Der Zinshausmarkt wird dynamischer, und es geht wieder aufwärts. Das war aber nicht schwer, denn „in den vergangenen zwei Jahren lag der Zinshausmarkt im wahrsten Sinne im Tiefschlaf“, sagt Michael Schmidt, Geschäftsführer der 3SI Immogroup. Nach einer unglaublichen Spekulationsphase in den zehn Jahren davor, befeuert durch eine Politik des billigen Geldes, riss der Markt 2022/2023 faktisch ab und ließ damit auch etliche Spekulanten und Projektentwickler in ihren Häusern zurück. Viele Zinshaus-Entwickler sehen sich mit kumulierten Ankaufs- und Projektierungskosten konfrontiert, die einen Verkauf zu aktuellen Marktwerten erschweren.
Rückzug aus dem Markt
„Viele kurzfristig orientierte Investoren, die auf schnelle Gewinne setzten, ziehen sich aktuell aus dem Markt zurück“, bemerkt Eugen Otto, Geschäftsführer von OTTO Immobilien. Beziehungsweise müssen sich aus dem Markt zurückziehen. Banken, die während der Boomphase unter optimistischen Annahmen Kredite vergeben haben, müssen nun entscheiden, ob sie Immobilien in ihre Bücher nehmen, zwangsversteigern oder auf eine Markterholung warten sollen. Philipp Maisel, Leiter des Zinshaus-Teams bei OTTO Immobilien, stellt fest, dass sich in diesem Umfeld ein neues Phänomen zeigt: „Immer öfter nehmen finanzierende Banken die Verwertung selbst in die Hand, um Projekte voranzutreiben.“ Die Marktbereinigung hält vorerst noch an, und die gegenwärtigen Entwicklungen zeigen daher, „dass sich der Markt auf der Suche nach einer neuen Mitte befindet“, so Philipp Maisel.
Gesunkene Preise
„Die massivsten Preisrückgänge mit durchaus 50 Prozent und mehr haben in den letzten Quartalen bei unattraktiven Objekten in weniger beliebten Lagen stattgefunden“, sagt Johannes Endl, Vorstand der ÖRAG. Weniger gute Lagen haben weiterhin keine Aussicht, gekauft zu werden, das Gleiche gilt für Häuser mit „Potenzial“. „Für derartige Objekte gibt es keinen Liebhabermarkt, und kühle, kalkulierende Käufer suchen Schnäppchen und scheuen oft den Investitionsaufwand und auch mietrechtliche Herausforderungen“, erläutert Johannes Endl.
Preise für Stilhäuser ziehen wieder an
Eindeutig ist jedenfalls, dass sich die Spreu vom Weizen trennt. Die starken Preisrückgänge der vergangenen Quartale sind ein Stück weit durchbrochen. Die Preissteigerungen zeigen sich nur in guten Lagen und bei sanierten, gut vermieteten, ästhetischen Häusern. Bei Objekten, die diese Charakteristika erfüllen, rechnet Michael Schmidt aktuell nicht mehr mit Preisreduktionen, sondern geht „eher von weiter steigenden Preisen für solche Stilhäuser aus“. Aktuell sind zwar nur leichte Preissteigerungen erkennbar, die Tendenz ist aber klar. Auch Herbert Petz, Leiter Investment bei der ÖRAG, ist überzeugt: „Auch auf mittlere und längere Sicht sollten die Preise in den wachsenden Ballungszentren jedenfalls wieder anziehen.“
Schwierige Rahmenbedingungen
Laut dem Marktbericht von OTTO Immobilien war das Transaktionsvolumen im ersten Halbjahr 2024 mit 367 Millionen Euro auf einem ähnlichen Niveau wie im Vorjahreszeitraum mit 366 Millionen – die Anzahl der Transaktionen ist mit 122 fast unverändert geblieben. Der Zinshausmarkt leidet also nach wie vor unter den aktuellen Rahmenbedingungen, „obwohl der Markt von den für das zweite Halbjahr angekündigten Zinssenkungen profitieren wird“, ist Franz Pöltl, Geschäftsführer von EHL Investment Consulting, überzeugt. Besonders private Investoren und Stiftungen, die von ihrer starken Eigenkapitalbasis profitieren wollen, würden die günstigen Marktbedingungen aktuell nützen, um zu investieren, „und prüfen teilweise mehrere Liegenschaften gleichzeitig“, sagt Alexander Wolfschwenger. Der Head of Residential bei Arnold Immobilien erwartet einen lebhaften Herbst mit deutlich höheren Transaktionszahlen als im Vorjahr. „Dies ist schon allein deshalb möglich, da es wieder einige Angebote am Markt gibt, was in den Jahren vor 2022 kaum mehr gegeben war.“ Johannes Endl: „Kapitalstarke Investoren können also wählerisch sein und haben eine gute Ausgangsposition für Verhandlungen.“
Potential für langfristige Erholung
Trotz dieser grundsätzlich guten Vorzeichen bleibe die Situation herausfordernd, „da aufgrund der schwierigen Verfügbarkeit von Hypothekarfinanzierungen mehr Eigenkapital erforderlich ist und auch rechtliche Unsicherheiten, wie die OGH-Erkenntnisse zur Indexierung, ebenfalls nicht investitionsfördernd sind“, merkt Franz Pöltl an. Gleichwohl sehen die Marktteilnehmer Potenzial für eine langfristige Erholung. Wer das Problem der Finanzierung nicht hat, findet jetzt interessante Angebote vor. Herbert Petz bestätigt: „Der Zeitpunkt für den Einstieg wird immer interessanter, speziell in attraktiveren Lagen.“
Steigendes Investitionsvolumen erwartet
Interessanterweise lässt sich feststellen, dass der Quadratmeterpreis beim Zinshaus aktuell sehr deutlich unter dem entsprechenden Preis bei Wohnungen liegt. Verfügt ein Zinshaus also über bestandsfreie Wohnungen, so bieten diese eine enorme Hebelwirkung, um die Rendite beim Zinshauserwerb durch den Einzelverkauf dieser Einheiten deutlich zu steigern. „Solche Gewinnspannen gab es prozentuell und auch auf den Realbetrag gesehen wohl noch nie“, so Michael Schmidt. Auch die zu erwartende Wohnungsknappheit in den kommenden Jahren wird den Zinshausmarkt wieder stimulieren. Der Blick in die Zukunft fällt daher positiv aus, und Franz Pöltl erwartet „generell in den nächsten zwölf Monaten wieder mehr Interesse an Zinshäusern und ein steigendes Investitionsvolumen, auch wenn die Zahlen von 2021 nicht in Greifweite sind“.