Nahversorgung in Österreich: Schon 580 Gemeinden ohne Vollsortimenter

Die Auswertung der RegioData-Standortdatenbank zeigt eine langfristige Verschlechterung der Lebensmittelnahversorgung in weiten Teilen Österreichs. Immer mehr kleine Gemeinden werden nicht mehr vollständig versorgt.

Anzahl der Lebensmittelmärkte in Österreich sinkend

Die Anzahl der Lebensmittelvollsortimenter[1] ist in Österreich seit 2010 um insgesamt 5,1 % gesunken. Vor allem die „Big-4“ – Spar, Rewe, Hofer, Lidl –, die insgesamt knapp 92 % des österreichischen Lebensmittelhandels abdecken, haben kaum mehr Expansionsambitionen. Derzeit gibt es insgesamt 5.614 Standorte von Vollsortimentern, die sich jedoch regional sehr unterschiedlich verteilen. Während in groß- und kleinstädtischen Gebieten die Dichte an Verkaufsstellen ständig zunimmt, werden kleinere, unrentable Standorte nach wie vor geschlossen.

Eine räumliche Konzentration ist insbesondere rund um die Hauptstädte Wien, Linz und Graz sowie in deren umliegenden Gemeinden, den sogenannten „Speckgürteln“, zu beobachten. Im Gegensatz dazu dünnt die Versorgung in kleinen, peripheren Gemeinden etwa in Ober- und Niederösterreich immer mehr aus. 

Ungleichmäßige Versorgung: Große Unterschiede nach Bundesländern

Knapp 28 % aller Gemeinden verfügen über keinen Lebensmittelvollsortimenter. Von diesen insgesamt 580 Gemeinden in Österreich entfallen die meisten auf Nieder- und Oberösterreich. In beiden Bundesländern gibt es jeweils etwa 155 Gemeinden ohne einen umfassenden Lebensmittelversorger. Besonders in ländlichen Regionen mit sehr kleinen Ortschaften ist die Versorgungslage schlecht. Das vergleichsweise günstige Bild in der Steiermark ist vor allem auf die Gemeindezusammenlegungen der letzten Jahre zurückzuführen, die Versorgungssituation in den einzelnen Ortsteilen ist jedoch genauso ungünstig.

Zu wenig Potenzial

Um ein Lebensmittelgeschäft betriebswirtschaftlich betreiben zu können, braucht es im Normalfall eine Mindestgröße von 400 m² Verkaufsfläche, kleinere Standorte brauchen besonders günstige Faktoren (Hohe Frequenz, Touristen, besondere Öffnungszeiten). Um den dafür notwendigen Umsatz erreichen zu können, braucht es im Einzugsgebiet mindestens etwa 1.500 Einwohner. Ist dieses Einwohnerpotenzial zu gering, lohnt sich der Betrieb nicht. Bestehende Betriebe werden langfristig schließen (z.B., weil kein Ertrag erzielt werden kann und sich deswegen kein Nachfolger findet) und neue werden nicht errichtet werden. In manchen derartigen Fällen helfen auch kreative Ansätze, etwa genossenschaftliche oder Vereinslösungen durch die betroffene Bevölkerung, die so einen Lebensmittelversorger selbst betreiben können, ohne einen Ertrag erzielen zu müssen.  

Teilsortimenter werden mehr

Während herkömmliche Lebensmittelmärkte in einigen Gebieten abnehmen, erleben Teilsortimenter durchaus einen Aufschwung und leisten so auch einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Nahversorgung. Die knapp 1.500 Tankstellenshops erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Da sich allerdings die Tankstellen meist außerhalb der Ortskerne befinden, profitieren vorwiegend nur motorisierte Kunden. Ebenso im Aufwind sind bäuerliche Direktvermarkter und diverse Automatenshops. Diese kleineren Geschäfte bzw. Abgabestellen, die sich auf ein sehr begrenztes Sortiment konzentrieren, profitieren von ihrer Flexibilität und der Fähigkeit, schnell auf Kundenbedürfnisse einzugehen und frische, lokale Produkte direkt vom Erzeuger zu verkaufen. 

Eine innovative Möglichkeit der Nahversorgung, nämlich Self-Check-Out-Verkaufscontainer, hingegen konnte in Österreich auf Grund der Öffnungszeitenbeschränkungen nicht Fuß fassen. Obwohl diese Container über kein Personal verfügen, sind sie an die üblichen Ladenöffnungszeiten gebunden, ganz im Gegensatz zu Automatenshops, bäuerlichen Direktvermarktern und Tankstellenshops. Die österreichischen Pioniere auf diesem Gebiet, Unimarkt („UNIbox“) und REWE („BillaBox“), haben deswegen ihre Standorte wieder geschlossen.

Zukunft

Die recht hohe Anzahl von Schließungen der Lebensmittelvollsortimenter in kleinen Dörfern und Ortsteilen in den vergangenen Jahren hat sich bereits deutlich abgeschwächt. Es ist zu erwarten, dass in den nächsten Jahren nur noch wenige neue Versorgungslücken entstehen. Schließungen herkömmlicher Lebensmittelmärkte in kleinen Gemeinden sind nicht einfach zu kompensieren, weshalb neue Ansätze und Lösungen erforderlich sein werden. In diesem Zusammenhang wird es vor allem zwei Strategien geben müssen: Erstens ein automatisierter Verkauf, also Einkaufsstellen ohne jegliches Personal, und zweitens eine Funktionsmischung, insbesondere zwischen Gastronomie und Einzelhandel, wie es etwa in Italien und Spanien seit jeher gepflegt wird. Bei beiden Strategien sind die Gesetzgeber und Interessensvertreter gefordert, durch liberalere Bestimmungen eine Verbesserung der Nahversorgungssituation zu erreichen.

