Bereits in den Jahren 2010 und 2015 versuchte er im Wege einer Abstimmung, die Zustimmung aller Wohnungseigentümer für die Errichtung eines Gartentors in dieser Mauer einzuholen. Obwohl jeweils mehrere Eigentümer zustimmten, wurde die notwendige Einstimmigkeit nicht erreicht; 2015 verweigerte eine Eigentümerin ihre Zustimmung ausdrücklich. Die geplante Änderung wurde daher nicht umgesetzt.
Im März 2023 entfernte der Beklagte dennoch einen Teil der Mauer und ließ ein rund 130 cm breites Gartentor einbauen. Die übrigen Eigentümer verlangten die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands und die Unterlassung weiterer eigenmächtiger Eingriffe. Der Beklagte entgegnete, die früheren Zustimmungserklärungen seien weiterhin bindend – auch für Rechtsnachfolger –, und verwies zudem auf eine in seinem Kaufvertrag enthaltene Änderungszusage.
Der Streit um das errichtete Gartentor gelangte schließlich an den obersten Gerichtshof (OGH).
Wie ist die Rechtslage?
Bauliche Änderungen an allgemeinen Teilen einer Wohnungseigentumsanlage – etwa Außenmauern, Dächern oder tragenden Bauteilen – unterliegen den Voraussetzungen des § 16 Abs 2 WEG. Danach bedarf es für derartige Eingriffe der ausdrücklichen Zustimmung sämtlicher Mit- und Wohnungseigentümer oder einer Genehmigung des Außerstreitrichters. Hintergrund ist, dass allgemeine Teile allen Eigentümern gemeinsam gehören und bauliche Veränderungen typischerweise deren Nutzungs- und Sicherheitsinteressen berühren können.
Der OGH betonte, dass die Öffnung einer Einfriedungsmauer und der Einbau eines Gartentors einen genehmigungspflichtigen Eingriff in einen allgemeinen Teil darstellen. Eine bloße Mehrheit kann eine solche Änderung nicht legitimieren; erforderlich ist Einstimmigkeit. Fehlt sie, handelt der änderungswillige Eigentümer eigenmächtig und ist mit Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen konfrontiert.
Besondere Bedeutung kam der Frage zu, ob Zustimmungserklärungen der Wohnungseigentümer, die im Rahmen der früherer Abstimmungsverfahren abgegeben worden waren, noch Wirkung entfalten. Der OGH hielt fest, dass solche Erklärungen stets auf das konkrete Änderungsvorhaben und dessen aktuellen Abstimmungsprozess bezogen sind. Sie behalten nur solange Gültigkeit, wie der Versuch fortbesteht, im jeweiligen Verfahren Einstimmigkeit zu erreichen. Sobald feststeht, dass die Zustimmung aller Eigentümer nicht erzielt wird, endet dieser „Schwebezustand“. Die Bindungswirkung erlischt damit ebenso wie der gesamte Abstimmungsprozess. Eine Fortwirkung solcher Zustimmungserklärungen über Jahre hinweg – insbesondere auch über Eigentümerwechsel hinweg – wäre systemwidrig und würde den Liegenschaftsverkehr unzumutbar erschweren.
Gleichzeitig stellte der OGH in seiner Entscheidung klar, dass solche Abstimmungserklärungen nicht mit vertraglich eingeräumten Änderungsrechten gleichgehalten werden dürfen. Während vertraglich vereinbarte, klar formulierte Vorwegzustimmungen durchaus quasidingliche Wirkung entfalten und so auch Rechtsnachfolger binden können, sind Zustimmungserklärungen in Abstimmungsverfahren auf das jeweilige Verfahren beschränkt. Im vorliegenden Fall lag weder eine solche überbindbare vertragliche Zustimmung vor noch erfasste die im Kaufvertrag des Beklagten enthaltene Änderungszusage allgemeine Teile der Liegenschaft. Ihr Wortlaut bezog sich ausschließlich auf Änderungen an der eigenen Wohnung, sodass daraus kein Recht abgeleitet werden konnte, in die Gartenmauer einzugreifen.
Da der Beklagte weder eine aktuelle Zustimmung aller Eigentümer noch eine Ersatzzustimmung durch den Außerstreitrichter vorweisen konnte, qualifizierte der OGH die Baumaßnahme als eigenmächtig und damit rechtswidrig.
Schlussfolgerung
Mit seiner Entscheidung zu 5 Ob 197/24t stellte der OGH klar, dass bauliche Änderungen an allgemeinen Teilen die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erfordern und dass Zustimmungserklärungen, die im Rahmen einer Eigentümerabstimmung abgegeben werden, nur dann eine fortdauernde Bindungswirkung entfalten, wenn tatsächlich Einstimmigkeit erreicht wird. Scheitert der Versuch eines Konsenses, verlieren zuvor abgegebene Zustimmungserklärungen ihren rechtlichen Gehalt; sie begründen weder für die damaligen Eigentümer noch für deren Rechtsnachfolger eine Verpflichtung, spätere Bauvorhaben zu dulden. Längerfristig bindend können dagegen vertraglich vereinbarte Änderungsrechte sein, sofern sie eindeutig formuliert sind und den Vorgaben des WEG entsprechen.
Der OGH betont damit erneut die Rechtssicherheit im Wohnungseigentum und den Schutz der Eigentümergemeinschaft vor einseitigen Eingriffen.