EU-Rechtsakt mit verbindlichen Zielen - Renaturierungsgesetz
Die bevorstehende Verordnung der EU zur Wiederherstellung der Natur, sieht Bernhard Inninger, Leiter der Stadtplanung Graz, als Aufruf „unser Tun zu hinterfragen“. Machen wir das Richtige? Machen wir das, was wir machen, richtig? Ist es vielleicht Zeit, das eine oder andere an den Zielsetzungen und Methoden zu ändern? Das sind nur einige Fragen, die er in den Raum stellt.
Betrachtet man dabei Städte genauer, so erkennt man – „eine Stadt kann keine Autarkie erreichen“. Es braucht Umland, für adäquate Lebensmittelversorgung und Energie, um sie zu produzieren. Dabei kommt man ins Grübeln, ob „Stadt“ per se noch ein guter Lebensraum für Ökosysteme ist, oder ob nicht das „freie Land mit Einfamilienhaus und Garten die bessere Siedlungsstruktur wäre.“ Bei näherer Betrachtung kommt man aber Bernhard Inningers Meinung nach, zu dem Schluss, dass die Stadt einen Mehrwert bringt. In seinen Augen ist sie „Teil der Lösung und nicht Teil des Problems.", wenn man den Ressourcenverbrauch von Stadtbewohnern mit dem der Landbevölkerung vergleicht.
Nachhaltige Stadtplanung – eine Notwendigkeit
Rechtliche Reglementierungen durch bestimmte Vorschriften hält er für unumgänglich, um eine Mindestqualität zu sichern. So wird in der Stadt Graz durch neue rechtliche Möglichkeiten eine gewisse Durchgrünung im Bauland sichergestellt. Ob begrünte oder baumüberschirmte Fläche, oder der Erhalt bestehender Bäume als Bonus, Substrat eines Gründachs – bei jedem einzelnen Bauvorhaben ist dies von der Baubehörde zu prüfen. Die erlassene Verordnung ist gerade in der Erprobung und befindet sich in der Evaluierungsphase.
Bernhard Inninger ist sich bewusst: „Es sind Zeiten großer Veränderungen und wir haben alle unsere Rollen und unsere Verantwortung“.
„Wien wieder lebenswerteste Stadt der Welt“ – THE ECONIMIST
„Wie glücklich man an Land war, merkt man erst, wenn das Schiff untergeht“, für Thomas Madreiter, Planungsdirektor der Stadt Wien, beschreibt dieses Zitat von Seneca, den derzeitigen Umgang mit der globalen Klimakrise, die, seiner Meinung nach, aufgrund von Ignoranz zu einem bitteren Erwachen führen wird. Die Tragik, die er hier sieht – Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, haben hauptsächlich Auswirkungen auf die kommenden Generationen und nicht auf die derzeitigen Entscheidungsträger.
Was ihn mit Stolz erfüllt ist die Tatsache, dass Wien eine hohe und stabile Lebensqualität vorzuweisen hat, die ihr im Ranking „Global Liveability Index“ (EIU) Platz 1 als lebenswerteste Stadt der Welt einbrachte.
Sein Anspruch für die Zukunft, „Wir wollen Stadtentwicklung quantitativ auf einem hohen Niveau halten“. Zwar gibt es noch kein Klimaschutzgesetzt oder EWG dafür jedoch eine Reihe von Strategien wie z.B. Smart-Klima-Strategie oder Sonnenstromoffensive, um nur einige zu nennen.
STEP und Smart City Wien – lösungsorientierte Stadtentwicklung
Was in Wien gestärkt werden muss, ist das Errichten dezentraler Zentren. Denn ein Zentrum kann für eine Zwei-Millionen-Stadt nicht funktionieren. Daneben muss eine umfassende Begrünung forciert werden, woraus resultiert, dass öffentliche Räume in Zukunft anders aussehen und auf dem Weg dorthin „die eine oder andere Parkplatzdiskussion zu führen sein wird.“
Die Liste der Zielwidersprüche, die es zu managen gilt, ist lang:
„Stadterweiterung vs. 50% muss Grün bleiben“
„Mischnutzung forcieren vs. Betriebsbaugebiete absichern“
„ausreichend Wohn- und Arbeitsraum bauen vs. Ressourcen schonen“
„bestehende Bauten im Sinne der Kreislaufwirtschaft umnutzen vs. überkommene Strukturen ersetzen“
„erneuerbare Energieträger ausbauen vs. Landschaft – Biodiversität schützen“
„Straßen- und Plätzebegrünung vs. anspruchsvollere Infrastruktur für erneuerbare Energien etablieren“
Keine einfache Aufgabe, haben doch alle Forderungen ihre Bedeutung und Berechtigung.
In Thomas Madreiters Augen geht es, angesichts des Ausmaßes und der Dramatik der Klimakrise, darum das Problem zu verstehen und für Wien Rahmenbedingungen zu setzen, die es für die Zukunft ermöglichen, die Stadt „einigermaßen sicher durch unsichere Zeiten zu steuern“.
Die Antworten der Fragen vom Publikum finden Sie im Clip ab Min. 18:25 - einfach hier klicken:
Wie ist die VÖPE-Idee einer „Fast Lane“ für nachhaltige Gebäude zur schnelleren Bewilligung für Projekte zu sehen?
Inwiefern gibt es unter den Bundesländern einen aktiven Austausch um moderne, regionale Stadtplanung durchzuführen?
Welche Auswirkungen haben bauliche Rücknahmen, die innerhalb gut erschlossener Bereiche im innerstädtischen Raum stattfinden?
Wie ist es zu schaffen, dass die Stadt schneller arbeiten kann, trotz all den Normen und Regeln, die notwendig sind?