Zusätzlich zum registrierten Immobilientransaktionsvolumen wurden anteilige Übernahmen mit insgesamt fast EUR 1,2 Milliarden am Markt vollzogen, unter anderem zuletzt eine Beteiligung am Elbtower in Hamburg. Trotz der hohen Unsicherheit im Markt aufgrund der Vielzahl an exogenen Schocks verzeichnete das dritte Quartal 2022 mit EUR 15,9 Milliarden jedoch ein leicht höheres Transaktionsvolumen als noch das zweite Quartal. Dies sind Ergebnisse einer aktuellen Analyse des globalen Immobiliendienstleisters CBRE.
„Viele Investoren warten aktuell ab“, sagt Fabian Klein, Head of Investment bei CBRE in Deutschland.
„Der Rückgang des Transaktionsvolumens im Jahresvergleich ist vor allem auf die weiter abwartende Haltung institutioneller Core-Investoren zurückzuführen, die ihre Renditeanforderungen an das neue Zinsumfeld mit höheren Renditen bei risikolosen Festzinsanleihen als Alternative anpassen. Zeitgleich sorgen die seit Jahresanfang sehr deutlich gestiegenen Finanzierungszinsen dafür, dass niedriger- rentierliche Immobilieninvestments oft wirtschaftlich nicht mehr attraktiv sind. Eigenkapitalstarke Anleger haben damit weiter einen Marktvorteil und können sich so in den aktuell laufenden Ankaufsprozessen gegen stärker fremdfinanzierte Investoren häufiger durchsetzen.“
„Insbesondere für institutionelle Investoren speziell mit Fokus auf Core-Objekte stellt der momentane Wegfall des positiven Leverage-Effekts eine Zäsur bei den geplanten Immobilieninvestments dar. So lag der Finanzierungszins gemessen am Fünf-Jahres-Euro-Swaps zum Quartalswechsel mit 2,93 Prozent 3,12 Prozentpunkte höher als vor einem Jahr, während die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe mit zuletzt 2,12 Prozent 2,33 Punkte höher rentierte. Die derzeitigen Reallokationen in Fixed-Income-Produkte verdeutlichen einen temporären Strategiewechsel. Sobald sich ein neuer Gleichgewichtspreis an den Märkten eingestellt hat, wird sich das Kapital wieder den Immobilienmärkten zuwenden. Denn weiterhin wird viel Geld eingesammelt und wartet auf die richtige Opportunität“, sagt Dr. Jan Linsin, Head of Research bei CBRE in Deutschland. Mit EUR 31,8 Milliarden oder 61 Prozent des Transaktionsvolumens drückte sich dennoch der Fokus der Investoren auf Core- und Core-plus-Produkt aus. Daneben entfielen 24 Prozent auf Value-add-Produkte, in die rund vier Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum investiert wurde.
Renditen stiegen erneut
Die Spitzenrenditen für erstklassige Produkte in Top-Lage stieg in allen Assetklassen über die vergangenen drei Monate hinweg weiter an. Für erstklassige Büroimmobilien in den Top-Standorten stiegen die Nettoanfangsrenditen in allen Märkten um 0,25 Prozentpunkte an. Weiterhin wird die niedrigste Spitzenrendite in München und Berlin verzeichnet (2,9 Prozent), die höchste in Düsseldorf, Köln und Stuttgart (3,15 Prozent). Hamburg liegt nunmehr bei drei Prozent und Frankfurt bei 3,1 Prozent. Auch in den Cityrandlagen und peripheren Teilen der Marktgebiete stiegen die Spitzenrenditen weiter an, teils noch kräftiger als in den Central Business Districts. Für Logistikimmobilien wurde ebenfalls ein Anstieg gegenüber der Jahresmitte von 0,25 Prozentpunkten verzeichnet; gleichwohl ist das Produkt in dieser Assetklasse rar und stark nachgefragt. Auch erstklassige Geschäftshäuser in den innerstädtischen Lagen der Top-Märkte sahen einen Anstieg der Spitzenrendite um 0,25 Prozentpunkte. Für Shopping- Center fiel der Anstieg mit 0,1 Prozentpunkten moderater aus.
