Büroimmobilien – auch im Jahr 2022 die beliebteste Assetklasse unter institutionellen Investoren, Vermietungsmärkte sehr stabil, Investmentmarkt dürfte im Laufe des Jahres an Fahrt aufnehmen
Wohnimmobilien – 2022 hoch im Kurs, Nachfragedruck bleibt auch 2023 bestehen, Investoren sollten weiterhin regulatorische Risiken im Auge behalten
Einzelhandelsimmobilien – Einzelhandelinvestments bleiben auch 2023 etwas für Spezialisten und eher risikoaffine Investoren
Gesundheitsimmobilien – erfreuen sich bei Investoren weiterhin hoher Beliebtheit und bieten nach wie vor Sicherheit in konjunkturell schwierigen Zeiten
Hotelsektor – die Hotelbranche blickt positiv auf 2022, investorenseitig ist aufgrund des makroökonomischen Umfelds aber weiterhin mit Zurückhaltung zu rechnen
Logistikimmobilien – haben 2022 den Platz als drittbeliebteste Assetklasse gefestigt, zunehmende Flächenknappheit und lange Genehmigungsprozesse könnten zukünftig die Standortattraktivität für Logistikimmobilien in Deutschland beeinträchtigen
In allen Assetklassen war mit Ausnahme des Büroklimas zu Jahresbeginn ein Stimmungsaufschwung zu verzeichnen. Florian Wenner, Head of Research & ESG bei Primonial REIM Germany prognostiziert: „Entscheidend für das Immobilienjahr 2023 wird sein, wie schnell sich die Immobilienakteure mit dem ‚neuen‘ Preisniveau arrangieren und wann der Transaktionsmarkt wieder Fahrt aufnehmen kann.“ Außerdem geht er davon aus, dass Immobilienakteure, die glaubwürdige Nachhaltigkeitsstrategien mit aktivem Asset Management verbinden, in Zukunft profitieren werden.
Büroimmobilien
Unter institutionellen Investoren blieben Büroimmobilien zwar auch im Jahr 2022 die beliebteste Assetklasse, doch sei auch die abwartende Haltung aller Marktakteure spürbar. Die Sorge vor einer länger anhaltenden Rezession, höheren Fremdfinanzierungszinsen, Diskussionen über Homeoffice und die damit einhergehenden Auswirkungen auf die Büroflächennachfrage spielen bei Büroimmobilien eine wichtige Rolle. Deutlich werde dies anhand der im Vergleich zum Jahr 2021 deutlich gestiegenen Spitzenrenditen: In Topmärkten liegen sie derzeit bei 3,6 %, bei Sekundärstädten bei 4,2 %. Dennoch hätten sich die Vermietungsmärkte im zurückliegenden Jahr stabil gezeigt und 2023 werde für zentral gelegene Flächen sogar mit Mietanstiegen gerechnet. Ein aktives, an den Nutzerbedürfnissen ausgerichtetes Asset Management und energetische Optimierungsmaßnahmen an Bestandsgebäuden würden an Bedeutung gewinnen, erklärt Wenner.
Da sich auch die Büroflächennachfrage weiterhin sehr stabil zeige, sei davon auszugehen, dass die Investmentmärkte im Laufe des Jahres wieder an Fahrt gewinnen werden. „Für Investoren, die bereits gute energetische Konzepte entwickelt haben, können sich 2023 vielversprechende Opportunitäten im Büromarkt ergeben“, unterstreicht Wenner.
Wohnimmobilien
Dass Wohnimmobilien bei Investoren hoch im Kurs stehen, wird mit Blick auf den deutschen Immobilienklimaindex deutlich: Wohnimmobilien erhalten die zweithöchsten Stimmungswerte im Assetklassenvergleich. Dennoch lag das Transaktionsvolumen für Wohnimmobilien mit rund 11,6 Mrd. Euro deutlich unterhalb der Vorjahreswerte. Als Gründe für die verhalten positive Perspektive der Investoren nennt Wenner die anhaltend hohe Wohnungsnachfrage und eine verschärfte Angebotsknappheit in den Großstädten, die aus dem erwarteten Rückgang der Wohnungsbautätigkeit aufgrund von gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten resultiere. Demgegenüber stünden jedoch regulatorische Risiken, etwa in Bezug auf Mieterhöhungspotenziale und mögliche Beteiligungen der Vermieter an den gestiegenen Energiekosten, sowie zunehmende Verpflichtungen im Hinblick auf kostenintensive energetische Sanierungen. Außerdem seien im Wohnsegment fallende Preise aufgrund der gestiegenen Fremdkapitalzinsen zu verzeichnen.
Da eine drohende Rezession die Wohnungsmärkte jedoch weniger stark betreffe und der Nachfragedruck aufgrund geringer Neubautätigkeit weiter zunehme, würden viele Investoren verhalten optimistisch auf den deutschen Wohnungsmarkt blicken, erklärt der Researcher weiter.
