In diesem Kontext präsentiert Wienerberger Österreich nach dreijähriger Entwicklungszeit den Mauerwerksroboter WLTR, der für den Bau ausgedehnter Wandflächen in Industriebauten, Bildungseinrichtungen und vergleichbaren Großprojekten konzipiert wurde.
Jörg Reingold: Architekt der digitalen Transformation bei Wienerberger
Im Zentrum dieser Entwicklung steht Jörg Reingold, der bei Wienerberger für New Business und Ventures verantwortlich ist. In seiner Position treibt er die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle voran und hat maßgeblich an der Konzeption des Mauerwerksroboters mitgewirkt. In einem aktuellen Interview erklärt Reingold die Funktionsweise des Roboters: “Eigentlich ganz einfach. Er legt Stein auf Stein.”
Reingold betont, dass es nicht darum geht, den Maurer zu ersetzen: “Uns geht es nicht darum, den Maurer zu ersetzen, sondern wirklich diese schwere Arbeit, den ganzen Tag auch zu heben, zu verlegen, zu erleichtern.” Diese Philosophie spiegelt die Unternehmensausrichtung wider, Technologie als Ergänzung und nicht als Ersatz menschlicher Arbeitskraft zu sehen.
Entwicklungsgeschichte des WLTR
Die Entwicklung des WLTR war ein mehrjähriger Prozess. “Naja, da gibt es immer den schönen Satz ‘Overnight success’”, erklärt Reingold und führt aus: “Man muss schon sagen, dass vor zehn Jahren das Start-up, mit dem wir zusammengearbeitet haben, begonnen hat, sich damit auseinanderzusetzen.” In den letzten drei bis vier Jahren hat Wienerberger über Innovationsprojekte gemeinsam mit der TU Prag und dem Start-up Camp Robotics den Roboter entwickelt und marktfähig gemacht. Die letzten zwei Jahre wurde der WLTR dann als eigenständiges Geschäftsfeld entwickelt.
Technische Details und Leistungsfähigkeit
Der WLTR demonstriert mit einer Leistung von fünf bis sieben Quadratmetern Mauerfläche pro Stunde eine erhebliche Effizienzsteigerung. Zum Vergleich: Herkömmliche Maurerteams bewältigen in der gleichen Zeit lediglich etwa zwei Quadratmeter. Der Roboter verarbeitet dabei ausschließlich die eigens entwickelten Porotherm-Ziegel PTH 25 der “Robot Ready”-Serie und erreicht Mauerhöhen von bis zu 3,25 Metern.
Die technische Ausstattung des WLTR umfasst moderne Sensor- und LIDAR-Technologie, die eine millimetergenaue Ziegelplatzierung direkt von der Palette ermöglicht. Besonders hervorzuheben ist die Energieeffizienz des Systems, dessen Stromverbrauch dem einer leistungsstarken Workstation entspricht.
Praktische Einsatzerfahrungen
Reingold berichtet von den ersten Baustellen-Einsätzen: “Jede Baustelle, die wir ausgeführt haben, wird danach nicht wieder abgerissen. Das Gebäude wird nicht abgerissen, sondern auf jede Baustelle, wo wir mit dem Roboter gefahren sind, ist natürlich auch ein Gebäude entstanden, was für eine lange Nutzungsdauer geplant ist.” Dies unterstreicht den produktiven Charakter der Technologie von Beginn an.
Markteinführung und Geschäftsmodell
Die Markteinführung des WLTR ist für 2025 geplant. Wienerberger etabliert mit dem WLTR einen neuen Ansatz in der Vermarktung von Bautechnologie – das System wird ausschließlich im Mietverfahren angeboten. Die initiale Marktphase umfasst sieben verfügbare Einheiten, wobei eine schrittweise Erweiterung des Angebots in den folgenden Jahren bereits geplant ist.
Die Mietkosten orientieren sich dabei an den Ausgaben für eine konventionelle Maurerpartie, wodurch insbesondere für kleinere und mittelständische Unternehmen die Investitionshürden reduziert werden. Diese Strategie ermöglicht es Bauunternehmen verschiedener Größenordnungen, Robotertechnologie ohne hohe Anfangsinvestitionen zu nutzen.
Zukunftsperspektiven und KI-Integration
Auf die Frage nach der zukünftigen Entwicklung des Roboters und der Rolle von KI antwortet Reingold: “Wir entwickeln die Software jede Woche weiter. Es gibt natürlich technologische Möglichkeiten durch KI, auch um digitale Pläne schneller zu lesen, schneller zu designen, also auch die Gebäudetypen besser auf den Mauerwerksroboter anzupassen.”
Reingold sieht in der Technologie auch ein Mittel zur Belebung der Baukonjunktur: “Ich glaube, es gibt zwei große Faktoren, die dahinter stehen. Das eine ist, man setzt sich damit mal auseinander, wie kann ich effizient, schnell, einfacher bauen? Weil uns geht es ja auch nicht darum, die komplexesten Gebäude zu realisieren, sondern wir wissen alle, wir müssen einfacher bauen. Wir müssen standardisierter bauen. Dabei hilft Technologie.”
Optimale Anwendungsbereiche
Der WLTR eignet sich besonders für seriellen Wohnbau. Reingold erklärt: “Gemeinsames Design, Rasterdesign, das optimiert ist auch für die Ausführung mit dem Mauerwerksroboter.” Er ergänzt, dass der aktuelle Trend dahin geht, “gemeinsame Gebäudetypen, Gebäudestandards zu definieren, auch mit dem Auftraggeber. Ob das eine soziale Wohnungsbaugesellschaft ist oder Krankenhausbetreiber – man möchte ja effiziente, gute Konzepte, die funktionieren.”
Die Integration des WLTR in digitale Planungsplattformen wie Building Information Modeling (BIM) demonstriert Wienerbergers ganzheitlichen Ansatz zur Branchenmodernisierung. Durch die systematische Erfassung und Auswertung von Baudaten entsteht ein datengetriebenes Ökosystem, das traditionelle Bauprozesse optimiert und die Basis für weitere technologische Entwicklungen schafft.