In den ersten drei Quartalen des Jahres 2024 wurden in Deutschland Wohnimmobilien für etwa 4,8 Mrd. Euro gehandelt (Transaktionen ab 50 Wohnungen). Das waren rund 5 % weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum. Während das Transaktionsvolumen in etwa auf Vorjahresniveau lag, nahm die Zahl der Transaktionen um 42 % zu. Savills wertet dies als Beleg für die einsetzende Belebung des Marktes, wobei sich der Markt kleinteiliger darstellt als in der Vergangenheit. Die mittlere Transaktionsgröße nahm gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 11 % ab und lag bei 23 Mio. Euro. Marco Högl, Director und Head of Residential Capital Markets bei Savills Germany berichtet: „Die Nachfrage auf dem Wohninvestmentmarkt hat wieder deutlich zugenommen und in vielen Verkaufsprozessen gibt es eine hohe Anzahl von Bietern. Neben privatem Kapital sind auch institutionelle Käufer aktiv. Viele Investoren gehen davon aus, dass die Preise ihren Boden gefunden haben und Wohnimmobilien angesichts weiter steigender Mieten langfristig wieder an Wert gewinnen werden. Neben risikoaversen Käufern sind auch Bestandsentwickler zuletzt wieder aktiver geworden. Für die kommenden Monate gehen wir von einer weiter steigenden Aktivität am Investmentmarkt aus.“
Angebotsknappheit und steigende Mieten treiben Kapitalwerte und könnten zur Renaissance von Privatisierungsstrategien führen
Savills geht davon aus, dass die Nachfrage nach Wohnimmobilien weiter anziehen wird, da Wohnimmobilienportfolios nicht nur eine nahezu einzigartige Stabilität der Mieterträge versprechen, sondern die Rahmendaten auch wieder für im Trend steigende Kapitalwerte sprechen. Matti Schenk, Associate Director Research bei Savills Germany erläutert: „Die Angebotsmieten sind seit Jahresbeginn etwas langsamer, aber auf hohem Niveau weiter gestiegen. Zudem wurden die Mietspiegelmieten in einigen Städten kräftig nach oben angepasst. Dass die Mietdynamik zum Stillstand kommt, ist angesichts der hohen Wohnraumnachfrage und der anhaltend rückläufigen Genehmigungszahlen im Geschosswohnungsbau aktuell nicht in Sicht. Die sich zementierende Angebotsknappheit und steigende Mieten werden auch zu steigenden Kapitalwerten führen. Gleichzeitig dürfte die immer größere Differenz zwischen Bestands- und Neuvertragsmieten dazu führen, dass die Fluktuation sehr niedrig bleibt und Umzugspläne von Haushalten aufgeschoben werden. Mangels passender Optionen am Mietmarkt werden wahrscheinlich mehr Haushalte auf Wohneigentum ausweichen. Dies könnte dazu führen, dass im Wohnungsbau stärker auf Eigentumswohnungen umgeschwenkt wird und noch weniger Mietwohnungen nachkommen als bislang erwartet. Außerdem könnten Aufteilungs- und Privatisierungsstrategien, wo rechtlich möglich, eine Renaissance als Investmentstrategien erleben und bereits aufgeteilte Mehrfamilienhäuser dürften stärker gefragt sein.“
Polarisierung zwischen Neubau und Value-Add
Im regulierten Bestand sind die tatsächlichen Mietsteigerungspotenziale aufgrund der geringen Fluktuation und der Kappung der Bestandsmieten niedriger als es die Marktkennzahlen erscheinen lassen. Da die Kosten für Instandhaltung und Bewirtschaftung steigen, sinkt die Rentabilität dieser Wohnungsbestände, weshalb sie insbesondere von institutionellen Investoren gemieden werden. Dadurch polarisiert sich der institutionelle Wohninvestmentmarkt zunehmend zwischen Neubau bzw. jungen Beständen und Bestandsobjekten mit Value-Add-Potenzialen. In den ersten drei Quartalen entfiel rund ein Viertel des Transaktionsvolumens auf den Kauf von Projektentwicklungen. Weitere 18 % des Volumens entfielen auf den Kauf von Bestandsbauten mit Baujahr ab 2014, welche von der Mietpreisbremse ausgeschlossen sind. Damit machte das Neubausegment 43 % des Transaktionsvolumens aus. Zum Vergleich: Im Durchschnitt der letzten fünf Jahre lag der Anteil des Neubausegments bei 24 %. Mindestens 15 % des Transaktionsvolumens entfielen im bisherigen Jahresverlauf dagegen auf den Kauf älterer Bestände mit dem Ziel einer anschließenden