig? „Ich erwarte mir keine disruptive Veränderung“, bleibt Ulm gelassen; schließlich war die Stadtplanung „ja auch vor den Grünen in SPÖ-Hand“. Wien habe ein „wunderbares“ Smart-City-Konzept und einen Stadtentwicklungsplan („STEP2025“), der Dinge „wichtiger verortet als Pop-Up-Radwege“, wie Ulm einen Wahlkampf-Sager von SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig schmunzelnd paraphrasiert. „Ich freue mich auf schlaue Konzepte wie die ‚Super-Blocks‘ in Barcelona, wo ganze Stadtviertel autofrei geplant werden“, schaut Ulm optimistisch in die Wiener Zukunft. Alphatiere vereint – im VÖPE die Interessen der Branche bündeln Zuletzt spricht Ulm über den VÖPE, den „Verein der Österreichischen Projektentwickler“. Es sei Zeichen des Wandels, dass die Branche in „eine gemeinsame Kommunikation gemeinsamer Anliegen“ komme – gerade wo die Immo-Branche von „Alphatieren“ geprägt sei. Gemeinsam mit Erwin Soravia arbeite Peter Ulm an der Entwicklung des VÖPE – „wir haben schon 32 Mitglieder an Bord, weitere stehen vor der Türe“. Es gehe dem VÖPE um konkrete Projektentwickler – egal welcher Größe – die „nicht jammern wollen, sondern gestalten, und der öffentlichen Hand als Ansprechpartner dienen“ wollen. Nicht zuletzt brauche es den Verein VÖPE, um den – zu unrecht – ramponierten Ruf der Immo-Entwickler in der öffentlichen Meinung aufzuwerten. Diese Gemeinsamkeit gelte für das ganze Land, sagt Ulm: „Wir sind keine Wiener. Wir sind ein österreichischer Verein.“ Mit unserer eigenen Corporate Governance gehen wir aktiv als gute Partner voran – im Sinne der sozialen Nachhaltigkeit.

Die Rechtslage in der Immobilien Branche war schon vor Covid-19 schwierig!

Wie steht es um die Gesetze betreffend die Immo-Branche? Das „Urgestein“ der Branche, Winfried Kallinger, eröffnet die Runde mit seinem Empfinden, wie sich Gesetze und rechtliche Vorgaben entwickelt haben, die Immo-Branche betreffend. Kallinger meint: „Sicherer sind die Vorgaben jedenfalls geworden; aber ob übersichtlicher – das wage ich zu bezweifeln.“ Hätte die Wiener Ringstraße im 19. Jahrhundert unter den gesetzlichen Auflagen von heute gebaut werden müssen – „dann wäre sie heute noch nicht fertig“, sagt Kallinger schmunzelnd. Schon dereinst habe ein „allgemeines Qualitätsbewusstsein“ geherrscht, und mit der Vorgabe „tunlichst nachhaltige Materialien“ zu verbauen sie die Richtung vorgegeben gewesen. Haftungsrisiken und technische Anforderungen sind seither deutlich größer geworden, analysiert Kallinger. Andreas Hawlik sieht „neben dem Paragrafen §27 der Bauordnung noch gefühlt 200 weitere Vorgaben“; gleichzeitig sei in der Österreichischen Bauordnung eine „Vereinheitlichung passiert, die grundsätzlich positiv ist“. Leider kämen mit dem Zuwachs an Normen auch widersprüchliche, sich gegenseitig widersprechende Auflagen dazu – weil Lobby-Gruppen ihre Interessen in Landesgesetzen verankern, und das „übergeordnete Regulativ“ fehle. Entscheidungen fielen demnach im Wege der Gerichte – „und bis es soweit kommt, sind fünf oder sechs Jahre vergangen“. Der Jurist Alfred Nemetschke sieht eine „Verschlechterung der Legistik“ in den vergangenen Jahren. Selbst als gelernter Anwalt müsse er manche Texte „mehrfach lesen, bis ich verstehe, was damit gemeint ist“. Ein konkretes Beispiel sei die Covid-19-Mietzinsminderung mit der „unsäglichen“ Fixkostenrichtlinie. Das führe seitens des Gesetzgebers zu „völlig unlösbaren Situationen“, sagt Nemetschke, bezugnehmend auf die Mietzinsreduzierung und den Mietkostenzuschuss. „Das war gut gemeint, aber das Parlament weiß nicht, was es damit anrichtet in der Praxis“, bezieht sich Nemetschke auf Anfragen an das Hohe Haus. Juristische Fragen würden oft bis zum Obersten Verfassungsgericht lizitiert – „das ist im Nachhinein bitter“. Wer als Politiker an den „Grundfesten des Rechtsstaates“ rüttle, brauche sich nicht wundern, wenn andere „Rechtsunterworfene“ die Sache „nicht mehr ganz ernst nehmen“, zeichnet Nemetschke ein Bild. Die Rechtslage war schon vor Covid-19 schwierig Schon vor der Pandemie habe die „Verzahnung von Zivilrecht und Baurecht und Verwaltungsrecht“ zu Dilemmata geführt, meint Winfried Kallinger (Kallinger Projekte). Das beginne schon bei der Konzeption von Bauprojekten – über gewachsene Verordnung würden hier „etliche Prozent der Wirtschaftlichkeit eines Projekts beeinflusst“, das mache eine „Wertdifferenz von bis zu zehn Prozent aus“. Von Genossenschaften über Freifinanzierte – „alle für sich wissen, wie die Sache läuft; jeder kocht seine eigene Suppe und hofft, dass es gut geht“. In Wirklichkeit „ein fürchterlicher Zustand“, so Kallinger, „und keiner greift das an – schon gar nicht während Covid“. „Ich habe seit dreißig Jahren einen ‚Riesen-Spaß‘, deutschen Klienten das österreichische Gebührengesetz zu erklären“, ergänzt Alfred Nemetschke (NHK Rechtsanwälte) mit bitterem Humor. Andreas Hawlik (Huss Hawlik Architekten) erzählt aus eigener Erfahrung: Bis ein Projekt in Einreichung gehe, stelle sich die vorrangige Frage – ist die Bebauungsbestimmung bis dahin überhaupt noch gültig? Der Wiener Magistrat sei in der Hinsicht noch verlässlich; in Niederösterreich hingegen passiere es oft, dass das (Bundes-)Land Projekte gemäß Plan erlaube – die betroffene Gemeinde aber „Wind davon“ bekommt und dann plötzliche Bausperren erlasse. Der Bauträger könne nichts dagegen tun – sein Grundstück ist „von heute auf morgen nur mehr die Hälfte wert“. Niederösterreich sei da eine „Black Box“ – als Bauträger müsste man auf Basis statistischer Mittelwerte berechnen und mit Wertabweichungen kalkulieren. „Das Risiko ist sehr, sehr hoch, im niederösterreichischen Speckgürtel Grundstücke zu kaufen“, sagt Hawlik. Verdichtung im Dachgeschoss – was sagen die Normen? Andreas Hawlik (Huss Hawlik Architekten) sieht die „Verdichtung nach Innen“ als anerkannte Zielsetzung der Raumplanung: „Wir haben in den Städten vorhandene Infrastruktur und Potenziale.“ Eine Verdichtung nach oben sei „sehr, sehr sinnvoll“ und verhindere den „urban sprawl“ – bei aller Komplexität der Normen. „Hier werden Normen, die für den Neubau konzipiert sind, auf einen Altbau gestülpt.“ „Ich will jetzt provozieren“, kontert Winfried Kallinger: „Ich will keine abgeschrägte Tür zur Dachterrasse im letzten Winkel. Sind wir doch froh über das Volumen, das wir im Dachgeschoss-Ausbau haben! Da muss ich nicht alles reinquetschen.“ Auf Investoren-Ebene sei es Ziel, „möglichst viel in ein bestimmtes Volumen hineinzubringen“. Die Nutzfläche werde jedenfalls quantitativ bewertet, niemals die Raum- oder Nutzqualität. Hawlik entgegnet: „Bei einem privat beauftragten Dachausbau kann ich mit Volumina arbeiten. Aber wenn ich wirtschaftlich Fläche schaffen will, ist ein halber Meter mehr im First sehr hilfreich.“ Ebenso „lange Abhandlungen“ gebe es mit der Baupolizei, was zum Beispiel Wendeltreppen betreffe. Eine „einfachere Norm“ werde immer „Thema des Hausverstands“ sein – „wir bauen für Menschen, und Menschen müssen dort sicher leben können – ohne darüber nachdenken zu müssen“, so Hawlik. Diesen Sicherheitsstandard hätten Planer sowieso „im Gefühl“, da müsse nicht „jeder Zentimeter vorgeschrieben sein“. „Diese uniformen, überall gleichen Mini-Wohnungen schwächen die Nachhaltigkeit“, äußert Winfried Kallinger seine Bedenken. „Dass die Verwaltungs-Vereinfachung nicht funktioniert, ist zutiefst menschlich“, meint der Jurist Alfred Nemetschke. Wer Angst vor sich ändernden Bauvorschriften oder gar Bausperren hat, muss mit Optionsverträgen arbeiten. Das sei nicht einfach, aber noch im besten Sinne aller Beteiligten. „Jeder Versuch, die Verwaltung zu vereinfachen endet in einer weiteren Verkomplizierung.“ Der ImmoLive-Chat fragt: Braucht es mehr gesetzliche Vorschriften zum nachhaltigen Bauen? Winfried Kallinger (Kallinger Projekte) antwortet: „Ja, sicherlich. Nachhaltigkeit ist das Gebot der Stunde.“ Wer als Immo-Entwickler das Thema negiere, „sollte sich den Berufswechsel überlegen“. Erfreulicherweise – etwa durch Zertifikate wie „klimaaktiv“ – bewege sich die Branche bereits in diese Richtung. Das Bewusstsein sei jung, gehe aber in „die richtige Richtung“; weitere Ver- und Nachschärfungen – etwa im Bereich der Gebäudekühlung – seien „durchaus sinnvoll“, sagt Kallinger. Andreas Hawlik (Huss Hawlik Architekten) meint: „Zwänge sind nicht immer und überall das richtige.“ Nachhaltig zu bauen sei „wichtig und entspricht unserer Überzeugung“; aber zwanghaft Dinge festzulegen sei „nicht gut“ – weil in den Gesetzen „Definitionen hineingeschrieben werden, die schwer verständlich sind“. Hawlik erinnert an das „absurd kompliziert formulierter Gesetz“ in Wien, was die Photovoltaik-Anlagen auf Dächern betrifft. Hawlik ergänzt zum Thema Baustoffe: „Es wird so viel Styropor an alle Wände geklebt, das schmerzt uns Architekten. Weil die Architektur darunter leidet.“ Frage aus dem ImmoLive-Chat: Raumordnung versus Wirtschaftlichkeit – und wie weit geht die Eigenverantwortung? Alfred Nemetschke (NHK Rechtsanwälte) antwortet: Wer den „eingeschossigen Supermarkt“ sieht auf einer Fläche, die laut Raumplanung dreigeschossigen Bau erfordert – der solle ins Nachdenken kommen, wie das mit Wohnbau zu kombinieren wäre, nicht zuletzt angesichts der Nachfrage im Wohnbau. „Wir sind hier alle gefragt – vom Architekten bis zum Anwalt – wie das zu lösen ist“, sagt Nemetschke. Das Bewusstsein an Eigenverantwortung – am Beispiel Bau der Ringstraße – sei ja nichts Neues, sagt Nemetschke. „Wer heute eine Runde um den Ring fährt, sieht dass die Dinge ja Bestand haben“ – auch wenn die Mentalität dereinst Richtung „koste es, was es wolle“ gegangen sei; Bauherren hätten nicht zuletzt selbst in den repräsentativen Häusern wohnen wollen. „Eigenverantwortung braucht dennoch Leitplanken“, so Nemetschke. Das könne aber auch übers Steuer- und Abgabenrecht passieren, nicht zwingen über die Raumordnung gelöst werden. Winfried Kallinger hinterfragt grundsätzlich: Wer „eigenverwantwortlich“ handelt, handle zumeist für den eigenen Nutzen. „Wofür bin ich denn verantwortlich als Investor, wenn ich ein Projekt in Gang setze?“ Es gebe ethische und kulturelle Grundlagen – natürlich auch Wertgründe – früher gebaut zu haben. Heute werde die Immobilie immer mehr als Finanzinstrument gesehen. „Es sind Excel-Junkies, es sind Maximierer“, die am Werk seien, äußert sich Kallinger kritisch. Die bestimmende Größe sei mittlerweile die Rendite. „Das ist nicht verwerflich, aber die ethische Komponente ist in den Hintergrund getreten.“ „Das Zertifizierungswesen hilft uns bei der Eigenverantwortlichkeit viel weiter“, meint Andreas Hawlik (Huss Hawlik Architekten). Wer als Großinvestor Geld in die Hand nehme, erwarte sich ein Nachhaltigkeitszertifikat – und zwar ohne ein gesetzliches Zutun. Kann stärkere Haftung etwas für die Nachhaltigkeit bringen? Winfried Kallinger meint: Das nachhaltigste Haus im Sinne der Energieeffizienz sei „ein Quader mit möglichst kleinen Fenstern und dicken Wänden. Das ist nachhaltig, aber eine Grauenhaftigkeit.“ Das fördere weder das Stadtbild, noch schaffe es Lebensqualität. Es greife zu kurz, sich ausschließlich mit dem Energiewert „zu schmücken“. Ein Gebäude müsse mehr können – „es muss das Stadtbild aufwerten, es muss das Wohngefühl steigern“. Diese Faktoren ließen sich aber schwer kodifizieren oder in Haftungen gießen, zeigt sich Kallinger überzeugt. „Wir brauchen vielleicht weniger Haftung und mehr Sicherstellung“, sagt Architekt Andreas Hawlik, schon vorausschauend auf das eventuell spätere Abtragen des Gebäudes. Kallinger sieht die Zertifizierungen – im Zusammenspiel mit der „Eigenverantwortung“ der Wohnungs-Käufer gleichzeitig als „Marketing-Instrument“. Wohnungskäufer hätten oftmals andere Entscheidungskriterien, nähmen aber Zertifizierungen „als nettes Gimmick“ obendrauf. Wenn das Thema Nachhaltigkeit stärker in die breite Öffentlichkeit dringe, werde sich das ändern, prognostiziert Kallinger. Anders im Handel, wo es mehr eine Frage der Wirtschaftlichkeit sei – denke „green buildings“ – denn „die Menschen kaufen ja trotzdem noch Weintrauben aus Südafrika“. Die Zertifizierungsorganisationen müssten mehr Bewusstseinsarbeit Richtung Konsumenten leisten, sagt Andreas Hawlik. Beim Wohnen schlage die Nachhaltigkeit „direkt durch“, „ich will ja jetzt auch keine 80er-Jahre-Wohnung“; der Handel definiere sich aber über die Produkte, die angeboten würden. Was bedeuten sich überschlagende Covid-Gesetze für die Immo-Branche? Alfred Nemetschke (NHK Rechtsanwälte) sieht „naturgemäß“ gerade eine Vielzahl an Streitigkeiten zwischen Vermietern und Mietern. Das Thema habe sich beschleunigt; es brauche immer häufiger professionelle Mediation zwischen Bauherren und Anrainern. „Das Gericht fällt Urteile, aber das Mediationsverfahren bringt Lösungen“, sagt Anwalt Nemetschke, denn „ein Richter schaut die Vergangenheit an, und fällt ein Urteil. Aber das löst nicht die Zukunft“, denn „Nachbarn haben die Gewohnheit, auch in den kommenden Jahren noch nebeneinander zu leben“, sagt Nemetschke süffisant. Mediationen könnten „wahre Entscheidungslinien“ finden und Menschen an einen Tisch bringen, was vor Gericht nicht möglich wäre – wenn es darum gehe, „die Zukunft zu lösen“. „Wir haben in Österreich ein Mediationsrecht, um das uns Deutschland beneidet“ – die wenigstens seien – leider – mit der Materie befasst; dabei bringe es oft (Teil-)Lösungen und Verständnis für die Sache. Winfried Kallinger (Kallinger Projekte) bezweifelt, ob es „überall reicht, einen Strich unter die Sache zu machen“ und sich zusammenzusetzen. Zu viele rechtliche Komponenten – zivilrechtlicher, nutzungsrechtlicher, vertragsrechtlicher Natur – spielten oft mit, was bestimmte Baustellen und Fragen der Raum- und Bauordnung komplex machten. Die Immobilie sei – alleine schon im Wortsinn – ein langfristiges Gut, weil „nicht beweglich“. Leider sei das Thema bei Investoren zuletzt zum kurz- bis mittelfristigen Thema mutiert, mit „Exitstrategien für die kommenden fünf Jahre“. Weil Immobilien zu reinen Finanzinstrumenten wurden, seien viele Probleme entstanden. Andreas Hawlik (Huss Hawlik Architekten) meint: Es gebe laufende Diskussionen in Kammer-Vertretungen, die Bauordnung „komplett neu zu stricken“. Wenn „wir die Stadt komplett neu bauen könnten, würde das Sinn machen“ – sich nämlich auf „einige, wenige Dinge zu beschränken“. Aspekte wie Erker-Kubatur, Gaupen- und Balkonlänge seien in einem neuen Gesetz „sicherlich nicht notwendig“. Welches Gesetz würden die Experten verändern? Winfried Kallinger (Kallinger Projekte) will – angesichts von Covid – die Widmungskategorien überdenken. „Ich darf in einem Wohnbau Pferde-Stallungen vorsehen; da sieht man, wie alt die Vorschriften sind.“ Gleichzeitig dürfe in einem Betriebsgebiet nur der Betriebsleiter selbst wohnen. Die Widmungskategorien sollten demnach – auch Richtung Home Office gedacht – überdacht werden. Andreas Hawlik (Huss Hawlik Architekten) möchte kein bestimmtes Gesetz neu aufsetzen – aber die Gesetzeswerdung überdenken. „Politiker versuchen das Beste zu machen, und beauftragen Experten – die fern der Praxis sind.“ Gerade in der Bauordnung würden die „tatsächlichen Player“ (Planer, aber auch die Baupolizei) von der Politik zu wenig gehört. Alfred Nemetschke (NHK Rechtsanwälte) sagt: „Das Gebührengesetz aus dem 19. Jahrhundert kübeln!“ Auch bestehe ein Wirrwarr beim Home Office in arbeitsrechtlicher und Steuer-Sicht, „da passen die Sachen einfach nicht zusammen“. Da „sollten wir ein paar Praktiker hineinsetzen oder zumindest Menschen, die selbst im Home Office sind“ – Gesetze praktischer zu machen sei „vielleicht nicht die blödeste Idee“.

