Der historische Charme ist der eine – die Ressourcenschonung der andere Grund, warum Revitalisierung von Bestand ein zeitgemäßer Zugang zu moderner Projektentwicklung ist.
Die Mauern des ehemaligen K&K-Militärverpflegungsgebäudes in Wien Leopoldstadt verkörpern gelebte Geschichte. Die Erhaltung von Bauwerken macht neben dem reinen Denkmalschutzgedanken, aber vor allem in Hinblick auf die Umwelt viel Sinn.
Was genau spricht neben dem Denkmalschutz für die Nachnutzung von Bestandsobjekten?
Ein Blick auf den weltweiten Ressourcenverbrauch gibt einen ersten Einblick in die Überlegungen von CUUBUUS. Seit 1900 hat die Entnahme von Rohstoffen aus Ihren natürlichen Lagerstätten stetig zugenommen. Ab dem Ende des 20. Jahrhunderts ist die Verbrauchskurve nochmals deutlich angestiegen. Heute macht die Herstellung von Baumaterialien rund 11 Prozent der globalen CO2-Emissionen aus (Quelle siehe unten).
Abriss und Neubau mögen also oft die ökonomischere Lösung sein – die nachhaltigere sind sie nicht. Ressourcenschonende Projektentwicklung bedeutet, bestehende Formationen wieder- zuverwenden und so die Lebensdauer von Gebäuden zu verlängern. Zusätzlich dazu spielen CO2-Emissionen eine wesentliche Rolle in der ökologischen Beurteilung von Bauvorhaben:
bei Neubauten macht graue Energie bzw. die grauen Emissionen in der Errichtung bereits rund 50% des Energieverbrauchs über den gesamten Lebenszyklus gerechnet aus (Quelle siehe unten).
Hinzu kommt die Problematik der Baurestmassen: Abbruchabfälle in Österreich stiegen alleine zwischen 2009 und 2016 um rund 52% auf ca. 10,43 Millionen Tonnen. Zum Vergleich: Durch die Nutzung der bestehenden Struktur beim Projekt „DAS ARTMANN“ konnten rund 10.500 Tonnen Beton, 730 Tonnen Stahl und 23.600 Tonnen Mauerwerk erhalten werden. Das Baumaterial
ist größtenteils quasi bereits vor Ort.“, so CUUBUUS Gründer und CEO Eduard Mair. „Wir verwenden bereits vorhandenes Material, das etwa 180 Einfamilienhäusern entspricht. Dazu kommt eine wesentliche Einsparung von Transport-Energie und geringere Mengen Abfallstoffe.
GRAUE EMISSIONEN – EIN VERGLEICH
Am Beispiel von „DAS ARTMANN“ wurden nun zur Veranschaulichung zwei Szenarien berechnet und verglichen: Abriss und Neubau (1) und die Revitalisierung (2).
Natürlich ist beim „ARTMANN“ der Abriss aufgrund des Denkmalschutzes nur theoretischer Natur. Die Überlegungen aus ökologischer Sicht sind aber ein unterstützendes Argument für die Erhaltung von alter Bausubstanz.
Das Ergebnis ist nicht nur eindeutig, sondern auch eindrucksvoll.
Szenario 1 (fiktiv): Abriss und vollständiger Neubau
Zunächst wären durch den Abbruch des Bestandsgebäudes 852 Tonnen CO2-Äquivalente angefallen, gefolgt von 6.072 Tonnen CO2-Äquivalente, die der vollständige Neubau verursacht hätte. Die Kalkulation wurde auf Basis eines Wohnbaus mit sieben oberirdischen Geschossen errechnet. Um eine realistische Einschätzung vornehmen zu können, wurde eine Gutschrift für eine mögliche Wiederverwendung von Materialien in Höhe von 415 Tonnen CO2-Äquivalente angenommen. Unter Berücksichtigung dieser hätte ein Abbruch und der darauffolgende Neubau eine Gesamtbelastung von 6.509 Tonnen CO2-Äquivalente bedeutet.
Szenario 2 (real): Revitalisierung des historischen Bestands
Auch im Bestand müssen geringfügig Teile des Mauerwerks und Stahlbetons demontiert werden, wodurch Emissionen in Höhe von 516 Tonnen CO2-Äquivalente anfallen, denen eine Gutschrift von 252 Tonnen CO2-Äquivalente gegenübergestellt werden kann, da auch hier Recyclingpotenzial besteht. Für die Aufstockung, den neuen Ausbau und die Fassade sind 2.490 Tonnen CO2-Äquivalente kalkuliert. Damit zeigt die Gesamt-Bilanz der Revitalisierung mit einer Emission von insgesamt 2.754 Tonnen CO2-Äquivalente offensichtlich Einsparungen gegenüber dem Neubau.
103.000 BÄUME & 1 JAHR
Eine große, gesunde Buche aus dem Wienerwald schafft es max. 100g CO2 pro Tag aus der Luft zu entnehmen und in ihrem Stamm, ihren Wurzeln und den Ästen zu binden. Legt man das um auf die Einsparung von 3.755 Tonnen CO2-Äquivalente, die durch die Revitalisierung von „DAS ARTMANN“ erreicht werden, können bildlich durch 103.000 Buchen dargestellt werden, die ein ganzes Jahr lang CO2 binden müssten, um diese Emissionen zu kompensieren. Flächenmäßig würde ein solcher Wald ca. 250 Hektar einnehmen.
FAZIT
Weniger freie Flächen für Neubauten, der Erhalt des Stadtbildes und die Schaffung von Wohnraum mit Altbaucharme waren bislang oft Gründe für die Instandsetzung und Aufwertung von Bestandsobjekten. Wie die Studie zum „ARTMANN“ deutlich aufzeigt, ist die Nachnutzung und Revitalisierung auch aus ökologischer Sicht durch massive CO2- Einsparungspotenziale sinnvoll.