Die Fakten:
- Wohnimmobilien – bleiben trotz leicht gestiegener Baugenehmigungen der klare Stabilitätsanker am Markt, wobei ein knappes Angebot den Wettbewerb verschärft und alternative Wohnformen ins Interesse der Investoren rücken.
- Büroimmobilien – Die Märkte bleiben von Zurückhaltung geprägt, doch stabile Spitzenmieten und vereinzelte Großdeals eröffnen Chancen für antizyklisch orientierte Investoren.
- Handelsimmobilien – Selektive Nachfrage konzentriert sich auf High-Street-Lagen und Lebensmittelmärkte, während das Konsumklima weitere Impulse bremst.
- Gesundheitsimmobilien – Stabile Renditen und demografiegetriebene Nachfrage machen Pflegeheime für internationale Anleger zunehmend attraktiv.
- Hotelimmobilien – Der Markt gewinnt an Schwung durch Großtransaktionen und stabile Ertragskennzahlen, was Investoren auf eine nachhaltige Erholung hoffen lässt.
- Logistikimmobilien – Die hohe Nachfrage trifft auf strukturelle Flächenknappheit, was politische Gegenmaßnahmen erfordert, um Produktionsverlagerungen und wirtschaftliche Risiken zu vermeiden.
Europa erlebe zwar eine Renaissance – zumindest, wenn man den Schlagzeilen Glauben schenke, die über eine verstärkte Vermögensreallokation nach Europa berichten. Doch unterstreiche der jüngste Zolldeal zwischen der EU und den USA das bestehende Kräfteverhältnis – und die Frage, wie viel Kapital tatsächlich in europäische und insbesondere deutsche Märkte fließen wird, bleibt offen. Für Deutschland rechnen Experten im laufenden Jahr mit einem moderaten Wirtschaftswachstum von 0,9 Prozent. „Das ist kein Grund zur Euphorie, aber ein Anlass für vorsichtigen Optimismus, auch mit Blick auf den Immobilienmarkt”, so Wenner.
Stabil zeigt sich die geldpolitische Seite: Der EZB-Leitzins wurde im Juli bei 2,15 Prozent belassen. Die Inflation in Deutschland liege bei 2,2 Prozent und damit im Zielkorridor der Notenbank. Die Rahmenbedingungen für Investoren hätten sich damit deutlich verbessert und ermöglichten nach zwei Jahren hoher Volatilität wieder eine verlässlichere Businessplanung. „Gerade internationale Anleger, die sich in den vergangenen Jahren zurückgehalten haben und keine Altlasten mitschleppen, könnten nun verstärkt in den deutschen Markt zurückkehren”, meint Wenner.
Marktklima & Transaktionen
Wohnimmobilien oder nichts – so ließe sich das Ergebnis des Immobilienstimmungsbarometers im Juli 2025 zusammenfassen. Die Nachfrage nach Wohnen sei ungebrochen hoch. Das spiegele sich nicht nur in den Transaktionsvolumina, sondern auch in der positiven Bewertung im deutschen Immobilienklimaindex wider.
Andere gewerbliche Assetklassen wie Logistik und Hotel rangierten mit deutlichem Abstand dahinter, blieben aber oberhalb der neutralen Schwelle. Schlusslichter seien Büro- und Einzelhandelsimmobilien. „Vieles deutet darauf hin, dass sich an dieser Konstellation auch in den kommenden Monaten wenig ändern wird”, prognostiziert Wenner.
Am Transaktionsmarkt bleibe der große Aufschwung bislang aus – doch immerhin seien die Volumina der beiden Vorjahre leicht übertroffen worden. Insgesamt wurden rund 14 Mrd. Euro investiert, davon entfiel rund ein Drittel auf Wohnimmobilien. Logistik, Büro und Handel folgen mit vergleichbaren Anteilen. „Für Dynamik sorgten zudem Gesundheitsimmobilien, insbesondere durch eine größere Portfolio-Transaktion zu Jahresbeginn. Auch wenn ihr Anteil am Gesamtmarkt gering bleibt, zeigt sich hier ein zunehmend aktives Marktgeschehen”, ordnet der Experte von Praemia REIM Germany ein.
Assetklassen im Überblick
Wohnimmobilien: Stabilitätsanker trotz „Bau-Turbo”
Wohnimmobilien bleiben das Rückgrat des deutschen Investmentmarkts. Das Transaktionsvolumen lag bei 4,8 Mrd. Euro, die Spitzenrendite ist mit 3,4 Prozent stabil. Zwar stiegen die Baugenehmigungen in den ersten Monaten 2025 leicht an (+1,9 Prozent), doch reicht das nicht, um den massiven Rückstand im Wohnungsbau aufzuholen. Die Knappheit bleibt bestehen.
