Ein Transaktionsvolumen von 2 Mrd. Euro bei etwa siebzig Transaktionen lässt nach wie vor keine zunehmende Dynamik erkennen. Zwar nimmt Savills schon seit dem Frühjahr eine steigende Zahl an Verkaufsvorbereitungen bzw. -überlegungen wahr, man geht allerdings auch davon aus, dass längst nicht alle diese Verkaufsüberlegungen in einen Verkaufsprozess und auch nicht alle Verkaufsprozesse in einen Verkauf münden werden.
Nach wie vor werden viele avisierte Verkäufe zurückgestellt, weil das erwartete Höchstgebot für den Eigentümer zu niedrig ausfallen würde. Auch ein anderer Fall lässt sich häufig beobachten: In der Erwartung (oder Hoffnung) auf einen akzeptablen Preis wird ein Verkaufsprozess gestartet, in dessen Verlauf sich dann jedoch herausstellt, dass sich für diesen Preis kein Investor findet und das Objekt wird wieder vom Markt genommen. MSCI hat im 1. Quartal 2024 europaweit mehr als hundert solcher abgebrochenen Transaktionen und damit einen neuen Höchststand beobachtet.
Dass sich dieser Versuch-und-Irrtum-Ansatz überhaupt so häufig beobachten lässt, dürfte auch daran liegen, dass zumindest in einigen Marktsegmenten weiterhin ein ungewöhnlich hohes Maß an Unsicherheit über den erzielbaren Preis für ein bestimmtes Objekt besteht. Wie hoch diese Unsicherheit ist, lässt sich am Verlauf der gemeldeten Bürospitzenrenditen verschiedener Beratungshäuser für die Top-5-Märkte illustrieren (siehe Abbildung unten). Diese sind mit Beginn der Zinswende deutlich auseinandergelaufen und zwischen dem höchsten und niedrigsten Wert lagen zuletzt mehr als sechzig Basispunkte. Das entspricht einer Spanne von fast einem Fünftel.
Nun hat nach wie vor kaum jemand einen besseren Einblick in die Gesamtheit der Transaktionen als die Immobilienberater. Das gilt insbesondere für die noch nicht abgeschlossenen oder abgebrochenen Transaktionen, die in einem transaktionsarmen Markt sehr wertvolle Informationen über erzielbare Preise liefern. Dass die Immobilienberater trotz dieses guten Einblicks zu voneinander abweichenden Einschätzungen kommen, zeigt also, wie schwierig es im aktuellen Marktumfeld ist, belastbare Aussagen über erzielbare Preise zu treffen. Zu der geringen Liquidität kommen zumindest in einigen Segmenten strukturellen Brüche.
Da sich die einzelnen Nutzungen sowohl hinsichtlich ihrer Liquidität als auch hinsichtlich ihrer Betroffenheit von strukturellen Brüchen unterscheiden, unterscheiden sie sich auch hinsichtlich der Preisunsicherheit. Bei Büros und Geschäftshäusern weichen die gemeldeten Spitzenrenditen momentan am deutlichsten voneinander ab (siehe Abbildung unten). Bei Letzteren liegt die relative Differenz sogar bei 40 %. Am meisten Klarheit herrscht bei Logistikimmobilien und Supermärkten. Hier sind die Unterschiede vernachlässigbar gering. Dazwischen positionieren sich Fachmarktzentren, Mehrfamilienhäuser und Shopping-Center, bei denen die Differenz etwa 50 Basispunkte bzw. ca. 15 % beträgt.
Solange diese Preisunsicherheiten bestehen, ist es für Eigentümer noch sinnvoller als sonst, sich mehrere Preisindikationen einzuholen. Zudem werden sie sich in den von besonders hoher Preisunsicherheit betroffenen Segmenten damit arrangieren müssen, unter Umständen nur dann eine verlässliche Indikation für den erzielbaren Preis eines Objektes zu erhalten, wenn sie es tatsächlich am Markt anbieten. Das Ergebnis ist möglicherweise eine Enttäuschung, vielleicht aber auch eine freudige Überraschung. Die Zahl der begonnenen Verkaufsprozesse bleibt angesichts dessen für die weitere Entwicklung am Investmentmarkt ein Indikator, der mit Vorsicht zu interpretieren ist.
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