GVTB-Betonpreis 2019

Bereits zum siebten Mal fiel die Entscheidung für den Betonpreis des Güteverbandes Transportbeton, GVTB. Das Covid-19 machte der feierlichen Verleihung im Rahmen der Jahreshauptversammlung des GVTB im Ennstal im April allerdings einen Strich durch die Rechnung.

Nun wurden die Preisträger vorerst „virtuell“ ausgezeichnet – eine offizielle Preisverleihung folgt. Insgesamt wurden 14 Projekte eingereicht – auffällig dabei die hohe ausgeführte Qualität wie auch die Innovationskraft. „Noch nie hatten wir so viele Einreichungen wie diesmal, zudem bin ich von der Vielfalt beeindruckt und welche innovativen Leistungen unsere Unternehmen umsetzen. Die architektonische Gestaltung war bei einigen Projekten sehr anspruchsvoll wie die ausgezeichneten Projekte eindrucksvoll unter Beweis stellen“, erläutert Markus Stumvoll, Präsident des GVTB. In allen Kategorien – Funktion, Innovation, Ausführungsleistung, Nachhaltigkeit und Design – überzeugten die Landesgalerie Krems als auch die Rad- und Gehwegbrücke in der Steiermark. Eine Anerkennung in der Kategorie Design erhielt der Wohnbau Aldrans.

Die Jury – Elmar Hagmann, Bauunternehmen Sedlak, Vorsitzender der Jury, Renate Hammer, Institute of Building Research & Innovation ZT GmbH, Johann Kollegger, Institut für Tragkonstruktionen-Betonbau, Jörg Fessler, UniqueFessler Werbeagentur und Architektur-Journalist Wojciech Czaja – diskutierte alle Projekte intensiv. Elmar Hagmann dazu: „Die Qualität der eingereichten Projekte stellte uns vor die Qual der Wahl. Wir beschlossen, die Projekte in Hochbau und Infrastrukturbauten einzuteilen, um eine bessere Vergleichbarkeit in den Kategorien vornehmen zu können. So kamen wir zu einem einstimmig angenommenen Ergebnis mit zwei Siegern und einer Anerkennung.“

Im Zentrum der Auszeichnung des Güteverbandes Transportbeton stehen Projekte, die überwiegend mit Transportbeton errichtet wurden. Das eingereichte Bauprojekt muss fertiggestellt und darf nicht älter als drei Jahre sein. Zur Einreichung eingeladen sind jeweils Bauunternehmen, Architekten, Bauherren und selbstverständlich Transportbetonunternehmen des GVTB. Der eingesetzte Beton muss von einem Mitglied des GVTB stammen. „Die ausgezeichneten Projekte stellen die Vielfalt von Transportbeton unter Beweis. Vor allem aber ist auch erfreulich wie selbstverständlich mittlerweile das Thema Nachhaltigkeit mitbedacht wird – bei der Landesgalerie Krems wird die Speichermasse von Beton aktiv genützt, der Rad- und Gehweg ist ein respektables und zukunftsweisendes Zeichen in puncto Mobilität“, so Stumvoll.

