RICS: Stimmung auf weltweitem Gewerbeimmobilienmarkt im dritten Quartal weitgehend unverändert

RICS veröffentlicht Global Commercial Property Monitor Q3 2023. Die Befragung fand vom 13. September bis 14. Oktober 2023 statt, 1.946 Unternehmen haben daran teilgenommen.

© tonybangkok

-      Globaler Hauptindex bleibt im negativen Bereich und fällt leicht von -14 auf -15

-      Kaum Anzeichen für Stimmungsumschwung in entwickelten Märkten, wo das Feedback pessimistisch bleibt

-      Europa: Marktstimmung weiterhin negativ angesichts schwieriger makroökonomischer Bedingungen

-      Deutschland: Gesamtindex sinkt von -34 auf -38, Investorenstimmung fällt weiter leicht und ist zum sechsten Mal in Folge negativer als Mieterstimmung

-      Nettosaldo der Büronachfrage fällt in Deutschland auf -55 % (-39 % in Q2)

-      Mietaussichten für kommende 12 Monate im Bereich Büro in Deutschland sinken weiter von -8 auf -11

Die Ergebnisse des RICS Global Commercial Property Monitor (GCPM) für das dritte Quartal 2023* zeigen, dass sich die Stimmung auf dem weltweiten Gewerbeimmobilienmarkt gegenüber dem zweiten Quartal kaum verändert hat, da sich der Zinszyklus in den entwickelten Volkswirtschaften wohl kurz vor dem Höhepunkt befindet. Der Commercial Property Sentiment Index (CPSI)** fällt demnach leicht auf einen Wert von -15, verglichen mit -14 in Q2 und verzeichnet nun schon sechs Quartale in Folge ein negatives Ergebnis. Im Vergleich dazu hatte der CPSI in Q2 2020, also zu Beginn der Pandemie, -37 erreicht. Die Ergebnisse zum Mieter- und Investmentmarkt zeigen ebenfalls eine nur leichte Verschlechterung im Vergleich zum zweiten Quartal. So sank der Index der Mieternachfrage (Occupier Sentiment Index, OSI***) von -11 auf -13 und der Investment Sentiment Index, ISI**** ging von -17 auf -18 zurück.

Regionales Bild ähnlich dem Vorquartal

Eine Aufschlüsselung der globalen Ergebnisse nach Regionen zeigt ein Bild, das weitgehend mit den Zahlen für Q2 übereinstimmt. Die einzige Region, die weiterhin einen positiven Wert aufweist, ist der Nahe Osten und Afrika (MEA), wo der CPSI einen Wert von +7 gegenüber +8 im zweiten Quartal erreicht. Innerhalb dieser Region ist das Feedback aus Saudi-Arabien weiterhin besonders positiv (+33 gegenüber +34), gefolgt von den Vereinigten Arabischen Emiraten (+27 gegenüber +22). Die Stimmung in Nigeria bleibt im positiven Bereich, wenn auch etwas weniger als im letzten Quartal (+8 gegenüber +24), während das Gesamtergebnis in Südafrika leicht negativ war (-5 gegenüber -3).

In der APAC-Region erreichte der CPSI mit -17 genau den gleichen Wert wie im zweiten Quartal. Dies ist weiterhin weitgehend auf die negativen Ergebnisse aus China und Hongkong zurückzuführen. In China liegt der CPSI bei -32 (-30 in Q2). In Hongkong erreichte er ebenfalls einen Wert von -32, sank aber stärker im Vergleich zu -17 im Vorquartal. Im Gegensatz dazu ist der CPSI-Gesamtindex in Indien weiterhin positiv (+23 gegenüber +25). Dies spiegelt zum Teil den allgemein positiven Makrotrend mit einem prognostizierten Wirtschaftswachstum von über 6 % im Jahr 2024 wider, ist aber auch auf die Reserve Bank of India zurückzuführen, die die Straffung der Geldpolitik gestoppt und damit ein gewisses Nachlassen des Inflationsdrucks erwirkt hat. Für Singapur sind die Ergebnisse weiterhin positiv, wenn auch weniger als zuvor (+6 gegenüber +26), während der CPSI in Australien weiter in den negativen Bereich (-12 gegenüber -5) rutscht.