Überbordende Gesetze erschweren die Arbeit

Viele Gesetze, Normen und Paragraphen lasten auf der Immobilienbranche! Welche Regeln ganz besonders herausfordernd sind und wie man etwas Licht in diese allzu komplexe Materie bringen könnte, haben wir im aktuellen ImmoLive diskutiert. Zudem ist Covid ein Brandbeschleuniger und wirkt sich nicht nur auf unseren gesamten Alltag aus, sondern auch auf die Gesetze. Wenn aber Gesetze, Verordnungen und Erlässe in einer Krisensituation, wie wir sie mit Covid-19 haben, in Rekordzeit durchgeboxt werden, dann wird dadurch ungenauen Formulierungen Tür und Tor geöffnet. Damit werden wir uns auch in den nächsten Monaten und Jahren noch befassen müssen. Welches Maß an Gesetzen ist noch sinnvoll und welche könnte man eventuell weglassen, welche gehören erneuert? Am Podium: Andreas Hawlik, Huss Hawlik Architekten Winfried Kallinger, Kallinger Projekte Alfred Nemetschke, NHK Rechtsanwälte

Daniel Jelitzka über die Verlierer und Gewinner unter den Assetklassen im zweiten Lockdown

Wir sprechen über die den aktuellen Lockdown und über die Folgen, die dieser für die Immobilienwirtschaft hat. Einige bereits laufende Tendenzen werden nämlich weiter verstärkt. Welche Assetklassen sind die Gewinner, welche sind die Verlierer?Und wann werden die Auswirkungen der beiden Lockdowns richtig zum Tragen kommen? „Normalität“ trotz Lockdown und Terror in Wien – JP Immobilien bleibt optimistisch Am Montag, dem 2. November, erschüttert ein Terror-Anschlag die Stadt. „Aber wir machen den Tätern nicht den Gefallen, aufzuhören“, sagt Jelitzka, „und auch der zweite Lockdown wird vorbeigehen“. Denn „Optimismus ist der beste Wachstumsmotor.“ Es gebe „keinen Nachteil ohne Vorteil“ – wer jetzt nicht „die Hände faltet und wartet, dass Covid vorbeigeht“, sondern wer seine „Geschäftsfelder anpasst“ und sein Schicksal selbst in die Hand nehme, sei im Vorteil. Denn: Auch Covid-19 habe am Immobilienmarkt bestimmte Asset-Klassen zu „absoluten Gewinnern“ macht. Welche Assets profitieren? Bestimmte Asset-Klassen seien Corona-bedingt „abgestürzt“ – und böten jetzt umso mehr „gute Opportunitäten“, sagt Jelitzka. Die Beschränkung des Reiseverkehrs habe die Hotellerie – insbesondere den Conference-Markt – besonders schwer getroffen. „Hostels sind konkursgefährdet; niemand will in einem Zimmer mit acht Menschen schlafen, wo einer hustet.“ In Wien kämen 40 Prozent der Gäste über den Flugverkehr, und dieser liege darnieder. Viele Hotelbetreiber werden sich die Pacht demnach auf Dauer nicht leisten können – trotz staatlicher Unterstützung wie Kurzarbeit und finanzieller Zuschüsse. Hotelbetriebe rechneten sich laut Jelitzka ab einer Auslastung von 60 Prozent – davon sei die Leisure-Hotellerie weit entfernt. Hotels wollten „Fahne zeigen“ und offenhalten – aber müssten dafür Eigenmittel in den laufenden Betrieb stecken. „Der Zeitpunkt wird kommen, wo es eng wird“ – spätestens dann würden Banken und Investoren nervös und ihre Assets auf den Markt werfen. Hospitality sei derzeit ein „rotes Tuch, keine Bank finanziert das derzeit“, besonders betroffen seien Hostels und der Conference-Bereich. Käufe von Hotels erfordern jetzt eine extrem hohe Quote an Eigenmitteln. „Viele wollen tolle Hotels kaufen, aber die wenigsten haben die Mittel, um das zu finanzieren“, beschreibt Jelitzka die Situation. „In Zukunft werden die gewinnen, die sich mit viel Equity die Assets sichern können.“ Das Umwandeln von Hotels in andere Asset-Klassen – eine gute Idee? „Prinzipiell eine gute Idee“, meint Jelitzka, „aber Hotels zu Wohnungen machen spießt sich oft mit den bestehenden Widmungen, insbesondere in Wien“. Vor der Corona-Pandemie habe es jährlich 700 Millionen Hotelnächtigungen gegeben – weltweit, pro Jahr – und davon 350 Millionen alleine in Europa. Der „Urlaub zuhause“ könne das jetzt nur zum Teil auffangen; aber mit Wiederaufnahme des Flugverkehrs könnten sich daraus sogar „mehr incoming Gäste aus Europa“ ergeben, die Perspektive sei für Jelitzka daher positiv – „mit dem Wermutstropfen, dass wir nicht wissen, wann das passieren wird“. Welche Bereiche werden durch Corona dynamisiert? Schon die erste Welle habe bestimmte Aspekte der Immo-Branche dynamisiert; kommt mit dem zweiten Lockdown auch eine „zweite Welle“ des Fortschritts, wird Jelitzka gefragt. „Einiges wird sich sicherlich verstärken“, meint Jelitzka, und bezieht sich auf den privaten Konsum. Seine Prognose: „Mit dem ersten Lockdown sind viele Haushalte ins finanzielle Minus gerutscht, weil das Ersparte nicht gereicht hat. Um aus dem Minus zu kommen und einen Polster zu schaffen, wird der private Konsum jetzt zurückgehen.“ Das habe einen Impact auf die Immobranche: Die B- und C-Lagen des Einzelhandels („die typischen Reinprechtsdorfer Straßen dieser Welt, die schon bisher von der Hand in den Mund gelebt haben“) werden „massiv unter die Räder kommen“ – dafür würden die „guten“ Einkaufsstraßen weiter gut dabei sein. Ähnlich sieht es Jelitzka für den Bürobereich, ein Feld mit „gesunden Renditen“ – allerdings werden Unternehmen bald auch „dort sparen, wo es sinnvoll ist“. Die Nachfrage werde sich, beispielsweise, von „1.000 Quadratmeter um 22 Euro Richtung 600 Quadratmeter um 15 Euro“ entwickeln. Stärken Krisen die Zusammenarbeit innerhalb der Branche? Der neu gegründete „Verein der Österreichischen Projektentwickler“ (VÖPE) sei gutes Beispiel, dass sich „Individualprobleme“ zu gemeinsamen Herausforderungen entwickeln, meint Jelitzka, etwa im Bereich des leistbaren Wohnens („wenngleich die Presse hier dazu tendiert, negativ zu berichten“). Auch die Bauordnung mit ihren teuren Auflagen bringe die Branche dazu, „an einem Strang zu ziehen“. Stichwort Bauordnung: Statt einer österreichweiten BO gebe es neun verschiedene, für jedes Bundesland. Komme hier Dynamik herein? „Die Wiener Bauordnung hat eine sehr gute Qualität“, sagt Jelitzka, und auch der Wiener Magistrat mache einen guten Job – „da haben wir gut kalkulierbare Flächen“, aber mit den stetigen Techniknovellen werde das Bauen teurer gemacht. Etwa beim Stellplatzregulativ: Wenn Menschen mehr auf Car Sharing und den ÖPNV setzen, müsse die Bauordnung sich den gesellschaftlichen Tendenzen anpassen, „derzeit verkaufen wir nur 30 Prozent der Stellplätze“, dabei seien Garagen Kostentreiber im Neubau. Hier überhole die Gesetzgebung die Realität. Was unterscheidet den ersten vom neuen Lockdown? Und: Fragen aus dem Chat „Ich habe zwei Sachen gelernt“, sagt Jetzlika: Die plötzliche „Entschleunigung von 100 auf Null kann produktive Gedankengänge freisetzen“, und: Das „Remote-Arbeiten“ habe die Digitalisierung „wieder richtig zum Thema gemacht“. Immerhin zwei positive Aspekte bei allen Corona-Probleme. Aus dem ImmoLive-Chat kommt die Frage, ob der gute Ruf Wiens als Standort durch den Terror-Akt gefährdet sei? Jelitzka verneint: „Ein Wahnsinniger“ könne das Image einer ganzen Stadt nicht verändern. Wien ist und bleibe „liebens- und lebenswerteste“ Stadt der Welt, dieses Niveau der Lebensqualität sei unerreicht. In einer persönlichen Anekdote erzählt Jelitzka: „Ich hätte nie Sorgen, dass mein Sohn spätabends alleine nach Hause fährt und gut daheim ankommt.“ Gewinner und Profiteure des Lockdowns Jelitzka will trotz aller Begleitumstände auch Positives anmerken: „Gewinner ist jetzt der Logistik-Markt.“ Der E-Commerce-Einzelhandel habe einen Boost erlebt, und „da ist Logistik eine unabdingbare Voraussetzung“. Auch die „üblichen Evergreens in Krisenzeiten“ – nämlich Wohnbauten, im Neubau und im Zinshausbereich – würden Geld und Renditen bringen. Auch im Hochpreis-Segment bleibe die Nachfrage hoch und „sehr gut“. Von den 900.000 Wohnungen in ganz Wien sind 75 Prozent Gemeinde- oder Genossenschaftswohnungen bzw. Mietwohnungen mit gedeckeltem Zins, rechnet Jelitzka vor. Vom verbleibenden Viertel seien „acht bis zehn Prozent“ freies Eigentum – und wiederum davon nur „ganz, ganz wenige“ im Hochpreissegment. Pro Jahr kämen 10.000 bis 14.000 Wohnungen neu dazu – „alles, was da im Eigentumsbereich auf den Markt kommt, wird nachgefragt und absorbiert“, zeigt sich Jelitzka überzeugt, denn die Nachfrage nach Eigentum übersteige das Angebot. Die Faustregel für Anlagewohnungen Es sei eine „gute Zeit“ für Anlagewohnungen, denn die zu erwartende Mietrendite (gute Lage natürlich vorausgesetzt) sei gut. Jelitzka nennt zwei Faustregeln: „Nur eine Wohnung kaufen, in der ich meine Kinder wohnen lassen würde“, und „die Miet-Rendite muss mindestens 100 Basispunkte über der Inflation“ liegen. Bei 1,5 Prozent Inflation würden demnach 2,5 bis 3 Prozent Rendite „einen guten Kauf“ bedeuten – dazu kämen Wertsteigerung und der Steuervorteil, „und ich weiß, wo mein Geld ist“, spricht Jelitzka aus dem Nähkästchen. Was bring die Digitalisierung im Wohnungsbau? Die User-Frage aus dem ImmoLive-Chat beantwortet Jelitzka als „weites Feld“. Vom Hausverwaltungs-Digi-Programm bis zur „Mehrwert“-App, die Bewohner mit Hausverwalter und Eigentümer vernetzen: „Das gibt es Vielfältiges.“ Die Digitalisierung in der Immo-Branche habe nur dann Sinn, wenn das für der und in  die Wohnung Mehrwert bringe: „Wo kann ich günstig im Grätzl einkaufen, wann kommt die Straßenbahn, wann hat die Post geöffnet, wo bekomme ich einen Babysitter her?“ – wenn eine App solche Fragen beantworten kann, „stiehlt sie keine Zeit, sondern bringt wirklichen Mehrwert“, sagt Jelitzka. Er will Apps für Comfort und Fortschritt, damit diese nicht „auf dem Friedhof der digitalen Applikationen landen“. Für eine funktionierende App brauche es „drei Key Messages“: Jedes Feature brauche Sinn und Mehrwert; die App müsse ohne Betriebsanleitung selbsterklärend funktionieren; die User Experience (UI) müsse „sympathisch“ sein. All das wolle Jelitzka mit seiner „PUCK-App“ (https://puck.io) erreichen – wobei Puck, aus dem Keltischen, übersetzt eines bedeute: nämlich „der gute Hausgeist“.

Wien nach der Wahl! SPÖ und NEOS sprechen über Koalition. Was sagen die Immobilienprofis?

