Insbesondere im Bürosegment war ein deutlicher Rückgang des Transaktionsvolumens zu verzeichnen. Dies ist jedoch auch auf den hohen Vergleichswert des ersten Quartals 2022 zurückzuführen, das signifikant von der Übernahme der alstria office REIT-AG durch Brookfield geprägt war. Internationale Anleger zeigten sich in den vergangenen drei Monaten zurückhaltender als noch vor einem Jahr. Auf sie entfielen 41 Prozent des Gesamtvolumens – im Vorjahresquartal war es noch die Hälfte. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Analyse des globalen Immobiliendienstleisters CBRE.
Deutschland wird auf Jahressicht nur eine sehr milde Rezession erleben – wenn überhaupt, zumal die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Konjunkturprognosen nach oben korrigieren und auch die zukünftigen Inflationsraten sukzessive nach unten revidiert werden. Zwar dürfte die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal 2023 erneut gesunken sein, aber weniger stark als im Vorquartal.
„Der intakte Arbeitsmarkt, die sukzessive Verbesserung des Geschäftsklimas, die im März der fünfte Anstieg des ifo-Index in Folge zeigt, sowie die sich aufhellenden Konjunkturerwartungen lassen dennoch einen vorsichtig optimistischen Ausblick für die Nutzermärkte im weiteren Jahresverlauf zu“, erklärt Dr. Jan Linsin, Head of Research bei CBRE.
Fokus auf Core und Core-Plus
Trotz der Preisfindungsschwierigkeiten entfiel der Großteil des investierten Kapitals auf Core- und Core- Plus-Produkte. „Generell ist am Markt aber zunehmend zu beobachten, dass auch aufgrund des höheren Angebots verstärkt Immobilien mit Entwicklungspotential, vor allem Manage-to-ESG, in den Fokus rücken“, ergänzt Linsin. Investoren setzten weiterhin auf Risikomanagement durch selektive Einzeltransaktionen. Lediglich knapp EUR zwei Milliarden (27 Prozent des Gesamtvolumens) entfielen im ersten Quartal auf Portfoliokäufe. Insgesamt wurden nur 13 Investments oberhalb der EUR-100- Millionen-Marke getätigt, vorrangig im Wohn- und Bürosegment. In allen Transaktionen mit gewerblicher Nutzung fanden diese Großtransaktionen als Single Asset-Deals statt, im Residential- Bereich alle als Portfoliotransaktionen.
Wohnen als größte Assetklasse
Die stärkste Assetklasse stellten Wohnimmobilien (ab 50 Einheiten) dar, auf die rund EUR 1,94 Milliarden (28 Prozent) des Gesamttransaktionsvolumens entfielen. An zweiter Stelle standen Einzelhandelsobjekte mit EUR 1,34 Milliarden (19 Prozent). Dieses ungewöhnlich starke Ergebnis wurde signifikant von der anteiligen Übernahme des KaDeWe in Berlin durch die thailändische Harng Central Department Store Limited getrieben. Nur den dritten Platz in der Rangfolge konnten Büroimmobilien für sich beanspruchen, mit EUR 1,14 Milliarden (16 Prozent), gefolgt von Lager- und Logistikimmobilien mit EUR 1,03 Milliarden (15 Prozent), wo sich fehlende Portfoliotransaktionen am deutlichsten auswirkten
Berlin stärkster Markt unter den Top-Standorten
In den Investmentzentren stehen Berliner Immobilien weiterhin weit oben auf den Einkaufslisten der Investoren. Gut EUR 1,6 Milliarden flossen in den vergangenen drei Monaten in Immobilien in der Bundeshauptstadt. Zweitstärkster Markt war München mit knapp EUR 700 Millionen. An dritter Stelle folgte Düsseldorf mit EUR 317 Millionen.
