Österreichs Wohnbaufinanzierung: Infina analysiert beunruhigende Trends!

Anlässlich der gestrigen EZB-Leitzinsentscheidung veröffentlicht Infina ihre neueste Analyse, die die kritische Stellung Österreichs im europäischen Immobilienmarkt hervorhebt. Angesichts des außergewöhnlich hohen Anteils variabler Finanzierungen in unserem Land sind die Auswirkungen der regelmäßigen Zinsentscheidungen von besonderer Brisanz. Grund genug, wesentliche Faktoren zum Wohnimmobilienmarkt und der Immobilienfinanzierung im Euroraum näher zu beleuchten.

Christoph Kirchmair, Gründer und CEO von Infina

© Infina

In einer Ära, in der der Wohnimmobilienmarkt und dessen Finanzierung im Euro-Raum eine rasante Veränderung erlebt, haben die Wohnbau-Finanz-Experten von Infina eine Analyse durchgeführt, die den Status Österreichs im Vergleich mit neun weiteren Ländern in Europa beleuchtet. Die Untersuchung bewertet jedes Land anhand einer ausgewählten Reihe von maßgeblichen Kriterien: die Wohneigentumsquote, den Anteil der variabel verzinsten neuen Kredite, das Verhältnis des Preises einer 70 m²-Immobilie zum Jahreslohn und die Wohnimmobilienpreise pro m². Die Erkenntnisse sind sowohl aufschlussreich als auch beunruhigend: Österreich steht isoliert da als das einzige Land in diesem Vergleich, das in allen vier Kriterien im Negativbereich liegt.

Die Immobilienfinanzierung privater Haushalte in Österreich steht derzeit enorm unter Druck. Neben dem beachtlichen Anteil variabler Finanzierungen sorgt die erneut angestiegene Inflationsrate auf 7,5 % im August 2023 (Schnellschätzung, VPI, Basis 2020; zum Vergleich: Eurozone 5,3 %) für Unruhe. Dies macht leistbares Wohnen sowohl für Immobilieneigentümer als auch für Mieter zu einem immer drängenderen und emotional beladenen Thema. Ungeachtet der besonderen Herausforderungen, mit denen Österreich konfrontiert ist, wird die Europäische Zentralbank weiterhin ihre Leitzinsen, die für alle Euro-Staaten gelten, unabhängig davon festlegen. Doch wie schneidet Österreich im direkten Euro-Raum-Vergleich ab? Hervorzuheben in diesem Zusammenhang ist zudem, dass jede zusätzliche Leitzinserhöhung um 0,25 % die jährlichen Kosten für österreichische Wohnbau-Kreditnehmer mit variabler Verzinsung um weitere 175 Millionen Euro steigern würde, wie Infina in einer Pressemitteilung vom 30. August 2023 bereits unterstrich.

Steigende Kreditzinsen und strenge Regeln: Zahlen und Fakten zum Immobilienmarkt in Österreich

In Österreich ist der Anteil der Haus- und Wohnungseigentümer vergleichsweise niedrig, bei etwa 51,4 %. Verschiedene Faktoren tragen dazu bei: In Ostösterreich sind Mietkaufmodelle wie Genossenschaftswohnungen mit Kaufoptionen weit verbreitet. In Wien bestehen 21 % des Wohnungsangebots aus staatlichen Gemeindewohnungen, und weitere 22 % sind Genossenschaftswohnungen. Zudem bieten strenge Mieterschutzregelungen, vor allem in Altbauten, einen Puffer, da die Mieten dort oft bis zu 30 % günstiger sind als in Neubauten. Die niedrige Wohneigentumsquote in Österreich könnte langfristig zu finanziellen Risiken führen, insbesondere angesichts steigender Mieten. Der Erwerb einer eigenen Immobilie bietet hier eine sichere Alternative, vor allem für Mieter im freien Markt, die einem hohen Risiko von Mietsteigerungen ausgesetzt sind.

