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Was bringt die neue Wiener Bauordnung?

Wien bekommt eine neue Bauordnung. Sie enthält einige Neuerungen, soll Bauen günstiger machen und hat in jedem Fall auf Mieter, Hauseigentümer und Bauträger eine Reihe von Auswirkungen.

Mit der neuen Wiener Bauordnung sollte nun doch einige Bewegung in den Wohnbau und in das Stadtbild kommen. „Die Baurechtsnovelle verspricht spürbare Erleichterungen und könnte so bei Bauträgern für neue Impulse sorgen“, meint Eugen Otto, Geschäftsführer der Otto Immobilien Group. Man kann durchaus von einem Liberalisierungsschub sprechen, welcher der Bautätigkeit in Wien guttun wird und der letztendlich auch notwendig ist, wie Walter Wittmann, Vorstand Premium Immobilien AG, meint: „Ich glaube, dass die Bauordnung ein erster wichtiger Schritt ist, unter dem Gesichtspunkt, dass die Entwicklung der Bevölkerung einfach wie bisher weitergeht. Wenn Wien stetig in dieser Dimension wächst, und davon ist auszugehen, dann sollte auch die Bauordnung etwas sein, das sich laufend entwickeln muss.“

Chance auf mehr Dachböden

Wittmann blickt der neuen Bauordnung mit Spannung entgegen, da sie seiner Meinung nach „beim Neubau und bei der Sanierung die Umsetzung preislich attraktiver macht und diese abwicklungstechnisch erleichtert. Der Entwurf ist derzeit eine Verbesserung für alle Beteiligten, und da meine ich auch die Mieter, die am Ende des Tages ja in den Wohnungen leben müssen.“ Die Bauordnung soll vor allem Erleichterungen für den Dachgeschoßausbau bringen. Bedingt durch strenge Regelungen hinsichtlich der Erdbebensicherheit von Gebäuden waren in den vergangenen Jahren Ausbauarbeiten unter dem Dach schwierig zu realisieren. Laut der Novelle gelten Dachgeschoßausbauten für Wohnzwecke nicht mehr als Zubau, sondern als „Änderung von Bauwerken“. „Mit der Regelung bezüglichDachbodenausbauten verbinde ich eine gewisse Hoffnung“, so Michael Schmidt, Geschäftsführer 3SI Immogroup: „Da der Ausbau nicht mehr als Neubau, sondern als Zubau gewertet wird, könnte sich das Bewilligungsverfahren beschleunigen. Weiters bietet die neue Bauordnung auch statisch mehr Spielraum, wobei jetzt teilweise Gutachten zur Mauerwerksdruckfestigkeit verlangt werden. Und diese verursachen wiederum höhere Kosten!“

Dachbodenausbauten erhöhen Wert

Für Häuser mit Rohdachböden, die ganz oder teilweise in der „Grün-Widmung“ liegen, soll die neue Bauordnung also neue Ausbaumöglichkeiten bieten. „Wenn man weiß, wie wichtig ein Dachbodenausbau für die Wirtschaftlichkeit eines Zinshauses ist, kann man ermessen, dass neue Gestaltungsmöglichkeiten in diesem Bereich, den Wert des Hauses deutlich erhöhen können“, so Otto. Potenzial gäbe es genug, und der Zinshausspezialist Markus Arnold, Arnold Immobilien, prognostiziert: „Das Angebot ist vorhanden, und durch die geänderte Wiener Bauordnung werden Zinshäuser auch wieder für institutionelle Investoren interessanter.“ Davon profitieren sollen laut eigener Recherche zwei Drittel der rund 15.000 Wiener Zinshäuser.

Nachfrage höher als Angebot

„Die Möglichkeit der Renditesteigerung wird die Nachfrage nach Gründerzeit-Zinshäusern sicher stimulieren“, so Gerhard Hudej, Hudej Zinshausmakler GesmbH. Robert Fotter, Geschäftsführer von wohninvest: „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, zusätzlichen hochwertigen Wohnraum zu schaffen. Denn nach wie vor ist die Wohnungsnachfrage höher als das Angebot.“

Vor allem bei der innerstädtischen Nachverdichtung geht es um die Nutzung bestehender Infrastruktur und das Heben von brach liegenden Potenzialen. „Angesichts der beschränkten öffentlichen Mittel ist es ein Gebot der Stunde, Wohnraum dort zu wahren und neu zu schaffen, wo von Straßen über die öffentliche Verkehrsanbindung bis hin zu Nahversorgung, Kinderbetreuungsplätzen und Schulen alle wichtigen Infrastrukturqualitäten ohnedies verfügbar sind“, betont Klaus Wolfinger, Bauträgersprecher des ÖVI.