Kühne Vision

Die Landesgalerie Niederösterreich in Krems-Stein an der Donau ist eines der beiden Siegerprojekte. Der Bau beruht auf der kühnen Vision von Marte.Marte Architekten, ausgeführt von Wopfinger Transportbeton und Dywidag Dyckerhoff & Widmann. Elmar Hagmann schwärmt von den geometrisch windschiefen hyperbolisch-paraboloiden Flächen – Wojciech Czaja lobt die herausragende Ausführungsqualität, vor allem in den Stiegenhäusern. Der Solitär setzt in dem Museumsviertel Krems ein starkes architektonisches Zeichen. Basierend auf der elementaren Geometrie eines Quadrates, der sich rotierend und nach oben verjüngend in die Höhe schraubt, ist es Marte.Marte Architekten gelungen, dem massiven Betonbau eine dynamische Bewegung zu verleihen, die ihn nahezu abheben lässt. Auf fünf Ebenen und einer Gesamtfläche von 3.000 Quadratmetern verbindet das neue Zentrum für bildende Kunst die Bestände der Landessammlungen Niederösterreichs mit wichtigen Privatkollektionen. Der Bau lagert auf vier Eckpunkten eines quadratischen Grundrisses mit 33 Meter Seitenlänge. Doppelt gekrümmte Wände, die sich bis zur Oberkante auf 30 Meter verjüngen, bilden dabei hyperbolische Paraboloide, deren Flächen je nach Blickwinkel unterschiedlich erscheinen. Hinter der silbrig matten Gebäudehülle aus Titanzinkblech verbirgt sich die massive Betonwand als tragende Konstruktion. Die Lasten werden an den vier Eckpunkten im Untergeschoss durch raumhohe, zwei mal zwei Meter messende massive Stützen abgetragen. Zusätzlich gibt es zwei tragende Kerne: Einen mit zwei Stiegenhäusern, den anderen mit Lift und Versorgungsschächten. Beheizt und gekühlt wird das Gebäude über eine Geothermie-Anlage. Die Energie dafür wird durch Bohrpfähle unterhalb der Fundamente mittels Wärmepumpe gewonnen. Zur Kühlung der Räume wurden die Betondecken bauteilaktiviert und dienen somit als Speichermasse, beheizt wird über eine Fußbodenheizung. Renate Hammer, Johann Kollegger und Jörg Fessler sind sich einig, dass dieses Bauvorhaben ein vorbildhaftes Projekt ist, dass die Vorzüge des Baustoffs Beton eindrücklich unter Beweis stellt – bedauert wurde lediglich, dass der Beton in der Außenansicht „versteckt“ wird.

Komfortabel mobil

Die Rad- und Gehwegbrücke in Gratkorn, Steiermark, wurde ebenso zum Sieger des GVTB-Betonpreises 2019 gekürt. Als Bestandteil des regionalen Radverkehrskonzeptes der beiden Gemeinden Gratwein-Straßengel und Gratkorn war eine neue Geh- und Radwegbrücke dringend erforderlich. „Das hätte ein einfacher Steg auch sein können – aber genau deshalb ist besonders hervorzuheben, dass die Gemeinde sich für eine wirklich ästhetisch und materialtechnisch innovative Konstruktion aus ECC-Beton, entschieden hat“, erläutert Johann Kollegger. ECC-Beton – Easy Compacting Concrete – wurde von Rohrdorfer Transportbeton geliefert, der leicht fließende Beton ermöglicht, dass dieser in den allseits geschlossenen Schalkörper von unten eingebracht werden kann und die Luft damit nach oben verdrängt wird, die Strabag zeichnete als ausführendes Unternehmen verantwortlich. Die Brücke überzeugte die Jury in allen Kategorien – Renate Hammer zeigte sich vor allem von der Gestaltung begeistert und bezeichnet die Brücke als ausdrucksstarkes Zeichen für die Mobilität der Zukunft.

Es wurde mit Unterstützung des Betonexperten Joachim Juhart von der TU Graz ein asymmetrischer Mittelpfeiler, zwei Widerlager, drei Rampen mit jeweils einer Gesamtlänge von ca. 150 Metern sowie die Brücke selbst mit einer Länge von 71,4 Metern betoniert. Das Spannbeton-Trogtragwerk verschafft nun Radfahrern und Fußgängern mit einer Fahrbahnbreite von vier Metern eine komfortable Möglichkeit, die Mur zu queren und ermöglicht zudem Einsatzfahrzeugen die Überfahrt. An die 1.000 Kubikmeter Beton wurden verbaut, neben den gängigen Betonsorten wurde der ECC-Beton in Sichtbetonqualität für die Trogträger verwendet. Die Herausforderung war das Timing, der Beton beider Trogträger musste über die ganze Länge zur gleichen Zeit eingebracht werden. „Spektakulär und beeindruckend, was alles möglich ist und welches Know-how es bei österreichischen Firmen gibt“, so auch Jörg Fessler. Der Betonkörper für die Brücke wurde in einem Schalungsgang mit einer eigens dafür im Werk hergestellten Schalung betoniert. Bei den Ansichtsflächen glich kein Schalelement dem anderen. Alle Elemente wurden vorgefertigt angeliefert und auf der Baustelle zusammengestellt und für das Einbringen des ECC-Betons entsprechend abgedichtet. Die Konstruktion der Brücke ist zudem der erstmalige Versuch, für sehr lange Betonierstrecken ECC-Beton einzusetzen. Die Anwendung der öbv-Richtlinie „Qualitätssicherung für Beton von Ingenieurbauwerken“ mit der Einbindung eines Betonexperten von der Planung bis zum Ende der Ausführung machte sich bezahlt.