Der Kauf einer Immobilie wird allerdings immer anspruchsvoller. Hohe Preise – im Durchschnitt 4.925 Euro pro Quadratmeter – sowie strenge Kreditvergaberichtlinien seit August 2022 und steigende Zinsen haben die Neukreditvergabe deutlich reduziert. Im Juli 2023 sank die Anzahl der von österreichischen Kreditinstituten vergebenen Wohnkredite im Vergleich zum Vorjahresmonat um 68 %. Trotz dieser Herausforderungen gehen Experten von einer stabilen Preisentwicklung für Immobilien aus. Dies macht den Erwerb einer eigenen Immobilie auch langfristig zu einer sinnvollen Investition.

Zinsrisiko bei Wohnbaukrediten: Eigenverantwortung und volatile Leitzinsen im Langzeitvergleich

Die Analyse des 3-Monats-Euribor, dem am häufigsten verwendeten Referenzzinssatz für variabel verzinste Wohnbaukredite, zeigt negative Zinssätze im Zeitraum von April 2015 bis Juli 2022. In dieser Phase erschien es für viele Kreditnehmer attraktiv, eine variable Verzinsung zu wählen, insbesondere da Festzinsbindungen oft mit zusätzlichen „Sicherheitsprämien“ in Form von Zinsaufschlägen einhergingen. In den Jahren 2018 und 2019 überstieg der Anteil variabel verzinster Kredite im Neugeschäft jeweils die Marke von 43 %. Allerdings reagierten nur wenige mit einer Umstellung auf eine Fixzinsvereinbarung, als die ersten Leitzinserhöhungen 2022 begannen. Mit der heutigen Entscheidung hat die EZB in einer bis dato nicht dagewesenen Geschwindigkeit die zehnte Leitzinserhöhung in Folge durchgeführt, wodurch der aktuelle Stand bei 4,5 % liegt. 

Haben wir das Zinsplateau erreicht oder stehen uns möglicherweise weitere Leitzinserhöhungen bevor? Aktuell zahlen Kreditnehmer einer variabel verzinsten Wohnbaufinanzierung bereits über 5 % Zinsen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass in den frühen Achtzigern und erneut in den 2000ern Zinssätze von 8 % und mehr keine Seltenheit waren. „Die Wahl eines Zinsmodells stellt unweigerlich eine Form der Spekulation dar, da erst retrospektiv feststellbar ist, ob eine variable oder feste Verzinsung wirtschaftlich vorteilhafter gewesen wäre", erklärt Christoph Kirchmair. „Das letzte Wort hat natürlich der Kreditnehmer, aber eine sorgfältige Risikoanalyse in Bezug auf die persönlichen finanziellen Umstände ist unabdingbar. Wer eine stabile Zinslast bevorzugt, kann mittels einer Fixzinsvereinbarung langfristige Planungssicherheit gewinnen. Mit einer Fixzinsvereinbarung zahlt man für die Sicherheit vor steigenden Zinsen, ähnlich einer Versicherung. Wenn die Zinsen stabil bleiben oder sinken, hat man zwar mehr gezahlt, war aber vor Zinssteigerungen geschützt. Angesichts der hohen Immobilienpreise und der daraus resultierenden langen Laufzeiten für Wohnbaufinanzierungen in Österreich sollte sich jeder Kreditnehmer ernsthaft fragen, ob er das Risiko schwankender Zinsen über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren tragen möchte.“

