„Haus zu verkaufen“, steht auf dem Schild am Gartenzaun. Augenscheinlich hängt es schon länger hier: Sonne, Regen und Schnee haben sichtbare Spuren hinterlassen – der Kontakt des Maklers ist nur mehr mit Mühe entzifferbar. Kein Einzelfall in Österreich, weiß Mathias Mühlhofer, Vorstand der IMMOBILIENRENDITE AG: „Auf dem Markt wird derzeit viel Ware angeboten. Allerdings scheint die immer öfter keiner zu wollen. Wohnungen, Häuser und Gewerbeobjekte sind neuerdings immer länger inseriert. Bauträger bleiben zunehmend auf ihren Objekten sitzen. Selbst gute Immobilien werden zu Ladenhütern.“
Die Gründe für die neue Kaufunlust sind vielfältig: In der Teuerungskrise wird Sparen zur Pflicht- übung. Viele Österreicher wissen nicht mehr, wie sie Lebensmittel im Supermarkt oder die Energie- rechnung zahlen sollen. Die Inflation hat sich bis tief in den Mittelstand gefressen – zu Menschen, die bislang nach einer Eigentumswohnung oder dem Eigenheim im Grünen strebten. Mühlhofer: „Sogar sie sitzen zurzeit lieber auf ihrem Geld. Oder bekommen keinen Kredit.“ Seit August müssen Kauf- Interessenten für ein Bankdarlehen neue strenge Kriterien erfüllen: mindestens 20 Prozent Eigen- mittel mitbringen und eine Rückzahlungsrate mit maximal 40 Prozent des Nettoeinkommens bedienen können – binnen einer Laufzeit von höchstens 35 Jahren. Für viele ein Ding der Unmöglichkeit angesichts der Teuerung.
Sinkende Preise für Eigentum – inoffiziell
Parallel dazu erlebte die Bauwirtschaft in den letzten Jahren einen nie dagewesenen Höhenflug
– besonders im urbanen Raum sind Wohnhäuser mit Eigentumswohnungen wie Schwammerl aus dem Boden gesprossen. Markus Kitz-Augenhammer, Vorstand der IMMOBILIENRENDITE AG:
„Aufgrund der Überproduktion sehen wir auf dem Markt nun ein Überangebot: mehr Eigentums- Wohnungen und -Reihenhäuser als Kauf-Interessenten.“ Auch im oberen Segment sei die Nachfrage gedeckt: „Ein Teil der Vertriebenen aus der Ukraine ist wohlhabend und konnte sich eine Eigentums- wohnung in Österreich kaufen.“ Konnten Käufer bislang auf die Wertsteigerung ihres Eigentums vertrauen, sei die Preisrally nun vorbei: „All die Entwicklungen führen in den nächsten Jahren zu sinkenden Preisen.“
Der Trend zeigt sich auch im RE/MAX Real Estate Future Index (RREFIX). Er ist die Summe von rund 600 Prognosen heimischer Immobilienexperten: 2023 wird das Immobilienangebot um fast 8 Prozent steigen, die Nachfrage jedoch um knapp 11 Prozent sinken. Infolge zeigt der Preistrend bei Wohn- immobilien erstmals seit 2015 nach unten. Neue frei vereinbare Mietabschlüsse sollen 2023 nur geringfügig steigen, punktuell auch fallen. Und das bei steigender Nachfrage nach Mietwohnungen in zentralen Lagen und am Stadtrand. Eigentumspreise purzeln, am stärksten bei Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen am Land. Fallende Preise für Eigentumswohnungen und eine steigende Miet- nachfrage könnte die Attraktivität von Anlegerwohnungen steigern. Relativ stabil zeigen sich Immobilien im Bereich der Land- und Forstwirtschaft sowie Baugrundstücke.
Freilich: Offiziell herrscht auf dem Immobilienmarkt noch immer Goldgräberstimmung. Bei (Online-) Inseraten werden weiterhin hohe Preise verlangt. Inoffiziell seien laut Michael Rajtora, Vorstand der IMMOBILIENRENDITE AG, dennoch Schnäppchen zu landen, denn die hohen Preise werden zwar weiterhin verlangt, in der Realität aber nicht mehr bezahlt: „Mein Tipp: Eine Wohnung suchen, die schon länger inseriert ist, und verhandeln. Der Spielraum für eine Reduktion des Preises war nie größer als jetzt.“ Die Prognose der drei Experten der IMMOBILIENRENDITE AG: „2023 wird das Jahr der Immobilien-Schnäppchen.“