Das Marketing in den meisten Assetklassen ist von Traditionen geprägt. In der Assetklasse Residential und Office erstellt man schöne Broschüren, eine kleine Landingpage pro neuem Development-Projekt, klimpert etwas mit PR-Aussendungen auf einschlägigen Immobilienseiten und hofft auf Interessenten, Mieter oder Käufer.
In der Assetklasse Retail bespielt man die Flächen mit einer gewissen Regelmäßigkeit mit kleineren Promotions bzw. Events und arbeitet sich anhand der Retail-Highlights – Spring/Autumn-Kampagnen, Black Friday, X-Mas und saisonalen Sales-Kampagnen – durch den Jahreskalender. Out-of-Home-getrieben, was den Mediamix betrifft, manchmal mit flankierenden Radiospots. Die Welt dreht sich, aber die Vermarktungsstrategien sind seit Jahrzehnten die immergleichen.
So und nicht anders würden viele den Marketing-Alltag eines Immobilienunternehmens beschreiben. Am Ende des Tages aber zählen nackte KPIs – auch im Real Estate Marketing. Es zählen die Mietauslastung und die verkauften oder vermieteten Einheiten, der erreichte Footfall in Shoopingmalls, der daraus generierte Umsatz und in weiterer Folge die umsatzabhängigen Mieterlöse. Zwischen den oben beschriebenen Marketing-Traditionen und den harten KPIs liegt in dieser Branche allerdings noch sehr viel Spielraum für Innovationspotenzial. Im Digitalbereich etwa. Die Branche denkt hier an Website-Auftritte, an Bannerwerbung und vielleicht an ein klein wenig Social Media, Facebook und Instagram. Doch die Marketing-Welt hat heute wesentlich mehr zu bieten, um harte KPIs effizient zu erreichen. Marketing-Automation zum Beispiel.
Gleich vorweg: Die Software-gestützte Automatisierung von Vertriebs- und Marketing-Prozessen ist per se nichts Neues. Bereits in den 2000er-Jahren begann man in den USA daran zu arbeiten, den Vertrieb automatisiert mit zusätzlichen Informationen über die potenziellen Kunden zu versorgen. Inzwischen hat sich Marketing-Automation in vielen Branchen, wie etwa bei großen Software-Anbietern und Tech Companies, etabliert, und in vielen anderen Industrien beginnt sie Fuß zu fassen. Die Verzahnung von Marketing-Automation mit Display-Werbung, Newsletter und Social Media und einer Landingpage, auf der man das Produkt sorglos kaufen kann, ist in vielen Bereichen längst Standard. Hinter jeder Produktwerbung, die einem heute auf Instagram begegnet, stecken entsprechende Überlegungen und Tools. Doch von Anfang an:
Was ist Marketing-Automation und wie funktioniert sie?
Wie bereits erwähnt, handelt es sich dabei um eine Systemtool-unterstützte Prozessoptimierung zur Kundengewinnung. Ziel von Marketing-Automation aus Marketing-Perspektive ist es, die Aufmerksamkeit des Users und in weiterer Folge persönliche Daten über maßgeschneiderte Inhalte auf selektierten Kanälen zu erhalten. In der Bürovermietung bedeutet es die Abholung eines Bürointeressenten, der am Anfang (Pre-Awareness) oder bereits fortgeschritten (Awareness/Interest) im Bürosuchprozess steht. Am Ende der Customer-Journey steht der Kontakt zum Leasing-Manager (Vertrieb) mit einer Office-Anfrage und/oder Besichtigung. Man spricht von Lead-Generierung! Man möchte von einem anonymen User zu einem qualifizierten Lead gelangen, sprich Informationen zu Person und Interesse haben, wie etwa Jobbranche, Position und Suchrelevanz, aber auch banale Dinge wie Telefonnummer und Adresse können in weiterer Folge zur Leadqualifizierung beitragen.
Um persönliche Daten eines Users zu erhalten, muss das Unternehmen relevante Inhalte liefern und eine durchdachte Content-Strategie haben. Das ist die eigentliche Aufgabe von Marketing. Klingt einfach, ist es aber nicht. In Zeiten von wachsender Gefahr durch Cybercrime-Aktivitäten, Datenleaks und digitale Omnipräsenz ist der durchschnittliche User bereits sensibilisiert für alles, was mehr erfordert als Name und E-Mail-Adresse. Laut einer aktuellen Umfrage des amerikanischen Marktforschungsunternehmen Forrester Research wendet sich ein Drittel der Konsumenten nach nur einer schlechten Experience von Unternehmen ab, das heißt, irrelevanter Content wird als Spam und Belästigung wahrgenommen.
Lead-Management erfordert eine umfassende Content-Strategie! Anhand unseres Bürobeispiels muss ich mir als Anwender von Marketing-Automation überlegen, für welche Zielgruppe welches meiner Büros interessant sein könnte. Da können Bürostandorte mit der Branche des Bürointeressenten korrelieren oder die Größe des Büros eine maßgebende Rolle spielen. Welche Kanäle werden für welche Zielgruppe verwendet? Wann stelle ich wo welchen Content zur Verfügung usw. Die Kunst ist nicht die Erstellung von Inhalten, sondern dass sie für die definierten Zielgruppen Relevanz haben!
Betreibe ich ein Shoppingcenter, wird meine Zielgruppe wohl sehr an den neuesten Modetrends interessiert sein, an allen aktuellen Shop-Eröffnungen in meinem Center sowie an Live-Aktivitäten. Plane ich jeden Samstagvormittag ein Kinderprogramm, wird meine relevante Zielgruppe dafür wohl Eltern mit Kindern zwischen drei und zehn Jahren sein. Eingegrenzt in meiner Catchment-Area. Hier empfiehlt es sich, Content zu kreieren, der Eltern Lust auf einen Besuch macht. Im Gegenzug erhalte ich durch deren Bekanntgabe von Interessen, Verhalten etc. ein Profil, dass ich in der Folge entsprechend mit Marketing-Aktivitäten bedienen kann.
Durch intensivierte und optimierte Content-Aktivitäten steigert sich das Volumen im Sales-Funnel. Das Ergebnis sind gepflegte Leads entlang des Trichters in der personalisierten Marketing-Kommunikation. Der Vertrieb erhält qualifizierte Leads, sogenannte interessierte Kunden. Das sind Interessenten, die eine Wohnung erwerben oder mieten wollen, Jugendliche, die hinter der neuesten Mode her sind und in die Shoppingcenter strömen, oder Entscheider, die auf der Suche nach einem neuen Büro sind.
Wer gewillt ist, sich auf kundenzentrisches Marketing entlang seiner Customer-Journey einzulassen, erhält am Ende des Tages detaillierte Informationen über seine Kundschaft, aber auch mehr Einblick in deren Bedürfnisse. Er verringert den Streuverlust seiner Marketing-Aktivitäten und erhöht die Resonanz in seinen Zielgruppen. Der Vorteil von Marketing-Automation in der Immobilienbranche liegt auf der Hand: Immobilien in den unterschiedlichsten Assetklassen haben mitunter Spezialisierungen, Coworking-Flächen für Start-ups, luxuriöse Wohnungen in bester Lage für die gehobene Mittelschicht oder Shoppingcenter mit angesagten Shops. Wie auch immer der Bedarf ist, Marketing-Automation ermöglicht den Unternehmen, maßgeschneidertes Marketing bereits vor der ersten Kontaktaufnahme anzubieten und den gewonnenen Lead mit relevanten Inhalten zu einem Büromieter von morgen zu machen.