Einzelhandelsimmobilien
Insgesamt wurden im Jahr 2022 rund 5,5 Mrd. Euro in Einzelhandelsimmobilien investiert. „Dies ist der mit Abstand niedrigste Wert der letzten Jahre. Dagegen stiegen die Spitzenrenditen für Handelsimmobilien spürbar an“, betont Wenner. Für Shopping-Center liegen sie mittlerweile bei über 5 %. Der Researcher geht davon aus, dass der Einzelhandel verhalten optimistisch auf das Jahr 2023 schauen werde. Nichtsdestotrotz stünde der Einzelhandel vor strukturellen Herausforderungen. Daher würden Einzelhandelsinvestments auch im Jahr 2023 etwas für Spezialisten und eher risikoaffine Investoren bleiben. Wenngleich bei genauer Analyse der Mieterstruktur sich vereinzelt gute Investmentopportunitäten ergeben könnten, ergänzt Wenner.
Gesundheitsimmobilien
Der Healthcare-Investmentmarkt erfreute sich auch im Jahr 2022 hoher Beliebtheit. So lag das Transaktionsvolumen bei 1,7 Mrd. Euro. Dass sich die Veränderungen des Zinsumfeldes auch auf den Immobilienmarkt auswirken, zeige die Renditeentwicklung. Demnach seien durch die gestiegenen Zinsen zum Jahresende die Spitzenrenditen spürbar angestiegen und lägen aktuell bei 4,4 %, erläutert Wenner. Trotz der zu Jahresbeginn publik gewordenen Betreiberinsolvenzen: „Gesundheitsimmobilien bleiben unter bestimmten Voraussetzungen sehr attraktive Investments“, erklärt der Researcher. „Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten bei Betreibern sind in erster Linie auf strukturelle Probleme wie zu schnelles Wachstum und Managementfehler zurückzuführen.“.
Für Investoren bieten Pflegeheime dennoch weiterhin große Sicherheit – gerade in Zeiten schwächerer Konjunktur. Sie sind in großem Maße reguliert und insbesondere Miet- und Instandhaltungskosten könnten umgelegt werden. Wenner ergänzt: „Eigentümer können darüber hinaus durch energetische Optimierungsmaßnahmen mithelfen, die (Energie-)Kosten der Betreiber zu reduzieren und sie zu entlasten.“ Die größte Herausforderung für die gesamte Pflegebranche würden die Personalknappheit und die draus folgenden geringeren Auslastungsquoten sein.
Hotelimmobilien
Im Hotelsektor lag das Transaktionsvolumen mit rund 1,6 Mrd. Euro deutlich unterhalb der Werte der Vor-Corona-Jahre. Nichtsdestotrotz blicke die Branche positiv auf 2022 – was vor allem in den gestiegenen Übernachtungszahlen, Auslastungsquoten und Zimmerpreisen begründet sei. Wenner sieht darin den grundsätzlichen Aufwind der Hotelbranche im Vergleich zu den Corona-Jahren 2020 und 2021 bestätigt. Gleichzeitig stiegen allerdings auch die Herausforderungen für die Hotelbetreiber deutlich: „Als Branche mit sehr hohen Energieverbräuchen und Endkunden, die kaum auf Energiesparmaßnahmen achten, leiden Hotelbetreiber im Besonderen unter den gestiegenen Energiekosten“. Daher gehe er davon aus, dass mit Betreiberkonsolidierungen zu rechnen sei.
Investorenseitig werde, so Wenner, aufgrund des schwierigen makroökonomischen Umfeldes auch 2023 weiterhin mit Zurückhaltung zu rechnen sein. Außerdem würden Investoren bei ihren Ankaufsentscheidungen den energetischen Zustand der Hotelgebäude und die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Geschäftsmodells einer genauen Analyse unterziehen.
Logistikimmobilien
Logistikimmobilien haben sich mittlerweile fest als drittbeliebteste Assetklasse etabliert. Ausdruck dessen sei ein Transaktionsvolumen von 8 Mrd. Euro 2022, das damit sogar oberhalb des Fünf-Jahres-Durchschnitts liege. Trotz der anhaltend hohen Nachfrage für deutsche Logistikimmobilien seien die Preise aufgrund der gestiegenen Fremdfinanzierungszinsen jedoch deutlich gestiegen. Die Spitzenrenditen für Logistikimmobilien liegen aktuell bei 3,8 %.
Aufgrund der großen Dachflächen spiele die Installation von PV-Anlagen bei Logistikimmobilien eine zunehmend wichtige Rolle, erklärt Wenner. „Die Flächen können dabei sowohl zur Direktstromabnahme vor Ort als auch zur Einspeisung ins Netz genutzt werden, und so eine zusätzliche Einnahmequelle darstellen.“
Ferner erwartet Wenner eine weiterhin verstärkte Nachfrage nach Lager- und Produktionsstätten sowie Verteilzentren in Europa. Die Gründe sieht er insbesondere im Ziel, Lieferengpässe durch zu große globale Abhängigkeiten zu vermeiden, sowie der zunehmenden Verbreitung von E-Commerce. Welche europäischen Logistikmärkte zukünftig im Fokus stehen, bleibe laut Wenner abzuwarten. In Deutschland könnte die Flächenknappheit, hohe Grundstückskosten und Bürokratie die Standortattraktivität einschränken.