In der Politik werden die Weichen für die nahe Zukunft gestellt, und damit auch die Weichen für den Immobilienstandort. Die neue Regierung steht vor einigen gewaltigen Herausforderungen. Diese haben mit den Restriktionen auf Grund von Covid 19 zu tun und werden uns voraussichtlich noch in den kommenden Jahren beschäftigen. Darauf kommen wir auch zu sprechen. Aber es gibt auch einige Themen, die schon längst hätten angegangen werden können und müssen. Mit unseren heutigen Podiumsgästen diskutieren wir diese Themen – aber auch ganz wichtig: Neue Wege, die man jetzt gemeinsam beschreiten sollte. Am Podium: Michael Pisecky, Wirtschaftskammer Wien, Fachgruppe ImmobilienwirtschaftAnton Bondi, Bondi Consult, ProjektentwicklerErnst Kovacs, KE Wohnimmobilien, Immobilienspezialist und Bauträger Was bringt ein „rot-pinkes“ Wien für die Immobilienwirtschaft? Michael Pisecky meint, die Wirtschaftskammer Wien (WKW) hätte – vom Präsidenten Walter Ruck abwärts – mit der SPÖ-Entscheidung für NEOS gerechnet. Die WKW sieht die Entscheidung „mutig“, aber auch positiv – weil einerseits Präsident Ruck eine „gute Achse“ zu Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) habe, zum anderen die NEOS als „aufgeschlossen gegenüber Wirtschaftsthemen“ seien. Pisecky erinnert an das „Zukunftsprogramm 2025“ der WKW, und an ein „Positionspapier Wohnen in Wien“ seiner Fachgruppe, der Immobilientreuhänder. Darin seien „elf konkrete Wünsche und Forderungen“ formuliert, um „für die Wienerinnen und Wiener mitzugestalten“. Ernst Kovacs (KE Wohnimmobilien) sieht das Stadtplanungs-Ressort „unter Garantie neu besetzt“, was für die Immo-Branche einiges Neues bringen werde (bislang war Grünen-Vizebürgermeisterin Birgit Hebein zuständig für das Ressort, Anm.). Kovacs hegt die Hoffnung, „dass – aus der Sicht der Wirtschaft – das ein oder andere besser wird“. Auch Anton Boni (Bondi Consult) ist von den Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und NEOS „nicht ganz überrascht“. Der „Aktionismus“ der Grünen vor der Wien-Wahl habe in seinen Augen dazu geführt, nun vorrangig mit NEOS verhandeln zu wollen. „Ich begrüße diesen Schritt“: NEOS hätten sich „die Wirtschaft auf die Fahnen geschrieben“ und gingen daher „sorgsamer mit den Wünschen“ der Wirtschaft um, und stünden als Ansprechpartner bereit. Bondi ist „zutiefst überzeugt“, dass die Agenden Verkehr und Stadtplanung „zurück zur SPÖ“ gehen werden – da habe es „in letzter Zeit einiges gegeben, was uns nicht besonders gefreut hat“. Als Gewerbeentwickler hofft Bondi, dass der Fokus der nächsten Stadtregierung „nicht ausschließlich“ auf den Wohnbau gerichtet werde. Wo sich Wohnbau massiv ausweitet, komme es zur „Kollision“ mit Gewerbeprojekten – „gut, dass wir da jetzt wieder Ansprechpartner bekommen“, sagt Bondi. „Wir möchten mitreden, hoffentlich kommt es wieder zum Dialog.“ Wünsche der Branche an die nächste Stadtregierung Anton Bondi erinnert an die „grüne Zick-Zack-Politik“ der vergangenen Jahre, die viele Vorhaben „nicht mehr planbar“ gemacht habe. Sein Wunsch: „Wieder in ruhigere Fahrwasser kommen.“ Nichtsdestotrotz habe es auch „vernünftige“ Entwicklungen gegeben, wie das städtische Konzept der „produktiven Stadt“ (https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/strategien/step/step2025/fachkonzepte/fachkonzept-produktive-stadt.html, Anm.). Michael Pisecky (WKW) bezieht seinen Wunsch auf die Flächenwidmungen. Wiens Politik der Flächenwidmung „stammt aus den 1980er-Jahren, als Wien eine schrumpfende Stadt war“. Als konkretes Beispiel nennt Pisecky ein zweistöckiges Gebäude, das zwischen zwei Fünf-Stöckern stehe. „Ich kann das Haus nicht auf die Höhe der anliegenden Objekte aufstocken, weil das die Flächenwidmung nicht vorsieht. Aber das geht am Sinn der Sache vorbei.“ Früher noch konnte die Wiener Bauordnung (https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrW&Gesetzesnummer=20000006, Anm.) mit ihrem Paragrafen §69 „für Ausnahmen“ herangezogen werden – das funktioniere nicht mehr, „wir sind also auch in Ausnahmen nicht mehr in der Lage, bestimmte Projekte durchzuführen“, ortet Pisecky Aufholbedarf in den kommunalen Bestimmungen. Es gehe dabei nicht vorrangig um Stadtentwicklungsgebiete: Vor allem „die Flächenwidmung im Bestand, in der gebauten Stadt“ müsse angepasst werden, sagt WKW-Pisecky. Ernst Kovacs von KE Wohnimmobilien äußert seinen Wunsch: Der Paragraf §1a der Wiener Bauordnung („städtebaulicher Vertrag“, Anm.) müsse „abgeschafft“ werden – er ziehe ohnehin schwierige Widmungsverfahren zusätzlich in die Länge. Kovacs „sieht ein“: Die Stadt brauche das Geld, um Infrastruktur-Maßnahmen zu finanzieren. Das könne aber durch ein „anderes Einheben“ der Erschließungskosten gelingen, mit einem „transparenteren System“, das dem Bauträger eine sichere Kalkulation ermöglicht. Anton Bondi stimmt zu: „Wir müssen von der Versteinerung der Flächenwidmung innerhalb der Stadt wegkommen“ – es brauche ein flexibleres System, etwa bei Aufstockungen, Nachverdichtungen und Nachnutzungen. Auch Mieten müssten neu gestaltet werden können, wenn der Eigentümer Investitionen am Objekt durchführt, und das auch investieren kann – „ein Thema, das nicht nur Wien betrifft“. Wenn der Bauträger als Investor künftig nicht mehr gesehen werde als der Böse, „der nur Geld scheffeln will“, dann „haben wir schon einen massiven Schritt gemacht“. Die Beamtenschaft sei willig, etwas voranzubringen – jetzt brauche es auch den politischen Konsens, damit das „zum Turbo werden kann in Wien“. Eigentlich „alle“ Projekte seien zuletzt à la longue „im Büro der Planungsstadträtin“ (Birgit Hebein, Grüne, Anm.) gelandet – letztlich mit Bewilligung, aber „massiver Zeitverzögerung“. Bondi wünscht sich ergo mehr Vertrauen in die Beamtenschaft und einen „neuen Umgang“ mit Bürgerinitiativen. Diese sollten weiterhin ihre Stimme haben – aber mit „gewissen Mindestspielregeln“, um Projekte nicht über „Jahre hinaus“ zu verzögern. Gemeinsame Lösungen, Vertrauen in den Magistrat und das Gewicht von Bürgerinitiativen Michael Pisecky (Wirtschaftskammer Wien) sieht die Nachbarrechte „sehr stark ausgebaut“, was „im O-Ton“ zu Aussagen von Anrainern geführt habe wie: „Ich weiß, ich gewinne nicht, aber ich kann die Baustelle um einen Sommer verzögern.“ Das habe auch eine politische Komponente: „Ich kann in einer Koalition nicht die Leute hereinbitten, ohne dass sich die andere Seite überlegt, wo diese Leute dann wohnen sollen.“ Pisecky erneuert die Forderung, die Nachverdichtung zu forcieren – ein „Upgrade“ von Bauklasse III auf IV im verbauten Gebiet sei wesentlich, um das „an sich gute Konzept der ‚produktiven Stadt‘ umsetzen“ zu können. Pisecky will ebenso mehr Vertrauen und Flexibilität für die Beamtenschaft – „lasst sie entscheiden, habt Vertrauen. Es muss nicht bei jedem Neubau gleich der Stadtrat politisch eingebunden sein.“ Die „produktive Stadt“ – eine Kombination der Immobilien-Arten Was steckt hinter dem Konzept der „produktiven Stadt“, kommt die Frage aus dem ImmoLive-User-Chat. Ernst Kovacs (KE Wohnimmobilien) sieht „sehr viele“ Möglichkeiten in der Widmung des „gemischten Baugebiets“. Eine Durchmischung sei in innerstädtischen Lagen „immer von Vorteil“, natürlich auf Basis der Frage der Wirtschaftlichkeit. „Ich will ja keine reine Wohnstadt, eine reine Bürostadt. Die Durchmischung macht die Urbanität aus.“ Solange Zufahrten, Geruchs- und Lärmbelästigung geklärt seien, könnte auch ein Gewerbelager im Wohngebiet entstehen – „der Geruch von heißem Fett des Restaurants im Erdgeschoss benachteiligt natürlich“ die Bewohner darüber. Gleichzeitig steigert das Angebot den Wohnwert. Ein Dilemma, so Kovacs: „Ich hätte gerne alles, aber nicht bei mir im Haus.“ Angesprochen auf den kommunalen „Masterplan Gründerzeit“ (https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/strategien/masterplan-gruenderzeit/, Anm.) und das „Smart-City“-Konzept der Stadt (https://smartcity.wien.gv.at/site/, Anm.), meint Michael Pisecky von der WKW: „Gute Konzepte, aber sie kommen nicht in die faktische, praktische Umsetzung.“ Die Beamtenschaft habe zu wenig Spielraum; Beamte würden zu oft hinterfragt, zu oft zur Rechenschaft gezogen und suchen hernach die „kleinstmögliche Lösung“ im „Dienst nach Vorschrift“. Es sei Aufgabe der Politik, die Rahmen vorzugeben – nicht über jedes einzelne Projekt im Einzelfall zu entscheiden. Anton Bondi (Bondi Consult) nennt ein Beispiel: „Wir wollen die Elektromobilität ausbauen“, mit 80 bis 100 E-Tankstellen im laufenden Projekt in Floridsdorf (21. Wiener Gemeindebezirk im Nordwesten der Stadt, Anm.). Daraufhin habe der kommunale Strom-Anbieter „Wien Energie“ gemeint, „das ist wirklich nett, aber dafür ist nicht genug Energie vorhanden“. Die Strategie-Vorgaben der Stadt, etwa bezogen auf das „Smart-City“-Konzept scheitern laut Bondi also daran, dass der Magistrat „nicht weiß, wie sie das in der Praxis machen sollen“. Es gebe zu viel Einfluss der Politik auf die Beamtenschaft, wiederholt Bondi das Sentiment der Runde: „Wir tun uns alle leichter, wenn wir die Beamten im Rahmen der Gesetze freier agieren lassen.“ Laut Umfrage: Wien ist dritt-attraktivster Markt Europas – stimmt diese Wahrnehmung? „Wien ist unendlich attraktiv für Investoren“, sagt Anton Bondi. Das liege an zwei Gründen: erstens das stabile, niedrige Mietniveau im Gewerbe; zweitens ein attraktives Angebot für Investoren im freifinanzierten Wohnbereich. Ohne ins Detail zu gehen, nennt Bondi gleichzeitig einige politische „Hau-Ruck-Aktionen“, die das Vertrauen der Investoren in den Wiener Markt haben etwas schwinden lassen. Aber: Ob London derzeit – angesichts eines „wirklich harten“ Brexit tatsächlich so attraktiv sei, „wage ich zu bezweifeln“. Dort beginnen, laut Bondi, die Preise zu bröckeln. Somit „rankt“ er Wien auf Platz zwei, hinter Berlin. Wobei Wien als Gewerbestandort attraktiver sei als Berlin, sagt Bondi. Michael Pisecky  (WKW) ergänzt: Die internationalen Investitionen seien mit der Pandemie zurückgegangen; die Haupt-Investitionen finden „aus dem Raum der DACH-Region statt“. Und für Deutschland, Österreich und die Schweiz sei die Stadt Wien sehr attraktiv: durch ihre Stabilität und Verlässlichkeit, ihren Lebenswert, ihre moderaten Preise. Nicht zu vergessen: Wien funktioniere aus einer enormen Stärke heraus, mit „30 Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung“. Wie treffen sich SPÖ und NEOS im Gemeindebau – und was bringt das fürs freifinanzierte Wohnen? Die Frage aus dem ImmoLive-User-Chat bezieht sich auf die divergierenden Zugänge von Sozialdemokraten und Liberalen auf den kommunalen Wohnbau. Mehr Sozialbau, oder mehr Freiheit für Freifinanzierte? Wieviel Gewicht hat NEOS in der Koalition? Michael Pisecky sieht NEOS zwar als „kleineren“ Koalitionspartner für die SPÖ, als es noch die Grünen waren – aber die „alte Koalition“ werde sich von der „neuen“ Koalition im Sinne der Mandatsstärke und Gewichtung nicht viel ändern. „Trotzdem ist es hilfreich“, so Pisecky, „dass wir jemanden in der Koalition haben, der Wirtschafts-Überlegungen folgt“. Auch im Wohnen müssten wirtschaftliche Überlegungen Niederschlag finden. Dass es eine „nahezu ausreichende Wohnversorgung“ in Wien gebe, liege nicht am kommunalen Wohnbau („Gemeindebau“) – sondern an den gewerblichen Bauträgern, die in den vergangenen Jahren „mehr als zwei Drittel der Neubauten errichtet haben. Das ist Fakt.“ Statt neue Gemeindewohnungen zu bauen, solle sich die Stadt überlegen, wie sie bestehende Objekte besser nutzen könne, so Wirtschaftskammer-Pisecky. Das betreffe etwa die soziale Treffsicherheit und die Frage der „lebenslangen Vergabe“. Pisecky fordert niedrigere Einkommensgrenzen für den sozialen Wohnbau – „wenn 80 Prozent der Wienerinnen und Wiener mit ihrem Einkommen berechtigt sind für den Gemeindebau, werden uns zahlende Kundinnen und Kunden im gewerblichen Bereich genommen.“ Natürlich seien neue Wohnungen teurer – weil sie einen besseren Standard böten. Wenn der gut gesittete Mittelstand sowieso in den Gemeindebau ginge, und dann „auch noch die privaten Mieten im gewerblichen Bereich reguliert werden sollen“ – dann sei das „völlig unlogisch und nicht nachvollziehbar“, sagt Pisecky. Schon jetzt verhindere das Mietrechtsgesetz (https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10002531, Anm.) „70 Prozent aller Sanierungen“; und „ich hoffe, dass die Stadt gemeinsam mit uns als Wirtschaftskammer für eine Verbesserung der Situation kämpft“. Anton Bondi unterstreicht „dieses wirklich dringliche Thema“ – denn der Eigentümer könne die Sanierung oft nicht realisieren, weil die Mieten „nicht reichen, um den Kredit für die Sanierung zu decken“. Sozialer Wohnbau für Menschen mit begrenztem Einkommen sei wichtig und notwendig – aber auch Bondi fordert eine „Korrelation mit dem Einkommen“, also eine Anpassung des Mietzinses an das „Marktübliche“ bei höheren Einkommen. „Hier wohnen Gutverdienende mit langfristigen Verträgen zulasten der Jungfamilien“, ergänzt Michael Pisecky, „eer lange mietet, ist Nutznießer und im Vorteil“. Wie verträgt sich Nachverdichtung mit Kleingarten-Vereinen? Welche Lösung gibt es für das PKW-Stellplatz-Problem? Auf die nächste Frage aus dem ImmoLive-Chat antwortet Ernst Kovacs von KE Wohnimmobilien. „Ein schwieriges juristisches Thema“, so Kovacs. Das beginne bei der Eigentümerschaft der jeweiligen Vereine. „Wenn ich als Stadt in der Flächenwidmung nur drei- bis vierstöckige Wohnbauten erlaube“ neben einer bestehenden Kleingartensiedlung, dann werde „viel an Grund vergeudet“. Auch dort sollte höher gebaut werden dürfen, im Sinne des „verantwortungsvollen Umgangs mit Grund und Boden“. Es müsse ja nicht gleich ein Wolkenkratzer sein – aber „drei Stockwerke hoch in den Außenbezirken ist fahrlässig“. Auch der Umgang mit Garagen und Stellplätzen müsse überdacht werden. Wenn der öffentliche (Straßen-)Raum besser – für alle Verkehrsteilnehmer – genutzt werden soll, und Autos von der Straße „verschwinden“ sollen, dann dürfe die Bauordnung nicht gleichzeitig das Bauen von Parkplätzen erschweren. Wenn Parkplätze auf der Straße teurer würden, hätten Bauträger in den Randbezirken eine bessere Auslastung in den Garagen – was wiederum zur Begrünung und Attraktivierung der Straßen und Gassen führe. Anton Bondi „muss ein bisserl widersprechen“. Aus Sicht des Wohnbaus sei Kovacs‘ Zugang nachvollziehbar; beim Gewerbe sehe das anders aus. Wer nicht wolle, dass Gewerbe aus der Stadt ins Umland siedeln, müsse ihnen die Chance geben, „in der Stadt, in der Straße und in der Gasse“ zufahren und parken zu können – auch mit dem Klein-LKW. Mit Stellplatz-Regulativen gebe es in neuen Entwicklungsgebieten durchaus „vernünftige Lösungen“ mit der Kommune. Bestehende Garagen im Innenstadtbereich seien aber laut Bondi deswegen nicht ausgelastet, weil sie Jahrzehnte alt seien und nicht mehr den gängigen PKW-Dimensionen entsprächen – da „passt heute kein VW Passat mehr hinein“. „Prügeln wir nicht immer auf die Autofahrer hin“, appelliert Bondi, sondern „wir brauchen eine durchgängige Parkraumbewirtschaftung“ in einem System, „das alle verstehen und das überall gleich gilt“. „Ich parke im Park-and-Ride und fahre Öffentlich“, entgegnet Kovacs und erinnert an das dichte ÖPNV-Netz in Wien. „Der Herr Bürgermeister will sich doch um eine einheitliche Parkplatz-Bewirtschaftung führen“, sagt WKW-Pisecky und entspinnt eine Diskussion um das Parkthema. „Viele Pendler stehen jetzt nicht mehr in Wien, sondern parken ihr Auto im Umland“, sagt Pisecky, „das hat die Garagen in Wien geleert“. Dabei, so zitiert er die ehemalige Verkehrsstadträtin und Vizebürgermeisterin (Maria Vassilakou von den Grünen, Anm.) „haben wir genug Stellplätze in Wien, um alle Autos von der Straße zu bringen“. Solange aber das „Parkpickerl“ dermaßen günstig sei, „verhindern wir die Nutzung der (Garagen-)Parkplätze“. Pisecky wirbt für die Nutzung von Parkgaragen – der freigewordene, demnach PKW-freie Raum könnte im Sinne aller Verkehrsteilnehmer genutzt werden. „Ein Parkpickerl synchron zum Tiefgaragenplatz – das hätte doch Fantasie!“, schwärmt Pisecky. Wie umgehen mit der Pandemie? Was tun gegen einen neuen Lockdown? „Bleiben wir vernünftig“, sagt Anton Bondi (Bondi Consult), der gleichzeitig einen kompletten neuen Lockdown wie im Frühjahr für ausgeschlossen hält. Für die Baubranche bleibt er optimistisch: Schon im Frühling habe die Branche gezeigt, dass sie mit der Herausforderung umgehen könne – zumal die Baustellen-Tätigkeit „jetzt mit der kalten Jahreszeit“ ohnehin zurückgeschraubt werde. „Über einen Teil-Lockdown werden wir aber reden müssen“, sagt Bondi, „und ich bin froh, dass ich die Entscheidung darüber nicht treffen muss“. Ernst Kovacs (KE Wohnimmobilien) sieht „massive Einschränkungen“ unabwendbar, das zeigten alleine die vorliegenden Zahlen. „Wir brauchen mehr Eigenverantwortung“, sagt Kovacs. Michael Pisecky (Wirtschaftskammer Wien) will nicht „von dem Wort“ (Lockdown, Anm.) sprechen. Aber „wie gehen wir damit um?“, stellt er die rhetorische Frage. Einfach „abschalten, absagen“ sei die einfachste Lösung, aber „das können wir uns nicht leisten, das gefährdet unseren Wohlstand und das soziale Gefüge“. Besser sei es, sich zu überlegen, „was wir alle tun können“, damit es nicht „zu diesem Wort“ komme. Schon der erste Lockdown im Frühjahr habe „so viel kaputt gemacht“, manche Lieferketten funktionieren bis heute nicht. Aber, nennt Pisecky den Schlusspunkt: „Wir schaffen das. Weil wir Österreicher sind. Weil wir im Improvisieren die Besten sind, und zwar mit Abstand!“

