Preis auf Substanz, Rendite kein Thema, Geld kostete nichts, so die Schlagworte, mit denen Hubert Fröschl, Leitung Zinshaus- und Investmentbereich bei s REAL, die vergangenen Jahre beschreibt: „Jetzt spricht man wieder über Renditen, Nebenkosten, Geldkosten, und damit ist Rechnen wieder auf allen Seiten gefragt.“ Fröschl findet es „sehr gut, dass in Zukunft das Zinshaus wieder als Immobilienobjekt für Wohnen und Gewerbe gesehen wird und nicht als Handelsobjekt“.
Neuer Zyklus am Markt
Mitte 2022 hat nämlich ein weiterer Zyklus des Zinshauses begonnen, und jetzt zeigt sich die gesamte Veränderung. „Das Karussell der Zinshäuser dreht sich mit halber Kraft“, so Eugen Otto von OTTO Immobilien. Allerdings: „Wir erleben eine ganz massive Veränderung im Verhalten der Marktteilnehmer.“ Das veränderte Verhalten zeigt sich in vielen Ausprägungen. Dazu gehört etwa, dass die Share Deals zugenommen haben. „Dabei wird nicht das Zinshaus selbst, sondern die Gesellschaft verkauft, die dieses hält“, erklärt Florian Schmidl: „Share Deals machen rund 40 Prozent des Transaktionsvolumens aus. Das Volumen hat uns überrascht.“ Der Geschäftsführer von Mazars Österreich führt diese Entwicklung einerseits auf den Umstand zurück, dass immer mehr Zinshäuser durch Gesellschaften gekauft werden – dadurch steigt auch die Anzahl verfügbarer Share-Deal-Optionen im Verkaufsfall. Andererseits wurde festgestellt, dass bei den Share Deals der Anteil gruppen- bzw. familieninternen Übertragungen stark zugenommen hat. „Dies könnte unter anderem durch das aktuell günstige Umfeld und damit die reduzierten Transaktionskosten begründet sein“, so Schmidl.
Mehr Aktivitäten am Markt
„Wir beobachten, dass wir seit Jahresanfang etwas mehr Marktaktivität haben. Immer noch auf einem niedrigen Niveau. Aber es finden mehr Besichtigungen statt, es kommen mehr Kaufangebote“, so Herwig M. Peham, Bereichsleiter Investment bei EHL Investment Consulting. Die Marktverhältnisse seien für kapitalstarke Investoren derzeit einladend, wieder Zinshäuser kaufen, bestätigt auch Philipp Maisel, Teamleiter Zinshaus bei OTTO Immobilien. Durch die gesunkene Nachfrage haben die Häuser auch einen Preisschritt nach unten gemacht. „Die Durchschnittspreise kehren auf das Niveau von 2020 zurück“, meint Philipp Maisel. Der Rückgang betrifft nicht alle Lagen gleich, und diese Entwicklung führt insbesondere in den Bezirken außerhalb des Gürtels zu attraktiveren Einstiegspreisen. Dennoch „konzentrieren sich alle auf die besten und interessantesten Lagen“, erklärt Herwig M. Peham: „Wer derzeit das nötige Geld hat, der sucht sich das aus, was in sein Portfolio passt.“ Kernsanierte und entwickelte Immobilien stehen im Fokus, Nachhaltigkeit und Zinshausbewirtschaftung wieder im Vordergrund. Die Zinshausbesitzer konzentrieren sich auf ihren Bestand und versuchen ihn höherwertig zu machen. „Dass Häuser wie noch vor einiger Zeit rasch gedreht wurden, das passiert jetzt nicht mehr“, so Herwig M. Peham.
Sanierte Altbauwohnungen sind wertstabil
Auch wenn die Zinshäuser in einigen Lagen preislich nachgeben, so betrifft das nicht die gut und hochwertig sanierten Altbauwohnungen. „Diese sind immer schon Mangelware am Wiener Wohnungsmarkt gewesen“, so Michael Schmidt, Geschäftsführer von 3SI Immogroup: „Dadurch waren und blieben sie zuletzt auch sehr wertstabil. Die Nachfrage hat in den vergangenen Monaten – zumindest bei uns – nie spürbar nachgelassen.“ Das Unternehmen hat im vergangenen Jahr über 100 Eigentumswohnungen verkauft. Einen Preisverfall sieht Michael Schmidt im Altbausegment nicht – „eher im Gegenteil“.
Bestand: Die große Herausforderung
Was tun mit den unsanierten Zinshäusern im Bestand? „Wer am Peak gekauft hatte, den holte die Vergangenheit ein“, erklärt Phillip Maisel: „Einige versuchen zu sanieren, aber da wird eine Pinselsanierung nicht ausreichen.“ Zumal noch ein weiterer Brocken auf die Eigentümer wartet, so Helga Noack, geschäftsführende Gesellschafterin von DenkMalNeo: „Was hat das Zinshaus nicht alles erlebt? Monarchie, Inflation, Kriege, Demokratie. Und jetzt auch noch ESG.“ Das dürfte aber nur wenigen klar sein. Hubert Fröschl stellt fest, „dass sich Käufer über ESG und Taxonomie fast keine Gedanken gemacht haben und machen. Wenn sie bei der Bank eine Finanzierung beantragen und einen Fragebogen zu ESG und Taxonomie bekommen, herrscht große Verwunderung.“
Helga Noack betont daher: „Ein langfristig angelegter Sanierungsplan erleichtert kurzfristige Entscheidungen oder nimmt sie sogar vorweg.“ Fernwärmeanschluss, Heizungstausch, Dämmung, allgemeiner Zustand des Hauses und Förderprogramme seien Punkte, die man berücksichtigen sollte. „Von der Begrünungsmaßnahme über die Wärmepumpe bis zum Balkonanbau – wer das Potenzial seiner Immobilie kennt, kann zum günstigsten Zeitpunkt handeln“, so Noack.
Was sich nicht verändert hat
Betrachtet man den Markt, so zeigen sich neue Gegebenheiten, wobei sich eines nicht verändert hat, wie Herwig M. Peham feststellt: „Der Zinshausmarkt ist ein österreichischer Markt, und weiterhin sind die heimischen Investoren aktiv.“