Der WKÖ-Fachverband, die Tiroler Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder und EXPLOREAL informierten über die Neubausituation am Wohnungsmarkt in Tirol und wie viele Projekte sich aktuell in der Pipeline befinden. Diese Auswertung stellt eine umfassende Ist-Situation der Neubauleistung im Bundesland dar. „Mit der Aufbereitung des Marktes in Tirol haben wir nun fast das gesamte Bundesgebiet abgedeckt“, erklärt Gerald Gollenz, stellvertretender Fachverbandsobmann. „Wie für alle Marktteilnehmer in den anderen bereits erfassten Bundesländern ist die Studie eine wichtige Grundlage. Damit geben wir den Bauträgern handfeste und wichtige Informationen für ihre weiteren Bauaktivitäten in die Hände.“ In der Studie sind sowohl die Anzahl der aktuellen und kommenden Projekte als auch die Regionen genau aufgeschlüsselt. In Zukunft sollen ein Mal pro Jahr die aktuellen Zahlen in jedem Bundesland präsentiert werden und zusätzlich zwei Mal im Jahr ein Überblick über das gesamte Bundesgebiet.
Tirol im Vergleich zu SalzburgUm den Markt besser einschätzen zu können, wurde Tirol ein anderes Bundesland – in dem Fall war es Salzburg – gegenübergestellt. In ähnlicher Weise wurde bei den Marktdaten der anderen österreichischen Bundesländer verfahren, was sich als sehr vorteilhaft erwiesen hat, erklärt Alexander Bosak, Mitbegründer und Geschäftsführer von EXPLOREAL. „Mit diesem Vergleich lassen sich die Situation im eigenen Bundesland besser einschätzen und die Unternehmen bekommen auch ein Gefühl für die Marktlage.“ Insgesamt wurden für das Bundesland Tirol 600 Projekte mit rund 12.500 Wohneinheiten ausgewertet. „Davon sind ca. 1.200 Wohneinheiten im Detail erfasst und näher analysiert“, so Bauträgersprecher Michael Kugler von der Fachgruppe Tirol.
Das gläserne ProjektWie bei allen bisherigen Studien wurde zunächst einmal aus den ausgewerteten Daten das „gläserne Projekt“ erstellt. „Dabei handelt es sich um ein durchschnittliches Neubau-Wohnprojekt am Tiroler Markt mit Anzahl der Wohneinheiten, Wohnnutzfläche, Freiräume oder Aufteilung der Wohneinheiten“, erklärt Philipp Reisinger, Fachgruppenobmann Tirol. In Tirol stellt sich dieses Projekt wie folgt dar: 22 Wohneinheiten gibt es durchschnittlich pro Wohnprojekt. Das ist einerseits sehr ähnlich mit Salzburg (22 Einheiten), weicht aber von den anderen untersuchten Bundesländern ab. In Kärnten sind es im Durchschnitt 28 Wohneinheiten pro Wohnbauprojekt im Vergleich zu 34 Wohneinheiten in der Steiermark. 25 Wohnungen sind es durchschnittlich pro Projekt in Nö und OÖ, während in Wien 61 Einheiten in einem Wohnbau im Durchschnitt errichtet werden.
Durchschnittsgrößen und FreiflächenTirols Neubau-Wohneinheiten haben durchschnittlich 75 Quadratmeter Wohnfläche (Median aller Wohneinheiten). In Salzburg sind es mit 72,3 Quadratmeter pro Wohnung etwas weniger. Mit 43 Prozent hat der Großteil der in Tirol errichteten Wohnungen drei Zimmer, 22 Prozent haben 4+ und 35 sind 1-2 Zimmerwohnungen. „Diese Flächenverteilung entspricht auch im Großen und Ganzen den Verhältnissen am Salzburger Wohnungsmarkt“, sagt Alexander Bosak. Eine Freifläche, also Balkon, Loggia, Terrasse oder Garten haben 94 Prozent der neu errichteten Wohneinheiten, wobei diese im Schnitt 13,3 Quadratmeter haben. Im österreichweiten Vergleich sind dies die zweitgrößten Freiflächen nach Kärnten – in allen anderen Bundesländern haben die Bewohnerinnen und Bewohner weniger Freiräume zur Verfügung. Bauträgersprecher Michael Kugler: „In der Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig Freiflächen für die Bewohner geworden sind. Es lassen sich aktuell neugebaute Wohneinheiten ohne eine Freifläche nur sehr schwer verwerten.“
Wer baut in Tirol?Betrachtet man die Aktivitäten der gewerblichen und der gemeinnützigen Bauträger, so halten sich diese die Waage. Beide Unternehmensgruppen sind für rund die Hälfte der Wohnbauten zuständig. Die gewerblichen Wohnbauträger errichten in Tirol mit 52 Prozent, der Anteil der gemeinnützigen liegt bei 48 Prozent. Wobei es einen sehr auffälligen Unterschied gibt, wie Philipp Reisinger feststellt: „Von den privaten Projektentwicklern werden 44 Prozent der Wohneinheiten im Eigentum angeboten und lediglich sieben Prozent in Miete.“
Fast spiegelverkehrt verhält es sich bei den gemeinnützigen Wohnbauträgern: Bei ihren Wohnungen werden 41 Prozent in Miete vergeben und lediglich fünf Prozent im Eigentum. Franz Mariacher vom Landesverband der gemeinnützigen Bauträger GBV erklärt dazu: „In Tirol ist das Modell „Mietkauf“ sehr stark verbreitet. Die Vorteile für die Wohnungswerber liegen darin, dass sie sich nicht sofort für ein Eigentum an einem bestimmten Standort entscheiden müssen, jedoch die Option für die Eigentumsbildung über einen längeren Zeitraum besitzen.“ Vergleicht man diese Situation mit Salzburg so sieht man, dass im Bundesland der Anteil der gewerblichen Wohnbauträger am Bauvolumen mit 57 Prozent etwas höher als jener in Tirol ist. Ähnlich ist jedoch die Aufteilung zwischen Miete und Eigentum – die gewerblichen Bauträger errichten ebenfalls mehr Eigentum, während die gemeinnützigen eher zu Miete tendieren.
