Die vom Beratungsunternehmen teamgnesda präsentierte Ausgabe des „Office Report“ meldet das, was vielfach schon vermutet wurde: Was mit Coronamaßnahmen Einzug gehalten hat, zerrüttet die Bürowelt von gestern. Großflächiges Anmieten für viele Jahre, nur um für jeden Büromitarbeiter einen Arbeitsplatz zu haben, ist angesichts hoher Abwesenheit in den Büros keine Option mehr. „Home-Office“ und „Remote Work“ sind es hingegen, die den Lifestyle von heute und morgen bestimmen. „An einem durchschnittlichen Arbeitstag sind nur 61 Prozent der Schreibtische belegt und an Spitzentagen maximal 82 Prozent“, sagt Geschäftsführer Andreas Gnesda und zitiert die im Haus gemachte Studie zum Thema. Der einzige Tag, an dem übrigens fast alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anwesend sind, „ist der Tag der Weihnachtsfeier“. Die 76 beruflichen Organisationen, die in der Studie untersucht wurden, beschäftigen 97.000 Büroarbeitskräfte in Österreich, aber auch Deutschland und verfügen zusammen über 2,2 Millionen Quadratmeter Bürofläche.
Mehr Sharing gegen Unterbelegung
Bei diesen Unternehmen kommt jetzt fast ausschließlich Desksharing zur Anwendung. 90 Prozent des Personals befinden sich in diesem Schema. Der Schlüsselfaktor beim Flächenbedarf ist daher die Sharing-Ratio, also das Verhältnis von Büroarbeitsplatz zu Mitarbeiterstand. Sie liegt laut teamgnesda aktuell bei 0,78, wobei dies erst noch die theoretische Belegung oder Verfügbarkeit widerspiegelt. Die derzeit unterdurchschnittlichen Bürobelegungen mitberücksichtigt, müsse realistisch betrachtet eher von 0,64 als Benchmark ausgegangen werden. Der tatsächliche Bedarf legt also einen noch größeren Sharingfaktor für die Zukunft nahe. Konservativ gerechnet wäre bezüglich der Schreibtischplätze von einem noch ungehobenen Einsparpotenzial von 25 Prozent auszugehen. Limitierend sei da allerdings der Faktor der zeitlichen Spitzenbelegung. „Es gibt so etwas wie ein Mittwochsproblem, da an diesem Tag die Schreibtischbelegung deutlich höher ist als an den Wochenrandtagen“, sagt Oliver Bertram, zweiter Geschäftsführer bei teamgnesda.
Mehr Community-Spaces
„Activity Based Working“ mit Gemeinschaftsräumen und alternativen Arbeitsbereichen in der Büroumgebung würde sich eignen, um gegenzusteuern. „Bei 78 normativ ausgestalteten Büroarbeitsplätzen sehen wir in der Regel noch einmal so viele alternative Plätze vor“, sagt Andreas Gnesda, sodass selbst die Vollbelegung bei 100 Büroarbeitskräften nicht zu Platznot führt. Der Anteil von alternativen Arbeitsbereichen, wie es zum Beispiel Sitzmöbel in „Community-Spaces“ sind, habe sich zuletzt um 20 Prozent erhöht. Attraktive Arbeitsumgebungen, die so etwas bieten, würden sich daher bezahlt machen. Auch um die Belegschaft zur Rückkehr ins Büro zu motivieren, sei das hilfreich. Bereiche, an denen man sich informell im Kollegium abspricht, ist das, was es in den Betrieben nun brauchen würde und noch mehr in Zukunft. Alles andere könne man auch gut zuhause für sich allein und in Ruhe erledigen.
Mein Büro ist der Park
Die einstige Skepsis gegenüber dem „Home-Office“ hat sich nicht nur verflüchtigt, sondern sogar ins Gegenteil verkehrt. Mehr als drei Viertel der in den befragten Unternehmen Verantwortlichen stellen eine höhere Produktivität fest, und lediglich 13 Prozent befürchten eine missbräuchliche Nutzung. Für 97 Prozent, also praktisch für alle Beschäftigten im Unternehmen, ist die Home-Office-Nutzung Realität. Für neun von zehn Büroarbeitskräften sind laut Studie 2,5 Tage Abwesenheit die neue Normalität. Potenzielle dritte Arbeitsorte, wie das Kaffeehaus oder die Parkbank, sind nicht ausgeschlossen. Ein Viertel der Belegschaft ist laut dem „Office Report“ auch mehr als ein Viertel der Zeit an solchen Orten aktiv. Angesichts dieser Entwicklungen steht sogar eine Neuausrichtung der Volkswirtschaft im Raum. „Das Arbeitsstundenmodell wird den Entwicklungen nicht gerecht“, sagt Andreas Gnesda und sieht Handlungsbedarf: „Über ergebnisorientierte Beschäftigungsmodelle müsste nachgedacht werden.“ Bei den Unternehmen würde sich jedenfalls der Druck durch Unterbesetzung mangels geeigneten Personals verstärken. Mit nahezu Vollbeschäftigung im Land sei es dem Wettbewerb um die Arbeitskräfte geschuldet, wenn „Remoteness“ freizügiger ausfällt. Die Viertagewoche oder auch Workation als „Arbeitsurlaub“ kommen immer öfter vor.