Das Einfamilienhaus, Wohntraum von Generationen von ÖsterreicherInnen, ist ins Gerede gekommen. Experten beklagen seinen schlechten ökologischen Fußabdruck: Zu viel Boden würde es versiegeln, zu viel Baustoffe und Energie verbrauchen, klimaschädliche Verkehrsströme zwischen Stadt und Speckgürtel verursachen und die Landschaft zersiedeln. In Deutschland tobt deshalb gerade eine Debatte um ein Bauverbot für Einfamilienhäusern, die auch in heimischen Medien aufgegriffen wurde. Ist das Einfamilienhaus also ein Auslaufmodell? Raiffeisen Immobilien Österreich, die Immobilienmakler-Organisation der Raiffeisenbanken Gruppe, hat das Verhältnis der ÖsterreicherInnen zum Einfamilienhaus unter die Lupe genommen. Dazu hat man eine repräsentative Umfrage beim Gallup Institut in Auftrag gegeben, die Spannendes zu Tage förderte.
Einfamilienhaus nach wie vor Wohntraum Nummer Eins
Für 65% ist demnach das Einfamilienhaus nach wie vor die ideale Wohnform, vor der Eigentumswohnung mit 15% und dem Mehrfamilienhaus im Eigentum (5%). Besonders beliebt ist es in der Altersgruppe der 31- bis 50jährigen (73%), bei Personen mit Kindern im Haushalt (76%) und Landbewohnern (76%). Unter den Berufsgruppen träumen besonders Schüler & Studenten vom Einfamilienhaus (72%), gefolgt von Selbständigen, Freiberuflern und leitenden Angestellten (70%). Die meisten Einfamilienhaus-Fans sind in Niederösterreich und dem Burgenland zu Hause (76%). „Der Traum vom Einfamilienhaus im Grünen scheint tief in der Wohn-DNA der Österreicher verankert zu sein – unabhängig von Krise und Klimawandel.“ meint Ing. Mag. (FH) Peter Weinberger, Sprecher von Raiffeisen Immobilien Österreich. Und Mag. Nikolaus Lallitsch, Sprecher von Raiffeisen Immobilien ergänzt: „Wir sehen in Corona-Zeiten sogar ein noch zunehmendes Interesse an Einfamilienhäusern und auch weiter gewordene Suchradien – dank Home-Office und Digitalisierung. Viele träumen gerade jetzt von einem Leben im ‘Glücksdorf’. Eine große Chance für den ländlichen Raum!“
Zwei Drittel gegen Bauverbot
Wenig verwunderlich daher dass sich 68% der ÖsterreicherInnen gegen ein Bauverbot für Einfamilienhäuser aus Gründen des Umwelt- und Klimaschutzes aussprechen.
Gegner eines solchen Verbotes finden sich besonders häufig unter Frauen (73%) und Besserverdienern mit einem Haushalts-Nettoeinkommen über € 3.000 (70%). Statt eines Verbotes sollten aus Sicht der ÖsterreicherInnen alternative Maßnahmen ergriffen werden – vor allem solche die auf den Erhalt bestehender Häuser abzielen und einen Beitrag zur Entwicklung ländlicher Regionen leisten. 79% der ÖsterreicherInnen sind für einen Ausbau der Breitband-Infrastruktur um Home-Office zu erleichtern und so den Pendlerverkehr zu reduzieren. 77% sprechen sich dafür aus die Ansiedelung von Betrieben vor Ort zu unterstützen, damit Verkehr reduziert und CO2 eingespart werden kann. Knapp zwei Drittel könnten sich vorstellen Einfamilienhäuser in Zukunft nur mehr dort zu bauen wo es Anschluss an öffentliche Verkehrsmittel gibt, und 58% meinen dass Häuser wie früher in Siedlungen rund um ein Zentrum statt auf der grünen Wiese errichtet werden sollten.
Neues Leben für gebrauchte Immobilien
Statt den Neubau zu verbieten sollte nach Meinung der ÖsterreicherInnen aber vor allem alten Einfamilienhäusern neues Leben eingehaucht werden: 89% der Befragten wünschen sich mehr Förderungen für die Sanierung und den Erhalt bestehender Einfamilienhäuser, damit weniger neu gebaut werden muss. Eine Verringerung der Wohnfläche pro Person findet hingegen nur 30% Zustimmung, und der Abschaffung der Wohnbauförderung für Einfamilienhäuser erteilen die Österreicher ebenfalls eine klare Absage (nur 28% Befürworter). Peter Weinberger: „Nicht außer Acht lassen sollte man in dieser Diskussion auch dass es viele Interessenten vor allem wegen der hohen Preise von der Stadt aufs Land zieht.“
Als Teil der Raiffeisen Gruppe zählt Raiffeisen Immobilien Nachhaltigkeit zu seinen Grundprinzipien. Die Vorbehalte gegen die Verschwendung von Grünland nimmt man folglich sehr ernst, ebenso wie die berechtigte Sorge um Umwelt und Klima. „Verbote sind aber selten der Weisheit letzter Schluss. Zu unterschiedlich sind die Menschen und ihre Wohnbedürfnisse. Das wissen wir als Makler besonders gut.“ meint Nikolaus Lallitsch. „Die Sanierung und Verdichtung bestehender Bausubstanz ist hier sicher ein zielführenderes Instrument, ebenso wie die Mobilisierung von Leerstand.“ Schätzungen der Österreichischen Hagelversicherung gehen davon aus dass in Österreich 400 Millionen Quadratmeter Gebäude-Nutzfläche leer stehen, häufig in Ortszentren – ein Schatz den es zu heben gilt, will man die Verschwendung von Grünland hintan halten.