Ein Blick auf den deutschen Immobilienmarkt – „Was fehlt ist vor allem der Mut der Investoren nach zwei schwierigen Jahren“
- Büroimmobilien – befinden sich im Krisenmodus, der Investmentmarkt kommt nicht in Schwung. Größere Transaktionen könnten für Impulse an den Märkten sorgen.
- Wohnimmobilien – stehen laut Stimmungsbarometer bei Investoren hoch im Kurs, doch das Transaktionsvolumen sinkt weiter. Preise und Regulatorik drücken die Rentabilität.
- Einzelhandelsimmobilien – sind dank Ausreißer Spitzenreiter beim Transaktionsvolumen. LEH bleibt Angebots- und Nachfragetreiber.
- Gesundheitsimmobilien – erleben bei Investments ein Zehnjahrestief. In dieser Talsohle bieten sich dank sehr guter Fundamentaldaten attraktive Einstiegschancen.
- Hotelimmobilien – befinden sich dank guter Umsätze spürbar im Aufwind. Noch stagniert der Investmentmarkt, Investoren können aber zukünftig von hoher Nachfrage profitieren.
- Logistikimmobilien – sind bei Investoren weiterhin beliebt. Doch die gesamtwirtschaftliche Stimmung und ein rückläufiges Angebot an attraktiven Logistikflächen dämpfen die Nachfrage.
„Die Hoffnung auf erste Leitzinssenkungen im Sommer sorgt für eine leichte Stimmungsaufhellung.“ Die ersten Zinsschritte seien an den Märkten allerdings schon eingepreist, bremst Wenner. „Über diesen psychologischen Effekt hinaus ist nicht mit einer spürbaren Verbesserung der Finanzierungsbedingungen zu rechnen. Die Immobilienwirtschaft muss sich aus eigener Kraft aus der Krise befreien. Was fehlt ist dabei vor allem der Mut der Investoren, nach zwei schwierigen Jahren wieder Kapital für Immobilieninvestments zur Verfügung zu stellen.“ Das spiegele sich auch in den Transaktionsvolumina wider. „Zu Beginn des Jahres wurde das Zehnjahrestief von 2023 mit 4,6 Milliarden Euro noch einmal unterschritten.“ Viele Akteure seien zurückhaltend und wollten Immobilien nicht unter ihrem Einkaufspreis veräußern.
Aufgrund der zunehmend angespannten Liquiditätssituation sei im Jahresverlauf aber mit einer Belebung des Transaktionsgeschehens zu rechnen. Die Rahmenbedingungen auf den Immobilienmärkten seien in diesem Jahr zudem wieder deutlich besser. Wenner verweist auf stabile Bauzinsen, eine Inflationsrate nahe zwei Prozent, leicht sinkende Renditen bei den „Bunds“ und damit auf die Rückkehr der Risikoprämie. „In allen Assetklassen sind attraktive Kaufgelegenheiten zu finden.“ Im Stimmungsbarometer konnten daher seit Jahresbeginn alle Immobiliensegmente zulegen, während ihre Reihenfolge unverändert blieb. „Und glaubt man den zahlreichen Stimmen aus der Branche, so finden derzeit vermehrt Transaktionsvorbereitungen im Hintergrund statt“, ordnet Wenner die aktuelle Situation am Immobilieninvestmentmarkt ein.
Die Assetklassen im Detail:
Büroimmobilien
Die Büromärkte befänden sich weiterhin im Krisenmodus. Aufgrund der wirtschaftlich unsicheren Lage würden Unternehmen größere Investitionen zurückstellen. Auch die Anmietung neuer Büroflächen sei davon betroffen, da der zukünftige Platzbedarf für viele Unternehmen schwer zu kalkulieren sei. Trotzdem rechneten die Maklerhäuser mittelfristig wieder mit einer steigenden Büroflächennachfrage, sagt Florian Wenner: „Viele Mietverträge, die während der Pandemie verlängert wurden, laufen demnächst aus, und die Eigentümer versuchen, mit Mietincentives neue Mieter zu gewinnen.“
Während man auf den Vermietungsmärkten vorsichtig optimistisch auf die nächsten Monate blicke, verharre der Büroinvestmentmarkt auf einem historisch niedrigen Niveau. „Gerade der Investmentmarkt kommt nicht in Schwung. Während das Transaktionsvolumen in den vergangenen zehn Jahren zum Jahresanfang im Schnitt bei 5 Milliarden Euro lag, so wurde im ersten Quartal 2024 nur 1 Milliarde Euro in Buroimmobilien investiert.“ Die Spitzenrenditen lägen in den A-Städten derzeit bei 4,8 Prozent, für Top-Immobilien in Sekundärstädten würden 5,4 Prozent Nettoanfangsrendite erzielt.
