Europas Immobilienmarkt gewinnt wieder an Boden

Warren Buffet sagte einmal, dass man erst bei Ebbe sieht, wer nackt geschwommen ist. In den letzten drei Jahren hat die zurückgehende Flut aus extrem niedrigen Zinsen und reichlich Liquidität die Schwachstellen der globalen Immobilienmärkte offengelegt. Aber gleichzeitig zeigen sich auch Widerstandsfähigkeit und Chancen. In Europa führt dies zu einer selektiven, strategischen Erholung, die zunehmend durch globales Kapital getragen wird.

Sebastiano Ferrante, Head of European Real Estate bei PGIM

© PGIM

Trendwende: Kapital fließt nach Europa 

Die USA sind nach wie vor ein Eckpfeiler globaler Immobilienportfolios. Die jüngsten Zinsschwankungen, die Unsicherheit in der Finanzpolitik und die sich wandelnde geopolitische Dynamik haben jedoch dazu geführt, dass Anleger ihre Allokationen überdenken. 

Diese Neukalibrierung ist nicht nur theoretischer Natur. Deutsche Investoren, die traditionell global agieren, werfen einen neuen Blick auf ihre Heimatmärkte. Kanadische Institutionen, die seit Langem auf dem US-Markt vertreten sind, prüfen europäische Strategien mit wachsendem Interesse. Kapital aus dem Nahen Osten, das sich bisher auf Asien und Nordamerika konzentrierte, kehrt nun nach Europa zurück. Diese Reallokationen brauchen Zeit – Investitionspläne müssen überarbeitet und Ausschüsse neu einberufen werden –, doch die Richtung ist eindeutig. 

Ebbe und Flut: Eine Erholung der Gegensätze

Im Gegensatz zum Aufschwung nach der globalen Finanzkrise wird diese Erholung nicht durch eine Senkung der Kapitalisierungsraten angetrieben. Anstatt dessen hängt sie vom Ertragswachstum und der Performance auf Asset-Ebene ab. Die Flut ist zurückgegangen und nicht alle Assets sonnen sich im Glanz des Erfolgs.

Top-Bürogebäude in globalen 24-Stunden-Metropolen wie dem Londoner West End, dem Pariser Zentrum oder dem Münchner Altstadtring verzeichnen steigende Mieten und eine starke Nachfrage. Dies sind jene Objekte, bei denen Lage, ESG-Kriterien und eine moderne Ausstattung zu höheren Preisen führen. Dagegen sehen sich Bürogebäude in Randlagen mit strukturellen Herausforderungen konfrontiert. Allein in Deutschland könnten bis zu 30 % des Bürobestands in den nächsten 15 Jahren praktisch obsolet werden.

Wir sehen in einigen dieser Objekte allerdings eine Möglichkeit zur Transformation. In Deutschland wandeln wir beispielsweise leerstehende Bürogebäude in Mikro- und Studentenwohnungen in fußläufig erreichbaren, stark nachgefragten Stadtgebieten wie Berlin und Frankfurt um. Dabei handelt es sich nicht um Spekulationsobjekte, sondern um Maßnahmen, die auf langfristigen, strukturellen, demografischen Trends und einer guten städtischen Infrastruktur basieren.

Einzelhandel und Logistik: fehlbewertet und missverstanden

In anderen Bereichen ist die Flut vielleicht etwas zu weit zurückgegangen. Der seit langer Zeit in Ungnade gefallene Einzelhandel berappelt sich still und leise. Während der klassische Einzelhandel in den Haupteinkaufsstraßen weiterhin vor Herausforderungen steht, bieten bedarfsorientierte Formate, insbesondere Einkaufszentren mit Lebensmittelgeschäften in Spanien, Deutschland und Italien, attraktive Einstiegsrenditen von 6,5 % oder mehr[1]. Die ablehnende Haltung gegenüber dem Einzelhandel in den letzten Jahren hat dazu geführt, dass solche Vermögenswerte trotz ihrer Widerstandsfähigkeit und Relevanz über einen längeren Zeitraum hinweg fehlbewertet und untergewichtet wurden. 

