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Alexander Maculan über kleine und große Projekte

Von Alexander Maculan darf man immer etwas Ungewöhnliches erwarten. Von Kirchen in Fertigteilbauweise bis zu neuen Stadtteilen. Sein Zielgebiet ist für ihn aber nicht neu. Er kennt den russischen Markt schon seit 25 Jahren.

Wie schätzen Sie die allgemeine Wirtschaftslage ein?

Maculan: Realistisch kann das kein Mensch einschätzen. Es gibt so viele Unwägbarkeiten, und da kann man nur hoffen, dass alle entscheidenden Leute ihre Nerven behalten und die richtige Entscheidung treffen. Auf jeden Fall befinden wir uns wirtschaftlich in der kritischsten Phase, in der meine Generation je gewesen ist.

Wirkt sich die Situation auf den Immobilienbereich aus?

Maculan: Ja. Wir haben allgemein, und das gilt für einen großen geografischen Bereich, ein Misstrauen gegenüber verschiedenen Anlageformen, und hier besinnen sich sehr viele auf die Werthaltigkeit einer Immobilie.

Sie hatten einmal die Idee, für den russischen Markt ein Fertighaus zu konstruieren, das zwei Personen aufbauen können.

Maculan: Diese Idee wird weiter verfolgt, denn wir haben in Russland einen sehr großen Markt für kostengünstige Produkte. Eines der Produkte ist ein Selbstbauhaus, das so vorfabriziert ist, dass es zwei Frauen mit Hammer und Leiter bauen können. Bei diesem Produkt muss man natürlich auch allgemein die ärmlichen Wohnverhältnisse in den ländlichen Bereichen von Russland beachten.

Zwei Frauen? Wieso nicht zwei Männer?

Maculan: Die Einzelteile der Häuser sind mit 30 Kilo beschränkt, womit sie von zwei Frauen auch gehoben und getragen werden können. Für einen russischen Mann wäre das vermutlich schon zu viel. (Lächelt.) Die Idee ist aber nicht neu.

Gab es bereits solche Produkte?

Maculan: Allerdings. Schon 1912 hat die US-Firma Sears Roebuck solche Häuser im Angebot gehabt und bis in die späten 30er-Jahre einige 100.000 dieser Häuser ausgeliefert. Derzeit sind wir gerade in der Erweiterung des Produktes.

Inwiefern?

Maculan: Ich wurde von einem hohen Würdenträger der russisch-orthodoxen Kirche gebeten, ein Programm für eine Selbstbau-Kapelle zu entwickeln. Diese werden wir in absehbarer Zeit anbieten können, aber auch kleine Kirchen.

Sozusagen Kirchen in Fertigteilbauweise.

Maculan: Es gibt ein sehr großes Wachstum der Kirche in Russland und über 75% der Bevölkerung bekennen sich zur Kirche. Wenn man jetzt in diese für uns unvorstellbar armen Dörfer kommt, so gibt es dort nichts. Es gibt keinen Mittelpunkt im Dorf und auch keine Treffpunkte. Eine Kapelle oder Kirche hat auch den Sinn, einen Treffpunkt für die Gemeinschaft zu schaffen und daher spielt die Kirche hier eine wirklich zentrale Rolle. Der russische Präsident hat gesagt, den ländlichen Raum muss man stärken und attraktiver machen, und das ist eine Möglichkeit dazu. Aber nicht nur in den ländlichen Gebieten. Wir haben zum Beispiel in unserem russischen Werk, das ein sehr großes ist, auf Wunsch der Belegschaft eine eigene Kapelle gebaut.

Neben der Baustofferzeugung gibt es ja noch andere Betätigungsfelder, wie Projektentwicklung.

Maculan: Projektentwicklung macht mir viel Spaß, weil es eine schöpferische Tätigkeit ist.

Eines ihrer aktuellen Projekte?

Maculan: Die Stadt Rostow am Don ist das Zentrum von Südrussland und sehr dynamisch. Dort haben wir 600 Hektar an der Stadtgrenze gekauft und entwickeln einen gesamten Stadtteil mit Zentrum, Wohnungen, Büros und der gesamten Infrastruktur mit Schulen, Freizeitangeboten und Einkaufsmöglichkeiten. Die weitere Entwicklung war durch die Finanzkrise etwas beeinträchtigt, aber ich sehe in absehbarer Zeit gute Realisierungschancen.

Warum haben Sie Rostow als Standort gewählt?

Maculan: Der Süden von Russland ist ein wirtschaftlich sehr prosperierendes Gebiet– abgesehen einmal vom Kaukasus. In vielen Staaten weltweit ist derzeit eine Nord-Süd-Wanderung zu bemerken. So zum Beispiel auch in Frankreich, wo viele Firmen in das Hinterland der Côte d’Azur abwandern. Ich erwarte mir, und dazu muss man kein Prophet sein, dass es in Russland eine ähnliche Entwicklung geben wird. Das ist die eine Seite, auf der anderen Seite haben Sie einen neuen Typ von Wanderarbeitern. Sie sind einige Wochen in der Gas- und Ölindustrie in Sibirien tätig und dann sind sie wieder in ihren Häusern im Süden des Landes.

Und Sibirien selbst?

Maculan: Russland hat ein großes Problem und das ist die Entwicklung von Sibirien. In diesem riesigen Gebiet leben einige Millionen Menschen, genaue Zahlen gibt es nicht. Sibirien wurde durch Zwangsarbeiter und Sträflinge besiedelt, aber in der Nachkriegszeit auch durch Pioniere, die in das Land gegangen sind, um die Wirtschaft für die kommunistische Sowjetunion zu entwickeln. Diese Menschen sind auch nicht mehr die jüngsten und es kommen keine nach.

Sie sind bereits seit 1986 in Russland tätig. Was hat sich für Sie in den vergangenen zehn Jahren am stärksten geändert?

Maculan: Es hat sich durchaus ein breiterer Mittelstand entwickelt. Natürlich ist die Armut besonders in den ländlichen Gebieten und bei den Pensionisten nach wie vor ein riesiges Problem, aber trotzdem ist es in den letzten zehn Jahren stark bergauf gegangen. Da spielen natürlich auch die Öl- und Gasvorkommen eine wichtige Rolle. Sicherlich gibt es in den nächsten Jahren von der wirtschaftspolitischen Seite her viel zu tun, aber ein Anpassungsprozess von einer zentralen Planwirtschaft zur Marktwirtschaft dauert, und das ist klar.

Hat Sie eine Entwicklung in der Immobilienwirtschaft in den vergangenen Jahren überrascht?

Maculan: Positiv oder negativ?

Beides.

Maculan: Eigentlich nicht.

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Walter Senk

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  • Erschienen am:
    29.09.2011
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