Markenware zu Schnäppchenpreisen in einem angenehmen Shopping-Ambiente. Diese Erfolgsformel zusammen mit einem ausgeprägten Destinationscharakter für einen Tagesausflug hat dazu geführt, dass die Outlet Center in den vergangenen Jahren in den Ländern Europas eine stürmische Entwicklung hingelegt haben. Weder die deutlichen Marktanteilsgewinne des Online-Shoppings noch die Corona-Pandemie konnten den Siegeszug der Fabrikverkaufszentren aufhalten. Auch der Widerstand benachbarter Städte und der Organisationen des Einzelhandels zeigte nur in wenigen Ländern Wirkung. So stieg die Zahl der Standorte und der Outlet-Flächen jedes Jahr immer weiter. Erst die gestiegenen Energiepreise und die allgemeine Inflation in der Folge des Ukraine-Krieges führten zu ersten Bremsspuren und sorgten dafür, dass sich der Outlet-Markt aktuell in einem nun ziemlich ruhigen Fahrwasser bewegt. Oder kurz ausgedrückt: es tut sich – fast – nichts! Dies macht sich nun auch in den Bestandsdaten zu dieser Vertriebsform bemerkbar.
Anzahl der Outlet-Center und der Outlet-Fläche erstmals leicht rückläufig
Erstmals seitdem die Wiesbadener Wirtschaftsberatung ecostra vor nun knapp 20 Jahren begonnen hat, die Daten der Outlet Center in den Ländern Europas systematisch zu erfassen und statistisch auszuwerten, ist die Anzahl der Outlet Center sowie deren gesamte Fläche leicht zurückgegangen. Wie die neuesten verfügbaren Marktdaten zeigen, sank die Zahl der in Betrieb befindlichen Center per Saldo der Zu- und Abgänge im Jahresvergleich 2023 zu 2022 um einen Standort auf nun 197 und deren gesamte Verkaufsfläche ging um ca. 0,8 % auf nun ca. 3,2 Mio. m² zurück. „Alles in allem ein sehr moderater Rückgang, der sich vor allem auf die nun wohl endgültige Schließung des Zsar Outlet Village im finnischen Virolathi und dem Killarney Outlet Centre in Irland zurückführen lässt“, betont Dr. Joachim Will. Der ecostra-Geschäftsführer benennt die Gründe für die Schließungen: „Das unmittelbar an der finnisch-russischen Grenze gelegene Zsar Outlet Village hatte seit der Eröffnung im Jahr 2018 unter einer erkennbaren Leerstandsproblematik zu leiden und war zudem stark auf russische Touristen ausgerichtet, welche in der Folge des Ukraine-Krieges nun vollständig ausgeblieben sind. Ende des letzten Jahres haben die Banken nun die Reißleine gezogen. Das Killarney Outlet Center war mit einer gesamten Mietfläche von etwa 7.000 m² schlichtweg zu klein dimensioniert. Und dann hat im vergangenen Jahr auch noch mit dem Sportanbieter Nike der einzige Magnetbetrieb das Center verlassen. Damit war das Schicksal auch dieses Objekts besiegelt.“
Stark gebremste Standortexpansion bei den Top-Betreibern
Diesen Schließungen standen nur wenige Neueröffnungen und Erweiterungen entgegen, wobei das von McArthurGlen im Westen der französischen Hauptstadt entwickelte Designer Outlet Paris-Giverny das wohl bemerkenswerteste Projekt darstellt. Seitdem zeigt McArthurGlen augenscheinlich nur noch wenig Neigung, neue Vorhaben anzugehen, auch weil dies meist mit langwierigen und teuren Genehmigungsverfahren verbunden ist. So hat sich McArthurGlen nach über 10 Jahren Planungsdauer und Vorlaufkosten in zweistelliger Millionenhöhe von dem Projekt in Remscheid (Nordrhein-Westfalen) verabschiedet. Dieses wird nun mit veränderter Konzeption und reduzierter Größe durch die Investorenfamilie Dommermuth weiterverfolgt, welche bereits in Montabaur (Rheinland-Pfalz) ein Outlet-Center besitzen und für Remscheid eine Eröffnung für das Jahr 2027 anvisieren. Auch zwei weitere Schwergewichte des europäischen Outlet Marktes drücken in ihrer Expansion voll auf die Bremse. Value Retail hat bereits seit einigen Jahren die Expansion in Europa komplett eingestellt und konzentriert sich neben der Optimierung und dem weiteren „trading up“ der bestehenden, bereits sehr erfolgreichen Standorte auf Neuentwicklungen in China und den USA. Die Nummer 2 des europäischen Outlet Marktes, der spanische Betreiber Neinver, kündigt zwar für das kommende Jahr die Eröffnung eines Centers im französischen Valserhône nahe der Schweizer Grenze an, zeigt ansonsten aber keinerlei Ambitionen für weitere Neuentwicklungen.