Michael Ehlmaier, Geschäftsführer der EHL Immobilien über aktuelle Herausforderungen in und Chancen der Immobilienwirtschaft

Der Weg in die Branche, und was es braucht außer Fachwissen Als Ehlmaier im Jahr 1994 ins Unternehmen gekommen ist, war das drei Mitarbeiter groß. 26 Jahre später ist der Geschäftsführer und leitet ein Business mit 195 Angestellten. Dabei ist er selbst „vom Zivildienst bei der Caritas direkt in die Branche gerutscht“, ohne Vorkenntnisse oder Vorwissen. „Ich bin gesessen wie ein Schwamm, habe Wissen aufgesaugt von den Kollegen“, erzählt Ehlmaier, der diesen Einstieg auch heute noch möglich sieht: „Jeder mit Ehrgeiz und Wissbegierde hat bei mir eine faire Chance.“ Das Know-How komme mit der Praxiserfahrung und von Kolleginnen und Kollegen, das „learning on the job“ werde gelebt; dazu kämen viele Fortbildungsmöglichkeiten. „Das Fachwissen ist eine Komponente; aber soziale Kompetenz und emotionale Intelligenz sind viel wichtiger im Dienstleistungsbereich“, ist Ehlmaier überzeugt. Was hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten in der Immo-Wirtschaft verändert? Als wesentlichsten Fortschritt nennt Ehlmaier die „Markt-Transparenz“. Zu seinen Anfängen 1994 habe es „keine Internetrecherche, keine Marktberichte“ gegeben. Zinshäuser seien teilweise „zum doppelten des Marktpreises“ verkauft worden, genauso gab es „echte Schnäppchen“. Heutzutage sei die Branche viel transparenter, das diene dem „Austausch unter Marktkollegen“ aber vor allem dem Kunden. Nicht zuletzt habe sich die Sprache verändert, erzählt Ehlmaier schmunzelnd: „Früher wurden Immobilien verwaltet, heute werden sie gemanagt.“ Ein Jahr im Zeichen von Corona – was bedeutet Covid-19 für die Branche? Covid-19 „ist eine große Herausforderung. Die Situation ist spannend, traurig, erkenntnisreich“, reflektiert Ehlmaier die vergangenen acht Monate seit Ausbruch der Pandemie. In seinem Unternehmen sei der Teamgeist jedenfalls gewachsen – auch, wenn „wir bis 18. Mai geschlossen waren, dann bis zum Sommer auf 80 Prozent hochgefahren sind“; und jetzt, angesichts einer drohenden Zweiten Welle die Personalkapazität wieder „auf 50 Prozent“ herunterfahren hätten. Ehlmaier zeigt sich persönlich bewegt: „Wir haben Sorge um unsere Mitarbeiter und Kunden, und wir wollen mithelfen, die Infektionszahlen zu senken.“ Die EHL Immobilien ist in fünf Tochtergesellschaften – etwa den Investmentbereich oder die Sparte Hausverwaltung – gegliedert. Das helfe, bei einem Mitarbeiterstand von 195 auch in Krisenzeiten „flexibel und dynamisch“ zu bleiben, ist Ehlmaier überzeugt. Von einer festgelegten Frauenquote hält er wenig: „Wir haben jetzt schon zwei Drittel Frauen im Unternehmen!“ Wer investiert jetzt in Wien, in Österreich? Laut EHL Marktbericht haben sich in diesem Jahr die deutschen, österreichischen undschweizer Investoren den Investmentmarkt geteilt. Investitionen aus anderen Ländern gab es kaum. Das hat mit Corona zu tun. „Vor zehn Jahren waren die Schweizer noch Exoten, heute investieren sie mittels Fonds und Stiftungen in unsere Immobilien“, sagt Ehlmaier. Wiewohl „Deutsche und Österreicher unsere Kernzielgruppe bleiben“, sieht er, dass in den kommenden Jahren auch das Interesse „aus Asien, etwa Korea, Australien und Übersee“ wieder kommen wird. Der Wiener Markt sei international hoch angesehen: Objekte hätten hohe Qualität, der Markt sei transparent. Bei längerfristig, gut vermieteten Immobilien im Gewerbebereich hätten die Preise sogar angezogen – trotz der Pandemie. Was bringt das kommende Jahr für die Branche? Niemand wisse, was Covid-19 noch bringt, hat auch Ehlmaier keine Kristallkugel zur Hand. Es werde von der Asset-Klasse abhängen, wie lange die Corona-Krise jeweils darauf wirke. Aber: „Wir brauchen gesunden Optimismus und dürfen nicht negativ sein!“, zeigt sich Ehlmaier kampfeslustig. Allgemein seien die Asset-Klassen diverser geworden: „Vor zehn Jahren gab es kaum Interesse an Studentenheimen oder Wohnhäusern für die ältere Generation“, das habe sich geändert. Auch die technische Umrüstung, z.B. vom Wohnhaus in ein Hotel, werde immer spannender. Ehlmaier beobachtet derzeit „ein großes Interesse von internationalen Investoren an Wohnungs-Neubauten, aber auch an Gewerbe-Immobilien im Logistik-Bereich“. Welche Bezirke boomen in Wien? Aus dem ImmoLive-Chat kam die Frage nach Ehlmaiers persönlicher Einschätzung, wo in Wien die spannendste Stadtentwicklung passiere. Die Antwort war eindeutig: Überall da, wo öffentliche Mobilität ausgebaut bzw. erweitert werden, liegen spannende Immobilien. Etwa, so Ehlmaier, entlang der Achse der U-Bahn-Linie U4 mit Objekten im Grätzel Heiligenstadt und entlang der Muthgasse in Wien-Döbling; das Areal um den (relativ) neuen Wiener Hauptbahnhof habe sich ebenfalls toll entwickelt; mit der Verlängerung der U-Bahn-Linie U2 habe das Grätzel vom Praterstern bis zum „Viertel Zwei“ in der Wiener Leopoldstadt an Attraktivität gewonnen; und mit dem U-Bahn-Ausbau bis zum Wienerberg im Süden Wiens werde sich auch diese Gegend „gut entwickeln“. Ehlmaiers Fazit: „Wir haben noch Platz im Wohnbereich bis nach Aspern (Stadtentwicklungsgebiet im Nordosten Wiens, Anm.) hinaus. Wien ist noch lange nicht ausverkauft und durchentwickelt.“ Was macht einen guten Immobilien-Manager aus? Die Covid-19-Pandemie habe es gezeigt, sagt Ehlmaier: Verboten sei der „Tunnelblick“; es brauche „immer den Blick nach links und rechts“ bei der Entwicklung von Strategien. Oberste Prämisse: Demütig, aber ehrgeizig weitermachen!