Freiflächen an den Fassaden

Auch die Liberalisierung beim Anbau von Balkonen geht mit einer Aufwertung der Wohnqualität und somit mit einer leichteren Vermietbarkeit einher, die sich wiederum positiv auf die Rendite auswirkt. In Zukunft darf so eine Fassade statt bis zu einem Drittel bis zur Hälfte mit Balkonen ausgestattet sein. Nicht nur das, Eigentümer dürfen künftig in ihren eigenen Höfen auf Grünflächen Lifte und Balkone auf Stelzen errichten. Rätselhaft, warum das bisher überhaupt verboten war: Laut Agenda Austria sind Balkone in Berlin oder Zürich auf der Straßenseite sowie Innenhoflifte und Balkone auf Stelzen allgegenwärtig – das Stadtbild hat darunter nicht gelitten. Im Gegenteil: Die Lebensqualität in der Innenstadt konnte mithilfe des vergrößerten „Balkoniens“ wesentlich gesteigert werden. Auch Premium-Vorstand Wittmann betont: „Das erhöht einfach die Wohnqualität, und die Schaffung von Freiflächen wie Terrassen und Balkone sollte nicht so restriktiv gesehen werden. Wenn eine Wohnung eine Freifläche hat, dann wohnt man gerne darin, und diese Möglichkeit sollte man ein bisschen erweitern.“

Notkamine

Eine glückliche Fügung stellt der Wegfall der Notkamine dar. Jede neu gebaute Wohnung in Wien muss bis dato mit einem Notkamin ausgestattet sein. Der Gedanken: Sollte einmal die Versorgung mit Wärme durch die Stadt nicht mehr gewährleistet sein, so kann man jederzeit mittels Holzofen die Wohnung weiter beheizen. In absoluten Krisenzeiten sicher eine vernünftige Sache, müssen trotzdem bisher alle Wohnungen in Wien mit einem zweiten Kamin ausgestattet sein. Das kostet nicht nur Geld, sondern ist auch einfach sinnlos: Sollte die Wärmeversorgung tatsächlich nicht mehr gewährleistet sein und die Bewohner der über 900.000 Wohnungen in Wien alle losmarschieren, um sich einen Holzofen oder Heizmaterial zu kaufen, so kann das Motto nur lauten: solange der Vorrat reicht. Der Wegfall der Notkamine hat in jedem Fall für die Projektentwickler und Bauträger auch einen technischen Vorteil, der Dachgeschoßeinheiten in Zukunft noch interessanter machen könnte. Fotter: „Im Dachgeschoß können dadurch größere zusammenhängende Flächen entstehen.“

Bewahrung des Alten

Das Abreißen von alten Zinshäusern soll ebenfalls erschwert werden. Bisher war ein Abbruch zulässig, wenn von der Sanierung 50 % der Bausubstanz betroffen waren. Dies war auch ein Kündigungsgrund gegenüber den noch verbliebenen Mietern. Hudej: „In Zukunft muss die wirtschaftliche Undurchführbarkeit der Sanierung nachgewiesen werden. Für jene Investoren, die bisher vor allem alte Zinshäuser gekauft haben, um sie abzureißen und einen Neubau zu errichten, wird der Markt also schwieriger.“

Weniger Abstellplätze pro Projekt

Derzeit muss – von besonderen Ausnahmen abgesehen – für jede neue Wohnung ein Kfz-Stellplatz errichtet werden. Dies ist meist unabhängig vom tatsächlichen Bedarf und vor allem unabhängig von der Wohnungsgröße. „Gerade beim Bau kleinerer Wohnungen verteuern diese Stellplätze die Baukosten deutlich“, so wohninvest-Geschäftsführer Fotter: „In Zukunft ist im Regelfall pro 100 Quadratmeter Nutzfläche ein Stellplatz zu errichten.“ Neben der Verbilligung der Baukosten, wie es Fotter angeführt hat, ist die Regelung auch schon deshalb äußerst sinnvoll, da sich immer weniger (junge) Menschen den Luxus eines Autos leisten – vor allem im Stadtgebiet. In Gegenden, in denen Parkplätze eher zur Verfügung stehen, bleiben auch die Stellplätze leer.

Redimensionierung technischer Regularien

Die rasant voranschreitende technische Regulierung hat das Planen und Bauen sowie den Betrieb und die Adaptierung in den letzten Jahren überproportional verteuert, wobei viele Regelungen es an Verhältnismäßigkeit, Alltagstauglichkeit und gesunden Hausverstand fehlen lassen. Die kaum mehr überschaubare Fülle von Baugesetzen, OIB-Richtlinien und der rasante Zuwachs an technischen Standards und Richtlinien haben in den letzten Jahren eine bedenkliche Eigendynamik erfahren. Im Jahr 1999 zählte das Normungsinstitut 10.000 Normen, die sich neun Jahre später verdoppelt hatten – mittlerweile sind es über 24.600 Normen.

Die weiteren Schritte

Diese Entwicklung steht zunehmend im Widerspruch zur Forderung nach „leistbarem“ Wohnraum, denn auch das Hochschrauben technischer Standards schlägt sich direkt auf die Wohnkosten nieder. Mit einer neuen Bauordnung wäre einmal ein Schritt in die richtige Richtung getan, und diese sollte auch in Zukunft beibehalten werden und weiterhin den tatsächlichen Ansprüchen bei Neubau und Sanierung angepasst werden. Denn Profis wie Eugen Otto sind überzeugt: „Zusammengefasst wird die neue Bauordnung sich unmittelbar positiv auf den gesamten Wiener Zinshausmarkt auswirken.“

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  • Erschienen am:
    14.04.2014
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