In weiten Teilen Europas bleibt die Entwicklung negativ. Der CPSI liegt bei -24 gegenüber -23 im zweiten Quartal. Die Ergebnisse auf Länderebene sind ebenfalls weitgehend konsistent mit den Zahlen des Vorquartals. In Großbritannien liegt der Gesamtindex bei -16 (gegenüber -17 im Vorquartal). In Deutschland erreicht der CPSI einen Wert von -38 (-34), in Frankreich liegt er bei -40 (-38) und in Italien bei -7 (-18). In der gesamten Region Amerika wird im dritten Quartal ein CPSI von -10 im Vergleich zu -8 im Vorquartal verzeichnet. In den USA war der CPSI mit -14 genau derselbe Wert wie im zweiten Quartal. Damit ist er in den letzten fünf Erhebungen im negativen Bereich.

Büronachfrage bleibt in entwickelten Märkten unter Druck

Beim Blick auf die Nutzernachfrage in den drei traditionellen Immobiliensektoren Büro, Industrie und Einzelhandel zeigt sich, dass sich die Nachfrage nach Büroflächen seit dem Ausbruch der Pandemie verschoben hat. Besonders auffallend ist, dass der Nettosaldo

für Büros (-22) im Vergleich zum Einzelhandel (-2) nun einen deutlich negativeren Trend aufweist. Dieser Trend spiegelt sich auch in den Indikatoren wieder, wie die Verfügbarkeit von Flächen und die Mieteranreize. Demnach verzeichnete ein Nettosaldo von +42 % der Befragten einen Anstieg der verfügbaren Büroflächen, gegenüber +19 % im Bereich der verfügbaren Einzelhandelsflächen. Die entsprechenden Zahlen für die Anreize liegen bei +43 % (Büro) und +25 % (Einzelhandel).

Wie bereits in den vorherigen Untersuchungen bleibt das Bild in den verschiedenen Teilen der Welt sehr unterschiedlich. Der Übergang zum hybriden Arbeiten und die daraus resultierenden Folgen auf die Büroflächennachfrage sind in den entwickelten Volkswirtschaften am stärksten ausgeprägt, in vielen anderen Ländern aber überhaupt nicht sichtbar. Am Beispiel von Deutschland betrug der Nettosaldo der Büronachfrage in Q3 -55 % (-39 % in Q2). In den USA und Großbritannien waren die Werte ebenfalls deutlich negativ (-29 % bzw. -19 %). Im Gegensatz dazu stehen die Ergebnisse aus der MEA-Region und Teilen von APAC. In Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten steigt die Nachfrage nach Büros weiterhin besonders stark. Hier erreichen die Werte für den Nettosaldo +73 % bzw. +60 %, in Singapur und Indien liegen sie bei +31 % und +30 %.

Erwartungen begünstigen weiterhin Core-Immobilien und alternative Produkte

Bei den globalen Aussichten für die Kapitalwerte in den nächsten 12 Monaten sieht man eine klare Präferenz für Core- im Gegensatz zu sekundären Produkten. Zudem zeigt sich eine anhaltende Erwartung, dass alternative Anlage, wie z.B. Debt oder Bonds, weiterhin höhere Renditen bieten. Zudem liegen die 12-Monatserwartungen für Kapital- und Mietwerte bei einer Reihe von MEA-Märkten im positiven Bereich, während Europa, sowie China und Hongkong im negativen Bereich verharren.

Europa: Marktstimmung weiterhin negativ angesichts schwieriger makroökonomischer Bedingungen

Die Ergebnisse in ganz Europa belegen ein weiterhin schleppendes Marktgeschehen. Dabei beeinträchtigen die jüngste Verschärfung der Kreditbedingungen und das nachlassende Wirtschaftswachstum sowohl die Aktivitäten von Mietern als auch von Investoren. Aktuell geben 70 % der Befragten an, dass sich der Markt in einer Abschwungphase des Zyklus befindet (Q2: 68 %).