Nachhaltige Immobilien trotz oder wegen Corona

Ein zusätzlicher Aspekt hat das Thema Nachhaltigkeit seit März beschleunigt. Wobei sich hier auch andere Richtungen und Themen auftun und über diese Summe an Nachhaltigkeit wollen wir heute auch sprechen.Die Diskussionsteilnehmer kommen aus vielen unterschiedlichen Bereichen und damit können wir einen guten Überblick über die aktuelle Situation bieten – und einen Blick in die Zukunft.Wo steht die Immo-Branche momentan beim Thema Nachhaltigkeit?Peter Engert (ÖGNI) geht eingangs auf den Trend zum Home Office ein, und zieht eine Gedankenlinie zum „Micro Living“, der künftigen gefragten Wohnungsgröße und wie sich das in der Gestaltung von „Quartieren“, vulgo Grätzeln, gestalten wird. Der „Green Deal“ der Europäischen Kommission werde laut Engert einen „Megatrend“ auslösen – „während sich alle auf Corona konzentrieren, wird dieser Deal viel Richtung Finanzierung nachhaltiger Gebäude lenken“.Willi Reismann vom ÖIAV bekräftigt: Der Begriff „Nachhaltigkeit“ habe als „Schlagwort“ begonnen, sei aber selbstverständlich und zum „Naturell“ geworden. „Ich habe das selbst nicht immer gedacht“, gesteht Reismann, „aber die Nachhaltigkeit schafft es ins allgemeine Bewusstsein“.Roland Pichler von der „Wohnkompanie“ erzählt von seinem jüngsten Wohnbau in Wien, der zertifiziert wurde: „Wir spüren da enorme Nachfrage“, und zwar nicht nur bei großen Investoren, sondern auch bei Wohnungskäufern im privaten Bereich. „Der Käufer erkennt hier den Mehrwert“, zeigt sich Pichler überzeugt.Evgeni Gerginski (Huss Hawlik Architekten) spricht über die Auswirkungen der Pandemie – und der jüngeren Krisen allgemein – sowie darüber, wie die sich „auf alle Asset-Klassen ausgewirkt haben“. Von den Weltkriegen im 20. Jahrhundert bis Corona heute, „die Auswirkungen kommen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, aber sie kommen für alle Asset-Klassen“ und global, sagt Gerginski. Bei der Entwicklung von Quartieren sieht Gerginski derzeit den größten Fortschritt: „Schauen wir nicht auf einzelne Gebäude, schauen wir auf soziale Nachhaltigkeits-Aspekte“ wie genügend Freiraum oder Durchlüftung; „die Stadtentwicklung der Zukunft muss resilient werden“.Dieter Wasserburger von REWE zieht einen Vergleich zur Nachhaltigkeit bei Produkten: „Unsere Linie ‚JA! Natürlich‘ gibt es schon seit 20 Jahren.“ Beim Thema „Bauen, Klima, Umwelt“ will REWE Vorreiter gewesen sein – „aber jetzt sind alle auf den Zug aufgesprungen, auch unsere Mitbewerber“. Der Kunde setze die Nachhaltigkeit mittlerweile als gegeben voraus: „Man muss nachhaltig sein, wenn man keinen Wettbewerbsnachteil haben will.“Eine „radikale Überlegung“ des Architektenverbands, nicht nur bei ZertifikatenWilli Reismann, Präsident des Österreichischen Ingenieurs- und Architektenverbands bringt eine „radikale Überlegung“ in die Runde: „Die Jugend ist Träger der Nachhaltigkeit, da kommen massive Systembrüche auf uns zu.“ Abgesehen vom Generationenwechsel hätten „wir Architekten die Verantwortung, ganz neu zu denken“, sagt Reismann. „Das ist provokant, aber nicht böse gemeint: Das Verteilen von Zertifikaten ist löblich; aber es geht doch letztendlich um das Ändern unserer Lebensgewohnheiten!“Peter Engert, Geschäftsführer ÖGNI äußert sich entschieden: „Nachhaltigkeit hängt nicht ausschließlich an der Ökologie.“ Daran hingen ebenso Ökonomie und Soziologie. „Eine hübsche Dämmfassade oder Solarstrom am Dach“ seien zu wenig, dass alleine sei noch nicht nachhaltig: „Man muss das immer im Zusammenhang sehen.“ Wahre Nachhaltigkeit bedeute, „das Beste aus dem Grund, den ich jetzt versiegle und auf dem ich etwas hinbaue“, herauszuholen – und zwar „das maßgeschneidert Beste“, mit entsprechender Flexibilität im Gebäude, um auf künftige technische Entwicklungen – durch Nachrüstungen – eingehen zu können. „Damit wir nicht alle 30 Jahre abreißen müssen“, denn gerade der Beton sei zum Beispiel sehr CO2-intensiv, so Engert.Ist die Nachhaltigkeit nur ein Schlagwort, statt echten Umdenkens?Auch diese ImmoLive-Runde war geprägt von Fragen aus dem Chat. Ist die „Nachhaltigkeit“ nur „ein Kapperl“, das man sich aufsetzt, statt tatsächlich umzudenken, will die Community wissen.„Ein Zertifikat ist ein zivilrechtliches Gutachten, für das die ÖGNI und der Auditor persönlich haften. Das ist kein ‚Kapperl‘, das wir uns aufsetzen. Die Dinge im Zertifikat sind einklagbar“, stellt Peter Engert von ÖGNI fest.Willi Reismann vom ÖIAV meint: Damit die Nachhaltigkeit kein „Kapperl“ bleibe, brauche es gesellschaftliche und politische Anreize. „Wenn die italienischen Weintrauben im Supermarkt genauso viel kosten wie die heimischen, kaufe ich auch die Kernlosen aus Italien.“ Reismann regt einen Bonus für Gebäudeplaner an, die ihr Gebäude so planen, dass es nachhaltig funktioniert. „Das Anreizsystem funktioniert doch nicht. Der Architekt, der Bauingenieur, der Planer – die strudeln sich ab und werden im Honorar noch gedrückt“, beklagt Reismann die aktuelle Situation aus seiner Sicht.Evgeni Gerginski (Huss Hawlik Architekten) zum möglichen Bonus für Architekten, die nachhaltig planen: „Wir Architekten sind die letzten, die so etwas nicht machen würden. Aber auf der anderen Seite steht die Praxis.“ Er hätte noch nicht erlebt, dass ein Kunde „zu uns Architekten kommt und sagt, ich will ein nachhaltiges Gebäude haben“. Die Wichtigkeit der Nachhaltigkeit sei beim Endkunden noch nicht wirklich angekommen, vermutet also Gerginski, was das Planungsstadium betreffe – „das merken die Kunden erst am Ende, wenn das Gebäude da steht“.Alle Kunden wollen Nachhaltigkeit, aber jeder formuliert es anders – gibt es zuviele Normen?Roland Pichler (Die Wohnkompanie Wien) meint: Jeder Kunde wünscht sich beim Immobilienkauf eine nachhaltige Wohnung – aber eben nicht immer „unter dem Terminus Nachhaltigkeit“. Viel öfter hieße es – schon in der Planung – zum Beispiel bei der Auswahl der Baustoffe, „ich will dieses und jenes“. An der Stelle kämen die Zertifikate ins Spiel – „das macht die Sache transparent, vergleichbar und nachvollziehbart“. Ob das einen Unterschied im Vertrieb mache – im Sinne von, „mein Gebäude ist zertifiziert“, dass „werden wir jetzt sehen und ausprobieren“, erinnert Pichler an aktuelle Projekte seines Unternehmens. „Es ist jedenfalls eine Klientel da in Österreich für unsere Holzbauweise; auch wenn sich der Holzbau in Österreich noch nicht ganz durchgesetzt hat“, sagt Pichler.Peter Engert von ÖGNI sieht ein „Viel zu viel an Normen“; der Gesetzgeber wolle in Engerts Augen „am liebsten alles reglementieren, man traut uns gar nichts zu“. Wer einen Wohnbau zum Beispiel dort errichte, wo es eine gute Öffi-Anbindung gebe – den Bewohner also nicht zum eigenen PKW zwingt – der baue bereits nachhaltig und müsse den Begriff „doch gar nicht extra in den Mund nehmen“, sagt Engert. „Wer in seiner Wohnung eine gute Lüftung, eine gute Heizung will“, der fordere doch „in Wirklichkeit nichts anderes als Nachhaltigkeit“, so Engert.Evgeni Gerginski (Huss Hawlik Architekten) sieht „grundsätzlich nichts Schlechtes“ an Normen – aber Normen „nur aus wirtschaftlichen Gründen zu verschärfen, dann geht das in die falsche Richtung“, sagt Gerginski. Als Beispiel nennt er die Sanierung von Altbauten, wo „übertriebene Sicherheitsvorkehrungen verordnet werden“. Im beispielgebenden Altbau „muss ich das Haus mit Beton und Stahl füllen“, und „ist ein Geländer auf 100 Zentimeter Höhe wirklich sicherer als eines auf 95 Zentimeter?“, fragt Gerginski rhetorisch. Solche – normierten, verordneten – Adaptierungen würden beim Umbau auch entsprechend „CO2 in die Luft blasen“.Wieviele Normen braucht es für die Nachhaltigkeit? Lässt sich Bestehendes nutzen, statt Neues zu bauen?Dieter Wasserburger (REWE) meint: „Schade, dass der Kunde gar nicht sieht, wie viel wir auf dem Gebiet tun – und das gar nicht aus Altruismus.“ Möglicherweise, insinuiert Wasserburger, sei es vielleicht sogar besser „weniger zu tun, aber viel darüber zu reden“ – das tue weh, denn REWE arbeite auf diesem Gebiet sehr umfassend. Noch einmal greift Wasserburger das Bild der italienischen Weintrauben im Supermarkt auf: „Das sind wir als Konsumenten genauso gefragt. Ich muss die Trauben aus Italien ja nicht kaufen.“ Es sei aus der REWE-Sicht schwierig, einen „Trennstrich zu ziehen. Wir sind im Endeffekt nur der Spiegel dessen, was der Kunde will.“ Zu den Normen mein Wasserburger: „Nein, wir brauchen nicht mehr Normen.“ Es gebe Alternativen, wie den freiwilligen „Klima-Aktiv-Pakt“. Der REWE-Konzern konsumiere 1 Prozent des gesamt-österreichischen Stromverbrauchs („das ist irrsinnig viel“), aber setze – gerade deshalb – auf Grünstrom, erklärt Wasserburger. „Das wissen die wenigsten Kunden. Leider eine teure Sache, aber wir setzen darauf.“Willi Reismann (Präsident ÖIAV) fordert: „Wir müssen die ganze Gesellschaft motivieren zur Nachhaltigkeit.“ Es sei Aufgabe der Politik, „top down“ einen gesamtgesellschaftlichen Impuls zu setzen, statt „den einzelnen Bürger“ zu schimpfen („Du hast deinen Müll nicht richtig getrennt!“).Evgeni Gerginski (Huss Hawlik Architekten) macht die nachhaltige Sanierung von Altbauten – inklusive Dachgeschoss-Ausbau – zum Thema. Das sei sinnvoll, aber in der Praxis schwierig, erzählt Gerginski: „Eine Baubewilligung dauert zwischen elf und 18 Monaten“. Bei einem „optimal angebundenen Gründerzeithaus so lange auf eine Ausbau-Genehmigung zu warten – da stimmt doch was nicht“, kritisiert Gerginski. Die meisten Projekte scheiterten an den Einsprüchen der Anrainer – „auch das muss ich kritisieren“, so Gerginski.Roland Pichler, Geschäftsführer von „Die Wohnkompanie Wien“, erklärt, warum Nachhaltigkeit auch Wirtschaftsmotor sein könne. „Daran hängen Dienstleistungen, da beschäftigen wir uns intensiv mit neuen Arbeitsweisen in der Planung.“Heißt nachhaltiges Bauen auch teures Bauen?Peter Engert von ÖGNI meint: „Natürlich sind das steigende Kosten. Aber es ist ein Investment.“ Etwas „Tolles“ im Erdgeschoss zu realisieren als einen „Partykeller, der leersteht“ sei kostenintensiver – bringe aber „zufriedenere Mieter“, und ein wertvolleres Objekt mit „mehr Ertrag am Ende“. In der Immo-Wirtschaft verhalte es sich wie beim Förster, der heute Jungbäume pflanzt: „Wir haben die Verpflichtung etwas zu bauen, dass die nachfolgenden Generationen schön finden und nutzen können.“Willi Reismann (ÖIAV) entgegnet: „Nur an die Moral zu appellieren hat in tausenden Jahren Menschheit nicht funktioniert.“ Anreize bräuchten mehr als nur Förderungen; und alles brauche seine Zeit, um gesellschaftlich zu wirken.Wie hängen die Corona-Krise und die Nachhaltigkeit zusammen?Dieter Wasserburger (REWE) sieht die Pandemie als Beschleuniger der Nachhaltigkeit. „Wer rechtzeitig investiert hat, steht hoffentlich ‚on the long run‘ als Gewinner da.“ Starkes Thema bei REWE seien die Betriebskosten – angefangen von den Leuchtmitteln in den Filialen (Umstieg auf LED-Lampen) bis zu CO2-sparenden Kühlmitteln im Tiefkühlregal.Roland Pichler, Geschäftsführer von „Die Wohnkompanie Wien“ ergänzt: „Wir merken stark, dass sich Investoren seit Corona Gedanken um den Part Nachhaltigkeit machen.“ Auch bei der Banken-Finanzierung würden zertifizierte Projekte, nachhaltige Projekte künftig den Vorzug bekommen, sagt Pichler.Dieter Wasserburger (REWE) bringt einen Gedanken ins Spiel: Künftig würden bei Gewerbeimmobilien auch die Mieter „auf Herz und Nieren“ geprüft auf deren Nachhaltigkeit.Wo steht die Branche in zehn Jahren?Peter Engert (ÖGNI) eröffnet die Schlussrunde mit seiner Prognose. „Bis dahin sind wir auf halbem Weg, alle Gebäude in der Europäischen Union klimaneutral, CO2-frei, zu bauen und zu betreiben.“ Es werde eine CO2-Steuer geben, die „Taxonomy“ werde die Branche grundlegend verändern.„Ich bin Optimist“, sagt Willi Reismann (ÖIAV), „die Gesellschaft wird sich positiv verändern“; gleichzeitig schließt er nicht aus, „dass es furchtbar kracht und wir länger brauchen, um diesen Optimismus zu rechtfertigen“.Evgeni Gerginski (Huss Hawlik Architekten) hofft, dass sich in zehn Jahren „das Bewusstsein für Wertbeständigkeit in den Köpfen der Leute“ verfestigt.Roland Pichler von der „Wohnkompanie“ sieht einen „erprobten Maßnahmenplan für Pandemien“ in der Schublade in zehn Jahren liegen. Im Sinne der Nachhaltigkeit werden „wir uns in zehn Jahren aber auf gutem Weg befinden“, zeigt sich Pichler Optimist.Dieter Wasserburger (REWE) will eine „sichere, saubere, gesunde Umwelt“ in zehn Jahren. Von den derzeit mehr als 1.000 „energieeffizienten Filialen“ wünscht sich der REWE-Mann, dass „Null-Energie-Filialen“ dazukommen und sämtliche Filialen energieeffizient werden.

Sebastian Nitsch, ein Triathlet an der Spitze des österreichischen Projektentwicklers 6B47

Sebastian Nitsch ist seit 2010 beim Unternehmen, aber erst seit September in der Funktion des CEO. Ein – Corona-bedingt schlechter Zeitpunkt, um in die neue Rolle zu wechseln?, lautet die Einstiegsfrage. „CEO zu werden ist immer eine Herausforderung, unabhängig vom Zeitpunkt“, antwortet Nitsch. Seit dem Start 2010 habe sich 6B47 zu einem „100-Mann-Unternehmen“ entwickelt, das mit „1,6 Milliarden Euro an Projektentwicklungsvolumen“ hantiere, verteilt über drei Länder. Die Covid-Situation mache die Dinge „spannend“, aber es gebe andere Branche als die Immobilienwirtschaft, die vor größeren Problemen stünden. Was plant der neue CEO für 6B47? „Wir werden unser Geschäftsmodell nicht umkrempeln“, betont Nitsch, der weiteres Wachstum als Ziel ausgibt. Das Projektvolumen solle in den kommenden zwei Jahren auf 2,5 Milliarden Euro wachsen. Neu werde sein, bei Projekten auch verstärkt institutionelle Anleger an Bord zu holen. Auch werde das Unternehmen seine Kern- und Metropolregionen neu definieren: „Wien betrachten wir mittlerweile von Hainburg bis nach St. Pölten.“ In Deutschland wiederum wolle Nitsch „die Marktpräsenz deutlich verstärken“. Die Metropolregionen weiten sich aus „Leistbares Wohnen“ hat sich zum „vielgenutzten Schlagwort“ entwickelt, sagt Nitsch. Gleichzeitig werde Wien zum teuren Pflaster. Damit gehe die Nachfrage ins Umland – „das ist spannend, wenn man mit Verkehrsanbindung in einer halben Stunde in der Stadt ist“. In Deutschland sei 6B47 in vier Regionen tätig: Berlin und sein Umland; Rhein-Ruhr; Rhein-Main; Bayern. In Bayern seien „nicht mehr München, sondern die gut gesuchten B-Städte“ im Visier. Zurück zu Österreich: Es sei nicht überraschend, dass die „Metropolregion Wien“ jetzt in den Westen bis nach St. Pölten gedacht wird. „Die Südachse bis Wiener Neustadt ist doch längst akzeptiert“, erklärt Nitsch. Lehren aus Corona „Es gibt nichts, was es nicht gibt“, fasst CEO Nitsch seine Erfahrungen der vergangenen sechst Monate zusammen. Von der Maske im Kaffeehaus bis zur Umstellung von Teams, Systemen und Prozessen – man sieht, wie flexibel die Gesellschaft und – insbesondere – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf neue Herausforderungen reagieren. „Wir hatten keinen Tag Kurzarbeit“, sagt Nitsch, „wir haben alle Projekte in voller Stärke weitergeführt“. Der Arbeitgeber sehe jetzt, dass Home Office durchaus möglich ist – gleichzeitig merke der Arbeitnehmer, dass die physische Anwesenheit im Büro nicht komplett wegzudenken ist. „Ich bin selbst vom Saulus zum Paulus geworden, was das Home Office betrifft“, erklärt CEO Nitsch sein Umdenken. Was bringen die kommenden Monate für die Branche? Zukunftsprognosen seien schwierig; niemand wisse, wie lange die Corona-Situation noch dauern werde, sagt Nitsch. In der Immo-Branche gebe es „viele Propheten, die definierte Meinungen für die Zukunft haben“. Aus seiner Sicht werden Freiflächen wichtiger, Räume zum sozialen Kontakt und Flexibilität bei der Wohnraumgestaltung. Für Büros gelte aus seiner Sicht: „Verwechseln wir nicht einen verordneten Lockdown und verpflichtendes Home Office mit dem Angebot, dass wir jung-dynamischen Mitarbeitern im urbanen Raum geben müssen“. Das Büro werde sich „weiterentwickeln“, der Flächenbedarf bleibe aber bestehen: „Wir brauchen mehr Besprechungszonen, mehr Kommunikationszonen“, sagt Nitsch. Betreffend Objekt- und Projektplanung: Die Kubatur bleibe erhalten, aber der Innenraum müsse künftig flexibler gestaltet werden. Dazu komme eine wirtschaftliche Unsicherheit im Zuge von Covid: „Mit dem 1. Oktober fangen die Banken flächendeckend an, Negativ-Zinsen auf Konten zu verrechnen. Für Cash zahlen sie; bei Anleihen verdienen sie nichts; der Aktienmarkt ist volatil“, beschreibt Nitsch die Lage. Was bleibe dann übrig? Nitsch gibt sich selbst Antwort auf seine rhetorische Frage: „Die Immobilie.“ Im ImmoLive-Chat gibt es viele Fragen Der ImmoLive-Talk ist die größte Video-Diskussions-Plattform im deutschsprachigen Raum, wenn es um das Vernetzen in der Immobilienwirtschaft geht – und Userinnen und User in Echtzeit Fragen an die Expertinnen und Experten am Panel stellen können. So wird auch Sebastian Nitsch, CEO von 6B47, zu verschiedenen Themen befragt. Wie sieht er etwa – im Sinne der Nachhaltigkeit – die Umwidmung und Umwandlung von Büroflächen in Wohnraum? „Wir führen alte Bürogebäude in moderne Wohneinheiten, siehe Philips-Gebäude (ein „Landmark“ auf der Triester Straße im Süden Wiens, Anm.), wir haben bewiesen, dass wir das können.“ Weitere Fragen aus dem Live-Chat betreffen Themen wie die Nutzungs-Durchmischung in neuen Quartieren („Wir haben im Althan-Quartier im Neunten Bezirk eine Symbiose aller Asset-Klassen: Büros, Wohnen, Hotel, Gastronomie, Handel. Wir beleben damit das Grätzl.“) Ja, es gebe laut Nitsch eine „Wohnungs-Not in Wien, wir haben zu wenig Wohnungen“; aber jetzt nur Wohnungen zu bauen erzeuge wiederum ein Ungewicht – die Menschen brauchen auch Platz „zum Arbeiten, für den Job, zum Geld verdienen“, sagt Nitsch. Weitere Themen im Chat, auf die der CEO von 6B47 eingeht: Zertifizierungen bei Umwelt- und Sozialgedanken in der Projektentwicklung („Im Althan-Quartier ersparen wir der Stadt Wien 3.500 LKW-Fuhren an Abfuhr von Schuttmaterial“); wo macht Digitalisierung in der Immo-Branche Sinn („alleine den Rechnungsverlauf zu digitalisieren, ist eine große Erleichterung. BIM ist Thema, genauso die digitale Projektübergabe, und Sonderwunsch-Manager beim Wohnbau“). Die Abschlussfrage geht ans Eingemachte: Wie ernst hält Sebastian Nitsch als CEO von 6B47 es mit der Nachhaltigkeit? Oder geht es doch um Kosten, Machbarkeit, und dem „Abriss als beste Sanierung“? Nitsch sagt: „Ich glaube, in Zeiten wie diesen, können wir nicht durchkommen, uns nur ein Feigenblatt vorzuhalten. Gelebte, ernste Nachhaltigkeit muss sein, sonst arbeiten wir am Markt vorbei.“ Das Thema der Zukunft, laut Nitsch – nicht die Frage des nachhaltigen Heizens, der fossilen Brennstoffe, sondern: „Das Kühlen wird Thema sein. Da können sich Projektentwickler absetzen.“