2021 – das Jahr der FertigstellungDer stärkste Zuwachs an neuen Wohnungen gibt es in Tirol im heurigen Jahr mit ca. 2.800 Einheiten. 2020 wurden rund 2400 Einheiten fertiggestellt und im kommenden Jahr sind es rund 2600. „Von allen Wohneinheiten werden 53 Prozent im heurigen Jahr im Eigentum errichtet“, sagt Philipp Reisinger. Beim Vergleich der Bautätigkeit mit Salzburg lässt sich erkennen, dass einerseits die Neubauleistung beim „Nachbarn“ mit um einiges geringer ist, andererseits die Fertigstellung von ca. 1700 Einheiten 2021 ähnlich hoch ausfällt wie 2020.
Wohnversorgung und LagenSeit 2017 kamen in Tirol mehr Wohnungen auf den Markt, als aufgrund der Haushaltsentwicklung benötigt werden. Allerdings pendelt sich dieses Missverhältnis seit 2020 wieder ein und dieses Jahr übersteigt die Wohnungsproduktion nur geringfügig die Haushaltsentwicklung. Jedoch steigt in der Landeshauptstadt und der Umgebung die Zahl der Haushalte stärker als in den anderen Regionen. „Es ist daher nicht überraschend, dass in Innsbruck-Stadt und Innsbruck-Land der Großteil der Wohnungen errichtet wird.“ Allerdings sind im Umland mehr Projekte in Realisierung als in Innsbruck selbst. Dies hat mit dem Mangel an geeigneten Grundstücken in der Tiroler Landeshauptstadt zu tun, wie Franz Mariacher erklärt: „Es gibt sicherlich eine Reihe von geeigneten Grundstücken bzw. Entwicklungsflächen in der Landeshauptstadt, welche jedoch derzeit, aus unterschiedlichen Gründen, nicht für eine Bebauung zur Verfügung stehen.“
Tirol ist teuerVergleicht man die Preise, die im Durchschnitt für eine Wohnung in Tirol zu bezahlen sind, so liegt das Bundesland mit 390.500 Euro an der Spitze in Österreich. Lediglich Wien ist mit 399.000 Euro eine Spur teurer. In Salzburg sind durchschnittlich 381.900 Euro für eine Wohnung zu rechnen. In Oberösterreich sind es nur mehr 274.000 Euro, in der Steiermark sogar nur 213.400 Euro, also um 45 Prozent weniger. Dazu Michael Kugler abschließend: „In Tirol werden rund 90 Prozent der Eigentumswohnungen durch gewerbliche Bauträger errichtet. Angesichts der Tatsache, dass im Jahr 2020 in Tirol rund 1.130 Wohnungen verkauft wurden, zeigt uns die Nachfrage am Wohnungsmarkt, dass zukünftig jedenfalls mehr Wohnungen benötigt werden.“
KooperationspartnerDer Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder bedankt sich sehr herzlich für die Umsetzung dieses Projekts bei seinen Kooperationspartnern Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG, Grazer Wechselseitige Versicherung GRAWE und dem Verband Gemeinnütziger Bauvereinigungen GBV.
Über EXPLOREALEXPLOREAL wurde 2018 gegründet. Die Bauträgerdatenbank erfasst und aktualisiert derzeit flächendeckend Neubauprojekte in Wien, Niederösterreich, Burgenland und der Steiermark ab fünf Wohneinheiten. Dabei wird der ganze Projektentwicklungs-Prozess vom Ankauf der Liegenschaft bis zur Verwertung der letzten Wohnung abgebildet. Mit fundierten Informationen zum Grundkostenanteil, zu den Mitbewerbern, zu aktuellen Preisen, über die nachgefragtesten Wohnungen und die Käuferherkunft der Zielgruppen.