Im Jahr 2022 könnte es laut dem aktuellen Report „European Themes 2022“ von Savills auf den europäischen Immobilienmärkten zu einem Anstieg der Value-Add Investitionen kommen. Grund dafür sind die zunehmenden Anforderungen hinsichtlich ESG und Dekarbonisierung im Gebäudesektor, die zu einem steigenden Sanierungsdruck auf Bestandsimmobilien führen. Zugleich dürfte die hohe Nachfrage der Nutzer:innen nach Objekten mit besseren Umweltstandards das Risiko von „stranded assets“ erhöhen. Für Investierende können sich diese Faktoren als Chance herausstellen, sofern sie bereit sind, ihre Objekte entsprechend zu sanieren. Dabei forcieren auch gesetzliche Bestimmungen immer mehr die Sanierung von Bestandsgebäuden, um die mit dem Neubau verbundenen „grauen“ Emissionen zu vermeiden.
Neben dem Mietsteigerungspotenzial spricht auch die europaweit gestiegene Differenz zwischen Spitzen- und Sekundärrenditen für Value-Add-Investitionen. Der Renditeabstand verringert sich tendenziell in Zeiten hoher Investitionsumsätze und vergrößert sich in Zeiten der Unsicherheit. Nach der globalen Finanzkrise 2007 erreichte dieser Wert 2014 einen Höchststand von 90 Basispunkten und sank bis 2017 auf 59 Basispunkte. Ende 2021 lag der Renditeabstand wieder bei 77 Basispunkten, wobei jedoch die Sekundärrenditen in einigen Märkten wie in Großbritannien oder den Niederlanden, in denen neue Umweltvorschriften eingeführt wurden, bereits wieder stiegen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass das Interesse von Value-Add-Investoren steigt, wenn die Renditedifferenz zwischen erstklassigen und sekundären Büroimmobilien über 90 Basispunkten liegt.
„Eigentümer:innen werden zukünftig ihre Sanierungsmaßnahmen intensivieren müssen, wenn sie einen Wertverlust ihrer Immobilien verhindern wollen. Insbesondere ältere Büroobjekte an dezentralen Standorten sollten hierbei in den Blick genommen werden. Allerdings ist in diesem Jahr mit einem Anstieg der Leerstände bei Bestandsobjekten zu rechnen, da sich die Mieten für erst- und zweitklassige Objekte zunehmend auseinanderbewegen“, so Chris Gillum, Head of Offices, Regional Investment Advisory bei Savills.
Nach Einschätzung der Savills-Experten sollten Investierende folgende Immobilientypen in den unterschiedlichen Risikoklassen im Jahr 2022 in Europa im Blick behalten:
Core / Core Plus
· Erstklassige Büroflächen mit hohen EPC-Werten (Engineering-Procurement-Construction) in Städten mit hoher Wirtschaftsdynamik, niedrigen Leerstandsquoten und solider Nutzernachfrage, wie z. B. Amsterdam. Berlin, London, München, Paris und Stockholm.
· Hochmoderne Logistikanlagen in Märkten mit hoher E-Commerce-Durchdringung sowie etablierten 3PL-Betreibern und Online-Händlern, wie z. B. in Großbritannien, den Niederlanden und Frankreich.
· Neu errichtete Mehrfamilienhäuser in Großstädten mit hoher und steigender Bevölkerungszahl, wie z. B. Amsterdam, Berlin, Frankfurt, Kopenhagen, London, Paris und Stockholm.
- Große Supermärkte an verkehrsgünstigen Standorten mit breitem Einzugsgebiet in allen europäischen Hauptstädten, da diese von etablierten, umsatzstarken Lebensmitteleinzelhändlern nachgefragt werden.
Value-Add
- Studierendenwohnungen in großen Universitätsstädten mit geringem Angebot an professionell verwalteten Wohnheimen in Deutschland, Italien, Spanien und Polen.
- Büros mit energetischem Sanierungspotenzial an gut gelegenen Standorten in Städten mit einem Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, z. B. Amsterdam, Berlin, Paris, London, München und Stockholm.
- Hotel- und Gastronomieimmobilien in etablierten Tourismusdestinationen, in denen mit einer vermehrten Rückkehr der Besucher:innen nach COVID-19 zu rechnen ist, wie z. B. in Südeuropa sowie beliebte Ziele für Städtereisen (u. a. Amsterdam, Paris, Prag sowie diverse italienische Städte).
- Erstklassige Fachmarktzentren in gut angebundenen Lagen mit großen Einzugsgebieten in den europäischen Hauptstädten und Regionalzentren.
Opportunistic
- Entwicklung von Mehrfamilienhäusern in Partnerschaft mit lokalen Bauträgern in B-Städten in Ländern mit starken Regionalzentren, z. B. Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Polen.
- Unternehmensimmobilien für Produktion und Lagerung in Osteuropa und den Balkanstaaten als Ergebnis des Nearshoring-Trends.
- Handelsimmobilien mit aktivem Asset Management an gut angebundenen Standorten mit starken und kaufkräftigen Einzugsgebieten in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den nordischen Ländern und Spanien.
- Logistikentwicklung in Süd- und Osteuropa mit geringer, aber schnell wachsender E-Commerce-Durchdringung.
- Hotelprojekte mit ökologisch nachhaltigem Fokus an einzigartigen Standorten mit Anbindung an Hochgeschwindigkeitszugverbindungen in Ländern wie Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien sowie den Benelux-Staaten.