[1] Vollsortimenter: Basisangebot von Trockensortimenten und allen vier Frischesortimenten (Obst und Gemüse, Milch- und Molkereiprodukte, Fleisch- und Wurstwaren, Brot und Gebäck) und Getränken

Zur Studie 

Die Datengrundlage für die Analyse ist die RegioData Standortdatenbank-Einzelhandel, die seit mehr als 20 Jahren jährlich aktualisiert wird. 

Die Datentabelle „Standortdaten Lebensmittel – Ausgabe 2024“ ist für € 1.200, - (zzgl. 20% MwSt.) bei RegioData erhältlich. Nähere Informationen unter www.regiodata.eu

Pressekontakt: Amela Salihovic, M.A., T +43 1 585 76 27-50, a.salihovic@regiodata.eu

RegioData Research GmbH

Theobaldgasse 8, 1060 Wien

RegioData Research recherchiert, berechnet und analysiert seit über 20 Jahren Daten und Strukturen in europäischen Consumer- und Real-Estate Märkten.Das Leistungsportfolio umfasst länderspezifische Marktdaten, kleinräumige Strukturdaten, Standort- und Frequenzdaten und Softwaretools zur Auswertung für Marketing, Vertrieb, Controlling und Expansion. 

Unternehmen

Produkt/Leistung

Jetzt Bewerten Pressemeldungen Öffentliche Seite

08.10.2024

Innovative Wohnraumplanung: Ein Gespräch mit Sissi Kettl von Sissi Kettl Architektur

In der sich ständig wandelnden Welt der Architektur und Innenraumgestaltung gibt es Visionäre, die neue Wege gehen. Eine solche Pionierin ist Sissi Kettl vom Architekturbüro Kettl in Wien. In einem aufschlussreichen Interview teilte sie ihre Einsichten und innovativen Ansätze zur modernen Wohnraumplanung.

08.10.2024

Wohnungsmarkt im Wandel: Einblicke von Bernhard Reikersdorfer, Remax Austria

In der letzten Immolive Folge sprach Bernhard Reikersdorfer von Remax Austria über seine Erkenntnisse zur aktuellen Situation am Wohnungsmarkt und gab Prognosen für die kommenden Jahre. Mit fast 30 Jahren Erfahrung in der Immobilienbranche bietet er eine fundierte Perspektive auf die Entwicklungen und Herausforderungen des Marktes.

07.10.2024

EXPO REAL – das war der erste Tag

Die ersten Eindrücke von der Gewerbemesse mit starker österreichischen Beteiligung. Meine ersten Eindrücke und Stimmungsbilder aus München.

Dieser Inhalt:
  • Erschienen am:
    19.07.2024
  • um:
    09:00
  • Lesezeit:
    3 min
  • Aufrufe: (letzte 90 Tage)
              
  • Bewertungen und Kommentare:
    0
  • Jetzt bewerten

Newsletter Abonnieren

Abonieren Sie unseren täglichen Newsletter und verpassen Sie keine unserer redaktionellen Inhalte, Pressemeldungen, Livestreams und Videos mehr.

Bitte geben Sie Ihren Vor- und Nachnamen ein, es sind exakt 2 Worte beginnend mit Großbuchstaben erlaubt.

Vielen Dank! Ihre Daten wurden gespeichert. Damit Ihre Anmeldung gültig wird klicken Sie bitte den Link in dem Bestätigungsmail das wir Ihnen gesendet haben.

Werbung

Das Immobilien-Redaktion Unternehmen der Woche 40/2024

Wir Gratulieren IMMOcontract zu erreichten 50 Punkten!

Platz 2

RegioData Research GmbH

Theobaldgasse 8, 1060 Wien

RegioData Research recherchiert, berechnet und analysiert seit über 20 Jahren Daten und Strukturen in europäischen Consumer- und Real-Estate Märkten.Das Leistungsportfolio umfasst länderspezifische Marktdaten, kleinräumige Strukturdaten, Standort- und Frequenzdaten und Softwaretools zur Auswertung für Marketing, Vertrieb, Controlling und Expansion. 

Unternehmen

Produkt/Leistung

Profil News

Platz 3

EHL Immobilien Gruppe

Prinz-Eugen-Straße 8-10, 1040 Wien

EHL Immobilien ist einer der führenden Immobiliendienstleister Österreichs und auf Gewerbe-, Investment-, und Wohnimmobilien spezialisiert. Das Spektrum reicht von Immobilienvermittlung über Immobilienbewertung, Asset- und Portfolio Management bis zu Market Research und Investmentberatung. Die exklusive Partnerschaft mit dem globalen Immobiliendienstleister BNP Paribas Real Estate sichert der EHL-Gruppe ein globales Netzwerk und Markt Know-how in 23Ländern.

Unternehmen

Produkt/Leistung

Profil News