Perfekte Architektur

Der Wohnbau Aldrans erhielt eine Anerkennung in der Kategorie Design. „Der Wohnbau ist einfach großartig – man schaut von jeder Wohnung in die Berge, der Entwurf ist einfach architektonisch besonders“, so Kollegger. Auch Jörg Fessler zeigte sich begeistert: „Das ist für mich ein herausragendes Beispiel für den Einsatz von Sichtbeton.“ Dem Sichtbeton wurde in der Tat nach Plänen von Architekt Martin Kinzner alles andere untergeordnet: Die Leitidee war, das Auffächern von Bauklötzen mit dreiseitig offenen Sichtbetonriegeln. Fröschl AG & Co KG zeichnete als ausführendes Unternehmen wie auch für den Transportbeton verantwortlich. Die Riegel liegen beinahe wie zufällig gestapelt, dreigeschossig übereinander. Bei genauerer Betrachtung ist eine bewusste Anordnung, die der Gesamtbebauung eine gewisse Kleinmaßstäblichkeit verleiht, erkennbar. Die großflächig verglasten Breitseiten öffnen sich parallel zur Nordkette und bieten den Blick über das gesamte Inntal. Diese Skulptur aus gestapelten Sichtbetonriegeln reagiert auf die bestehende Umgebung und ermöglicht durch die gezielte Orientierung und Ausrichtung eine ungestörte Blickachse auf das alpine Umfeld.

Die bauteilübergreifende, fugenlose Sichtbetonoptik sowie die konsequente Umsetzung des vorgegebenen Schalungsbildes und des Ankerrasters erforderte höchste Präzision in der Ausführung und planerischen Vorarbeit. Die Schalhaut zeigt eine leichte Holzstruktur, welche mit einer Oberflächenpolitur gereinigt, optisch homogenisiert und dezent verstärkt wurde. Sämtliche Sichtbetonoberflächen wurden im Anschluss an diesen Arbeitsvorgang mit einer neutralen schmutz- und wasserabweisenden Nano-Hydrophobierung eingelassen, um der nachhaltigen Sichtbeton-Gebäudehülle ein optisch konstantes Erscheinungsbild zu verleihen.

Alle eingereichten Projekte im Überblick

Ferienhausanlage „Hollmann am Berg“, Turracher Höhe: Die Ferienhausanlage fügt sich harmonisch in den Kärntner Zirbenwald ein. Beton ist der maßgebende Baustoff und passt perfekt mit dem Holz zusammen. Der Beton wurde eingefärbt, die Oberflächen sind robust und frostbeständig. „Beton wurde hier architektonisch bemerkenswert inszeniert“, so Wojciech Czaja.

Neues Betriebsgebäude „B12 Illside“, Nüziders: Die gemeinsame Firmenzentrale von Tomaselli Gabriel Bau und Gantner Electronic wird mittels Bauteilaktivierung beheizt und gekühlt. Beton steht im gesamten Projekt im Zentrum. Besonderer Wert wurde auf die perfekte Ausführung der Sichtbetonflächen gelegt.