Alle Top-Standorte mussten einen deutlichen Rückgang des investierten Volumens verzeichnen. Entfielen im Vorjahresquartal noch 48 Prozent des Gesamttransaktionsvolumens auf diese Märkte, so waren es aktuell 46 Prozent
Zinswende ließ die Renditen steigen
Die Kapitalmarkt- und Finanzierungszinsen sind in den vergangenen zwölf Monaten deutlich gestiegen und lagen Ende des ersten Quartals mit 2,47 Prozent für die zehnjährige Benchmarkrendite 1,75 Prozentpunkte über dem Vorjahreswert. Bei den Finanzierungszinsen erhöhte sich der Wert für den 5- Jahres-Euroswap im gleichen Zeitraum um 2,05 Prozentpunkte auf aktuell gut drei Prozent.
„Entsprechend der Zinsentwicklung stiegen auch die Immobilienrenditen – und werden im Jahresverlauf weiter moderat nach oben gehen, wenngleich wir das Gros der Korrekturen schon hinter uns haben dürften“, erwartet Dr. Jan Linsin. Über alle Immobilienassetklassen hinweg gab es im Vergleich zum Vorjahresquartal einen deutlichen Renditeanstieg – im Durchschnitt legten die Immobilienrenditen für hochwertige Core-Produkte um 0,75 Prozentpunkte auf 4,15 Prozent zu. Am stärksten stiegen die Spitzenrenditen bei Büroimmobilien in den Top-7-Standorten (plus 1,25 Prozentpunkte auf aktuell 3,90 Prozent), für Logistikimmobilien (plus einen Prozentpunkt auf aktuell vier Prozent) und bei Handelsimmobilien (plus 0,85 Prozentpunkte auf aktuell über 4,6 Prozent). Hier gingen die Renditen insbesondere bei Geschäftshäusern, lebensmittelgeankerten Objekten und Fachmarktzentren binnen der vergangenen zwölf Monate deutlich hoch. Weiter nach oben korrigierten die Renditen auch im Segment der Shopping-Center (5,1 Prozent in den Top-Standorten, 6,5 Prozent in B-Standorten) und Hotels, wenngleich nicht ganz so stark wie in den anderen Gewerbeimmobilienassetklassen, zumal das Pricing dieser Objekte bereits während der Corona-Pandemie angepasst wurde. Auch im Wohnsegment tragen die gestiegenen Finanzierungskosten dazu bei, dass sich die Immobilienrenditen weiter nach oben bewegen und die Spitzenrenditen im Mittel der Top-7-Städte 2,78 Prozent erreicht haben. Zum aktuellen Quartalsende war bei den Werten von Bestandsobjekten ein durchschnittlicher Rückgang zwischen acht und zehn Prozent gegenüber dem letzten Hochpunkt Ende des zweiten Quartals 2022 zu verzeichnen.
Ausblick
„Wir erwarten, dass sich die Preisvorstellungen auf Käufer- und Verkäuferseite zunehmend angleichen werden und die Investoren die zukünftige Zinsentwicklung besser einschätzen können und ihre Anlageentscheidungen darauf anpassen können“, sagt Klein. „Aktuell nehmen die Pitch- und Vermarktungsaktivitäten zu, sodass mit den am Markt erwarteten Benchmarktransaktionen ein neues Preissignal gesetzt werden kann – als Startschuss für mehr Dynamik.“
„Der Zinserhöhungszyklus wird voraussichtlich zum Jahresende 2023 seinen Höhepunkt erreicht haben, wenn die Inflationsraten wieder auf dem Zielwert der EZB liegen“, erwartet Linsin. „Tendenziell rückläufige Leitzinsen erwarten wir dann ab dem ersten Quartal 2024 und mit zunehmender Dynamik in den darauffolgenden Monaten, sodass zum Jahresende 2024 der EZB-Leitzins wieder unter der Drei- Prozent-Marke liegen dürfte. Bis dahin bietet sich für Investoren ein besonderes Zeitfenster für attraktive Kaufgelegenheiten.
„Valide Aussagen zum Transaktionsvolumen sind derzeit nur schwer möglich“, sagt Klein. „Wir erwarten aktuell ohne große Plattformübernahmen, M&A-Deals oder signifikante Restrukturierungsthemen beziehungsweise Distressed-Sales ein Gesamtvolumen zwischen EUR 30 und 35 Milliarden.“