Shoppingcenter suchen Neupositionierung als Shopping- / Outlet-Hybride
Allerdings hat die Krise vieler Shoppingcenter dazu geführt, dass deren Eigentümer nun über Hybridkonzepte nachdenken, welche Outlet Stores und herkömmliche Einzelhandelsgeschäfte verbinden. Solche Konzepte sehen die Integration von Outlet Stores vor, wobei dies getrennt auf verschiedenen Verkaufsebenen oder Teilbereichen eines Centers erfolgt. Will: „Solche Shoppingcenter / Outlet-Hybride sind alles andere als neu und wurden in der Vergangenheit bereits in mehreren europäischen Ländern umgesetzt. So in Portugal, Italien, England, Deutschland und Polen. Die Nachfrage nimmt stark zu. Bei uns läuft derzeit pro Monat mindestens eine Anfrage zur Erstellung einer Machbarkeitsstudie für ein solches Konzept ein. Und die Anfragen kommen aus sämtlichen europäischen Ländern, jüngst erst vom Eigentürmer eines sehr prominenten Shoppingcenters in der Schweiz.“ Eine solche Lösung kann im Einzelfall durchaus eine geeignete Strategie sein, ein problematisches Center neu im Markt zu positionieren. Allerdings sind die Anforderungen an Konzeption und Management auch hier nicht zu unterschätzen. Grundvoraussetzung ist ein bereits vorhandenes, liberales Baurecht und Flächenmietpreise, welche deutlich unter dem von Outlet Centern bekannten Mietpreisniveau liegen.
Anforderungen an Energieeinsparung machen sich bei Finanzierung bemerkbar
Ein weiterer Grund für die derzeit fehlende Dynamik in diesem Markt sieht der ecostra-Geschäftsführer in der ESG-Problematik. Bei diesem Akronym ist vor allem der erste Buchstabe „E“ für die Outlet-Center relevant. Dieser steht für „Environment“ und zielt auf die Einsparung von CO2-Emissionen. Zwar gelten offene bauliche Konzepte wie die bei Outlets häufigen Village-Typen hinsichtlich dieser Emissionen meist als günstiger, da keine großzügigen Mall-Flächen beheizt oder gekühlt werden müssen, aber deren Ladeneinheiten sind beispielsweise aufgrund der Statik kaum geeignet relevante Solar-Panels zur Eigenstromerzeugung zu tragen. Finanzierende Banken nehmen die CO2-Bilanz in Zusammenhang mit der Energieeffizienz und dem Ressourcenverbrauch solcher Immobilien aber zunehmend in den Blick und sind in der Risikoabwägung zögerlich, längerfristige Finanzierungen bereitzustellen. Dazu kommt noch die aufgrund der Zinsentwicklung allgemein schwieriger gewordene Finanzierungskulisse sowie die stark gestiegenen Baukosten.
Ist der Outlet-Markt gesättigt?
Eine Marktsättigung bei den Outlet Centern ist jedenfalls bislang noch in keinem europäischen Land auszumachen. Will: „Wir waren einige Jahre davon überzeugt, dass das Vereinigte Königreich mit zwischenzeitlich 38 in Betrieb befindlichen Outlet Centern einen gesättigten Markt darstellt. Ähnliches galt auch für Italien mit 26 Centern. Aber in beiden Ländern sind neue Standorte in Bau oder in der Pipeline, wenngleich deren Fertigstellung noch etwas auf sich wird warten lassen.“ Der ecostra-Geschäftsführer geht davon aus, dass mit jeder Neueröffnung an anderer Stelle Konkurrenzobjekte mit schlechteren Konzepten oder Standortbedingungen aus dem Markt gedrängt werden. Aber offensichtlich – so Will – sei der Markt noch weiter aufnahmefähig. Dies gelte insbesondere auch für Deutschland, wo eher die aufwendigen und teuren Genehmigungsverfahren eine Bremswirkung entfalten. Will: „Die mieterseitige Flächennachfrage bei guten Standorten und Konzepten ist jedenfalls da. Und die Umsätze in den Outlet Stores haben das Vor-Corona-Niveau bereits wieder erreicht und häufig sogar überschritten. Dies wird die Flächennachfrage weiter anheizen. Aus unserer Sicht handelt es sich also bei der aktuell eher stagnierenden Outlet-Entwicklung in Europa bestenfalls um eine Atempause.“