Knappe regulatorische Fristen erhöhen die Gefahr von Stranded Assets in Europa

Nach neuesten Untersuchungen von Savills könnte der finanzielle Wert europäischer Immobilienportfolios durch das wachsende Risiko für Stranded Assets gefährdet sein. Stranded Assets sind Immobilien, die künftige Energieeffizienzstandards oder Markterwartungen nicht mehr erfüllen können und dadurch zunehmend Gefahr laufen, vorzeitig zu überaltern.

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Anleger werden versuchen, Immobilien, die „stranden“ könnten, zu vermeiden oder Strafen aus dem Weg zu gehen, die bei Nichteinhaltung der verschärften Gesetzgebungen entstehen könnten. Der Wert eines Objekts wird zukünftig beeinflusst, wenn es nicht den Anforderungen der Nutzer und Investoren sowie dem gesetzlichen Rahmen entspricht.

Laut Savills-Angaben sind die Immobilien in einigen europäischen Ländern aufgrund ihrer schlechten energetischen Bewertung nach dem Energieausweis EPC (Energy Performance Certificate) besonders von potenziellem Wertverlust bedroht. Demnach erfüllen 74 % der Bürogebäude in Großbritannien nicht die Standards für die dort erforderliche EPC B-Kennzeichnung, in den Niederlanden entsprechen wiederum 40 % nicht dem EPC C-Standard, was mit Blick auf die sich verschärfenden Regelungen ein großes Risiko für die Kapitalerträge dieser Objekte darstellt. In Frankreich schreibt die verbindliche Verordnung „Décret Tertiaire“ die Senkung des Energieverbrauchs in bestehenden Gebäuden mit tertiärem Verwendungszweck um mindestens 40 % bis 2030,

50 % bis 2040 und 60 % bis 2050 vor. Zwar sind nur etwa 9 % des untersuchten Gebäudebestands in Frankreich bis 2030 gefährdet unter das von der EU geforderte EPC E-Rating zu fallen, doch um die angestrebte Senkung um 40 % bis 2030 zu erreichen, muss die Energieeffizienz von Bürogebäuden bei einem größeren Teil des Bestands verbessert werden. In Italien und Irland drohen sogar 32 % bzw. 23 % der Bürogebäude mit EPC- Bewertungen bis 2030 zu ‚stranden‘. Insbesondere für Investoren im Value-Add-Segment bieten sich hier jedoch vielfache Anlagemöglichkeiten.

„Daten von MSCI zeigen, dass die Ausgaben für die Modernisierung von Bürogebäuden in Europa auf nur 0,8 % des Nettokapitalwerts gesunken sind eines der niedrigsten Niveaus seit der Finanzkrise 2008. Diese Ausgaben decken üblicherweise den Austausch von Beleuchtungs- und Belüftungssystemen ab, also kleinere Modernisierungsarbeiten, die das EPC-Label eines Gebäudes verbessern können“, sagt Georgia Ferris, European Research Analyst bei Savills, und ergänzt: „Wir schätzen, dass die durchschnittlichen Kosten für die Anhebung des EPC-Ratings eines Bürogebäudes von D auf B bei ca. 500 Euro pro m² liegen. Da der Kapitalwert gefährdet ist, wenn ein Gebäude nicht mehr den Vorschriften entspricht, können Investitionen in die Modernisierung Chancen für Investoren bieten, die Gebäude zukunftssicher zu machen.“

Der Druck von Seiten der Politik, Bestandsimmobilien zu modernisieren, wächst zusehends. So hat die Europäische Kommission beispielsweise im vergangenen September Beschwerden gegen Belgien, Deutschland und Österreich wegen mangelnder Umsetzung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) in nationales Recht ausgesprochen. Eine Umfrage des Investmentmanagers Empira unterstreicht indes das Bewusstsein von ESG in der Immobilienwirtschaft: Laut der „Empira Institutional Trends 2022 Survey“ gaben rund 90 % der befragten deutschen Anleger an, dass ESG für sie sehr wichtig sei – deutlich mehr als im Vorjahr (67 %).

Die deutsche Arminius-Gruppe beispielsweise hat vor kurzem einen Manage-to- Sustainability-Office-Fonds aufgelegt, der auf die Suche nach Immobilien mit erheblichem Wertsteigerungspotenzial in allen drei ESG-Bereichen abzielt. Bislang hat Arminius 30 Stadtgebiete in Deutschland für potenzielle Investitionen identifiziert, darunter in Hamburg und Köln.

„Der Markt hat die Zeichen der Zeit längst erkannt und forciert die ESG-Bemühungen weitreichend. Asset Management und Portfolio-Restrukturierung werden für 2023 die bedeutenden Themen für Bestandshalter werden. Viele Bestandshalter werden vor Entscheidungen stehen, ob sie notwendige ESG-Investitionen selbst umsetzen oder sich im Zuge von Portfolio-Restrukturierungen von Objekten trennen. Für Immobilien, die im Rahmen von Portfoliobereinigungen abgestoßen werden, steht umgekehrt Kapital von Value-Add-Investoren bereit, um diese Objekte für eine Re-Positionierung zu erwerben“, so Marcus Lemli, CEO und Head of Investment Europe bei Savills

Neben dem gesetzlichen Modernisierungsdruck kommen noch steigende Ansprüche seitens der Nutzer hinzu: „Zusätzlich zu den strengeren Gesetzen, die in ganz Europa in Kraft treten, stehen Investoren auch unter dem Druck von Nutzern. Diese bevorzugen zunehmend ESG-konforme Gebäude und sind durchaus bereit, einen Aufpreis für die besten Flächen zu zahlen. Eine positive Reputation und der Wettbewerb um die besten Talente sind zwei Faktoren, die zu den neuen ESG-Strategien der Unternehmen beitragen“, so James Burke, Director, European Capital Markets & Global Cross Border Investment bei Savills.

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  • Erschienen am:
    20.02.2023
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