Wohnimmobilien
„Laut Umfragen, Stimmungsbarometern und Gesprächen auf der Immobilienmesse Mipim stehen Wohnimmobilien bei Investoren derzeit hoch im Kurs“, so Wenner. In den Transaktionszahlen lasse sich dies jedoch nicht ablesen. Im ersten Quartal 2024 wurden lediglich rund 1,2 Milliarden Euro in deutsche Wohnimmobilien investiert. „Damit wurde der Wert des Vorjahresquartals nochmals unterschritten.“ Ein anhaltend hohes Preisniveau, hohe regulatorische Anforderungen sowohl im Bereich des Mieterschutzes als auch in Bezug auf energetische Sanierungen würden laut Wenner perspektivisch für geringe Rentabilität sorgen.
Die Spitzenrendite für Wohnimmobilien liege derzeit bei 3,4 Prozent. Höhere Renditen ließen sich durch den Einstieg in Projektentwicklungen erzielen: „Viele Projektentwickler sind von den veränderten Finanzierungsbedingungen besonders betroffen und können ohne zusätzliches Kapital ihre Projektpipeline nicht realisieren. Investoren können die Finanzierungslücke über Joint Ventures, Mezzanine-Finanzierungen oder die komplette Übernahme von Projekten schließen. Im Erfolgsfall winken zweistellige Renditen“, erläutert Wenner.
Handelsimmobilien
Einzelhandelsimmobilien hätten sich bei den Transaktionsvolumina im ersten Quartal 2024 an die Spitze des Assetklassenvergleichs gesetzt. Mit 1,2 Milliarden Euro liege das Investitionsvolumen jedoch unter dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Hauptgrund für das vergleichsweise hohe Volumen sei laut Wenner der Verkauf der Fünf Höfe in München für rund 700 Millionen Euro. Rechne man diese Großtransaktion heraus, ergebe sich ein realistischeres Bild der Situation auf dem Einzelhandelsimmobilienmarkt. „Der Lebensmitteleinzelhandel bleibt weiterhin Angebots- und Nachfragetreiber. Jenseits der Supermärkte bleiben Investitionen in Handelsimmobilien auch 2024 etwas für opportunistische Investoren, Trophy-Asset-Jäger und echte Assetklassenexperten, die über ausreichend Erfahrung im Management dieser Spezialimmobilien verfügen.“
Die Spitzenrenditen für Highstreet-Shops und Supermärkte lägen derzeit bei 4,8 Prozent, für Shoppingcenter bei 5,9 Prozent. Die Preisfindung gestalte sich in vielen Fällen schwierig: „Erst weitere Transaktionen werden das tatsächliche Preisniveau verdeutlichen“, so Experte Wenner.
Gesundheitsimmobilien
Für Florian Wenner ist das Healthcare-Segment das Paradebeispiel für die Trägheit von Immobilienmärkten: „Erst Ende 2023 und nun fortgesetzt im ersten Quartal 2024 spiegeln sich die Auswirkungen der Betreiberkrise vollumfänglich im Investitionsvolumen wider. Mit weniger als 100 Millionen Euro wurde im ersten Quartal so wenig Geld im deutschen Healthcare-Markt investiert, wie seit fast zehn Jahren nicht mehr.“ Auch Investments in Betreutes Wohnen seien vom fehlenden Investoreninteresse betroffen gewesen. Ausländische Investoren seien laut Wenner nicht in Erscheinung getreten. Laut Wenner eröffne das aber attraktive Einstiegschancen: „Vieles spricht dafür, dass die vielzitierte Talsohle bei Pflegeimmobilien tatsächlich erreicht ist. Für Investoren bieten sich damit attraktive Einstiegsmöglichkeiten in eine Assetklasse mit weiterhin sehr guten Fundamentaldaten – Stichwort demographischer Wandel. Insbesondere Objekte in attraktiven Lagen und mit bonitätsstarken Betreibern sind selten zu so günstigen Preisen am Markt verfügbar wie derzeit.“
Die Spitzenrenditen für Pflegeheime lägen indes weiterhin bei 5,2 Prozent, für Betreutes Wohnen zwischen 70 und 100 Basispunkte darunter.