Kreisverkehr mit eingefärbten Beton als Leitsystem, St. Leonhard: Beton kann mehr – das zeigt sich bei dem Kreisverkehr im Stadtzentrum von St. Leonhard, die rot eingefärbten Straßenoberbetone werden hier als Leitsystem eingesetzt. Die Gemeinde scheute den Aufwand nicht, denn für diese Art von Gestaltung benötigt man eigens erstellte Schnittmuster.

Paneum – Wunderkammer des Brotes, Asten: Mit dem Paneum wurde ein außergewöhnlicher Ort für die backaldrin Kunst- und Kultursammlung geschaffen. Der Sockel wurde komplett aus Beton errichtet, auch der Innenraum zeigt perfekt geschalte Sichtbetonflächen. Als Herausforderung für die ausführenden Unternehmen erwiesen sich die zahlreichen Rundungen.

Sicherheitssanierung Stiege 10 der Technischen Universität Wien: Das Fluchtwegekonzept der TU Wien war überaltert, dies bedingte eine neue Fluchtstiegenführung und daher die Sicherheitssanierung der Stiege 10. Im Innenhof wurde ein Stiegenhauszubau errichtet, um eine sichere Entfluchtung des Resseltraktes sowie des Haupttraktes zu ermöglichen. Diese wurde aus Stahlbeton mit perfekten Sichtbetonoberflächen ausgeführt.

Landwirtschaftliches Nutzgebäude, Hochburg Ach: Die Sanierung des Gebäudes war dringend notwendig. Der Bauherr entschied sich für eine fugenlose, monolithische Betonbodenplatte, die zudem bauteilaktiviert – zum Heizen und Kühlen – wurde. Die Klimaplatten in Perimeterausführung und eine automatengeschäumte Formplatte aus expandierten Polystyrol mit umlaufendem Stufenfalz, wurden auf den bestehenden Boden verlegt.

Neubau Volksschule, Seewalchen am Attersee: Die zweigeschossige Schule wurde so platziert, dass ein schöner Innenhof entstand. Das kompakte Gebäude wurde in Massivbauweise in Stahlbeton errichtet, zudem wurde für den Umraum Ortbeton mit einer Besenstrich-Oberfläche verwendet.

ÖBB-Infrastruktur-Brücke, Lückenschluss L 207, Fehring-Brunn: Die 90 Meter lange Autobrücke wurde mit dem Sonderbeton UHPFRC, ein stahlfaserbewährter Ultrahochleistungsbeton, verstärkt. „UHPFRC ist in der Schweiz bereits durchaus üblich“, so Kollegger, in Österreich erst am Beginn des Einsatzes. Der Sonderbeton wurde als Ersatz für Widerlager verwendetet.

Vega Sternwarte Haus der Natur, Obertrum am See: In nur 14 Monaten wurde die modernste und leistungsstärkste Sternwarte Mitteleuropa errichtet – Sichtbeton ist das vorherrschende Material. Die größte Herausforderung bestand in der Abstimmung der Statik und der Sichtbetonqualität, denn die Sternwarte bedingte enorm dimensionierte Fundamente, um eine maximale Genauigkeit beim Betrieb der Teleskope gewährleisten zu können.

EOS Hauptkläranlage, Wien: Die Sanierung der Hauptkläranlage zum Öko-Kraftwerk wäre ohne dem Baustoff Beton nicht möglich gewesen. Sieben große Faulbehälter wurden mit jeweils drei Großmastpumpen je Einsatz in Klettertechnik betoniert. Die gesamte zur Abwasserreinigung benötigte Energie erzeugt die Kläranlage nun selbst – diese wird aus dem Klärgas gewonnen.

KTM Motohall, Mattighofen: Das elliptische Museumsgebäude aus Beton fügt sich gut in die Stadtstruktur ein, vorne zu dem urbanen Raum und rückwärts zu den Feldern geöffnet. Die Speicherfähigkeit von Beton wird zum Heizen und Kühlen genützt. Durch das Gebäude gelangt man stufenlos über geneigte Ebenen.

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  • Erschienen am:
    25.04.2020
  • um:
    17:00
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