Im Logistikbereich herrschte in den letzten Jahren fast schon Euphorie im Bereich der Big-Box-Immobilien. Diese verzeichnen jedoch derzeit ein langsameres Mietwachstum, zudem gibt es Bereiche mit einem Überangebot. Dagegen bieten sich im Bereich der Last-Mile-Logistik noch zahlreiche Chancen. In Paris entwickeln wir aktiv vertikale Logistikzentren, um den Anforderungen des E-Commerce und der städtischen Lebensmittelverteilung gerecht zu werden. Diese Immobilien sind eine unverzichtbare Infrastruktur für moderne Städte – und entsprechend bewertet.

Wohnstrategien: Das neue Core

Der Wohnimmobilienbereich bleibt ein wichtiger, aber komplexer Teil der europäischen Immobilienlandschaft. Regulatorische Unsicherheiten und Einschränkungen hinsichtlich der Erschwinglichkeit erschweren ein Engagement in großen Teilen des Marktes. Gleichzeitig bieten sich nach wie vor interessante Möglichkeiten. So stoßen Seniorenwohnungen in Großbritannien, Mikro- und Co-Living in deutschen Großstädten sowie Studentenwohnungen in Spanien bei Investoren auf erneutes Interesse. Diese operativen Wohnsektoren bieten stabile Erträge und eine geringere Volatilität und sind daher auch in einem Umfeld mit hohen Zinsen attraktiv.

Auch das Hotelgewerbe erlebt eine Renaissance, insbesondere in Südeuropa, aber auch in Städten wie Berlin. Das Wachstum des RevPAR (Ertrag pro verfügbarem Zimmer) wird durch den Tourismus und das begrenzte Angebot angetrieben. Wir investieren aktiv in verpachtete Hotelimmobilien, von denen wir uns starke risikobereinigte Renditen versprechen. 

Digitale Infrastruktur: Rechenzentren und die Notwendigkeit künstlicher Intelligenz

Künstliche Intelligenz ist längst mehr als nur ein Zukunftstrend: Sie ist schon heute eine treibende Kraft, die unser Leben, unsere Arbeit und unsere Interaktionen maßgeblich prägt. Von der Logistik über das Gesundheitswesen bis hin zum Finanzwesen ist KI fest in unseren Wirtschaftssystemen verankert und der Bedarf an der entsprechenden Infrastruktur wächst exponentiell. Rechenzentren stehen im Mittelpunkt dieses Wandels. In Städten wie Frankfurt, Amsterdam und London steigt die Nachfrage nach solchen Anlagen stark an, während das Angebot begrenzt bleibt. Stromversorgungsengpässe, Hindernisse bei der Flächennutzung und begrenzt verfügbare Fläche führen zu einem Engpass, der für langfristige Investoren ein starkes Wertpotenzial bedeutet. Denn diese Anlagen sind nicht nur digitale Lagerhäuser, sondern das Rückgrat des KI-Zeitalters. Sie bieten langfristige Erträge und strategische Relevanz in einem Markt, in dem Knappheit die Preisgestaltung bestimmt.

Fremdkapital: Der stille Katalysator

Ein unterschätzter Treiber in diesem Zyklus ist Fremdkapital. Während sich die Banken an Basel III anpassen und sich aus risikoreicheren Krediten zurückziehen, springen private Kreditgeber ein. Wir beobachten eine steigende Nachfrage nach Überbrückungsfinanzierungen, vorrangigen Entwicklungskrediten und Rekapitalisierungen, insbesondere in Märkten wie Deutschland und Frankreich, in denen traditionelle Kreditgeber weiterhin vorsichtig agieren.

Transaktionen, die nicht durch Bankfinanzierungen, sondern durch flexibles privates Kapital ermöglicht werden und bei denen operative Vorteile sowie eine Neupositionierung im Bereich ESG abgesichert werden können, scheinen sich allmählich als neue Norm durchzusetzen.

Fazit: Die Signale hören, trotz der Störgeräusche 

Der europäische Immobilienmarkt befindet sich nicht in einer Phase rasanten Wachstums. Er erlebt eine selektive, objektorientierte Erholung. Die Flut ist zurückgegangen und hat sowohl Herausforderungen als auch Chancen offengelegt. Für Investoren, die bereit sind, sich vor Ort, mithilfe von Daten und aus klaren Überzeugungen heraus zu engagieren, ist dies der richtige Moment, um einzusteigen.

In einer Welt voller makroökonomischer Störgeräusche sendet Europa ein klares Signal. Und Investoren beginnen, zuzuhören.

PGIM Real Estate

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  • Erschienen am:
    25.09.2025
  • um:
    09:00
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