Können Sie uns ein kurzes Resümee Ihrer Tätigkeit geben?
Gerald Gollenz: Es waren sehr herausfordernde Jahre mit schwierigen Entscheidungen sowohl intern als auch extern. Im Großen und Ganzen glaube ich doch mit meinem Team einiges bewirkt zu haben, einiges ist aber auch nicht gelungen, so ehrlich muss man sein.
Was waren Ihre größten Erfolge?
GG: Das müssen andere entscheiden. Ich glaube, dass wir gemeinsam im Vorstand einiges weitergebracht haben, es war eine sehr anspruchsvolle und intensive Zeit für die Interessensvertretung, Herausforderungen wie kaum jemals vorher, die multiplen Krisen haben in dieser Periode voll zugeschlagen, ich finde aber, insgesamt haben wir gute Arbeit gemacht.
Welche maßgeblichen Veränderungen sehen Sie rückblickend in Ihrer Amtszeit?
GG: Die Qualität der Dienstleistung ist massiv gestiegen, das hat natürlich mit den Aus- und Weiterbildungsangeboten der Fachgruppen zu tun, die auch in allen Bundesländern sehr gut angenommen werden. Der Zusammenhalt innerhalb der Branche auch zwischen den einzelnen Berufsgruppen hat sich enorm verbessert. Und als Projektentwickler freut es mich natürlich außerordentlich, dass die gewerblichen Bauträger in dieser Zeit die Führungsrolle am Markt übernommen haben.
Waren die letzten Jahre in diesem Marktumfeld besonders herausfordernd?
GG: Ja, der Markt ist durch die multiplen Krisen fast zum Erliegen gekommen. Corona, Kriege, die damit verbundene Energiekrise und die daraus entstandenen hohen Baukosten waren für den Immobilienmarkt nicht gerade förderlich.
Wie blicken Sie auf die Zusammenarbeit mit den politisch Verantwortlichen zurück? Es wurden oftmals Entscheidungen getroffen, die den Markt sogar negativ beeinflusst haben. Ich denke da nur an das Bestellerprinzip.
GG: Ohne irgendjemanden persönlich angreifen zu wollen: Die letzte Regierung war sicherlich nicht das Highlight in der Geschichte der Politik. Das Bestellerprinzip und die KIM-Verordnung etwa waren die größten Fehlentscheidungen der letzten Jahre, ja wahrscheinlich sogar Jahrzehnte. Die KIM-Verordnung ist aus unserer Sicht auch maßgeblich daran schuld, dass Österreich in einer Rezession steckt. Gewisse Herrschaften haben noch immer nicht kapiert, wie wichtig der Immobilienmarkt für die Wirtschaft ist. Jeder Euro, der in eine Immobilie investiert wird, versechsfacht sich für das BIP.
Ein Immobilienprofi hat in einem Interview gemeint, man sollte allen führenden Politikern und entscheidungsbefugten Personen in diversen marktbeeinflussenden Organisationen vorschreiben, mindestens zwei Jahre in einem KMU gearbeitet zu haben, damit sie die Probleme verstehen. Sehen Sie das auch so?
GG: Vollkommen d’accord, die Wirtschaft wird derzeit großteils von Politikern vertreten, die noch keinen Tag ein Unternehmen geführt haben, weder Budget- noch Personalverantwortung hatten, aber Entscheidungen treffen müssen, die marktbeeinflussend sind. Wie kann man sich sonst erklären, dass man dem Bestellerprinzip zustimmt, wohl wissend, dass man dem Unternehmer 50 Prozent des Einkommens wegnimmt! Wir haben immer darauf hingewiesen, dass es für den Markt nichts bringt, was wir durch Studien auch belegt haben. Aber es sind halt die Wählerstimmen von 1,2 Millionen Mieter wichtiger als von ein paar tausend Maklern! Und letztendlich schadet es dem Immobilienmarkt.
Man sagt, Sie seien auch manchmal unbequem gewesen, weil Sie Ihre Meinung nach dem Prinzip Interessensvertretung vor Parteilinie vertreten haben.
GG: Das müssen Sie diejenigen fragen, die das gesagt haben. Aber ja, für mich stand immer die Interessensvertretung an oberster Stelle. Leider ist das – und das kann ich nach 25 Jahren Funktionärstätigkeit für die Wirtschaftskammer sagen – generell immer mehr verloren gegangen. Die WK ist keine Spielwiese für persönliche Befindlichkeiten!
Was hätten Sie rückblickend anders gemacht?
GG: Gar nichts, ich bin mir keiner Schuld bewusst. Wir haben, glaube ich, stets zum Wohle der Branche gehandelt, auch wenn einige Entscheidungen persönlich nicht ganz einfach waren. Ich werde auch zukünftig den Markt genau beobachten, ich werde ja weiterhin als Unternehmer tätig sein – wenn mir etwas nicht passt, werde ich es artikulieren, und wenn man meine Expertise möchte, werde ich diese auch zur Verfügung stellen.
Apropos Expertise: Was werden die wichtigsten Herausforderungen in der Zukunft sein?
GG: Natürlich nach wie vor die Digitalisierung, die ist ja noch immer nicht voll in der Branche angekommen, die Entbürokratisierung auf allen Ebenen und ganz wichtig – das lag mir persönlich immer am meisten am Herzen – Entgeltfairness für alle drei Berufsgruppen. Unsere Dienstleistung muss entsprechend honoriert werden, sonst können wir die Qualität nicht erbringen!