Der von der neuen Bundesregierung angekündigte „Bau-Turbo“ soll nun vor allem pragmatisches und schnelles Bauen ermöglichen. Klar ist jedoch, dass politische Impulse erst mit großer Verzögerung – wenn überhaupt – ihre Wirkung entfalten werden. Für Investoren bedeutet das: hoher Wettbewerb um renditestarke Objekte und zunehmende Relevanz alternativer Wohnformen wie Micro Living, betreutes Wohnen oder Apartmentkonzepte, die oft regulatorisch privilegiert sind.
Wenner empfiehlt: „Für Wohninvestoren lohnt es sich, ein breites Spektrum an wohnnahen Nutzungen in Betracht zu ziehen. Hierzu zählen Apartmentkonzepte für unterschiedliche Zielgruppen, Seniorenwohnen sowie hotelnahe Nutzungen.“
Büroimmobilien: Fragile Märkte, stabile Mieten
Mit einem Transaktionsvolumen von 2,5 Mrd. Euro wurde ein weiterer 10-Jahres-Tiefstwert erreicht. Die Unsicherheit über die Zukunft hybrider Arbeitsmodelle, stagnierende Konjunkturdaten und geopolitische Spannungen hemmen den Investmentmarkt. Positiv sticht dagegen der Vermietungsmarkt hervor: In Frankfurt zum Beispiel wurden in der ersten Jahreshälfte bereits so viele Flächen umgesetzt wie im gesamten Jahr 2024. „Die Spitzenmieten steigen leicht – ein Indikator für die Robustheit guter Lagen. Trotzdem dürfte ein nachhaltiger Aufschwung erstmal ausbleiben“, erklärt Wenner. Für antizyklische Investoren bieten A-Städte und B-Standorte jedoch möglicherweise bereits attraktive Einstiegschancen.
Handelsimmobilien: Selektives Interesse, schwache Konsumstimmung
Der Handelsimmobilienmarkt zeigt ein gemischtes Bild. Zwar belegt er mit 2,3 Mrd. Euro Platz vier im Assetklassen-Ranking, doch bleibt die Nachfrage selektiv. Die Spitzenrendite für High-Street-Shops liegt weiterhin bei 4,6 Prozent. Auch die Spitzenrenditen von Supermärkten und Shoppingcentern sind von der assetklassenübergreifenden Seitwärtsbewegung betroffen und befinden sich aktuell bei 4,6 bzw. 5,9 Prozent.
„Core-Objekte in 1A-Lagen und Lebensmittelmärkte sind gefragt, während Shoppingcenter und Fachmarktzentren nur für risikoaffine Anleger mit eigener Asset-Management-Kompetenz interessant sind.“ Das Konsumklima bleibt angesichts globaler Unsicherheiten gedämpft – und damit auch die Wachstumsperspektive.
Gesundheitsimmobilien: Demografie und Kaufkraft wecken Interesse
Healthcare-Immobilien entwickelten sich dynamisch und übertrafen zur Jahresmitte bereits das Vorjahresvolumen. Die Preisfindung zwischen Käufern und Verkäufern verläuft zunehmend reibungslos, was sich in stabilen Spitzenrenditen von 5,4 Prozent für Pflegeheime widerspiegelt.
Obwohl systemische Herausforderungen wie die chronische Unterfinanzierung des Gesundheitssektors und die starre Finanzierungsstruktur im Pflegebereich bekannt sind, ist die Sicht von „außen“ derzeit positiver als die aus Deutschland. Der Healthcare-Markt ist spürbar in Bewegung“, so Wenner. „Neben der demografiebedingten gesicherten Nachfrage spielen die hohe Kaufkraft der älteren Bevölkerung und die politische Stabilität eine wichtige Rolle.“
Hotelimmobilien: Optimismus kehrt zurück
Hotels erlebten mit 1,1 Mrd. Euro ein starkes erstes Halbjahr, das sich im Volumen im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt hat. Das steigende Transaktionsvolumen und ein hoher Anteil ausländischer Investoren bestätigen, dass der Hotelinvestmentmarkt einen leichten Aufschwung erlebt. Wie bei Nischenassetklassen üblich können Großtransaktionen das Gesamtbild verzerren und eine höhere Marktdynamik signalisieren, als tatsächlich vorhanden ist. „Auch wenn der Inlandstourismus leicht nachgab, zeigen steigende Pachten und konstante Spitzenrenditen (5,3 Prozent) einen resilienten Markt. Investoren setzen auf ein Comeback.“
Logistik: Solide Nachfrage, strukturelle Knappheit
Mit 2,7 Mrd. Euro Transaktionsvolumen, 72 Prozent Auslandsanteil an dem Transaktionsvolumen und stabilen Spitzenrenditen (4,4 Prozent) behauptet sich Logistik als verlässliche Assetklasse. Keine andere zyklische Assetklasse konnte sich bisher so resilient zeigen wie Logistikimmobilien. Auch die Vermietungsseite bleibt lebendig. Sorgen bereitet jedoch die zunehmende Flächenknappheit – insbesondere in Ballungsräumen. Wenner warnt: „Bleiben politische Maßnahmen wie die Entwicklung von Brownfields aus, könnten Produktionsverlagerungen die wirtschaftliche Stabilität Deutschlands gefährden.“