Stimmungsindizes für Mieter und Investoren weiterhin im stark negativen Bereich

In Europa fiel der Occupier Sentiment Index (OSI) im dritten Quartal etwas weiter ab und erreicht einen Wert von -18 (Q2: -15). Damit befindet sich dieser Indikator nun auf dem tiefsten Stand seit elf Quartalen. Treiber dabei war die zurückgehende Mieternachfrage sowohl im Büro- als auch im Einzelhandelssektor, während die Nachfrage im Industriesektor stagnierte. Parallel dazu stellten die Befragten einen deutlichen Anstieg der Leerstände im Einzelhandel und im Bürobereich fest, was Vermieter dazu veranlasst, den Wert der Incentive-Pakete in beiden Sektoren zu erhöhen. Obwohl sich der Investment Sentiment Index (ISI) in Europa von -31 auf -29 leicht gestiegen ist, signalisiert diese Kennzahl dennoch weiterhin eine Verringerung der Marktaktivität. Zweifellos tragen die Kreditkonditionen erheblich zu diesem negativen Bild bei. Europaweit geht von einer weiteren Verschärfung der Kreditkonditionen ein Nettosaldo von +69 % der Befragten aus.

Fast alle erfassten europäischen Märkte wiesen im dritten Quartal negative CPSI-Werte auf, wobei die allgemeine Stimmung in Deutschland (-38), Frankreich (-40) und den Niederlanden (-32) besonders negativ ist. Nur Griechenland (+10) und Bulgarien (+8) zeigen sich etwas widerstandsfähiger, hier sind leicht positive Werte für den Gesamtindex, angetrieben durch eine stärkere Nachfrage, insbesondere bei den Mietern, zu verzeichnen.

Zwölfmonatsprognosen deuten auf weitere Rückgänge hin

Die Kapitalwerte auf gesamteuropäischer Ebene werden in den meisten Assetklassen im kommenden Jahr zurückgehen. Besonders negativ sind die Aussichten für sekundäre Büro-, Einzelhandels- und Industrieimmobilien. Darüber hinaus können auch erstklassige Büro- und

und Einzelhandelswerte unter einen Abwärtsdruck geraten. Im Gegensatz dazu weisen Datenzentren, Life-Science-Produkte und studentisches Wohnen positive Kapitalwertprognosen für das kommende Jahr auf. Interessanterweise liegen die Zwölfmonatsprognosen für die Mietaussichten in allen untersuchten Assetklassen über denen der Kapitalwerte. Diese Diskrepanz ist am stärkten im Bereich erstklassige Büro- und Industrieimmobilien ausgeprägt, wo die Mieten einen leichten Anstieg im kommenden Jahr erwarten lassen, obwohl die Prognosen für die Kapitalwerte eher negativ sind. Darüber hinaus wird für alle anderen erfassten Sektoren ein Anstieg der Mieten in den nächsten 12 Monaten erwartet, angeführt von Mehrfamilienhäusern und studentischem Wohnen.

Deutschland: Gesamtindex sinkt von -34 auf -38, Nettosaldo der Büronachfrage fällt auf -55 % (-39 % in Q2)

Der Gesamtindex CPSI für Deutschland sinkt im dritten Quartal leicht von -34 auf -38. Im Vorquartal gaben 80 % der Befragten an, dass sich der Zyklus in einer Abschwungphase befindet, jetzt sind es 77 %. Waren es im zweiten Quartal 14 % der Befragten, die angaben, den Tiefpunkt im Zyklus erreicht zu haben, sind es aktuell 21 %. Die Investorenstimmung sinkt leicht von -43 auf -44. Sie befindet sich aber zum sechsten Mal in Folge im negativen Bereich und unter dem Wert der Mieterstimmung, der ebenfalls nachgibt und einen Wert von -32 verzeichnet (Q2: -25).