Der digitale Fortschritt in der österreichischen Bau- und Immobilienwirtschaft

Während andere Branchen bereits seit Jahren entlang deren gesamten Wertschöpfungskette durch gesteigerte Produktivität profitieren, so stellt die ordnungsgemäße Umsetzung der Digitalisierung immer noch das größte Problem in der Baubranche dar.  In Deutschland kommt niemand mehr im öffentlichen Bereich an BIM vorbei. Building Information Modeling (BIM) wird auch in der Zukunft in Österreich eine immer wichtigere Bedeutung für alle beteiligten Akteure zukommen. Die BIM-Methodik soll künftig zu einem Kulturwandel in der Projektabwicklung führen. Dieser unterscheidet sich grundlegend von der herkömmlichen Herangehensweise und wird die in der Branche tätigen Unternehmen zu radikalen Umstellungen zwingen. Aber noch ist es nicht soweit. Warum es noch nicht soweit ist, wo die Herausforderungen liegen und welche Wege beschritten werden (können), darüber diskutierte unter der Moderation von Reinhard Krémer ein hochkarätiges Podium: Sigrid Oblak, Direktorin Wien Holding Wolgang Malzer, BIG, Architektur- und Bauvertragswesen Martin Müller, Geschäftsführer JP Immobilien Michael Resch, Geschäftsführer BIMEXPERTS Dominik Philipp, Geschäftsführer Dietrich I Untertrifaller Architekten Wie digital ist unsere Zukunft? Wer braucht „digitale Zwillinge“? Und warum digitale Hausverwaltung? Sigrid Oblak leitet die kommunale Beteiligungsgesellschaft der Stadt Wien, die Wien Holding, als Direktorin. Sie sieht einen „Lockdown-Digitalisierungs-Schub“, der sich durch alle Unternehmen der Holding ziehe. „Nicht alle Unternehmen in der Holding waren davor auf dem gleichen Digitalisierungs-Level“, sagt Oblak; „aber mittlerweile sind wir alle auf einem guten Niveau in der technischen Infrastruktur“, erzählt sie von den Corona-Anstrengungen in den vielen Unternehmen der Wien Holding. Michael Resch wird gefragt: „Kein Investor wird in 15 Jahren ein Gewerbegebäude ohne ‚digitalen Zwilling‘ kaufen“ – ob er dieser Aussage zustimme? Ja, als Ingenieur „kann ich nur dafür sprechen“. Objekte „werden immer intelligenter“; was bislang auf dem Papier passierte, werde sich künftig vollautomatisch in der Software abspielen, so Resch. „Da werden sich neue Produkte im Facility Management ergeben – bis hin zur Gamification, wenn die Glühbirne nicht funktioniert“, motiviert Resch den Hausmeister von morgen schon jetzt. Martin Müller will mit seiner App drei Hauptthemen ansprechen: „Community and Services“ – mehr als nur das „technokratische Hausverwaltungstool“ will Müller erstens den Kunden mit zweitens der Hausverwaltung und drittens „dem Grätzl“ vernetzen. Klassisches Facility Management bedeute heute: Weg von der „klassischen Betriebskostenabrechnung“ hin zur transparenten Echtzeit-Einsicht in laufende Objektkosten. Müller malt das „digitale schwarze Brett“ an die Wand. „Sie arbeiten ja bereits mit BIM“, wird Dominik Philipp gefragt. Das „Building Information Management“ gebe es doch seit Jahren – „nur kamen wir bislang nicht in Schwung, erst der Lockdown bringt Fahrt hinein“. Gerade als planerischer Architekt wolle er, Philipp, in „eine einheitliche, integrale Arbeitsweise hinein“ – weg von alten Arbeitsmustern und hin zur „open book Mentalität“, fordert Philipp: „Jeder im Team weiß über alles Bescheid, um das gleiche Ziel zu verfolgen“. Heterogene Märkte und Anforderungen könnten nicht länger mit denselben eingefahrenen Planungsmustern begegnet werden. „Wir müssen uns nur trauen, diese Prozesse zu verändern“, sagt Philipp. Wolfgang Malzer spricht seitens der BIG über das „Building Information Management“. Als großer Anbieter habe die Bundes-Immobiliengesellschaft zwar ihre „Hausaufgaben gemacht“, was aber zeitintensiv gewesen sei. Nach langer Vorbereitung gehe die BIG mit dem BIM jetzt „in Pilotprojekte rein“, sagt Malzer. Hinkt Österreich bei BIM hinterher? Was kann die Politik tun? Was kann BIM in der öffentlichen Hand? Das Building Information Management scheint als Zukunft des Facility Managements ausgemacht zu sein. Hinkt Österreich hinterher? Michael Resch sieht BIM-Projekte in Deutschland, die Österreich weit voraus seien – und zwar um „drei bis vier Jahre“. Grund sei auch die kulturelle Hemmschwelle, das österreichische „kennen wir nicht, machen wir nicht“, meint Resch. Und er führt fort: „Digitalisierung, das Wort ist ausgelutscht. Aber hören wir auf mit unserer 2D-Planung und schauen wir auf unsere Kids. Die spielen alles nur mehr 3D. Lernen wir daraus.“ Sigrid Oblak von der Wien Holding will die technische Einführung des BIM unbedingt an die Ausbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geknüpft sehen, die mit dem System arbeiten sollen. „Man muss sich einen gescheiten Stufenplan überlegen. Gibt es einen Mindeststandard an Daten, der von allen verwendet werden muss?“ Auch hinsichtlich Datenschutz gebe es „kluge und gescheite“ Überlegungen, aber: Was passiere mit den Daten, die plötzlich verfügbar sind, stellt Oblak die Frage Richtung „Pilotprojekten, wo die öffentliche Hand mit kleinen Projekten beginnt, bevor es in den Hochbau geht“. Zumal Behörden für komplexe Systeme wie BIM technisch noch nicht durchwegs ausgerüstet seien. Dominik Philipp sieht Österreich hingegen „nicht weit hinter Deutschland, was die Innovationskraft angeht. Das hohe Tempo in Deutschland erkenne ich nicht, was die Digitalisierung angeht.“ Aber „selbstverständlich“ müsse es im Architekten-Job sein, mit entsprechenden Instrumenten wie BIM umgehen zu können. Die „komplette Prozess-Abwicklungskette müssen wir inhaltlich von vorne neu denken – trotz BIM haben wir auf der Baustelle ja trotzdem noch das Papier“, sagt Philipp. Das digitale Gebäudemodell müsse schon von Beginn der Planung weg zum Einsatz kommen; nicht erst später „vom Bleistift aufs Papier ins Digitale übertragen“, um das neue digitale Instrument auch „richtig zum Einsatz bringen zu können“. Was bringt BIM für den Bauprozess? „Aus dem BIM-Modell heraus kann ich millimetergenau auf der Baustelle zum Beispiel fräsen“, sagt Dominik Philipp, „wir denken hier nicht mehr ‚in Beton‘, sondern mit ganz anderen Materialien und Möglichkeiten“. Michael Resch meint, „BIM macht vielen Angst, weil sie neue Prozesse brauchen und Daten haben“. Aber: Wer Step-by-Step vorgehe und einmal beginne, in 3D-Planung zu arbeiten, könne sich BIM ganz natürlich annähern. „Wir reden hier über hoch technologisiertes Bauen. Ohne dem Schlosser oder dem KMU unrecht tun zu wollen“ – aber die ‚Kleinen‘ müssten auch erst lernen, mit der neuen Technik umzugehen, sagt Wolfgang Malzer. Es gehe darum, auch kleinere Unternehmen eine Baustelle übernehmen zu lassen, nicht nur „den großen fünf Baufirmen“, ergänzt Dominik Philipp. „Das ist eine Chance für KMUs, es braucht auf der Baustelle nicht mehr so viele Leute.“ Der Bau-Prozess werde vereinfacht, der Planer halte die Fäden in der Hand. „Wenn Sie heute ein Foto mit dem Handy machen, haben Sie es gleich auch am iPad“, zieht Dominik Philipp eine Parallel zu „diesem heißen Thema“. Eine ähnliche Parallel-Planung in Echtzeit müsse und werde auch auf Baustellen gegeben sein. So könne das Gebäude automatisch melden, wenn z.B. Jalousien nach tausendfacher Verwendung ausgetauscht werden müssen. Dieser „digitale Zwilling“ erleichtere die Gebäudewartung. Drohnen fliegen nachts „Wir stehen heute bei einer Genauigkeit von plus-minus 30 Zentimetern“, erklärt Michael Resch die Technologie von Morgen. „In der Nacht fliegen Drohnen“ über die Baustelle und gleichen ihr Bild mit dem „digitalen Zwilling“ im BIM ab – um die Arbeiten auf der Baustelle präziser zu machen. In weiterer Folge würde dann die Blockchain-Technologie Auftraggeber und Auftragnehmer vernetzen, „aber da sind wir in der Grundlagenforschung“, so Resch. Koordination der Gewerke durch Digitalisierung, und Digitales im Wohnbau „Die Kollision der Gewerke erkenne ich erst auf der Baustelle“ – digitale Lösungen könnten Monteure die Arbeit erleichtern, aber: „Das hat auf der Baustelle nicht funktioniert“, erzählt Michael Resch. Die Erkenntnis: Software als „Game“ konzipieren, und einen spielerischen Zugang finden, so Resch. „100 Leute wohnen im selben Haus, aber kennen ihren Nachbarn nicht“, weist Martin Müller hin. Deswegen wolle man Menschen animieren, als User digitaler Medien miteinander zu kommunizieren. Die Anonymisierung könne umgangen werden – „der digitale Kontakt kann Hemmschwellen lösen“, sagt Müller. „Da können wir ganze Grätzl vernetzen. Niemand läutet mehr um einen Liter Milch beim Nachbarn, aber jeder postet in die Nachbarschafts-Gruppe“. Was kann BIM im Holzbau? Was bringt BIM der BIG? Dominik Philipp erinnert daran, dass der Holzbau schon „seit Jahren“ in 3D-Planung baue. Jetzt gehe es darum, die Präzision zu steigern. „Das können wir im BIM leisten, die Fräse ansteuern“. Der Trend gehe in die Vorproduktion; dazu brauche es auch Fachkräfte, und sei auch Thema im Fachkräftemangel. Anders als beim Beton punkte die Holzbauweise, „da haben Sie in ein bis zwei Wochen eine ganze Wohnhausanlage stehen“, wirbt Philipp für die Vorteile des digitalen Baumanagements. „Wir arbeiten im integralen closed-BIM“, erzählt Philipp, das habe aus seiner Unternehmens-Sicht Vorteile gegenüber dem „open-BIM“. In der Wiener Ettenreichgasse saniert und erweitert die BIG eine Schule. „Wir machen open-BIM“, sagt Wolfgang Malzer. Da gehe es „um den Modellaustausch, um Kolloquien, um die Prüfregeln in der Zusammenarbeit“. In dem Pilotprojekt gehe es vor allem um „ein gemeinsames Austauschen und Einspielen“, auch um gegenseitig Hilfestellung zu geben im Umgang mit BIM. „Noch müssen wir mit vielen Workarounds leben, wir sind in einem Lernprozess und irgendwo in der Mitte in der Umstellung“, sagt Malzer. Weitere Fragen aus dem ImmoLive-Chat Die Userinnen und User im ImmoLive-Chat nutzten die Möglichkeit, den ausgewiesenen Expertinnen und Experten am Podium ihre Fragen zu stellen. Beantwortet wurden unter anderem Themenbereiche, wie zum Beispiel: Wie gestaltet sich die Honorar-Ordnung fürs Gewerk, wenn BIM zum Einsatz kommt?; werden Projekte durch BIM teurer („BIM-Aufschlag“) oder kostengünstiger? Welche Trends sind im PropTech (Property Technology, Anm.) zu erwarten? „Kosten sparen durch Prozessoptimierung“, auch wenn das „langfristig passiert“, sagt etwa Martin Müller. Wie kann man die junge, digital-affine Generation mit dem Know-How der „Generation 50“ zusammenführen? „Wenn wir es spielerisch anlegen, und du gleich ins Tablet zeichnest, können alle Generationen profitieren“, sagt Michael Resch. „Wir müssen auf allen Ebenen mehr ausbilden, um BIM-zukunftsfit zu werden, schon an der Uni“, sagt Sigrid Oblak. „Wir brauchen den Spagat zwischen Tradition und neuen Arbeitswegen“, wirbt Dominik Philipp für den Übergang zu BIM. „Generell wird der Druck Richtung Digitalisierung größer werden, nicht nur in der Bau- und Immobilienbranche. Wir tun gut daran, unsere Prozesse zu hinterfragen. Es ist eine Herausforderung, aber sie wird uns Dinge erleichtern“, setzt Sigrid Oblak einen Schlusspunkt.

