Banken gewinnen damit wieder etwas mehr Flexibilität bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit – eine Chance für potenzielle Käufer:innen. Besonders betroffen waren bisher junge Haushalte, Familien mit geringerem Eigenkapital und ältere Personen mit komplexen Einkommenssituationen.
Eine aktuelle Umfrage des Gallup-Instituts1) im Auftrag von Raiffeisen Immobilien zeigt: Der Traum vom Eigenheim ist in Österreich dennoch ungebrochen. Zwei Drittel der Befragten (67 %) wünschen sich ein Einfamilienhaus, weitere 22 % eine Eigentumswohnung. Gleichzeitig waren die Hürden für eine Finanzierung zuletzt hoch – insbesondere durch das Zusammentreffen gestiegener Zinsen mit den strengen KIM-Vorgaben, die fixe Eigenmittelquoten, Schuldendienstgrenzen und Maximal-Laufzeiten vorschrieben.
Mehr Flexibilität
Laut der Raiffeisen Immobilien Umfrage halten 59 % der Österreicher:innen folglich eine Erbschaft für die derzeit realistischste Option zur Immobilienfinanzierung. Erst danach folgen Hypothekarkredite (42 %) und geförderte Landesdarlehen (39 %). „Viele Menschen gehen also davon aus, dass die Schaffung von Eigentum ohne familiäre Unterstützung kaum mehr möglich ist“, sagt Ing. Mag. (FH) Peter Weinberger, Sprecher von Raiffeisen Immobilien Österreich. „Das Auslaufen der KIM-Verordnung könnte daher zumindest ein wichtiger psychologischer Impuls für den Markt sein – es könnte wieder mehr Kundinnen und Kunden ermutigen sich um eine Eigenheimfinanzierung zu bemühen.“
Auch Co-Sprecher Prok. Peter Mayr sieht die neue Situation vorsichtig optimistisch: „Junge Familien und Erstkäufer:innen könnten wieder realistischere Chancen auf ein Eigenheim bekommen. Voraussetzung ist jedoch eine angepasste Regulierung die Flexibilität und individuelle Kreditbeurteilung ermöglicht, statt pauschal bürokratische Hürden aufzubauen.“
Strenge Kriterien dürften bleiben
Und genau daran könnte es hapern. Denn die Finanzmarktaufsicht (FMA) hat in einem Rundschreiben im Juni weiterhin strenge Vergabekriterien empfohlen. Diese sind zwar rechtlich nicht bindend, bei Auffälligkeiten darf die Behörde aber dennoch prüfen. Auch nach Auslaufen der KIM-Verordnung kommen also neuerlich bürokratische Hürden auf Banken und ihre Kund:innen zu. „Zur Unzeit, denn viele Haushalte und Unternehmen stehen derzeit durch hohe Kosten ohnehin unter großem Druck“ meint Weinberger.
Ein Zurück zur Vergabepraxis vor der KIM-Verordnung wird es demnach wohl nicht geben, auch weil die Zinssituation sich geändert hat. Mayr: „Eine neuerliche bürokratische Regelung braucht es nicht. Im eigenen Interesse und im Interesse ihrer Kund:innen werden Banken die Balance zwischen Ermöglichung und nachhaltiger Finanzplanung ohnehin wahren. Eine ausgewogene Kombination aus Fördermitteln, fairer Kreditbeurteilung und gesicherter Rückzahlungsfähigkeit ist der Schlüssel zu einem gesunden Immobilienmarkt.“
Individuelle Beratung wichtiger denn je
In der derzeitigen Situation können geförderte Darlehen der Bundesländer – etwa Wohnbauförderungen oder Jungfamilienkredite - gerade für Erstkäufer:innen ein entscheidender Hebel sein, um Startkapital zu mobilisieren – auch dort wo Erbschaft oder familiäre Unterstützung keine Option sind. Weinberger und Mayr raten daher allen Kaufwilligen: „Zur Bank des Vertrauens zu gehen, um die persönlichen Finanzierungsspielräume und mögliche Förderungen berechnen zu lassen, ist aktuell wichtiger denn je.“
1) Österreichisches Gallup Institut, April 2025; Computer Assisted Web Interviews, N = 1000, repräsentativ für die österreichische Bevölkerung von 25-65 Jahren