Wie stellt sich eine Zusammenarbeit mit GROPYUS dar?
Philipp Erler: Normalerweise kommen die Unternehmen mit einem Grundstück plus bestehender Baugenehmigung zu uns. Das kann auf der „grünen Wiese“ sein, aber auch in Innenstadtlage mit komplexen Strukturen, in denen der Platz präzise ausgenutzt wird. Wir erstellen nach Vorgaben des Kunden eine Vorstudie, in der wir zeigen, wie wir die Ideen und Wünsche umsetzen können und welcher Wohnungsmix möglich ist.
Was unterscheidet GROPYUS von anderen Unternehmen?
PE: Der Unterschied ist, dass wir alles aus einer Hand liefern können. Wir übernehmen neben der Planung auch die Bauausführung und können dank unserer Vorarbeiten der letzten Jahre und der Verbesserung der Technik eine verbindliche Aussage bezüglich Kosten und Fertigstellung treffen. Das ist deshalb möglich, weil wir die einzelnen Bauteile in unserer Fabrik vorfertigen und auf der Baustelle zusammenbauen. Durch die Digitalisierung und die Automatisierung schaffen wir es, die Bauzeit zu verkürzen, die Qualität zu erweitern und Kosten zu sparen.
Wie hoch ist die Ersparnis?
PE: Wir sind um circa 35 Prozent günstiger als bei der herkömmlichen Baumethode.
Wie lange dauert es, bis ein Wohnprojekt fertiggestellt ist?
PE: Bei einem etwas kleineren Wohnhaus in Berlin in einer sehr komplizierten Lage hat es von der Grundsteinlegung bis zur Fertigstellung acht Monate gedauert. Das ist nur ein Drittel der Bauzeit, die normalerweise veranschlagt wird. Ein Wohnhaus in Berlin mit 158 Einheiten stellen wir bis März 2027 fertig.
Unser Anspruch ist nicht, die bestehende Baumethode zu ersetzen, sondern Kapazitäten zu schaffen, damit mehr gebaut werden kann. Trotz Automatisierung ist eine Umsetzung ohne Handwerksbetriebe unmöglich. In der momentanen Situation ergibt das eine gesamtgesellschaftliche Win-Win-Situation.
Sind aber die Module nicht sehr ähnlich, und wird das Gebäude damit nicht zu uniform?
PE: Nein, das hat sich komplett geändert. In Berlin haben wir bei einem Wohnprojekt über 5.000 verschiedene Bauteile vorgefertigt, und es gibt nur wenige Bauteile, die öfter als einmal produziert wurden. Innerhalb des Maximalmaßes können wir die Wände und Bauteile unterschiedlich konfigurieren. Die Gebäude sind daher Unikate.
Wir wollen keine Geisterstädte bauen, und zwischen einem Architektenhaus und einem typischen Plattenbau ist noch sehr viel Raum. Wir wollen, dass sich unsere Wohnbauten in das jeweilige Stadtbild einfügen.
5.000 Teile ist ja eine technische Herausforderung.
PE: Da zeigt sich der Vorteil unseres Systems, denn 5.000 Teile sind im Preis und in der Produktion kein Problem für den Computer. Für die Präzision auf der Baustelle fließt aber auch sehr viel Arbeit im Vorfeld ein, wobei die Schnittstelle der Gewerke ein ganz wichtiges Thema ist.
Durch diese Vielfalt ist es uns auch möglich, den richtigen Wohnungsmix zusammenzustellen. Der Projektentwickler hat nichts von einem Projekt, in dem alle Wohnungen faktisch gleich aussehen und die gleiche Größe haben. Damit wird keine Durchmischung der Bewohnerinnen und Bewohner geschaffen. Außerdem sind die Förderrichtlinien zu beachten.
Inwiefern?
PE: Die Bundesländer und zahlreiche Städte handhaben die Wohnbauförderung sehr unterschiedlich. Das Produkt Wohnen ist aufgrund der Regulierung und der Förderrichtlinien sehr komplex. Es ist daher wichtig, dass die Wohnungen die exakte Größe haben. In der Zusammenarbeit mit der BUWOG haben wir viel gelernt und ein passendes Produkt für leistbares Wohnen mit Nachhaltigkeit im Rahmen der Förderrichtlinien entwickelt.
Sind die BUWOG und Vonovia die ersten großen Partner?
PE: Ja, und es war von Vonovia eine mutige Entscheidung, diesen Schritt zu gehen, aber man hat dort auch gesehen, dass serielles Bauen in der Breite funktioniert.
Wie stellt sich die Zusammenarbeit mit der BUWOG dar?
PE: Die BUWOG ist ein guter Partner, um ein Produkt zu schaffen, das für den Markt passt. Wer soll mehr Ahnung haben als einer der professionellsten Immobilienentwickler in Mitteleuropa? In der Partnerschaft mit dem Investor ist es möglich, dass wir einen Track-Record aufbauen.
Sie haben in Deutschland zwei Projekte laufen. Gibt es auch Pläne in Österreich?
PE: Mittlerweile sind es schon drei Projekte – in Dresden arbeiten wir ebenfalls zusammen. In Salzburg werden wir demnächst das erste Projekt mit der BUWOG starten. Ein weiteres in Österreich machen wir mit einem anderen Projektentwickler.
Was ist für das Jahr 2026 geplant?
PE: Wir werden vier oder fünf Wohnbauten fertigstellen. Jetzt haben wir ein hervorragendes, gereiftes Produkt. Das erste im Jahr 2022 war sozusagen unser Gesellenstück. Wir werden mit einer ganzen Reihe weiterer Projekte in die Skalierung gehen. Wir haben seit Beginn sehr viel Vorarbeit geleistet und vieles, was wir vorbereitet haben, setzen wir jetzt um. Wir haben auch gesehen, was nicht so funktioniert, und diese Abläufe entsprechend verbessert. Ich denke, wir können Mitte 2026 und 2027 in hoher Schlagzahl zu bauen beginnen.
Das wäre in der aktuellen Situation der ideale Zeitpunkt …
PE: Ja, wir wollen jetzt den Wohnraummangel bekämpfen – mit gut eingespielten Prozessen und dem Einsatz des Know-hows, das wir in unserem Unternehmen schaffen konnten. Nur mit Qualität kann der langfristige Wert des Investments erhalten bleiben.
Zur Person:
Philipp Erler ist Mitgründer und Co-CEO von GROPYUS. Nach seinem Abschluss als Diplomkaufmann an der WHU – Otto Beisheim School of Management arbeitete er als Freelance Software Engineer, ehe er 2008 das Fintech Kontoblick gründete und dort als CTO die Bereiche Produktentwicklung und Software-Engineering leitete. Im Anschluss wechselte er zu Zalando und übernahm dort ab 2011 als CIO und Senior Vice President Technology die Leitung des Technologiebereichs. Bei GROPYUS verantwortet er die technische (Weiter-)Entwicklung aller Produkte und Services, den Vertrieb sowie den Auf- und Ausbau der Produktionskapazitäten.