Diversifikation Made in Germany – regionale und sektorale Diversifikationsopportunitäten ohne Abstriche bei Lage- und Gebäudequalität
Geringere Volatilität bei Sekundärstädten – Investoreninteresse konzentriert sich auf die Top-7-Städte. Investments in attraktive Sekundärstädte können als Portfoliobeimischung Risiken reduzieren
ESG-Fokus auf Bestandsgebäude – Klimaziele im Gebäudesektor können nur über signifikante CO2-Einsparmaßnahmen im Bestand erreicht werden. Energetische Aspekte werden künftig ein zentraler wertbestimmender Faktor
Smarte Dekarbonisierung – Schwerpunkt auf kosteneffiziente Maßnahmen, die die höchste CO2-Ersparnis je eingesetztem Euro versprechen
Ausblick – trotz verschiedenen Herausforderungen, kann weiterhin mit hoher Büroflächennachfrage gerechnet werden
Trotz dieser aktuell schwierigen Bedingungen blickt Florian Wenner, Head of Research & ESG bei Primonial REIM Germany, optimistisch in die Zukunft: „In den kommenden Jahren ist mit einer stabil hohen Nachfrage bei Büroimmobilien zu rechnen. Sobald die Preise passend zum neuen Zinsumfeld gesunken sind, wird der Transaktionsmarkt wieder an Fahrt gewinnen. Investoren, die in dieser Phase zum neu adjustierten Preisniveau ankaufen, können in den Folgejahren wieder mit Wertzuwächsen kalkulieren.“
Diversifikation durch polyzentrische Struktur und sektorale Heterogenität
Anders als in anderen europäischen Ländern biete die polyzentrische Struktur sowie die sektorale Heterogenität des deutschen Büroimmobilienmarkts institutionellen Investoren die Möglichkeit, ihr Risiko zu diversifizieren. „Das Investoreninteresse konzentriert sich zwar im langjährigen Mittel seit 2013 mit 83 Prozent Transaktionsvolumen auf die Top-7-Städte, doch sind diese auch durch höhere Volatilität bei Rendite, Mietentwicklung und Leerstand gekennzeichnet als Sekundärstädte. Investments in Letztere können demnach einen positiven Beitrag zur Risikodiversifikation in einem breit investierten Büroimmobilienportfolio liefern“, so Wenner.
In den letzten zehn Jahren habe es in den A-Städten etwa ein Mietwachstum von rund 60 Prozent gegeben. Aber auch in kleineren Städten wurden aggregiert seit 2012 Mietsteigerungen zwischen 20 (D-Städte) und 30 Prozent (B- und C-Städte) erzielt. Zugleich wären die A-Städte mit Blick auf die letzten 30 Jahre deutlich höheren Marktschwankungen unterlegen als kleinere Städte. „Nichtsdestotrotz können ein aktives Asset- und Mietermanagement die objektspezifische Mietentwicklung auch in den Top-7-Städten positiv beeinflussen und so das Risiko von Einnahmerückgängen – auch in Rezessionsphasen – reduzieren“, erklärt der Researcher weiter.
Darüber hinaus biete der deutsche Büroimmobilienmarkt eine breite sektorale Diversifikation. „Betrachtet man den Anteil der Bürobeschäftigten nach Wirtschaftssektor, zeigt sich sowohl für A-Städte als auch für B-, C- und D-Städte ein sehr heterogenes Bild“, unterstreicht Wenner.
ESG-Fokus auf Bestandgebäude und eine smarte Dekarbonisierungsstrategie
Zwar befinde sich die Berücksichtigung von ESG-Aspekten in der Immobilienbewertung noch in den Kinderschuhen, doch werden insbesondere energetische Aspekte zukünftig ein zentraler, wertbestimmender Faktor für Immobilien sein, macht Wenner deutlich. Dem scheine auf den ersten Blick entgegenzustehen, dass der deutsche Büroimmobilienmarkt zu rund 63 Prozent aus Bestandsgebäuden bestehe, die vor 1979 errichtet wurden. Lediglich vier Prozent seien Neubauten und durch die gestiegenen Baukosten werde es wahrscheinlich keine steigende Bauaktivität geben. Damit werde ein Großteil der Bürogebäude noch mit fossilen Energieträgern wie Heizöl und Erdgas versorgt.
Doch mit Bestandsoptimierungen könnten bereits existierende Büroimmobilien im Vergleich zu Neubauten deutlich nachhaltiger sein, weil hierdurch weniger Embodied Carbon entstünde: „Eine entscheidende Aufgabe für Asset-Manager wird es daher sein, in den kommenden Jahren smarte, kosteneffiziente Dekarbonisierungslösungen zu finden, die nicht nur Energie sparen, sondern vor allem zu einer signifikanten Reduktion der CO2-Emissionen beim Bestand beitragen.“ Zusätzlich, führt Wenner weiter aus, müssen die Büroräume aber auch den höheren nutzerspezifischen Flächenanforderungen gerecht werden.
Eine Beispielrechnung des Researchers zeigt: Ohne die Durchführung von Dekarbonisierungsmaßnahmen läge eine Bestandsbüroimmobilie bereits kurz nach dem Kauf oberhalb des 1,5 °C-Pfads und würde so zu einem „Stranded Asset“ werden. Würde jedoch die Wärmeversorgung elektrifiziert, smarte Mess- und Steuerungstechnik installiert und die Dachfläche mit Solarmodulen versehen, könne das „Stranding-Jahr“ um mindestens zehn Jahre verschoben werden.
Positiver Ausblick – kein Abgesang auf dem Büroimmobilienmarkt
Zwar gäbe es aktuell die niedrigsten Bürotransaktionsvolumina seit der Finanzkrise, doch sei der Büroimmobilienmarkt weiterhin von hoher Stabilität gekennzeichnet: Bei den Bürobeschäftigten werde es einen moderaten Anstieg bis 2026 von 2,5 Prozent und bei der Spitzenmietentwicklung von 4,4 Prozent geben. Und nach über drei Jahren Pandemie, konstatiert Wenner, sei die große Disruption auf dem deutschen Büroimmobilienmarkt außerdem ausgeblieben.
Ein Nachfrageeinbruch aufgrund von Remote-Arbeit könne daher nahezu ausgeschlossen werden. „Dennoch besteht Handlungsbedarf, denn die Nutzungsanforderungen werden hinsichtlich der flexiblen Arbeitszeitmodelle zunehmen. Ein aktives Assetmanagement, das sich an den Mieterbedürfnissen orientiert und gleichzeitig smarte Lösungen für Energieeinsparungen bereit hält, ist daher der Schlüssel zum Erfolg. Zusätzlich ist bei der Dekarbonisierung eine enge Zusammenarbeit zwischen Investor, Gebäudeeigentümer bzw. Asset Manager und Mieter gefragt“, erklärt Wenner.