Der Deutsche Immobilienmarkt im Herbst 2020 – eine außergewöhnliche Zeit

Wie sieht die neue Normalität am deutschen Immobilienmarkt aus, aber vor allem wie könnte sie in Zukunft aussehen?Jeder Podiumsteilnehmer hielt einen Vortrag; danach gab es eine anregende Diskussion. Die einzelnen Präsentationen gibt es auch hier auf der Website zum Einsehen.Alexander Neuhuber zur Marksituation in Berlin und den „neuen Bundesländern“Alexander Neuhuber ist seit 2006 auf dem deutschen Immobilienmarkt tätig und sprach über die aktuelle Marktsituation in den neuen Bundesländern, vor allem über Berlin, aber nicht nur. Neuhuber sprach nicht nur vom „Covid-Krisenjahr 2020“, sondern erinnerte an eine „Abfolge der Krisen“, beginnend mit der Bankenkrise 2008, über die Migrationskrise 2015 und der „permanenten“ Klimakrise. Dazu komme die flache Zinsentwicklung im vergangenen Jahrzehnt – „salopp gesagt: Geld kostet nichts mehr“. Das führe zur einer Flucht in Sachanlagen – nämlich Immobilien. Wer eine sichere Anlage in Immobilien suche und sich international umsehe, der „kommt an Deutschland nicht vorbei“. Noch vor 15 Jahren seien Zinswohnhäuser der Gründerzeit „klassisch unterbewertet“ gewesen; schon damals sei ihm, Neuhuber, klar gewesen: „Berlin kann auf Dauer nicht so billig wie St. Pölten bleiben.“ Deutschland mit seinen rund 80 Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern biete „viele interessante Märkte“, abgesehen von Großstädten wie Berlin. Alle größeren Städte seien auf Wachstumskurs in der Bevölkerungszahl, und das West-Ost-Gefälle („neue Bundesländer“) beginne sich zu nivellieren. Anders als in Wien, „wo man verfügbare Zinshäuser mit der Lupe suchen muss“, gebe es in Großstädten wie Chemnitz „ausreichend Ware“. Auch seien die Renditen in den neuen Bundesländern deutlich höher als etwa in Wien, in einem Spektrum von 2,5 bis 7 Prozent. Deswegen habe er sich mit seinem Unternehmen MAGAN „auf die B- und C-Städte“ wie Dresden, Leipzig oder Potsdam.Foliensatz von Alexander Neuhuber Der Berliner Markt befinde sich in einer „special situation“, in einer Schere zwischen Mietendeckel und „Milieuschutz“. „Das ist ein Murks“, der zu niedrigeren Mieten in Top-Lagen am Ku’Damm führt, aber von dem Mieter von Plattenbauten nicht profitieren, sagt Neuhuber. „Das passiert, wenn man der Linke, der Nachfolgepartei der DDR-Kommunisten, so ein wichtiges wirtschaftspolitisches Feld zum Spielen überlässt.“Nicht zuletzt würden finanzierende Banken „unrund“, wenn durch den Mietendeckel kaum Rendite zu erwarten sei und sich die „Durchsanierung“ von Zinshäusern nicht mehr rechne.Dennoch sei – in der Corona-Krisenzeit – „die Durchschnittswohnung mit 70 Quadratmeter ein sicheres Investment“. Das wiederum spreche für die „neuen Bundesländer“, wo es entsprechendes Angebot gebe und Rendite warte.Tobias Just zur Auswirkung der Pandemie auf ImmobilienmärkteTobias Just sprach darüber, wie sich Pandemien auf Immobilienmärkte auswirken und gibt uns auch Beispiele darüber und zeigte, wo wir aktuell stehen – und auch wie Banken die derzeitige Situation einschätzen.Die Pandemie löste Just zufolge einen „dreifachen Schock“ aus. Zuerst der Nachfrage-Schock, weil Restaurant- und Kino-Besuche plötzlich nicht mehr erlaubt waren, der Tourismus stillstand. Zweitens ein „Angebots-Schock“, weil zahlreiche Dienstleistungen nicht auf den Markt kommen konnten, mit Verzögerungen in den Betriebsabläufen. Diese „massiven Auswirkungen auf die Volkswirtschaft“ hätten auch direkten Einfluss auf die Immobilienwirtschaft, sagt Just. Der dritte Schock sei der „Unsicherheits-Schock“: Niemand wisse, wie es weitergehe, was das Morgen bringe. Von dieser Unsicherheit habe die Immobilie aber profitiert, „weil das Haus dem Schutzbedürfnis dient“, und als sichere Anlage verstanden wird.Foliensatz von Tobias JustDie Nachfrage bei Gewerbe- und Handelsimmobilien erhole sich aber bereits, und sei „mehr Ausdruck der normalen Konjunkturkurve als der Pandemie“, so Just. Büroimmobilien stünden „irgendwo dazwischen“, also zwischen Wohnen und Handel. Das liege an der großen Unsicherheit, wie es mit der Arbeitswelt von morgen aussieht – Stichwort Home Office. Die Zinsen seien „deutlich niedriger, als sie sein müssten“; davon profitiere die Immo-Wirtschaft, weil in Zeiten niedriger Zinsen in Immobilien investiert werde, als sichere Anlage.Schon frühere Pandemien hätten Auswirkungen auf den Immobilien-Markt gehabt. Just zitiert aus Studien zu den Pest- und Cholera-Epidemien in Paris und Amsterdam (17. respektive 19. Jahrhundert). Mieten und Preise seien niemals stark eingebrochen – sogar in Zeiten der Pest seien die Mietpreise maximal um 5 Prozent gesunken. „Der Immobilienmarkt in Städten ist resilient. Wohnen ist und bleibt wichtig“, so Just.Eine Pandemie sei also ein „Dreiklang von Schocks“ (siehe oben), aber keine Blase, die platze. Wenn also Preise jetzt sinken, habe das nichts mit einer Immo-Blase zu tun, sondern mit dem „Schock“ der unvorhersehbaren Pandemie.Und tatsächlich werde jetzt wieder verstärkt nach Wohnungen gesucht – wobei sich die regionalen Nachfrage-Hotspots verschoben hätten. „München ist nicht mehr so begehrt“, es gelte „nach links und rechts zu schauen, in die risikoarmen Gegenden“.Der Lockdown habe die Margen erhöht; Banken lieferten sich jetzt einen „intensiven Wettbewerb“, insbesondere im Wohnbereich. Banken seien „eindeutig bereit“, Wohnen zu finanzieren; mit Abstrichen Logistik-Immobilien; und „deutlich weniger bereit“, Büros zu finanzieren.„Einen kurzen Ausflug in die Bürowelt“ unternimmt Just, der meint, dass „ziemlich klar war, was mit Wohnungen passiert – aber bei Büros hatten Banken unterschiedliche Einschätzungen“. Von der Annahme des 30-prozentigen Einbruchs bis zum 20-Prozent-Flächen-Plus sei alles vorhanden. „Ach was! Minus 30 bis plus 20, irgendwo dazwischen liegt die Wahrheit.“ Deswegen zahle es sich jetzt aus, mit verschiedenen Banken zu sprechen, und ihre jeweiligen Einschätzungen abzuwägen.Abschließend: Corona hat keine Immo-Krise ausgelöst, sagt Just. Tourismus-Immobilien leiden, aber insbesondere beim Wohnen und „mit Abstrichen“ beim Handel und Büros „haben wir ein gutes und tragfähiges Geschäft“.Matthias Kuß über Wohnungs-Regulierungen in BerlinMatthias Kuß gab einen Überblick über die regulatorischen Themen in Berlin wie unter anderem Mietpreisbremse, Kappungsgrenze – und über die aktuelle Diskussion des Aufteilungsverbotes – also eines Parifizierungsverbots, das zur Diskussion steht.Kuß verweist auf Geschichte und Ausgangslage vor zirka 15 Jahren. Noch im Jahr 2006 sei die Angebotsmiete in Berlin durchschnittlich bei 6 Euro auf den Quadratmeter gelegen. Das habe sich seither verdoppelt, sagt Kuß. Bei den Kaufpreisen für Eigentumswohnungen sei die Entwicklung „noch drastischer“ verlaufen: 1.000 Euro auf den Quadratmeter noch im Jahr 2010; heuer liege dieser Wert bei 4.300 Euro – im Durchschnitt. Zuletzt müsse der Bevölkerungszuwachs bedacht werden – bis zu 50.000 neue Berlinerinnen und Berliner pro Jahr lösen eine entsprechende Wohnungsnachfrage aus. Das wiederum führe dazu, dass Wohnen in der Stadt nicht mehr leistbar sei. Die rot-rote Stadt-Regierung hätte demnach Handlungsbedarf gesehen, sagt Kuß, und habe „Enteignungs-Debatten“ losgetreten, und schließlich Maßnahmen zur Miet-Dämpfung ergriffen.Dazu gehören u.a. die Privatisierung ehemals kommunaler Wohnungen, die jetzt rekommunalisiert werden sollen. In den 2000er-Jahren hatte Berlin zu geringen Preisen kommunale Wohnungen verkauft, und wolle diese jetzt zurück ins Stadt-Eigentum bringen. „Das steigert die Kosten für die Stadt, schafft aber keine neuen Wohnungen.“Foliensatz von Matthias KußAuch soll der Wohnungsmarkt auf AirBnB geprüft werden, und der „strategische Leerstand“ zur Nutzung von Kurzzeit-Mieten bekämpft werden.Zuletzt komme der „Berliner Sonderweg“, also der Mietendeckel, erklärt Kuß.Eine Lösung könne die „kooperative Baulandentwicklung“ sein – bei neuen Flächenwidmungen müsste zumindest ein Drittel mit öffentlich geförderten Wohnungen bebaut werden (Wien hat in seiner Bauordnung im vergleichbaren Fall ein Zwei-Drittel-Verhältnis festgeschrieben; Anm. d. Red.)Der Wohnungs-Neubau in Berlin reiche derzeit „jedenfalls nicht aus, um die Nachfrage zu decken“, sagt Kuß. Durch die Kurzzeit-Vermietung („AirBnB“) und dem „spekulativen Leerstand“ lasse sich deutlich mehr Geld verdienen – was die Wohnungen dem Markt entziehe. Entsprechend habe der Berliner Senat (Stadtregierung) reagiert und zum Beispiel ein Bußgeld eingeführt für Wohnungen, die länger als sechs Monate leer stehen.Weitere Gesetzesänderungen auf Berliner Stadtregierungs-Ebene beträfen demnach Umwälzungskosten bzw. Umlegungskosten (Mieterhöhung bei z.B. „Luxus-Sanierungen“ oder Einrichten eines Aufzugs im Haus); da falle zum Beispiel die „Mietpreisbremse“ hinein. „Beim Neuabschluss von Mieten darf der Preis maximal 10 Prozent über dem ortsüblichen Vergleichswert liegen“, erklärt Kuß.Diese verschiedenen Maßnahmen Berlins hätten aber nicht den gewünschten Effekt erzielt – im Gegenteil, die Mieten seien weiter gestiegen. Daher habe die Berliner Stadtregierung den „Mietendeckel“ eingeführt. Das würde Mieten – zum Beispiel „im Altbau in schicker Lage“ bei 6,45 Euro pro Quadratmeter deckeln – „in einer Lage, wo ich sonst um 14, vielleicht 20 Euro vermieten kann“, so Kuß. Das sei ein „erheblicher Einschnitt“, weil auch Bestandsmieten gesenkt werden müssten – zu einem gewissen Prozentsatz.„Aus meiner Sicht ist der Mietendeckel verfassungswidrig“, sagt Kuß. „Meine Einschätzung: Das wird nicht halten.“Die Präsentationen zu allen drei Vorträgen finden Sie hier auf der Website.Debatte der Experten im Online-PodiumGleich anschließend an die Vorträge ist das Thema „Mietendeckel“ am Programm. Derzeit würden in Berlin „Schattenmietverträge“ abgeschlossen – zu gedeckelten Quadratmeterpreisen, allerdings mit dem Passus der höheren Kosten, falls das Berliner Gesetz vor dem deutschen Verfassungsgericht kippe. „Das sorgt natürlich für Verunsicherung der Mieter“, sagt Tobias Just, „da muss ich als Mieter eigentlich schon jetzt das Geld zur Seite legen“.„Hier überlagert sich die Verunsicherung auf Mieterseite mit jener auf Vermieter-Seite“, sagt Alexander Neuhuber in Bezug auf die „Doppel-Mietverträge“. Er verstehe die „soziale Komponente“ und die Maßnahmen, um Mieten abzufedern. Aber „das vorliegende Gesetz geht in die falsche Richtung“; es bevorzuge die falschen. „Wer bisher 6.000 Euro für die Wohnung am Ku’Damm gezahlt hat, zahlt jetzt 2.500“, kritisiert Neuhuber. Jene, die zum Leben zu wenig hätten, profitierten aber nicht davon.„Strafen für böse Vermieter“ sowie „Kaufverträge mit doppeltem Preis“ – wie agiert der Investor, wenn er den „Vor- und Nach-Mietendeckelpreis“ kalkulieren muss? Rechtsanwalt Matthias Kuß geht auf die Pönale ein: „Spannend wird es ab November, bislang galt ja nur Informationspflicht.“ Erst bei Wiederholung ab den Wintermonaten werde es erhebliche Bußgelder geben – in Höhe von bis zu 500.000 Euro für große Wohnungsgesellschaften. Kuß würde jedenfalls Einspruch gegen diese Bußgeldbescheide einlegen – „weil wir nicht wissen, ob das Gesetz überhaupt hält“. Für die Immobilien-Bewertung sei es „spannend, weil durch den Deckel viele Objekte over-rented sind“. Diese würden nun abgewertet beim Kauf.Der Chat fragt: Mieter und Vermieter: Wo liegt die Hol- bzw. Bringschuld?Muss der Mieter um den Deckel ansuchen, oder ist das Bringschuld des Vermieters, fragen User im ImmoLive-Chat. „Wenn ich ab Dezember eine zu hohe Miete bezahlt bekomme“, spricht Matthias Kuß aus Sicht des Vermieters, „dann muss ich das Geld zurückschicken“.Die Finanzierungs-Frage der Banken im Core-SegmentWie steht es um die Banken-Prüfung des Kreditnehmers, wird Tobias Just gefragt. „Die Banken bedienen jetzt bevorzugt Bestandskunden. Wer eine neue Bank anspricht, tut sich schwer“, bringt es Just auf den Punkt. Banken seien zurückhaltend bei Neukunden, selbst bei guter Performance derselben.Die größten Überraschungen im Corona-Jahr2020 ist ein turbulentes Jahr – aber was überrascht die Experten in diesem Kalenderjahr am meisten?Tobias Just, Rechtsprofessor für Immobilienwirtschaft, sieht als größtes Novum, „wie schnell sich Leute auf Prozent-Prognosen festgelegt haben“. „Mieten verfallen um Minus 12 Prozent“, sei da gesagt worden, „aber dafür gibt es doch keinen Beleg“. Jetzt schwinge das Stimmungs-Pendel um, auf einmal sehe jeder das Positive. Aber: „Die Immobilienwirtschaft hinkt immer hinterher, die Verwerfungen kommen jetzt noch“.Alexander Neuhuber zeigt sich am meisten erstaunt, „dass sich die Thesen und Theorien der Experten, und von mir, bewahrheitet haben“. Zu Pandemie-Beginn habe sich eine „sehr unsichere Situation“ ergeben, mit „Panik im Mandanten-Kreis“, insbesondere im Handel und in der Gastronomie. Der Wohnungsmarkt sei aber stabil geblieben – besonders im „Durchschnitts-Wohnungsmarkt“. Wohnungen seien ein „fades Investment, mit niedrigen Renditen. Aber es ist ein sicherer Hafen, und alles was im Lehrbuch steht, stimmt“, sagt Neuhuber.Matthias Kuß erinnert an die schnelle Reaktion der Märkte angesichts der „Corona-Schockstarre“ im Frühjahre – da hätten sich innerhalb kürzester Zeit neue Geschäftsfelder entwickelt. „Auf einmal werden Hotels, die leer stehen, neu entwickelt“, erzählt Kuß.Frage aus dem Chat: Kommt mit dem Mietendeckel die Investitionsverpflichtung?Die ImmoLive-Community ist die größte Experten-Runde mit Möglichkeit zum Live-Chat mit Immobilien-Expertinnen und Experten in Österreich und Deutschland. Das Online-Podium beantwortet dabei auch Fragen. „Wenn der Mietendeckel die Einnahmen senkt – wird der Eigentümer dann auch Investitionen wie Sanierungen zurückschrauben. Kommt eine Investitionsverpflichtung?“, will die Community wissen und stellt die Frage Richtung Berlin.Jurist Matthias Kuß erkennt das Problem: „Mit geringem Mietertrag kann ich Instandhaltung nicht bezahlen.“ Kuß erläutert das Berliner Gesetz: „Auf fünf Jahre kann ich einen Euro mehr verlangen, wenn ich modernisiere oder energetische Maßnahmen setze“. Das Haus müsse jedenfalls solange „in Schuss“ gehalten werden, solange keine Gesundheitsgefährdung herrsche. Auf der anderen Seite stünden in Deutschland geltende Energie- und Nachhaltigkeitsbestimmungen, die kostenintensive Erhaltungsmaßnahmen („von der Wasserleitung bis zum Rauchmelder“) erforderten, sagt Kuß.Tobias Just erklärt, wann das deutsche Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung zum Mietendeckel trifft: „Alle hoffen auf den November 2020, aber damit rechne ich nicht. Ich denke an einen Entscheid irgendwann im kommenden Jahr.“Treffen Reisebeschränkungen die Investments?Der Chat fragt Alexander Neuhuber, wie er die geltenden Covid-19-Reisebeschränkungen sieht. Hinderlich für Investments?, wird der Österreicher gefragt, der selbst in Berlin tätig ist. „Lustig ist es nicht“, sagt Neuhuber. „Dass Wien auf der ‚Roten Liste‘ in Berlin steht ist nicht so schlimm als andersrum. Deutschland steht gut da – da stimmen die (Infektions-, Anm.)Zahlen. Was ein guter Antreiber für ganz Europa sein könne, in Deutschland zu investieren.Tobias Just von der Uni Regensburg sieht „klar weniger ausländische Transaktionen“, die aufgrund der Covid-Reisebeschränkungen durchgeführt würden. Das betreffe aber auch den amerikanischen und asiatischen Raum; der europäische Raum um Deutschland sei „glimpflich-liquid“ davongekommen. „Massive Einbrüche“ im klassischen Einzelhandel gebe es aber „eindeutig“ durch den Wegfall asiatischer oder amerikanischer Touristen. Da gehe es weniger um „große Investments“ als um „den kleinen Cash-Flow“, sagt Just, also „Hotellerie und Einzelhandel“. Das Wohnsegment „im AirBnB-Format“ sei zwar betroffen, aber weniger stark.Alexander Neuhuber sagt: „Nach dem Lockdown spüren wir in Chemnitz oder vergleichbaren Städten eine vermehrte Nachfrage.“ Da gebe es „vermögenden Mittelstand“, da „brauchen wir keine Asiaten oder Amerikaner“, auf dass Immobilien als Anlageform verkauft würden. „Häuser als Anlageform haben einen Boom erlebt in Deutschland“, erzählt Neuhuber.Wo würden die Experten investieren?Tobias Just würde sein Geld jetzt in Anteile einer Wohnungs-AG stecken, verrät er im ImmoLive-Chat. „Verteilt, um die Unsicherheit zwischen Stadt und Land zu zerstreuen.“ Dabei gehe es nicht um „Leipzig oder Chemnitz oder die Top-A-Lage“. Just sieht jedenfalls „Brot und Butter“, also die „Durchschnittsobjekte“, im Vorteil gegenüber „spekulativen Luxusobjekten“.Matthias Kuß sieht den Wohnungsmarkt als langfristiges Investment und empfiehlt daher Berlin – „auch wenn mit dem Mietendeckel in den nächsten fünf Jahren noch was kommt“. Im Vergleich zu anderen Metropolen biete Berlin immer noch „Steigerungspotenzial“. Abgesehen davon empfiehlt Kuß Investments in Städten „mit Bevölkerungswachstum und Uni-Standort“.Wo steht der Immo-Markt in einem Jahr?Matthias Kuß sieht die Asste-Klassen Hotels und Retails als großes Thema. Die Insolvenz-Pflicht ist in Deutschland gerade ausgesetzt – hier sei zu befürchten, dass sich die Pleiten ins nächste Jahr verlagern; etwa in der Gastronomie oder der Berliner Clubszene.Tobias Just erwartet einen heterogenen Immobilienmarkt mit steigenden Segmenten und Rückgängen. „Brot-und-Butter-Immobilien werden sogar eine Mietsteigerung zulassen“, weil sie als Anlagemöglichkeit attraktiv seien, sagt Just.Alexander Neuhuber will die Zukunft nicht an der Entwicklungs des Immo-Markts ablesen, sondern „an der Entwicklung der Pandemie. Wenn wir in den nächsten sechs Monaten eine Impfung haben, können wir in eine ‚alte neue Normalität‘ zurückkehren“. Je länger das ausbleibe, desto mehr Insolvenzen und Konkurse werde es geben. „Und dann kommt die Realwirtschaft in der Immo-Wirtschaft an, und wir spüren den Effekt.“