energetischen Sanierung. Karsten Nemecek, Managing Director Corporate Finance – Valuation bei Savills Germany, kommentiert: „Die eher risikoaversen institutionellen Investoren, aber auch Family-Offices setzen weiterhin stark auf das Neubausegment. Parallel dazu beobachten wir eine deutliche Zunahme von Value-Add-Kapital am Markt, das auf den Kauf älterer Bestände und deren anschließende Sanierung und Weiterveräußerung setzt. Solche Modernisierungsstrategien sind jedoch nur in bestimmten Fällen und Regionen wirtschaftlich sinnvoll und erfordern eine umfassende Kenntnis der regionalen Marktgegebenheiten und der zur Verfügung stehenden Förderprogramme. Bei Bestandsobjekten ohne explizite Wertsteigerungsansätze belebt sich der Markt zwar auch, jedoch ist er eher kleinteilig und von lokalen und teilweise semiprofessionellen Marktakteuren geprägt. Diese nutzen die gefallenen Einstiegspreise und setzen angesichts ihres oftmals sehr langen Anlagehorizonts auf langfristig stabile Cashflows und steigende Kapitalwerte.“
Spitzenrenditen bleiben stabil
Angesichts des Neubaufokus vieler institutioneller Investoren blieben die Spitzenrenditen auch im dritten Quartal stabil und lagen dementsprechend bei 3,6 %. Högl kommentiert: „Die Spitzenrenditen für Wohnimmobilien bleiben im Vergleich zu Gewerbeimmobilien auf einem niedrigen Niveau. In Einzelfällen haben vermögende Privatinvestoren und Family-Offices zu noch niedrigeren Anfangsrenditen angekauft, was jedoch aus unserer Sicht noch nicht die gängigen Preise für Neubauprodukte widerspiegelt. Weil perspektivisch weniger Neubauprodukte nachkommen und vor dem Hintergrund der jüngsten Zinssenkungen ist es jedoch nicht unwahrscheinlich, dass wir bald wieder eine leichte Kompression der Spitzenrendite vermelden können. Die Spitzenkapitalwerte befinden sich angesichts steigender Mieten bereits im Aufwind.“
Private-Equity-Investoren kamen bislang kaum zum Zuge – Rückkehr der großen Kapitalströme steht noch aus
Dass die Volumina auf dem Wohninvestmentmarkt bislang unterdurchschnittlich geblieben sind, obwohl Savills seit einiger Zeit eine Belebung des Marktes beobachtet, liegt vor allem an der Zurückhaltung vieler Investoren bei größeren Bestandsportfolios. Nemecek berichtet: „Nachdem die Wohnimmobilien-AGs auf die Verkäuferseite gewechselt sind, standen als potenzielle Abnehmer zunächst vor allem Private-Equity-Fonds im Fokus. Diese erwarteten jedoch sehr hohe Preisrückgänge, die sich am Markt in diesem Umfang nicht eingestellt haben, so dass sie bei klassischen Immobilientransaktionen als Käufer bis dato kaum zum Zuge kamen. Ein Abnehmer größerer Bestandsportfolios war stattdessen die Öffentliche Hand, die mit einem Ankaufsvolumen von mehr als 1,4 Mrd. Euro insgesamt die aktivste Käufergruppe im bisherigen Jahresverlauf war. Auf Aufwertungen spezialisierte Investoren griffen ebenfalls bei größeren Bestandspaketen zu. Die jahrelang wichtigsten Abnehmer großer Bestandspakete, die Immobilien-AGs, scheinen sich indes stabilisiert zu haben und könnten bald wieder auf der Käuferseite stehen, was auch zu höheren Transaktionsvolumen beitragen würde. Obwohl die Rückkehr der großen Kapitalströme noch aussteht, hebt sich der Wohninvestmentmarkt dahingehend vom Gesamtmarkt ab, dass institutionelle Käufer bereits wieder eine steigende Aktivität zeigen.“ Laut Savills erwarben Versicherungen und Pensionseinrichtungen Wohnimmobilien für nahezu eine halbe Milliarde Euro. Auf die gleiche Größenordnung kamen Family-Offices und Privatinvestoren.
Angesichts der jüngst wahrnehmbaren Belebung am Wohninvestmentmarkt rechnet Savills mit einem höheren Transaktionsvolumen im 4. Quartal. Insgesamt dürfte sich das Transaktionsvolumen zum Jahresende in etwa auf dem Niveau des Vorjahres (7,7 Mrd. Euro) bewegen.
Anbei finden Sie die vollständige Pressemitteilung als PDF sowie die zugehörigen Grafiken. Der aktuelle Market in Minutes mit weiteren Informationen ist abrufbar unter folgendem Link: Savills Deutschland | Market in Minutes Wohnimmobilienmarkt Deutschland - Oktober 2024