Die Bronze-Medaille erhält das FMZ Imst, das dem Namen nach eigentlich ein Fachmarktzentrum vermuten lässt, tatsächlich aber ein mehrgeschossiges Mall-Center ist. „Alle diese drei Center waren bereits in den vergangenen Jahren mit stetigen Platzierungen im oberen Teil des Center-Rankings aufgefallen, haben sich aber nun erstmals bis ganz nach Vorne gearbeitet“, betont Dr. Joachim Will, Geschäftsführer der Wiesbadener Wirtschaftsberatung ecostra, welche seit nun über 10 Jahren diese Grundlagenstudie zum österreichischen Einzelhandelsmarkt erstellt. Will: „Alle Sieger-Center zeigen eine ausgeprägte Nahversorgungskompetenz mit leistungsstarken Angeboten im kurzfristigen Bedarfsbereich und einer klaren, meist in die nähere Region ausgerichteten Zielgruppenorientierung. Es zeigt sich immer mehr, dass dies derzeit eine der wesentlichen Erfolgsformeln für Einzelhandelsstandorte ist.“
Trotz Dauerkrise: Mieter in Einkaufszentren meist zufrieden mit den Erträgen
Dieser Trend hat sich schon seit mehreren Jahren angedeutet, wurde aber durch die Corona-Pandemie und in jüngerer Zeit durch den Ukraine-Krieg und die damit stark gestiegenen Energiepreise sowie die allgemeine Inflation verstärkt, welche stark auf die Konsumneigung der Bevölkerung durchschlagen. Der Handel fast aller Branchen befindet sich im Dauerkrisenmodus und Meldungen zu Insolvenzen häufen sich. Dies lässt sich auch an vielen Geschäftsstraßen und Einkaufszentren ablesen, welche mit zunehmenden Ladenleerständen konfrontiert sind. „Da ist es doch erfreulich festzustellen, dass es Standorte gibt, wo die Geschäftsmieter auch unter den gegebenen Bedingungen weiterhin mehr oder weniger gute Erträge erzielen“, betont der ecostra-Geschäftsführer. Und dabei handelt es sich überhaupt nicht um wenige Einzelfälle. Von den insgesamt 97 untersuchten österreichischen Shopping Malls erreichten 62 Center mit Notendurchschnitt 3,0 oder besser eine zumindest befriedigende Mieterbewertung. Der Gesamtschnitt aller Mieterbewertungen lag bei den Mall-Centern in diesem Jahr bei 2,8 und somit nahezu identisch zu dem Vorjahreswert. „Also insgesamt alles andere als in einem kritischen Bereich“, so Will. Das mag bei einigen Einkaufszentren mit guten Standortfaktoren zu tun haben, häufig ist aber auch der Betreiber maßgeblich. Für das kompetenteste und leistungsstärkste Centermanagement wurde von den Mietern erneut die Rutter-Gruppe ausgezeichnet, welche im letzten Jahr den Spitzenplatz noch mit der SPAR-Tochter, der SES Spar European Shoppingcenters, teilen musste.
Wiener Center im Tabellenkeller
Die „rote Laterne“ im Center-Ranking hält in diesem Jahr das ece Kapfenberg in der Steiermark mit einer Durchschnittsbewertung von 3,7. Dem ece folgen im Tabellenkeller die Wiener Center Großfeldzentrum (Ø 3,6) und das Citygate Shopping (Ø 3,5). „Das sind alles in allem aber keine dramatisch schlechten Bewertungen. Gleichwohl zeigen diese jedoch durchaus einen gewissen Handlungsbedarf auf Seiten der Eigentümer oder Betreiber“, betont Thomas Terlinden, der als Projektleiter bei ecostra die Untersuchung betreut. Das Schlusslicht des Vorjahres, das Promenade City Shopping in St. Pölten hat es aufgrund zu weniger Bewertungen nicht in das Ranking geschafft, aber die vier teilnehmenden Mieter haben dem seit längerem kriselnden Objekt eine Durchschnittsnote von 4,3 verpasst. Terlinden: „Bei dem Wert ist in der Mieterschaft schon ein Grummeln zu vernehmen!“
GEZ West und Panoramapark teilen sich Gold bei den Fachmarktzentren
Bei den im Shoppingcenter Performance Report ebenfalls abgefragten Fachmarktzentren tummeln sich wiederum nur altbekannte Objekte in der Spitzengruppe. Auch hier hat es erstmals aufgrund eines identischen Wertes eine Doppelbelegung des 1. Platzes gegeben, den sich nun das GEZ West in Gleisdorf und der Panoramapark in Neunkirchen teilen. Terlinden: „Beide Retail Parks haben in den vergangenen Jahren teilweise bereits mehrfach die Top-Platzierung erreicht und somit erneut ihre Ausnahmestellung und hohe Kundenattraktivität bestätigt.“ Das Schlusslicht des Rankings bei den Fachmarktzentren bildet wie bereits im Vorjahr der Welas Park im oberösterreichischen Wels, dem es offensichtlich nicht gelingt, sich aus dem Tabellenkeller zu befreien.