Der digitale Fortschritt in der Bau- und Immobranche

Die Digitalisierung bringt für die Branche viele Vorteile aber auch Herausforderungen mit sich. Wie können wir dem Wunsch der öffentlichen Hand entsprechen und den digitalen Fortschritt zügig vorantreiben?  Welche Rahmenbedingungen und Maßnahmen braucht es dafür? Welche neuen Anforderungen kommen auf uns bei Projekten im öffentlichen und privaten Bereich zu? Live am Podium zu Gast: Sigrid Oblak, Direktorin Wien Holding Wolgang Malzer, BIG, Architektur- und Bauvertragswesen Martin Müller, GF JP Immobilien Michael Resch, GF BIMEXPERTS Dominik Philipp, GF Dietrich I Untertrifaller Architekten Moderation: Reinhard Krémer

Karriere in der Immobilienbranche: die jungen Wilden II

Vor mehr als zwanzig Jahren war es nicht leicht eine Liste zu erstellen mit Top 100 „Frauen in der Immobilienwirtschaft” Heute wäre das schon um einiges leichter, denn es sind weitaus mehr Frauen als damals und es werden immer mehr. Das sieht man auch bei unserer zweiten Ausgabe von ImmoLive – Summer Special „Die jungen Wilden”. Es sind nämlich drei Frauen und zwei Männer auf dem Podium. Die VorstellungsrundeMirlinda Lokaj arbeitet seit dreieinhalb Jahren für die WISAG-Gebäudetechnik, als Assistentin der Geschäftsführung. Maria Trauntschnig entdeckte während des Studiums ihr Interesse für die Projektentwicklung; sie arbeitet seit mehr als drei Jahren als Projektmanagerin bei Value One. Anna Zillner ist seit 2019 Maklerin für Büroimmobilien bei EHL; den Weg in die Branche fand sie über ein Praktikum während des Studiums. Dominik Erne stammt aus Vorarlberg und fand den Weg nach Wien – und zu Bondi Consult – ebenfalls über das Studium. Er ist Projektleiter für „TWENTYONE“, das Projekt auf den ehemaligen Siemens-Gründen in Wien-Floridsdorf. Marcel Weber komplettiert die Runde –  er ist Makler für Gewerbeimmobilien bei Arnold Immobilien, und das seit mehr als drei Jahren.Alle verbindet, dass sie seit drei bis vier Jahren in der Branche tätig sind – und das jeweils durchgehend bei derselben Firma. Und: Echte Alternativen zur Branche sieht keine bzw. keiner aus der Runde. „Jedes Projekt ist ein Prototyp, bei jedem neuen Projekt entwickelst du neue Konzepte. Das wird nie langweilig“, erklärt Dominik Erne von Bondi Consult seine Faszination für die Branche. „Schon in der Schule war mein Interesse für Stadtentwicklungsprojekte groß“, ergänzt Anna Zillner (EHL). Das Studium des Bauingenieurwesens war für Maria Trauntschnig von Value One „zu zahlenbasiert“ – weswegen sie in die Projektentwicklung gekommen sei: „Da stimmt die Mischung aus dem Wirtschaftlichen und dem Technischen. Von Marketing und Sales bis zu Controlling und dem Verkauf – es ist ein breites Spektrum.“ Mirlinda Lokaj von WISAG pflichtet bei: „Die Immobilienwirtschaft ist dynamisch, man lernt jeden Tag dazu.“Veränderungen in der BrancheVor allem „im technischen Sinn“ sei großer, ständiger Fortschritt in der Gebäudetechnik zu beobachten, meint Mirlinda Lokaj von WISAG. Neben der „Digitalisierung als ständige Begleiterin“ sieht Anna Zillner (EHL) beim Thema Aus- und Fortbildung die größte Veränderung. Studiengänge wie Immobilienmanagement seien heute „voll belegt“, im Gegenteil zur Situation noch vor einigen Jahren. „Die Immobilienbranche wird immer jünger, und immer professioneller“, meint Dominik Erne von Bondi Consult. Die Digitalisierung schreite auch im Bereich der Wiener Stadtverwaltung positiv voran, bemerkt Erne und verweist beispielhaft auf die „digitale Baueinreichung“. „Auf der Baustelle tragen wir Planänderungen gleich am Tablet ein, es werden keine Baupläne mehr ausgedruckt“, ergänzt Maria Trauntschnig von Value One. Marcel Weber von Arnold Immobilien beschreibt die Professionalisierung der Branche: „Da brachen One-Man-Shows weg, die vielleicht früher funktioniert haben.“ Die Firma Arnold Immobilien „expandiert pro Jahr um ein Land“, damit würden Abläufe – und die Kundschaft – internationaler – „es gibt keinen nationalen Markt mehr.“Damit steigen aber auch die Ansprüche an die Dienstleistung, sagt Weber.Wird die Branche weiblicher?Anna Zillner von EHL sieht den Trend von TU-Studiengängen Richtung Immo-Branche durchgängig weiblicher werden. „Die Baustelle ist noch männerlastig“, da werde frau manches Mal noch „blöd angeschaut“, erzählt Maria Trauntschnig von Value One – „aber auch auf der Baustelle werden die Frauen immer mehr. Auch im Studium zum Bauingenieurwesen seien „ein Drittel“ der Studenten junge Frauen, „eine gute Quote“. Auch, so Trauntschnig, gebe es in ihrem Unternehmen Value One „mehr Projektmanagerinnen als Projektmanager“. Mirlinda Lokaj sieht es vom Unternehmensbereich abhängig: „Ich arbeite bei der WISAG in der Gebäudetechnik. Das ist eine Männerdomäne.“ Im kaufmännischen Bereich der WISAG liege der Frauenanteil hingegen bei über 50 Prozent.Ob Frauen in der Immo-Wirtschaft bestimmte Bereiche besser abdecken können als Männer, etwa durch Verhandlungsgeschick oder Problembewusstsein? Maria Trauntschnig (Value One) wünscht sich einen Mix aus Männern und Frauen im Team; Anna Zillner (EHL) ergänzt: „Bringen wir das nicht auf die geschlechtsspezifische Ebene. Jede und jeder hat Stärken und Schwächen, da geht es um die Persönlichkeit.“ Dominik Arne von Bondi Consult hält entgegen: In der Immo-Branche gebe es „viele Alpha-Tierchen, da klescht es immer wieder. Frauen bringen da eine gewisse Ruhe hinein.“Trends im Gewerbebereich und die Zukunft im Büro-Immo-MarktAlle Podiumsgäste sind im Gewerbebereich tätig, und werden zu Entwicklungen ebenda gefragt. Dominik Erne von Bondi Consult sieht die „Flexibilität beim Home Office“ im Bleiben – aber das Büro ebenso von Bestand als „Ort der sozialen Kontakte, der Zusammenarbeit“. Büros würden sich aber wegbewegen vom Großraumbüro Richtung „normale“ Büros – mit baulichen Maßnahmen wie eingezogener Wände. Anna Zillner von EHL spricht vom „Activity based working“ als „großes Schlagwort“, der Trend gehe weg vom fixen Arbeitsplatz. „Eine Idee der 1970er-Jahre, die jetzt Corona-bedingt wieder kommt.“ Home Office alleine reiche nicht – Menschen brauchen den Austausch, die Kollaboration, sagt Zillner – in diese Richtung werde sich die Büronutzung künftig verändern.Weil sich jedes Unternehmen der Home-Office-Frage anders stellen muss, muss auch die Projektentwicklung im Gewerbebereich flexibler werden. Maria Trauntschnig von Value One begleitet das Projekt des neuen Firmen-Headquarters, das im Sinne des „activity based workings“ angelegt sei: „Will ich einen Vertrag lesen und muss mich fokussieren, habe ich Rückzugsorte. Will ich mitten im Geschehen sein, arbeite ich an einer Projektinsel“, schildert Trauntschnig die Idee. Büros müssten weg vom Gedanken der Standard-Arbeitsplätze, hin zu „Community Areas“ – das „zieht die Leute auch wieder weg vom Home Office ins Büro“, sagt Trauntschnig.Dominik Erne von Bondi Consult begleitet das Projekt „TWENTYONE“ auf den ehemaligen Siemensgründen in Wien-Floridsdorf. „Es reicht nicht mehr, nur ein Büro hinzustellen. Man braucht ein Mobiliätskonzept, man muss flexibel auf die Mieter eingehen“, so Erne. Dazu brauche es ein „insgesamtes Quartier-Management“, das die Leute zusammenbringt und vernetzt.Es gehe Investoren nicht mehr ausschließlich um die Rendite, sagt Marcel Weber (Arnold Immobilien). Egal, welche Asset-Klasse im Gewerbebereich – ob Büro, Retail, Hotel – immer stärker werde ein Auge auf die Drittverwertbarkeit gelegt. Die Lage entscheide oft über eine Nachverwertung: „Refurbishment, oder mache ich ein Hotel daraus.“ Die Lage sei und bleibe das entscheidende Merkmal. „Und auch während des Lockdowns hat sich die Immobilien-Welt weitergedreht, es wurden alle Asset-Klassen weiter gekauft.“Mirlinda Lokaj (WISAG) sieht die „innovative Gebäudetechnik“ an oberster Stelle – was braucht der Nutzer, wie kann ich den Nutzer am besten vernetzen? Als Facility Manager wolle man „vom Spatenstich an“ dabei sein – um eine einfache Administration, neben einfacher Nutzung, zu erlangen. Das betreffe Neu- genauso wie Umbauten, und sei „sehr gefragtes“ Thema.Gibt es einen Mega-Trend in der Immobilienwirtschaft?Weil die Jungen die Welt oft mit anderen Augen sehen, werden sie nach möglichen „Mega-Trends“ in der Branche gefragt. „Der Ausdruck ist mit Vorsicht zu genießen“, sagt Marcel Weber, „das Zinshaus ist seit dem Jahr 1900 ein Mega-Trend und wird es bleiben“. Die Branche verändere sich dynamisch – etwa durch neue Finanzierungsformen wie Crowd Funding. „Es kommt sehr schnell, es geht sehr schnell – den einen Trend gibt es nicht, dazu ist die Branche zu vielfältig.“Anna Zillner von EHL beschreibt den Trend zu Mikro-Apartments in Wien noch im Jahr 2019: Der Wunsch nach kleinem, leistbaren Wohnraum wurde abgelöst von Corona. Jetzt ist man „glücklich über ein Extrazimmer, über die paar Quadratmeter mehr“. Jetzt gehe es um Freiflächen wie Terrassen und Balkons – „das zeigt, wie schnelllebig unsere Branche ist. Es gibt nicht den einen Mega-Trend“.Maria Trauntschnig von Value One sieht „BIM“ – also das „Building Information Modelling“ – als großen Trend. Dabei werden Planung, Betrieb und Nutzung vereinheitlicht. „Aber auch da wissen wir nicht, wohin die Reise geht“, so Trauntschnig.Dominik Erne (Bondi Consult) sieht das Thema Freiflächen im Kommen, nicht nur im Wohn- sondern auch im Gewerbebereich: „Warum Teamgespräche nicht nach außen verlegen?“ Abgesehen davon sieht auch Erne die Branche schnelllebig, es gebe rasche Trendwechsel.Mirlinda Lokaj (WISAG) hat während der Corona-Krise beobachtet, wie Hotels herunterfahren musste und Betriebskosten sparen wollten. „Da hilft Green Facility Management“, so Lokaj. Nachhaltige Energieeffizienz sei ein Kostenfaktor, der schon in der Planung und Gebäudetechnik berücksichtigt werde.Wohnraumverdichtung als Mega-Trend?„Den einzelnen Supermarkt, der in der Gegend herumsteht, wird es nicht mehr geben“, sagt Dominik Erne von Bondi Consult. Künftige Gebäude hätten eine Nutzungsmischung, von Gewerbe bis Wohnen; die Asset-Klassen würden zusammenwachsen.Maria Trauntschnig von Value One stellt dem Trend zur Wohnraumverdichtung das Interesse nach mehr Außenfläche und Grünraum entgegen. Bei Büros werde es zu Verdichtungen kommen; was sich aber ausgleichen werde mit der Nachfrage nach „anderen Facilities“.Was bringt die Digitalisierung für die Branche?Dominik Erne von Bondi Consulting erinnert an China, wo bereits Einfamilienhäuser „aus dem 3D-Drucker kommen“. Neue Formen der Systembauweise – etwa im Garagenbau – verkürzten Bauzeiten teilweise um bis zur Hälfte.Marcel Weber (Arnold Immobilien) meint nicht, dass neue Finanzierungsformen wie Crowd Funding sein Business grob verändern werden – „wer zahlt, und wie gezahlt wird, ist dem Makler egal, solange gezahlt wird.“ Was Corona gezeigt habe: „Man muss nicht mehr für einen Termin nach Deutschland fliegen, da reicht eine Videokonferenz aus.“ Gleichzeitig werde „das Exposé digitaler, animierter“. Da müsse man schlicht mit der Zeit gehen – auch im Kontakt mit dem Kunden.Anna Zillner von EHL spricht das Thema der Datenbankanbieter an – eine „immense Hilfe, wenn man nicht mehr alles mit der Hand abtippen muss“. Überhaupt brächten „Krisenzeiten die kreativsten Ideen heraus“ – vergleiche den Bankencrash im Jahr 2008, welcher den Fahrdienstleister „Uber“ hervorgebracht habe. Im Dienstleistungsbereich sei der persönliche Aspekt jedoch besonders wichtig – und „das kann man nicht digitalisieren“. 360-Grad-Rundgänge und virtuelle Touren seien praktisch – aber könnten den persönlichen Kontakt nicht ersetzen.Maria Trauntschnig (Value One) spricht zu „BIM“, dem „Building Information Modelling“. In ihrem Bereich, dem altbaugeschützten Bestand, sehe sie „BIM“ skeptisch: Jede Tür habe ihr eigenes Maß, man könne nichts „auf den Prototyp herunterbrechen“. Man müsse vor Ort Entscheidungen treffen, gemeinsam mit dem Architekten bei der Begehung. Dass das mittlerweile am Tablet passiere und „sofort weitergegeben“ würde, sei Vorteil der Digitalisierung. Neben dem „Smart Home“ sieht Trauntschnig das „smarte Büro“ im Kommen – intelligente Büroräumlichkeiten, die sich zum Beispiel angesichts der Meeting-Teilnehmer im Raum anpassen, etwa hinsichtlich des Lichts und der Belüftung.Mirlinda Lokaj (WISAG) unterstützt die Meinung: Schnittstellen in der Software, in der IT, würden immer wichtiger. Das würde Auswertungen bei Rundgängen erleichtern, und Prozesse insgesamt beschleunigen.Was wollen die Jungen anders machen als die Generation davor?Mirlinda Lokaj (WISAG) beschreibt das „eigene Image“, das dem Facility Management anhefte. Vielen sei gar nicht bewusst, wie wichtig Facility Management für das Funktionieren eines Gebäudes ist. Hier brauche es Bewusstseinsbildung und mehr Zusammenarbeit, bereits in der Projektentwicklung.Dominik Erne von Bondi Consult sieht die Nachhaltigkeit als große Aufgabe der jungen Generation. „Das sind Themen, die manchmal wehtun – zum Beispiel bei den verschiedenen Zertifizierungen – aber das ist nachhaltig, und auch den Partnern wichtig“.Marcel Weber (Arnold Immobilien) erinnert an den Umweltgedanken, der sich etabliert: Viele „grüne“ Immobilienfonds würden nunmehr ausschließlich zertifizierte Gebäude ankaufen. Es seien kleine Dinge, die viel ausmachen könnten – etwa Bienenvölker auf Hausdächern anzusiedeln.Anna Zillner von EHL pflichtet bei: Das Thema Nachhaltigkeit, angesichts des „Welterschöpfungstags“ am 22. August, sei in allen Medien präsent. Effiziente Gebäudetechnik und Zertifizierungen waren in den Jahren zuvor „nicht im Fokus“; das könne die junge Generation verändern, auf dass sich das zum Positiven wandle. Was „leistbares Eigentum“ betreffe, sieht Zillner ein Unternehmen nur bedingt handlungsfähig – da brauche es Dialog mit der Politik bei diesem „hochpolitischen Thema“.Maria Trauntschnig (Value One) möchte das „negativ behaftete“ Image der gesamten Branche verbessern: „Viele denken, da gibt es nur wirtschaftliche Gedanken. Aber wir wollen alle etwas Nachhaltiges entwickeln, und den Menschen etwas zurückgeben.“