Logistik boomt, Büro weiterhin die größte Anlageklasse
Büro blieb mit einem Marktanteil von 37 Prozent gemessen am gesamten Transaktionsvolumen der ersten neun Monate weiterhin die aus Investorensicht wichtigste Anlageklasse, auch dank der aktuell sehr robusten Ergebnisse an den Vermietungsmärkten mit guten Flächenumsätzen und nachfragebedingt weiter steigenden Mieten. „Dieser Mietanstieg dürfte sich aufgrund der sich abzeichnenden Angebotsverknappung bei modernen Flächen in guten Innenstadtlagen und höheren Gestehungskosten mittelfristig weiter fortsetzen“, erwartet Linsin. Logistik verzeichnete ebenso wie Büro einen Anstieg des Marktanteils im Vorjahresvergleich um sechs Prozentpunkte – auf nun 16 Prozent. „Logistik boomt, nicht nur wegen dem weiterwachsenden Onlinehandel, sondern auch wegen den langfristig strukturellen Veränderungen im Hinblick auf den Shift weg von Just-in-Time zu Just-in-Case und dem damit verbundenen Aufbau von Zwischen- und Pufferlagern“, sagt Linsin.
Mit einem Marktanteil von 20 Prozent stellten Mehrfamilienhäuser die zweitgrößte Assetklasse dar – im Vorjahr floss, im Wesentlichen getragen von einigen milliardenschweren Portfoliotransaktionen, noch jeder dritte Euro in dieses Segment. Einzelhandelsimmobilien kamen auf einen Marktanteil von 13 Prozent, gefolgt von Entwicklungsgrundstücken mit rund fünf Prozent und Pflege- und Gesundheitsimmobilien mit vier Prozent.
Berlin mit EUR 8,4 Milliarden stärkster Investmentmarkt
Rund 48 Prozent des Gesamtvolumens entfiel auf die Top-7-Standorte. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 54 Prozent. In fast allen Standorten zog die Marktdynamik im dritten Quartal dieses Jahres im Vergleich zur Jahresmitte jedoch wieder deutlich an. Lediglich in Frankfurt war ein leichter Rückgang gegenüber dem Vorquartal zu verzeichnen. Trotz eines Rückgangs um 49 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verzeichnete der Berliner Investmentmarkt mit EUR 8,4 Milliarden das stärkste Ergebnis unter den Top-Standorten, gefolgt von Hamburg mit EUR 4,9 Milliarden (plus 19 Prozent). Beide Standorte sahen vor allem im dritten Quartal große (Büro-)Transaktionen wie das VoltAir und den TechnoCampus in der Bundeshauptstadt – die von CBRE auf Verkäuferseite begleitet wurden – oder das ehemalige Fernmeldeamt in Hamburg-Rotherbaum, bei dem CBRE auf der Käuferseite agierte. An dritter Stelle folgte, insbesondere durch das starke erste Quartal, Frankfurt mit EUR 4,3 Milliarden (minus 14 Prozent). Aber auch in der Bankenmetropole wurden im dritten Quartal große Transaktionen registriert. München landete mit knapp EUR 3,1 Milliarden (minus 34 Prozent) auf Platz vier, gefolgt von den beiden Rheinmetropolen Düsseldorf mit EUR 2,5 Milliarden (plus 95 Prozent) und Köln mit EUR 942 Millionen (minus elf Prozent). Das Schlusslicht bildete der Stuttgarter Markt mit EUR 700 Millionen (plus acht Prozent), an dem im laufenden Jahr keine großvolumigen Transaktionen verzeichnet werden konnten.
Offene Immobilienfonds und nordamerikanische Investoren waren besonders aktiv
Stärkste Nettokäufer waren die offenen Immobilien – und insbesondere Spezialfonds, die EUR 7,2 Milliarden mehr investierten als verkauften. Asset- und Fondsmanager standen mit einem positiven Saldo von knapp EUR 5,5 Milliarden an zweiter Stelle, gefolgt von Versicherungen und Pensionskassen mit einem Plus von EUR 2,4 Milliarden. Dagegen überstiegen die Verkäufe die Neuakquisitionen bei Privatinvestoren (Saldo von minus zwei Milliarden Euro) und Immobilienaktiengesellschaften/REITs (minus 3,1 Milliarden Euro) deutlich.
Mit EUR 28,5 Milliarden entfiel mehr als die Hälfte (55 Prozent) des im laufenden Jahr investierten Kapitals auf einheimische Investoren. Im Vergleich zu den ersten drei Quartalen des Vorjahres stieg damit der Anteil der internationalen Anleger leicht von 40 Prozent auf 45 Prozent. Insgesamt investierten sie EUR 23,4 Milliarden am deutschen Markt. Mit einem Anteil von 21 Prozent (inkl. der Brookfield- Transaktion im ersten Quartal) waren nordamerikanische Investoren die aktivsten internationalen Akteure. Rund 16 Prozent des internationalen Kapitals stammte von europäischen Anlegern außerhalb Deutschlands.
