Downaging in der Silver-Society: Welche Immobilien brauchen Golden Ager?

Wir werden immer älter. Gleichzeitig bleiben Ältere länger jung. Statt Altersheimen sind neue Konzepte gefragt: generationenübergreifendes und modulares Wohnen. 4 Trends von den Experten der IMMOBILIENRENDITE AG.

Fotocredit: RossHelen

Lust auf barrierefreies Wohnen in der Seniorenresidenz? Wohl kaum. Nichts schreckt mehr ab als der Gedanke an den Rollator, Essen auf Rädern und die Heimhilfe. Schließlich fühlen sich Boomer (um die 60) und Angehörige der Generation X (40 bis 55) als flotte Berufsjugendliche. Und wollen selbstbestimmt den Unruhestand genießen.

Viele Statistiken zählen Menschen ab 50 bereits zu den Senioren. Die Statistik Austria ist höflicher und rechnet erst Pensionisten ab 65 dazu. Anfang 2022 lebten rund 1,75 Millionen in Österreich. Sie werden immer mehr – in absoluten Zahlen wie aufgrund steigender Lebenserwartung: 19,5 Prozent aller Österreicher sind laut Neusprech Angehörige der „Silver-Society“ oder „Golden Ager“.

1. Die Silver-Society lebt modular & flexibel

Mit dem blumigen Mascherl beim Namen ist es jedoch nicht getan. Mit jedem Lebensjahr jenseits der 65 steigen die Anforderungen ans Wohnen. Das weiß auch Mathias Mühlhofer, Vorstand der IMMOBILIENRENDITE AG: „Statt unbeliebten Altersheimen braucht es altersgerechte Räume für ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden. Wenn nötig, müssen sie Platz für die Pflegehilfe bieten.“ Für die Adaption der Wohnung werden finanzielle Mittel und die richtige Basisplanung benötigt, weiß der Sanierungs-Experte. „Ideal sind flexible Einheiten mit modularen Grundrissen. Hier kann schnell eine Wand für ein Zusatzzimmer integriert werden.“

Split-Levels, die freistehende Badewanne und die Wendeltreppe mögen beim Einzug Flair versprüht haben – jenseits der 65 sind sie Hindernisse und Stolperfallen. Dann sind ein ebenerdiger Zugang zu allen Räumen, eine bodengleiche Dusche, höhenverstellbare Toilette und Türrahmen in Rollstuhl- Breite gefragt. Beim richtigen Grundriss lassen sich auch mittelgroße Wohnungen adaptieren.

2. Studenten-WG reloaded: beim Co-Housing von Jung & Alt

In der Realität existiert aber ein großes Problem, weiß Markus Kitz- Augenhammer , V orstand IMMOBILIENRENDITE AG: „Die Boomer haben gelebt, um zu arbeiten. Die Generation X hat gearbeitet, um sich ein besseres Leben leisten zu können. Beide Gruppen haben heute oft ein Eigenheim, das viele im Alter nicht verlassen wollen“, so der Makler-Experte. „Sie leben auf großem Fuß – in (zu) großen Immobilien. Ändern sich die Bedürfnisse, ist ein Umbau meist aufwendig und teuer.“ Die elektrische Infrastruktur muss leicht erreichbar sein. Ebenso Türgriffe, Stütz- und Haltesysteme an den Wänden. Vielleicht ist der Einbau eines Treppen-Lift nötig. Oder eines Notrufsystems für den sprichwörtlichen Fall des Falles.

Laut Trendforschern ist altersgerechtes Wohnen jedoch schon wieder Geschichte – „Freeager“ präferieren beim „Ageless Living“ kollaboratives Co-Housing. Laut Mühlhofer ist generationenübergreifenden Wohnen ein Vorteil für alle: „Wenn Ältere und Jüngere ein großes Haus gemeinsam bewohnen, ist das nachhaltig, ressourcenschonend und inspirierend: Die Jungen lernen von den Senioren. Und helfen bei Einkäufen wie Wegen zum Arzt.“ Überschreiben Eltern oder Großeltern der Jugend das Haus, das sie vielleicht gemeinsam bewohnen, empfiehlt der Jurist eine Absicherung: „In Form des Wohnrechts oder eines Belastungs- und Veräußerungsverbots.“ Einen Boom erleben in der Sharing-Kultur auch Senioren-WGs. Sie fördern den Austausch, beispielsweise beim Kartenspielen, bieten aber gleichzeitig den Rückzug in Privaträume.

3. Urbane Golden Ager

Mit zunehmendem Alter sind kurze Wege und die Nähe zu Apotheken, Geschäften, Ärzten und Spitälern ein Vorteil. Stadt schlägt Land – klar und in allen Kriterien. Kitz-Augenhammer: „Eine urbane Umgebung ist der perfekte Lebensraum für die ältere Generation.“ Zog es bis vor kurzem vor allem Junge in die Städte, folgen ihnen nun reifere Semester aus dem nunmehr zu großen Einfamilienhaus im Speckgürtel. „Der Anspruch an die städtische Infrastruktur verändert sich damit grundlegend. Urbanität muss neu gedacht werden.“

4. Generation Betongold – und die Folgen

Die Wiederentdeckung der Stadt durch Boomer und die Gen X zeigt sich am Immobilienmarkt. Michael Rajtora, Vorstand der IMMOBIIENRENDITE AG: „Die Generation Betongold kauft oft ein bis zwei Wohnungen. Und das ohne Kredit – die Summe wird vom eigenen Konto überwiesen.“ Auch institutionelle Investoren – sie vermehren das Geld wohlhabender Senioren – schielen nach altersgerechten Wohnungen in der Stadt. Allerdings rechnen sie oft mit unrealisierbaren Renditen. Viele schauen nur auf die Wertsteigerung der Immobilie und fordern Mieten von 20 bis 25 Euro pro Quadratmeter. Für Pensionisten unleistbar. Als Folge stehen in Wien viele dieser Wohnungen leer: laut „Willhaben“ derzeit über 10.600 – trotz des Zuzugs von Ukrainern. Ein Wohnungsüberhang, den es in der Hauptstadt so noch nie gegeben hat.
Mit einem satten Batzen Geld unter dem Kopfpolster tragen wohlhabende Ältere zu einem aktuellen Problem bei. Investment-Experte Rajtora: „Sie legen ihr Erspartes am liebsten in Betongold an, also Immobilien. Das
treibt die Preise noch weiter in die Höhe.“ Die Folge der Preisspirale ist ein neuer Rekord: Österreich ist in punkto Kauf hinter Großbritannien bereits das zweitteuerste Land Europas.

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  • Erschienen am:
    31.08.2022
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