Mit Blick auf die Entwicklungen in den Vereinigten Staaten sieht Tobias Kassner, Head of Research & Sustainability, GARBE Industrial Real Estate, erhebliches Disruptionspotenzial. „Die angekündigten Handelszölle und politischen Maßnahmen könnten zu einem Handelskrieg führen. Vor allem China, Europa und der Rest der Welt müssen mit Veränderungen rechnen, die deutlich anders sein werden als unter der vorherigen Regierung“, so Tobias Kassner. Die Prognosen für die US-Wirtschaft reichen von möglichen Rückschlägen bis hin zu robustem Wachstum, wobei Tobias Kassner betont: „Große Ankündigungen stehen im Raum, aber oft bleibt die tatsächliche Umsetzung dahinter zurück."
Die Auswirkungen auf den Welthandel könnten erheblich sein, da sich globale Lieferketten neu ausrichten. Christian Müller, Head of Research & Strategy Germany bei Savills Investment Management, sieht in der Situation eine Chance für Europa: „Ein starkes Europa ist unerlässlich, um den geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen zu begegnen. Wir müssen unsere Stärken bündeln und den Binnenmarkt stärken."
Europa: Transformation statt Deindustrialisierung
Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem strukturellen Wandel. Prof. Dr. Felix Schindler, Head of Research & Strategy bei HIH Invest Real Estate, sagt: „Die Entwicklung hin zu einer wissensbasierten Wirtschaft ist alternativlos. Das Wachstumspotenzial liegt immer mehr in immateriellem Kapital wie Forschung, Patenten und Innovationskraft.“ Gleichzeitig stehen Infrastruktur, Bildung und Demografie unter Druck, was das langfristige Wachstum belastet. Felix Schindler stellte Daten vor, die zeigen, dass die Bedeutung des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland hoch bleibt, auch wenn Vorleistungsquoten rückläufig sind. Die Bruttowertschöpfung des Sektors stieg 2024 weiter, was die Resilienz der deutschen Industrie unterstreicht. "Es ist nicht alles so schlecht, wie es in der öffentlichen Meinung dargestellt wird."
Inflation und Kapitalmärkte: Divergenz zwischen USA und Europa
Die Inflation bleibt ein zentrales Thema für Investoren und Marktakteure. In Europa rechnen Experten mit weiteren Leitzinssenkungen durch die Europäische Zentralbank. In den USA hingegen bleibt die Federal Reserve abwartend, wobei die Kapitalmärkte bereits ein höheres Haushaltsdefizit und Inflationsrisiken eingepreist haben. Dr. Jan Wedemeier vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut kommentiert: „Die grundsätzlich positive Stimmung auf den Finanzierungs- und Immobilienmärkten wird durch geopolitische Unsicherheiten und das Thema Handelszölle getrübt." Laut JLL-Daten hat der Deutsche Immobilienfinanzierungsindex (Difi) 2024 zwar zugelegt, bewegt sich jedoch seit Ende des Jahres seitwärts. Mit 13,6 Punkten bleibt er stabil, wobei die Einschätzung der aktuellen Lage erstmals seit Jahren positiver ausfällt als die Erwartungen.
Immobilienmärkte: Stabilisierung und Chancen
Der Wohnsektor bleibt die am besten bewertete Assetklasse, mit einem Zuwachs auf 41,3 Punkte im Difi. Logistikimmobilien zeigen ebenfalls positive Tendenzen, während Büroimmobilien nach einem Zuwachs von 1,6 Punkten erstmals seit Anfang 2022 die Minuszone verlassen haben. „Der Abstand zwischen der aktuellen Lage und den Erwartungen bei Büroimmobilien signalisiert Erleichterungen in der Finanzierung“, erklärt Helge Scheunemann, Head of Research bei JLL Germany. Besonders bemerkenswert ist der Refinanzierungsbedarf in einem veränderten Zinsumfeld. Laut Felix Schindler stehen in den kommenden Jahren hohe Beträge zur Refinanzierung aus. Die gestiegenen Zinsen und restriktiveren Kreditbedingungen erfordern neue Ansätze. „Investoren müssen langfristig denken und strategische Allokationen schaffen, um die Transformation der Märkte zu nutzen."