Mieter stellen Öffnungszeiten der Center auf den Prüfstand
Als aktuell größte Herausforderung sehen die befragten Center-Mieter die Kostenentwicklung ihrer Ladeneinheiten durch die vertraglich fixierten Indexmieten und die steigenden Preise für Energie und Heizung. Aber auch Personalengpässe spielen eine zunehmend größere Rolle, so dass selbst bislang „heilige Kühe geopfert“ werden: knapp 60 % der befragten Center-Mieter sprechen sich für eine Reduzierung der Öffnungszeiten aus, um so in der Personalplanung flexibler agieren zu können. In Reaktion auf die Kostenentwicklung haben viele Mieter bereits ihre Mietverträge nachverhandelt. So konnte etwa ein Viertel der Befragten längerfristige Senkungen des Mietpreisniveaus gegenüber den Vermietern durchsetzen, wobei hiervon mit 41 % bzw. 47 % ein jeweils etwa ähnlich großer Anteil der Mieter Reduktionen von bis zu 10 % bzw. sogar bis zu 20 % erzielte.
Expansionstätigkeit verliert wieder an Schwung
Nachdem im Vorjahr nach weitgehend überstandener Pandemie die Expansionstätigkeit wieder leicht angezogen hatte, ist dieser Schwung offensichtlich schon wieder verpufft. Im Mittel plant jeder befragte Filialist in den nächsten 12 Monaten die Eröffnung von etwa 3,3 zusätzlichen Filialen (2022 ca. 3,8 Filialen). Gleichzeitig werden unproduktive Standorte aufgegeben, wobei hier im Mittel etwa 1,9 Filialen zur Schließung vorgesehen sind (2022 ca. 1,4 Filialen). Damit steigt die Zahl der Geschäftsschließungen wieder leicht an, nachdem während der Corona-Pandemie bereits eine weitgehende Bereinigung der Standortnetze erfolgt war.
Innerstädtische Geschäftslagen sind vom Handel wieder gesucht
Als präferierte Expansionsziele zur Eröffnung weiterer Shops werden zuvorderst innerstädtische Geschäftsstraßen (Ø 2,3) und Fachmarktzentren (Ø 2,7) genannt. Insofern rücken die über viele Jahre verschmähten Innenstädte wieder in den Fokus der Expansionsplaner. Terlinden: „Hierbei handelt es sich mit ziemlicher Sicherheit aber insbesondere um die Haupteinkaufslagen größerer Städte und weniger um die Ortszentren kleiner Gemeinden. Aber auch diese Tatsache stellt schon mal eine gute Nachricht für viele Innenstädte dar. Die zentralen Lagen sind jedenfalls wieder zurück auf der Agenda expansionswilliger Filialisten, denn in attraktiven innerstädtischen Geschäftslagen mit guter Aufenthaltsqualität sehen die Expansionsplaner offensichtlich wieder entsprechende Chancen.“ Dagegen verliert die sogenannte „Grüne Wiese“ an Interesse: nur noch 37 % der befragten Filialisten interessieren sich mehr oder weniger stark für Einkaufszentren an solchen peripheren Standorten, bei innerstädtischen Geschäftsstraßen zeigen dagegen rund 71 % ein entsprechendes Interesse.