Fokus auf kleinere Transaktionen
Deutlich weniger als im Vorjahreszeitraum wurde im Rahmen von Paketkäufen investiert - mit EUR 19,9 Milliarden rund 24 Prozent weniger. Am aktuellen Volumen machten Portfolios 38 Prozent aus. Damit setzt sich der bereits seit einiger Zeit zu beobachtende Trend der zielgerichteten Investition in selektierte Objekte fort. Insgesamt wurden in den vergangenen neun Monaten 98 Transaktionen oberhalb der 100- Millionen-Marke registriert, die sich auf EUR 28,1 Milliarden summierten. Im Vorjahreszeitraum waren es 111 Abschlüsse mit insgesamt 35,5 Milliarden Euro. Im aktuellen Betrachtungszeitraum entfielen davon 59 Transaktionen oder EUR 12 Milliarden auf Einzeltransaktionen, mehrheitlich auf Büroakquisitionen in den Top-Standorten. Großvolumige Portfolios umfassten überwiegend Objekte außerhalb der Top-Standorte und hatten meistens Logistik – oder Einzelhandelsimmobilien zum Inhalt.
„Angesichts des erschwerten Finanzierungsumfeldes und damit längeren Prüfprozessen seitens der Banken und Anlageausschüssen auf Investorenseite kommen kleinere Transaktionen im Vergleich zu Großtransaktionen schneller zu Abschlüssen“, erklärt Klein.
Ausblick auf das Gesamtjahr 2022
„Für das Gesamtjahr ist ein Transaktionsvolumen von gut EUR 65 Milliarden erwartbar, zumal
noch einige größere Transaktionen in der Pipeline sind“, prognostiziert Klein. „Davon dürften etwa 15 Milliarden auf den Bereich des institutionellen Wohnens entfallen.“
„Wir erwarten in den kommenden Monaten auch angesichts weiter steigenden Finanzierungskosten ein weiteres Austarieren der Preisvorstellungen auf Käufer- und Verkäuferseite“, sagt Linsin.
„Dementsprechend dürften die Renditen ihren Anstieg in den einzelnen Assetklassen vorerst fortsetzen, sodass sich über das gesamte Rendite-Risiko-Profil entsprechende Opportunitäten für Investoren ergeben.“
„Angesichts der Euro-Abwertung dürften sich hierzulande dabei vor allem für ausländische Investoren wieder attraktive Einstandspreise bieten. Der deutsche Immobilienmarkt hat dank seiner Größe und internationalen Bedeutung nichts an Attraktivität eingebüßt und deutsche Immobilien gehören in das Multi-Asset-Portfolios eines jeden institutionellen und privaten Investors, auch weil Immobilien dank indexierter Mietverträge einen gewissen Schutz gegen die steigende Inflation bieten“, so Klein.
Investmenttransaktionsvolumen in Top-7-Märkten Q1-Q3 2022 (Gewerbe- und Wohnimmobilien insgesamt, ohne anteilige Übernahmen von Unternehmensanteilen)
Investmentvolumen (Mio. €) | Anteil ausl. Investoren Spitzenrendite Büro (netto) | |||||||||
| Q1-Q3 2021 | Q1-Q3 2022 | J/ J |
| Q1-Q3 2021 | Q1-Q3 2022 |
| Q3 2021 | Q2 2022 | Q3 2022 |
Berlin | 16.568 | 8.440 | -49% |
| 60% | 66% |
| 2,55% | 2,65% | 2,90% |
Düsseldorf | 1.295 | 2.524 | 95% |
| 28% | 65% |
| 2,90% | 2,90% | 3,15% |
Frankfurt | 5.016 | 4.309 | -14% |
| 18% | 55% |
| 2,90% | 2,85% | 3,10% |
Hamburg | 4.140 | 4.910 | 19% |
| 41% | 53% |
| 2,65% | 2,75% | 3,00% |
München | 4.622 | 3.060 | -34% |
| 38% | 17% |
| 2,55% | 2,65% | 2,90% |
Köln | 1.054 | 942 | -11% |
| 44% | 34% |
| 3,00% | 2,90% | 3,15% |
Stuttgart | 646 | 700 | 8% |
| 26% | 72% |
| 2,90% | 2,90% | 3,15% |
Top 7 gesamt | 33.341 | 24.886 | -25% |
| 46% | 54% |
| 2,78% | 2,80% | 3,05% |
Deutschland | 61.373 | 51.925 | -15% |
| 40% | 45% |
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Quelle: CBRE Research, Q3 2022.