Aktuelle Infina-Studie: 80 % heimischer Best-Ager sehen Altersdiskriminierung bei Kreditvergaben

Mit 1. Mai 2023 tritt in Österreich eine Novelle des Hypothekar- und Immobilienkreditgesetzes (HIKrG) in Kraft. Wesentliches Ziel ist, die bestehende Altersdiskriminierung bei der Vergabe von Immobilienkrediten zu beenden. Denn aktuell sind Senioren von Immobilienfinanzierung über Bankkredite nahezu ausgeschlossen. Auch dann, wenn sie über ausreichende Sicherheiten und gute Bonitäten verfügen.

Fotocredit: Kurt Keinrath/www.keinrath.com

Aktuelle Infina-Studie: 80 % heimischer Best-Ager sehen Altersdiskriminierung bei Kreditvergaben
  • Marketagent-Studie im Auftrag des ungebundenen Kreditvermittlers Infina anlässlich der HIKrG-Novelle veröffentlicht – befragt wurden über 1.000 Österreicher ab 55 Jahren

  • 8 von 10 Befragten sehen derzeit Altersdiskriminierung bei Kreditvergaben zur Immobilienfinanzierung

  • Kredite im Alter: Rund 40 % der über 55-jährigen ziehen Kreditaufnahme bei entsprechenden Rahmenbedingungen und guter Beratung in den nächsten fünf Jahren in Betracht

  • Top-Gründe für Finanzierungen: Sanierungen und Umbauten sowie Finanzierungen von Gesundheits- und Pflegemaßnahmen

  • Kostenvorstellung: Für rund ein Fünftel der Senioren sind zum Erwerb von Immobilieneigentum eine monatliche Kreditrate über 750 Euro und eine Kredithöhe über 150.000 Euro vorstellbar 

Diskriminierung aufgrund des Alters verspüren auch heimische Best-Ager. Laut einer österreichweiten Studie des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Marketagent im Auftrag von Infina stimmen acht von zehn befragten Österreichern über 55 Jahren sehr oder eher zu, dass Senioren bei Kreditvergaben aufgrund ihres Alters diskriminiert werden (83 %) – nur rund 17 Prozent stimmen dem eher nicht bzw. nicht zu. Besonders stark ist dieses Gefühl bei Steirern (92 %) sowie Kärntnern und Wienern (jeweils 89 %) ausgeprägt. Im Westen Österreichs stimmen dem vier von fünf Befragten (Tirol und Vorarlberg) sowie drei von vier Salzburgern zu. In Oberösterreich, Niederösterreich und dem Burgenland sind es jeweils 78 Prozent. Neun von zehn Studienteilnehmern denken, dass Berufstätigen die Aufnahme von Krediten leichter ermöglicht wird als Senioren (92 %). 83 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Politik mehr tun sollte, um Finanzierungen jeder Art für Senioren zu erleichtern.

HIKrG-Novelle: Besserer Zugang zu Immobilienfinanzierung für Senioren

Österreichs Bevölkerung wird zunehmend älter. In den kommenden Jahren werden immer mehr Menschen der geburtenstarken Babyboomer-Generation ihren Ruhestand antreten. Für einen leistungsfähigen Finanz- und Wirtschaftsstandort Österreich wird die Bevölkerungsgruppe der Best-Ager künftig noch wichtiger. In Folge der HIKrG-Novelle steht bei Kreditwürdigkeitsprüfungen ab Mai nicht mehr wie bisher die statistische Lebenserwartung im Fokus, was zur Altersdiskriminierung geführt hat. Stattdessen ermöglicht der Gesetzgeber Kreditinstituten die individuelle Rückzahlungswahrscheinlichkeit und vorhandene Sicherheiten stärker zu berücksichtigen. Darüber hinaus muss die Kreditrückzahlung nicht mehr wie bisher zwingend zu Lebzeiten erfolgen. Senioren erhalten dadurch einfacheren Zugang zu Bankkrediten mit längeren Laufzeiten, attraktiveren Konditionen und günstigeren monatlichen Kreditraten. Eine vergleichbare Regulierung hat bereits im Nachbarland Deutschland erfolgreich dazu beigetragen, Altersdiskriminierung zu beenden.