Österreichs Immobilienmarkt: Ein teures Pflaster im europäischen Vergleich

Im Euro-Raum-Vergleich sticht Österreich durch die hohen Immobilienpreise und die erhebliche Anzahl an Gehältern hervor, die für den Erwerb einer eigenen Immobilie benötigt werden. Ein Vergleich der Kaufpreise pro Quadratmeter in 26 europäischen Immobilienmärkten bestätigt diese Beobachtung: Österreich erweist sich als besonders kostspielige Region in Europa. Mit einem durchschnittlichen Transaktionspreis von 4.925 Euro pro Quadratmeter für Neubauwohnungen nimmt es die Spitzenposition in Europa ein, dicht gefolgt von Deutschland mit 4.800 Euro pro Quadratmeter. In Österreich treiben zudem der Zuzug in wohlhabende Gebiete und die Immobilieninvestitionen der nächsten Generation die Immobilienpreise in die Höhe. Diese Trends lassen die Erschwinglichkeit von Wohneigentum mittelfristig weiter sinken. Aktuell steht das Verhältnis zwischen dem Preis einer 70 Quadratmeter Wohnung und dem jährlichen Bruttolohn bei 10,6 – ein im europäischen Vergleich bemerkenswert hoher Wert.

Während die Entwicklung der Immobilienpreise und die durchschnittliche Einkommenslage in Österreich außerhalb der Einflussmöglichkeiten der einzelnen Kreditnehmer liegen, haben diese aber die Entscheidungshoheit über zwei wesentliche Faktoren: den Erwerb von Wohneigentum und das damit verbundene Zinsänderungsrisiko bei der Finanzierung. „In allen Marktphasen besteht die Möglichkeit, den eigenen Wohntraum zu verwirklichen. Zubauten, Aufstockungen oder Umbauten gewinnen aktuell an Bedeutung. Darüber hinaus wird der Erwerb einer eigenständigen Immobilie immer häufiger im Rahmen einer Generationenberatung realisiert“, so der Infina-Chef. Auch zum Thema variable Zinsen für österreichische Kreditnehmer erhält er viele Anfragen und bezieht klar Stellung: „Bereits in den Jahren 2021 und 2022 haben sich vier von fünf unserer Kunden bei Infina nach ausführlicher Beratung für eine Fixzinsbindung oder eine variable Finanzierung mit Zinsobergrenze entschieden. Im Jahr 2023 stellen wir eine Vielzahl neuer Kunden mit bestehender variabler Finanzierung auf langfristig abgesicherte Modelle um – ein klares Bekenntnis zur finanziellen Sicherheit.“

Österreichs prekäre Lage: Wohneigentum und Kreditrisiken im Eurozonen-Vergleich 

Mit Ausnahme von Belgien und Kroatien weist jedes der Länder im Vergleich einzelne negative Einstufungen auf, doch Österreich nimmt mit vier Einstufungen in die schlechteste Bewertungskategorie eine besondere Position ein. Insbesondere stellen die hohen Immobilienpreise in Relation zum Einkommen eine markante Herausforderung dar, welche die Schaffung von Wohneigentum erheblich erschweren. Die aktuell hohen Belastungen der Kreditnehmer aufgrund variabler Kredite sind ein hausgemachtes Problem. Die Lösung liegt in der Umschuldung in zinsgünstigere langjährige Fixzinsbindungen, kombiniert mit einer Verlängerung der Laufzeit, was den Vorteil einer reduzierten monatlichen Ratenlast mit sich bringt. Bei  neuen Projekten hingegen sind langfristige Fixzinsbindungen bei maximaler Kreditlaufzeit ein effektives Mittel, um trotz des aktuellen Preisniveaus Wohneigentum zu schaffen. Eine flexible Denkweise zur Steigerung der Wohneigentumsquote sowie intensive Beratung und Aufklärung zur Reduzierung potenzieller Risiken für Wohnbaukreditnehmer sind von größter Bedeutung. Dies ist notwendig, um sicherzustellen, dass der österreichische Wohnbaumarkt im Euro-Raum nicht ins Hintertreffen gerät.

Mehr Informationen erhalten Sie unter www.infina.at

INFINA Credit Broker GmbH

Brixner Straße 2, 6020 Innsbruck

Infina ist ein österreichweit tätiges, unabhängiges Beratungsunternehmen und der Wohnbau-Finanz-Experte für Immobilienfinanzierungen.

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  • Erschienen am:
    15.09.2023
  • um:
    09:00
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