Die aktuellsten Entwicklungen hat der national wie international führende Immobilienspezialist CBRE im Retailbericht 2023 zusammengefasst und die wichtigsten Retailmärkte – Wien, Graz, Linz, Salzburg – analysiert.
Die überraschende Nachricht zu Beginn: „Die physischen Geschäfte erleben ein Revival“, so Walter Wölfler, Head of Retail, CBRE Austria. Insbesondere Lebensmittel, Kosmetik sowie Schmuck und Luxuswaren werden vor allem aufgrund des besseren Services und des Gesamterlebnisses wieder vermehrt im stationären Handel gekauft. Auch die sehr expansiven Diskonter wachsen primär stationär. Bei Kleidung und Schuhen sind sich die Generationen nicht so einig wie bei Lebensmitteln, denn während die Gen Z den Onlinehandel bevorzugt, ziehen Babyboomer und Gen X den stationären Handel vor. „Momentan bremst die Inflationsentwicklung die Erholung des Handels, sodass trotz nominaler Umsatzsteigerung in einigen Sortimentsbereichen real ein Minus eingefahren wird. Allerdings gibt es gerade im Fashionbereich gravierende Performance-Unterschiede zwischen einzelnen Retailern. Daher sind sowohl Immobilienentwickler wie auch Investoren sehr selektiv bei der Beurteilung des Mietermix in Retailimmobilien“, so Wölfler.
Die vier wichtigsten Trends & Erkenntnisse für den Einzelhandelsmarkt:
Der Online Einzelhandel stagniert auf hohem Niveau
Der Rebound des Entertainments bringt Schwung in Einkaufszentren
Luxus und Diskonter boomen
Wellness und E-Mobilität sind neue starke Kategorien
Österreich bleibt attraktives Expansionsziel
Diskonter – wie etwa TEDi, Pepco oder Action – sind weiterhin auf Expansionskurs in Österreich. Die Diskonter konzentrieren sich zwar auf Fachmarktzentren, allerdings ist auch der Eintritt in Einkaufszentren, wo wieder steigende Frequenzen festzustellen sind, kein Tabu. Nach dem Verschwinden von insolventen Marktteilnehmern wie etwa CCC oder Orsay in den letzten Jahren, haben auch Jokr und Flink ihre kurzen Gastspiele beendet.
Aber nicht nur Diskonter entdecken den Retailmarkt Österreich für sich: 2022 wurden 21 internationale Marken in Österreich aktiv, darunter etwa Sprüngli, Roberto Cavalli, Natuzzi, Bulgari oder Iris von Arnim. „Das Niveau der Markteintritte ist im Vergleich zum Durchschnitt der Pandemiejahre 2020/21 wieder von 15 auf 21 gestiegen. Auch für 2023 erwarten wir noch einige spannende Markteintritte“, so Wölfler.
Die Rückkehr des Grätzls. ESG dominiert Neuerungen am Einzelhandelsmarkt.
„Zusammengefasst kann man sagen, dass die ESG-Kriterien die großen Gamechanger am Retailmarkt sind – sowohl für Betreiber, als auch für Kunden und Investoren“, fasst Wölfler die aktuellen Entwicklungen zusammen. Kurze Wege – wie etwa bei Grätzllösungen, die immer mehr auch bei kleineren Projekten umgesetzt werden – sind ebenso wichtig wie die energetische Optimierung von bestehenden Retailimmobilien oder die Elektromobilität, die den Ausbau der E-Infrastruktur wie etwa Ladestationen bei Einkaufszentren erfordert. „Nachhaltige Veränderungen erwarten wir natürlich auch durch die neuen Gesetzgebungen und Richtlinien auf EU-Ebene: durch die in der CSRD-Richtlinie festgelegte Nachhaltigkeitsberichterstattung verändern sich die Rahmenbedingungen für Nutzer wie für Investoren grundlegend“, so Wölfler, der weiter ausführt: „Wir sind gespannt auf die finale Version des Lieferkettengesetzes und dessen Auswirkungen auf die großen Handelsunternehmen“. Der Retail Experte bei CBRE rät allen, die in den Retailmarkt involviert sind, sich frühzeitig und rasch mit der gesamten ESG-Thematik auseinanderzusetzen und die bevorstehenden Änderungen bei der weiteren Planung fix zu berücksichtigen.
Ohne Nachhaltigkeit kein Investment
Das Interesse von Investoren an Einzelhandelsimmobilien stabilisiert sich nach den schwierigen letzten Jahren wieder. „Immobilien mit Nachversorgungscharakter sowie Prime-Objekte stehen zurzeit im Zentrum des Interesses der Investoren. Wie in anderen Assetklassen spielt das Thema ESG eine wesentliche Rolle beim Verkauf. Viele Investoren sind gezielt auf der Suche nach ESG-konformen Immobilien. Ist das nicht gegeben, müssen Verkäufer mit Preisabschlägen rechnen“, so Lukas Schwarz, Head of Investment Properties bei CBRE Austria. „Das Interesse der Investoren ist vorhanden, Preiskorrekturen wurden bei Retailimmobilien bereits während der Pandemie vorgenommen und fallen durch die eingetretene Zinswende jetzt weniger stark aus als in anderen Sektoren“, so Schwarz weiter, der für 2023 insgesamt ein niedriges Investmentvolumen prognostiziert.