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European Green Deal: Green Lease – was und wozu?

Europa wird nachhaltiger, grüner. Nachhaltigeres Wirtschaften wird in der Europäischen Union seit einigen Jahren lautstark als vorrangiges Ziel proklamiert. Im Zuge und infolge des „European Green Deal“ wurden seit 2019 viele Gesetzesvorhaben beschlossen, die die Rahmenbedingungen für transparentes, ökologisches und soziales Wirtschaften auch in der Immobilienbranche schaffen sollen. Viele Regulatorien, angefangen bei der bekannten EU-Taxonomie-Verordnung und den Delegierten Verordnungen, prägen unseren Business-Alltag. Aber wissen die Akteure wirklich, was in der Praxis gefordert wird, um konkret nachhaltige Immobilienbewirtschaftung umzusetzen?

© westend61

Mit dem Green Deal vom 11.12.2019 beschloss die EU eine Reduktion des Treibhausgasausstoßes gegenüber 1990 um 55 Prozent und außerdem, bis 2050 klimaneutral zu werden. Mit dem 2022 verabschiedeten 8. Umweltaktionsprogramm wurde ein gemeinsames Bekenntnis zu Kreislaufwirtschaft, Ressourceneffizienz, Biodiversität und Verringerung der Umweltbelastung abgegeben. Ein Drittel der globalen Treibhausgasemissionen stammt aus dem Gebäudesektor! Nachhaltigeres Bauen, aber auch nachhaltigere Bewirtschaftung sind Weichenstellungen. Hier kommt der Green Lease zum Tragen.

Ein auf Nachhaltigkeit ausgerichteter Mietvertrag

Der „Green Lease“ ist ein bedeutendes Instrument der nachhaltigen Immobilienbewirtschaftung. Ein Green Lease ist ein auf Nachhaltigkeit ausgerichteter Mietvertrag, der durch seine besondere Ausgestaltung den Mieter zu einer möglichst nachhaltigen Nutzung und den Vermieter zu einer möglichst nachhaltigen Bewirtschaftung einer Immobilie veranlassen soll. Den Begriff „Green Lease“ hat jeder schon einmal gehört, aber wo er geregelt ist und was er konkret bedeutet, haben viele Vermieter wie auch Mieter, insbesondere solche im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen, die sich keine ESG-Abteilungen leisten können, nicht präsent. Dennoch sind auch diese zu ökologisch nachhaltigem Gebaren bereit, denn der Markt gibt den Weg vor: An nachhaltig errichteten und bewirtschafteten Gebäuden besteht größeres Interesse, sie sind leichter zu verkaufen und zu vermieten, bringen höhere Kauf- wie auch Mietpreise. Oft werden Immobilien bereits entsprechend nachhaltig errichtet oder saniert, aber eine nachhaltige Bewirtschaftung bringt ein weiteres Nachhaltigkeitspotential.

Keine gesetzliche Definition

Eine gesetzliche Definition eines „grünen Mietvertrags“ existiert nicht. Häufig werden Standardmietverträge auf Initiative einer oder beider Vertragsparteien um sogenannte Nachhaltigkeitsklauseln ergänzt, die je nach Ausgestaltung der Regelung eine Bemühung oder Verpflichtung der jeweiligen Parteien begründen. Hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung bestehen in Österreich noch keine Guidelines – der Markt orientiert sich daher an den Broschüren des Deutschen Zentralen Immobilienausschusses ZIA über „Green Leases“. Diesen zufolge fußt jeder Green Lease auf einem Drei-Säulen-Modell aus a) nachhaltiger Nutzung und Bewirtschaftung des Mietobjekts im laufenden Betrieb, b) der Reduzierung von Abfällen, Verbrauchen und Immissionen sowie c) der ökologisch unbedenklichen Durchführung von Erhaltungs-, Modernisierungs- und sonstigen Baumaßnahmen. Treffen Parteien zumindest je eine Regelung in jedem dieser Bereiche, so liegt dem ZIA zufolge ein Green Lease vor. 

Green Leases halten in der gewerblichen Vermietung Einzug 

Inhaltlich haben solche Regelungen der üblichen Geltungskontrolle nach österreichischem Recht standzuhalten. Sollen mit einem Mieter etwa besondere Regelungen zur Tragung von Betriebs- und Nebenkosten getroffen werden, so ist zu prüfen, ob das Mietverhältnis dem Voll- oder Teilanwendungsbereich des MRG unterliegt oder sogar vom MRG gänzlich ausgenommen ist, da der Gesetzgeber hier mitunter klare gestalterische Grenzen gesetzt hat. Derzeit halten Green Leases in der gewerblichen Vermietung (vor allem Büros) Einzug. Die Ausdehnung auf den Wohnungsbereich scheint aber nur eine Frage der Zeit zu sein.

Im Fokus des Green Lease steht der Nachhaltigkeitsbegriff gemäß den EU-Regulatorien. Kurz zusammengefasst ist eine Tätigkeit nachhaltig, wenn sie einen wesentlichen Beitrag zu einem der in der Taxonomie-Verordnung ausgewiesenen Umweltziele leistet und zugleich keine wesentliche Beeinträchtigung der anderen Umweltziele bewirkt. Dies ist bei der Erstellung eines Green Lease stets im Auge zu behalten.

Gemeinsames Ziel

Eine zentrale Rolle kommt bei einem Green Lease dem Erfassen von Verbräuchen samt gegenseitigem Austausch der Verbrauchsdaten zu. Denn Verbräuche zu reduzieren und Ressourcen einzusparen ist das gemeinsame Ziel der Vertragsparteien. Energiemanagement und Energiemonitoring kommen zum Einsatz, um eine Win-win-Situation für Vermieter und Mieter zu erreichen. Partnerschaftliches Vorgehen während der gesamten Mietdauer lässt die Vertragsparteien näher zueinander rücken als bei herkömmlichen Mietverträgen. 

In der Ausgestaltung spricht man oft von hellgrünen, mittelgrünen oder dunkelgrünen Green Leases, je nachdem, ob bloße Bemühungszusagen oder spezifischere Regelungen oder sogar Verpflichtungen und Sanktionen bei Nichteinhaltung statuiert werden. Greenwashing, also eine irreführende Vertragsgestaltung, um nur den Anschein nachhaltiger Bewirtschaftung zu erwecken, ist zu vermeiden.  

Aufbauend auf der Taxonomie-Verordnung sind in Zukunft weitere europarechtliche, aber auch nationale Regelwerke zum nachhaltigen Wirtschaften zu erwarten. 

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  • Erschienen am:
    22.07.2024
  • um:
    07:00
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