Büroimmobilien – leiden unter dem „Lemming-Effekt“, es finden kaum Transaktionen statt. Für mutige Investoren könnten sich dennoch attraktive Ankaufsmöglichkeiten ergeben.
Wohnimmobilien – sind am Investmentmarkt der Spitzenreiter im Assetklassenvergleich. Das niedrige Transaktionsgeschehen deute darauf hin, dass viele Investoren weitere Preisabschläge abwarten.
Einzelhandelsimmobilien – trotz struktureller Probleme ist ein Stimmungsaufschwung zu verzeichnen. Die Konsumlaune bleibt verhalten, steigt aber kontinuierlich.
Gesundheitsimmobilien – verzeichnen trotz Betreiberkrise und struktureller Finanzierungsherausforderungen stabiles Investoreninteresse, das sich vor dem Hintergrund steigender Renditen und hoher Nachfrage nach Pflegeplätzen zeitnah verstärken dürfte.
Hotelimmobilien – der Erholungskurs setzt sich fort, die Betreiber verzeichnen gute Umsätze und das stärkste Jahr seit Beginn der Pandemie. Für Investoren könnten Repositionierungsprojekte gute Ankaufsopportunitäten bieten.
Logistikimmobilien – die fetten Jahre sind vorerst vorbei. Die mittelfristigen Aussichten für deutsche Logistikimmobilien werden von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Zukunft wichtiger industrieller Produktionsstandorte abhängen.
Florian Wenner, Head of Research & ESG bei Primonial REIM Germany, sieht daher derzeit kaum Chancen auf eine Jahresendrallye am Immobilienmarkt. Eine zentrale Frage sei, ob es für die Ankurbelung des Transaktionsgeschehens noch einen größeren Crash benötige oder sich die Situation zeitnah stabilisiere. Dabei stimme die Inflationsentwicklung und die Beruhigung der Energiepreise verhalten optimistisch: „Unter der Prämisse weiter rückläufiger Inflationsraten sind im nächsten Jahr Leitzinssenkungen zur Konjunkturbelebung im Euroraum denkbar. Dann dürften sich auch Investoren wieder für Immobilien begeistern und die meisten Akteure mit einem blauen Auge durch die Krise kommen.“ Die besten Perspektiven bestünden momentan für Assetklassen wie Wohnen, Gesundheit und Hotel, die über eine grundsätzlich hohe Nachfrage verfügten und kaum mit der gesamtwirtschaftlichen Lage korrelierten.
Büroimmobilien
„Auf dem Büroinvestmentmarkt überwiegt derzeit der ‚Lemming-Effekt‘“, konstatiert Wenner. Büroimmobilien würden so kritisch gesehen, dass kaum Transaktionen zu verzeichnen seien. Das Transaktionsvolumen betrug in den ersten neun Monaten lediglich 4,9 Milliarden Euro. Allerdings verzeichnete die Statistik im dritten Quartal einen leichten Anstieg gegenüber den beiden Vorquartalen 2023. Gleichzeitig seien die Spitzenrenditen weiter angestiegen und liegen jetzt bei 4,4 Prozent für A-Städte und 4,9 Prozent für B-Städte. „Dennoch können sich attraktive Ankaufsmöglichkeiten für mutige Investoren ergeben“, so Wenner. Es gebe Anzeichen, dass sich die Kräfteverhältnisse zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden am deutschen Arbeitsmarkt ausglichen – die Themen Flächenreduzierung und Homeoffice könnten damit an Fahrt verlieren. Zudem seien in fast allen Top-7-Märkten steigende Büromieten zu verzeichnen. Ankaufsmöglichkeiten ergäben sich insbesondere dann, wenn Bestandshalter aus Sorge vor weiter fallenden Preisen und anstehenden Refinanzierungen ihre Objekte zeitnah veräußern wollten.
Wohnimmobilien
Mit einem Transaktionsvolumen von rund 5,2 Milliarden Euro in den ersten neun Monaten 2023 liegen Wohnimmobilien an der Spitze im Assetklassenvergleich. „Wohnimmobilien werden trotz Krisenstimmung von vielen Investoren verhältnismäßig positiv gesehen“, sagt Wenner. Dennoch liege das Transaktionsvolumen auf dem mit Abstand niedrigsten Niveau der vergangenen zehn Jahre. Dies deute darauf hin, dass viele Investoren auf weitere Preisabschläge warten. Indes liegt die Spitzenrendite für Wohnimmobilien bei derzeit 3,1 Prozent. Die vergleichsweise geringe Anfangsrendite werde auf Verkäuferseite mit künftigen Mietsteigerungen begründet. Der Nachfragedruck bleibe absehbar hoch: „Die Talsohle bei den Fertigstellungszahlen dürfte noch nicht erreicht sein und von der politischen Zielmarke von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr sind wir im nächsten Jahr so weit entfernt wie seit zehn Jahren nicht mehr.“
Einzelhandelsimmobilien
Das Transaktionsvolumen für deutsche Einzelhandelsimmobilien lag mit rund 3,2 Milliarden Euro in den ersten drei Quartalen 2023 deutlich unter dem Vorjahreswert. Trotz anhaltender struktureller Probleme – insbesondere außerhalb der Lebensmittelbranche – sieht Chefresearcher Wenner aber einen leichten Stimmungsaufschwung bei Handelsimmobilien. „Zum einen trauen einige Investoren den seit Jahren krisenerprobten Assetmanagern von Einzelhandelsimmobilien eine bessere Bewältigung der aktuellen Situation zu als in anderen Nutzungsarten.“ Zum anderen seien die Preise aufgrund der pandemiebedingten Abwertungen etwas weniger stark vom Zinsschock des vergangenen Jahres betroffen. Gleichzeitig bewege sich das HDE-Konsumbarometer kontinuierlich nach oben, wenngleich die Kauflaune deutscher Verbraucher insgesamt noch eher verhalten sei. Bei den Spitzenrenditen registrierte Wenner einen weiteren Anstieg auf 4,5 Prozent für High-Street-Shops, 4,7 Prozent für Supermärkte und auf 5,5 Prozent für Shopping-Center.