Die Investorennachfrage über alle Assetklassen steigt minimal und erreicht ein Nettosaldo von -51 % (Q2: -53 %). Bei Büroimmobilien verschlechtert sich der Nettosaldo und verzeichnet jetzt einen Wert von -73 % (Q2: -67 %). Bei Industrieimmobilien erholt sich Wert leicht und steigt von -31 % auf -25 %. Auch der Nettosaldo bei Einzelhandelsimmobilien erhöht sich leicht von -62 % auf -56 %. Der Nettosaldo der Nutzernachfrage über alle Assetklassen hinweg fällt ab und erreicht im dritten Quartal einen Wert von -37 % (Q2: -30 %). Dabei ist besonders auffällig, dass die Nutzernachfrage nach Büros von -39 % auf -55 % fiel.

Bei der Einschätzung von Deutschland als Immobilieninvestitionsstandort haben sich Veränderungen ergeben; als teuer schätzen ihn zwar immer noch 67 % (Q2: 72 %) ein, aber die Zahl derer, die den Standort als günstig bewerten stieg von 5 % auf 12 %.

Die Kapitalwerterwartungen für die nächsten 12 Monate über alle Assetklassen hinweg fällt weiter von -58 % auf -61 %. Büroimmobilien veränderten sich nur leicht, wobei der Nettosaldo von -67 % auf -66 % leicht stieg. Die Aussichten bei den Kapitalwerten von Industrieimmobilien sind hingegen von -34 % auf -45 % gefallen. Einzelhandelsimmobilien stiegen hingegen leicht und erreichten einen Wert von -72 % (Q2: -73 %). 

Bei der Einschätzung der Befragten zu den Mieten in den nächsten 12 Monaten ist die Stimmung weiterhin negativ. Demnach fielen die Mieterwartungen von -14 % auf -16 % über alle Assetklassen hinweg. Büroimmobilien sanken von -8 % auf -11 %. Bei Industrieimmobilien fiel der Wert von +21 % auf +14 %. Nur Einzelhandelsimmobilien erholten sich leicht. Hier stiegen die Mietaussichten von -53 % auf -50 %.

Seit dem zweiten Quartal 2020 nehmen die deutschen Teilnehmer durchgängig eine negative Veränderung bei den Kreditkonditionen wahr. Dieser Wert fiel in der aktuellen Umfrage wieder nachdem er sich zwischen dem ersten und zweiten Quartal leicht verbessert hatte. Der Nettosaldo erreichte jetzt demnach einen Wert von -74% (Q2: -66%). Die weiterhin negativen Konditionen für Kredite spiegeln sich in den Zahlen für den Beginn von Projektentwicklungen wider. Hier erreichte der Nettosaldo einen Wert von -78 % (Q2: -70 %) über alle Assetklassen.

Fazit: Kein Umschwung in Sicht – Märkte in Europa bleiben angespannt

Susanne Eickermann-Riepe FRICS, Vorsitzende des RICS European World Regional Board (EWRB): „Europa verharrt im Stimmungstief. Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich zeigt sich weiterhin ein deutlich negatives Sentiment. Die Wirtschafts- und Wachstumsaussichten in vielen Industrien prognostizieren eine Rezession. Auch die Kreditkonditionen werden wohl noch für einige Zeit nicht maßgeblich sinken. Investoren und Mieter bleiben zurückhaltend und der Transaktionsmarkt schwächelt weiterhin. Das wird auch das Jahr 2024 belasten."

Jens Böhnlein MRICS, Vorstandsvorsitzender der RICS Deutschland, ergänzt: „Das Makro- und Kapitalmarktumfeld zeigt sich weiterhin sehr bewegt und muss sich nicht nur auf die veränderte Geldpolitik und Megatrends wie Nachhaltigkeit und Demographie einstellen, sondern auch auf eine Vielzahl von neuen geostrategischen Risiken und daraus folgenden politischen Eingriffen. Das Mieter-Sentiment sinkt in Deutschland erneut. Lage und Qualität werden noch mehr zum Unterscheidungsmerkmal und führen zu einem weiteren Ansteigen der Spitzenmiete in den wesentlichen Teilmärkten. Das Investoren-Sentiment bleibt weitgehend stabil, wenn auch auf niedrigem Niveau. Trotzdem eröffnen sich in dieser noch nicht gefestigten Marktlage weiterhin Opportunitäten für mutige Investoren.“  

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  • Erschienen am:
    18.11.2023
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    11:00
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