Hotelimmobilien
„Die Hotelbranche befindet sich spürbar im Aufwind“, konstatiert Wenner. Das Hotelklima nähere sich der „neutralen“ 100-Punkte-Grenze. Hauptursache seien die guten Umsatzzahlen der großen Hotelbetreiberketten. Die Auswirkungen der Pandemie seien endgültig überwunden. Kostensteigerungen im Personal- und Energiebereich habe die Branche relativ problemlos an die Gäste weitergegeben. Der Investmentmarkt habe hingegen noch nicht wieder an die erfolgreichen Vor-Pandemie-Zeiten anknüpfen können: „Der Hotelinvestmentmarkt stagniert. Im ersten Quartal 2024 wurde mit rund 200 Millionen Euro der niedrigste Wert der letzten zehn Jahre erreicht“, sagt der Experte. Die wenigen Transaktionen seien überwiegend von ausländischen Investoren getätigt worden. Im Gegensatz zu Büroimmobilien und Teilen des Einzelhandels würden die Betreiberdaten und Tourismuszahlen jedoch auf Besserung hoffen lassen. Hinzu komme, dass auch im Hotelsegment die Neubautätigkeit nahezu zum Erliegen gekommen sei. „Moderne Hotelimmobilien in guten Lagen könnten daher zukünftig von hoher Nachfrage profitieren und sind derzeit zu attraktiven Preisen verfügbar.“
Die Spitzenrenditen lägen im ersten Quartal bei 5,3 Prozent.
Logistikimmobilien
Im ersten Quartal 2024 wurden rund 900 Millionen Euro auf dem deutschen Logistikimmobilienmarkt investiert. Ein Großteil des investierten Kapitals (65 Prozent) stamme dabei von ausländischen Investoren. „Die zinsbedingte Zurückhaltung bei Immobilieninvestitionen macht sich auch in der Logistikbranche bemerkbar. Hinzu kommt ein zunehmend knapper werdendes Angebot an attraktiven Logistikflächen. Darüber hinaus spielt die allgemeine wirtschaftliche Unsicherheit eine Rolle, die die Nachfrage nach Logistikflächen in den letzten Monaten spürbar gedämpft hat“, erläutert Wenner. Die Spitzenrenditen für Logistikimmobilien lägen weiterhin bei 4,3 Prozent und damit deutlich unter den Spitzenrenditen für deutsche Core-Büroimmobilien. Logistikimmobilien stünden bei Investoren jedoch weiterhin hoch im Kurs. Für das Gesamtjahr 2024 sei mit moderaten Transaktionsvolumina und stabilen Renditen zu rechnen.
Über Primonial REIM
Primonial REIM entwickelt und verwaltet Immobilienfonds für nationale und internationale Kunden, unabhängig davon, ob es sich bei den Anlegern um Privatpersonen oder Institutionen handelt. Ingesamt beschäftigt das Unternehmen mehr als 400 Mitarbeiter in Frankreich, Deutschland, Luxemburg, Italien, Singapur und Großbritannien.
Primonial REIM verwaltet derzeit ein Vermögen von 42 Milliarden Euro. Die Allokation gliedert sich in: 48% Gesundheits-/Bildungsimmobilien, 33 % Bürogebäude, 5 % Wohnen, 8 % Einzelhandel, 5 % Hotels und 1% Logistik. Die paneuropäische Plattform verwaltet 61 Fonds und hat mehr als 80.000 Kunden, von denen 54 % Kleinanleger und 46 % institutionelle Investoren sind. Das Immobilienportfolio umfasst mehr als 1.500 Objekte (Büro, Gesundheit/Bildung, Einzelhandel, Wohnen, Hotels) in elf europäischen Ländern.