Wohnraum wird in Österreich zunehmend knapp. In den kommenden Jahren droht eine strukturelle Unterversorgung des Marktes – vor allem in den Ballungszentren Österreichs. Nur Graz folgt diesem Trend nicht durchgehend, wie der neueste „Wohnungsmarktbericht 2024“ des internationalen Immobiliendienstleisters CBRE zeigt.
Der Grund dafür sehen die Research Experten von CBRE in der hohen Zahl abgeschlossener Wohnbauprojekte der vergangenen Jahre. Heuer werden insgesamt 1.740 Wohnungen fertig gestellt – fast die Hälfte davon in den inneren Bezirken.
Das bedeutet zwar einen Rückgang um rund 43 Prozent gegenüber dem Vorjahr, dennoch ist in der steirischen Hauptstadt derzeit noch ausreichend Angebot vorhanden, um den Bedarf zu decken. „Auch das prognostizierte Bevölkerungswachstum wird durch die Projektpipeline in den Jahren 2024 und 2025 gut abgedeckt“, sagt Marc Steinke, Head of Research bei CBRE.
Kommendes Jahr ist sogar aufgrund der Realisierung großvolumiger Projekte wie dem Messequadrant (MQG) neben der Grazer Messe ein leichter Anstieg von rund sechs Prozent zu erwarten. „Danach rechnen wir allerdings wieder mit einer Abnahme“, sagt Steinke.
Stabile Mieten
„Die ausreichende Versorgung spiegelt sich auch in der Höhe der Mieten wider. Demgemäß steht die Spitzenmiete aktuell bei - im Vergleich zu anderen Städten - moderaten 13,70 Euro pro Quadratmeter im Monat“, sagt Sigrid Filzmoser, Standortleiterin von CBRE in Graz. In Wien beispielsweise seien 18,60 Euro zu bezahlen, dicht gefolgt von Salzburg mit 17,75 Euro. Die durchschnittliche Miete beträgt in Graz 11,40 Euro pro Quadratmeter im Monat.
Ein Grund für das stabile Angebot ist der hohe Anteil an verkauften Anlegerwohnungen, die wiederum dem Mietmarkt zugeführt werden. Der durchschnittliche Kaufpreis für Eigentumswohnungen beträgt derzeit rund EUR 5.000 pro Quadratmeter.
Auch Investoren kommen langsam wieder auf den Geschmack von Wohnimmobilien. „War das Jahr 2023 noch von sehr schwierigen Marktbedingungen gezeichnet, ist heuer wieder ein leichter Aufwärtstrend bei Wohninvestments in Österreich zu erkennen“, sagt Lukas Schwarz, Head of Investment bei CBRE. Das Investitionsvolumen des ersten Halbjahres 2024 liegt bereits über dem des gesamten Vorjahres.
ESG als unabdingbare Grundlage
ESG-Kriterien sind mittlerweile eine unabdingbare Voraussetzung für Transaktionen. Darüber hinaus steigt die Relevanz von Gebäudezertifizierungen stark. Vor allem im institutionellen Bereich sind sie bereits eine Mindestanforderung. „Bei Bestandsgebäuden kann ein Klimaschutzfahrplan Aufschluss über die notwendigen Maßnahmen geben, die erforderlich sind, um den seitens der EU vorgegebenen Dekarbonisierungspfad einzuhalten. Oft kann bereits durch geringe Eingriffe der erste Schritt gemacht werden und eine zukünftige Taxonomie-Konformität angestrebt werden, sodass es zu keiner Gefahr eines „stranded assets“ kommt. Auch Überlegungen zur Kreislaufwirtschaft und die Nutzung von Brownfield-Potenzialen stehen im Fokus“, sagt Nadja Pröwer, Head of ESG bei CBRE Austria.