Gesundheitsimmobilien
Stabil durch die Krise: Trotz Betreiberkrise und struktureller Finanzierungsprobleme im Pflegesektor sei in den ersten neun Monaten 2023 ein stabiles Investoreninteresse an Gesundheitsimmobilien zu verzeichnen, so Wenner. Ausdruck dessen sei das Transaktionsvolumen von rund einer Milliarde Euro. Während insbesondere in den ersten beiden Quartalen Transaktionen erfasst worden seien, die überwiegend bereits im Vorjahr zu günstigeren Finanzierungskonditionen und vor Betreiberinsolvenzen vorbereitet oder unterzeichnet wurden, handele es sich bei vielen der jüngsten Transaktionen um Neubauimmobilien ohne Altlasten und mit niedrigen Energiekosten im Betrieb. Eine wichtige Stütze sei zudem das Teilsegment Betreutes Wohnen, auf das rund 30 Prozent des Transaktionsvolumens entfielen. „Gerade weil die Renditen für Gesundheitsimmobilien bereits spürbar gestiegen sind und weiterhin hohe Nachfrage nach Pflegeplätzen besteht, könnte die Assetklasse Healthcare zeitnah wieder verstärkt in den Fokus von Investoren rücken“, unterstreicht Wenner. Bei den Konsolidierungen der Pflegeheimbetreiber seien hingegen vor allem die großen Betreiberketten im Vorteil. Sie könnten im kommenden Jahr wieder über Expansionen nachdenken.
Hotelimmobilien
Nach den Krisenjahren der Pandemie setze der Hotelsektor den Erholungskurs weiter fort. Das Transaktionsvolumen von rund einer Milliarde Euro in den ersten drei Quartalen 2023 liege zwar unter den Zahlen der vergangenen drei Pandemiejahren. Eine potenzielle Belebung des Hotelinvestmentmarktes sei aber nach Ansicht Wenners durch den Zinsschock im vergangenen Jahr verhindert worden. Folglich sei die Spitzenrendite auf 5 Prozent angestiegen. Dennoch verweist Wenner auf positive Zahlen auf Betreiberseite: „2023 wird voraussichtlich das umsatzstärkste Jahr im Gastgewerbe seit Beginn der Pandemie.“ Auch wenn die Hotellerie noch nicht vollständig an das Rekordjahr 2019 anknüpfen könne, meldeten die großen Betreiberketten überwiegend gute Umsatzzahlen und bestätigten damit die spürbare Erholung des Sektors. „Auf Betreiberseite dürfte die Talsohle somit erstmal durchschritten sein.“ Sanierungen und Renovierungen dürften in den Expansionsstrategien führender Hotelbetreiber eine größere Rolle spielen – hier könnten sich Opportunitäten für Repositionierungen einzelner Standorte ergeben.
Logistikimmobilien
Mit einem Transaktionsvolumen von 3,6 Milliarden Euro in den ersten neun Monaten 2023 blieb das Transaktionsgeschehen von Logistikimmobilien im Vergleich zu den Boomjahren verhalten, auch wenn im dritten Quartal eine höhere Investitionstätigkeit registriert wurde. Neben der allgemeinen Zurückhaltung an den Investmentmärkten spielten laut Wenner auch rückläufige Neubauzahlen eine wichtige Rolle. Die stabile Flächennachfrage und das begrenzte Flächenangebot dürften jedoch weiterhin zu moderaten Mietsteigerungen führen. Die Spitzenrenditen für Logistikimmobilien lägen derzeit bei 4 Prozent – in den kommenden Quartalen sei mit einem weiteren Renditeanstieg zu rechnen, insbesondere außerhalb des Core-Segments. „Die mittelfristigen Aussichten für deutsche Logistikimmobilien werden vor allem von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Zukunft wichtiger deutscher Industrieproduktionsstandorte abhängen“, erläutert Wenner. Klar sei: Die fetten Jahre seien erstmal vorbei.