Getrieben von der rapiden Entwicklung künstlicher Intelligenz (KI) und stetig wachsenden Datenmengen wird die Nachfrage nach Speicher- und Rechenkapazitäten und passenden Immobilien in den kommenden Jahren kontinuierlich steigen. Daneben gewinnen Rechenzentren auch als Anlageprodukte an Bedeutung. Wie aus dem Marktüberblick des Immobiliendienstleisters JLL zum deutschen Datencenter-Markt hervorgeht, stellen jedoch neue Regularien Investoren wie auch Eigentümer vor Herausforderungen.
Rechenzentren profitieren hauptsächlich von der fortschreitenden Digitalisierung. Die fast flächendeckende Nutzung des Internets hat dieser Branche in Europa einen starken Impuls gegeben. Dementsprechend ist auch die Nachfrage von Investorenseite stark angestiegen, zumal diese Assetklasse in den meisten Portfolios noch nicht vorhanden bzw. untergewichtet ist und so zur Risikodiversifizierung beiträgt. Dazu kommen die Renditen, die generell höher sind als bei klassischen Immobilieninvestments. Als Folge des steigenden Datenvolumens werden europaweit zunehmend neue Rechenzentren geplant, und die Developer-Branche wird sich dahingehend weiter ausdifferenzieren.
London in Europa an der Spitze
Gemäß der JLL-Studie wird Europa dabei von den sogenannten FLAP-D-Märkten (Frankfurt, London, Amsterdam, Paris und Dublin) geprägt. Mit einer Gesamt-IT-Kapazität von 949 Megawatt liege London weiterhin an der Spitze, gefolgt von Frankfurt mit 724 MW. Allein im Jahr 2024 soll die IT-Last in der Mainmetropole um weitere 205 Megawatt steigen. Auf den weiteren Plätzen folgen Amsterdam (500 MW), Paris (379 MW) und Dublin (232 MW)
Wie wird sich der deutsche Markt entwickeln?
Der deutsche Datacenter-Markt wird laut Daten der PREA Group exponentiell wachsen, der Stromverbrauch von aktuell 1,94 Gigawatt auf 3,99 Gigawatt im Jahr 2030 ansteigen. Die Bandbreite der Objekte, die dafür in den kommenden Jahren benötigt werden, reicht vom Kleinrechenzentrum (Edge-Center) über das Colocation-Center bis zum Megarechenzentrum (Hyperscaler). Der Stromverbrauch könne dabei mehr als 500 Megawatt betragen und somit weit höher sein als der einer Kleinstadt. Das Investmentvolumen werde laut PREA bis 2030 rund 35 Milliarden Euro betragen. Dementsprechend werde sich auch der Finanzierungsbedarf erhöhen.
Laut Stephan Freitas Krause, Vice President der KfW IPEX-Bank, fließt im Gegensatz zu klassischen Immobilien der Großteil der Investitionskosten in die technische Infrastruktur wie Strom, Kühlung oder Konnektivität. Das mache bis zu 80 Prozent der Gesamtkosten aus. Insgesamt verzeichnet die KfW IPEX-Bank eine stark ansteigende Nachfrage nach Finanzierungen, insbesondere getrieben durch die großen Hyperscaler-Kunden. Auf dem deutschen Markt würden vor allem für Frankfurt und Berlin größere Finanzierungen angefragt, allerdings auch in anderen deutschen Wirtschaftsclustern, in denen das IT-Outsourcing eine immer größere Rolle spielt.
Wie blicken institutionelle Anleger auf den Markt?
Aus Umfragen unter Investoren geht hervor, dass alternative Immobiliensektoren wie Datenzentren, Gesundheitswesen, Kühllager und Studentenwohnungen allmählich zum Mainstream gehören. Fast ein Drittel aller Investoren will in den Rechenzentrumssektor investieren, verglichen mit nur fünf Prozent der 2018 befragten institutionellen Investoren, sagt Cuong Nguyen, Experte für den Datacenter-Markt bei PGIM. Ausschlaggebend dafür seien die attraktiven Renditen für neue Marktteilnehmer bei gleichzeitig sinkenden Renditen in den etablierten Gewerbeimmobilien-Sektoren.
Allerdings gilt auch für Rechenzentren das Immobilien-Sprichwort „Lage, Lage, Lage“, aber unter anderen Standortvoraussetzungen, sagt Patrick Brinker, Head of Real Estate Investment Management bei Hauck Aufhäuser Lampe. Entscheidend seien unter anderem die Verfügbarkeit von Strom und Mietern sowie die Sicherheit der Datenübertragung. Als geeignete Investmentobjekte sind aufgrund des Energieeffizienzgesetzes hauptsächlich Neubauprojekte und neuere Bestandsobjekte, erläutert Brinker. Insgesamt sei der Markt bislang sehr intransparent, weil es im Vergleich zum Immobilienmarkt noch wenig Transaktionen gebe. Da Rechenzentren sehr individuell seien, ist die Vergleichbarkeit gering. Generell hält Brinker aber Renditen zwischen sechs und acht Prozent im Durchschnitt pro Jahr für realisierbar.
Nachhaltigkeit und Digitalisierung zusammendenken
Der Boom der Rechenzentren zeigt aber auch, wie wichtig es ist, dass Digitalisierung und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen. Einerseits werden die Datacenter gebraucht, um die Digitalisierung weiter voranzubringen und die Wirtschaft nachhaltiger zu gestalten. Andererseits verbrauchen gerade die Rechenzentren sehr viel Energie. Daher sollten alle relevanten Akteure an einem Strang ziehen, damit Rechenzentren die produzierte Abwärme nutzen und so wenig Energie wie möglich verbrauchen. Vor einem Investment in Datencenter ist es allerdings wichtig zu wissen, dass Rechenzentrum nicht gleich Rechenzentrum ist. Denn Rechenzentrum variieren bezüglich der Größe, Ausstattung und Lage, ist einer CBRE-Studie zu entnehmen.
Vielfältige Herausforderungen
Auch wenn das Angebot zunimmt, kann es laut dem JLL-Marktbericht mit der Nachfrage nicht mithalten. Um Zukunftstechnologien und niedrige Latenzen garantieren zu können, bedarf es weiterer Rechenleistung vor Ort – für die sich europäische Betreiber ohnehin bevorzugt entscheiden, um die anspruchsvollen Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung zu erfüllen. Neben der Suche nach geeigneten Flächen würden zugleich auch die Anforderungen an Bestand und Neubau steigen: Bereits heute müssten Rechenzentren den Stromverbrauch zu 50 Prozent aus erneuerbaren Energien decken.