„Die Gesetzesänderung verbessert die finanziellen Perspektiven für Best-Ager langfristig und bietet ihnen zusätzliche Planungssicherheit. Aber auch für die Kreditwirtschaft und besonders für die Bau- und Immobilienbranche entstehen wichtige Wachstumsimpulse. Die Wertschöpfung bleibt in Österreich, das sichert heimische Arbeitsplätze. In Zeiten hoher Energiepreise, steigender Lebenserhaltungskosten sowie neuen Anforderungen an klima- und zukunftsfitte Gebäude hat die Gesetzesänderung großes Potenzial für Verbesserungen im Sinne wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und ökologischer Nachhaltigkeit. Wichtig ist jetzt, dass alle Marktteilnehmer diese Chancen erkennen und attraktive Angebote schaffen. Die Infina Wohnbau-Finanz-Experten beraten objektiv und umfassend zu maßgeschneiderten Finanzlösungen für die älteren Generationen”, sagt Christoph Kirchmair, Gründer und CEO von Infina.

Status Quo: Was besitzen heimische Senioren aktuell?

55 Prozent der Studienteilnehmer besitzen aktuell selbst eine oder sogar mehrere Eigentumsimmobilien – davon 61 Prozent der Männer und 50 Prozent der Frauen. Mehr als ein Viertel hat Immobilieneigentum in der Vergangenheit besessen und zwischenzeitlich verkauft oder an ein Familienmitglied übertragen (27 %). Mehr als drei Viertel der Immobilieneigentümer geben darüber hinaus an, dass die Immobilie bereits vollständig schuldenfrei ist (77 %). Erworben bzw. übernommen wurde das Immobilieneigentum im Durschnitt vor 25,6 Jahren. Bei mehr als einem Drittel der befragten Österreicher mit eigenem Haus oder eigener Wohnung sind es sogar mehr als 31 Jahre (34 %).

Pablo Viveros, Infina Verbundpartner und Interessensvertreter für Seniorenkredite schildert: „Die Umfrage-Ergebnisse zeigen uns, dass ein sehr hoher Anteil der Menschen in Österreich ab 55 Jahren über umfassende Sicherheiten und gute Bonitäten verfügen. Ab Mai können diese individuellen finanziellen Backgrounds im Sinne unserer Kunden und ihrer Finanzierungsbedürfnisse bei der Kreditwürdigkeitsprüfung verstärkt berücksichtigt werden. Zudem zeigt die Studie, dass bei guter Beratung und entsprechenden Rahmenbedingungen eine Kreditaufnahme, unabhängig vom Verwendungszweck, für rund 40 Prozent der Befragten in den kommenden fünf Jahren eine Option ist. Zum Vergleich haben aktuell lediglich 17 Prozent in den vergangenen fünf Jahren einen Kredit beansprucht. 16 Prozent der Studienteilnehmer können sich sogar dezidiert vorstellen, in Zukunft eine oder mehrere Immobilien zu erwerben – für eigene Wohnzwecke, für ein Familienmitglied oder als solide Vermögensanlage. Ich bin zuversichtlich, dass die HIKrG-Novelle den österreichischen Senioren endlich ermöglichen wird, ihre Finanzierungswünsche und -vorstellungen zu realisieren.”

Quo Vadis? Potenzielle Gründe für eine Finanzierung im Alter

Als Finanzierungsbedürfnis sind den über 1.000 Studienteilnehmern besonders die Sanierung oder der Umbau einer Eigentumsimmobilie wichtig (34 %), z. B. zur realwertsteigernden thermischen Sanierung oder für die Umstellung auf effiziente und nachhaltige Heizsysteme. Darunter etwa auch der Wunsch, länger selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden leben zu können. Hierzu sind vorausschauende Umbauarbeiten zur Schaffung von Barrierefreiheit nötig. „Ein altersgerechter Umbau ist auch aus gesellschaftlicher Sicht sinnvoll, um hohe Auslastung von Senioreneinrichtungen bei gleichzeitigem Pflegemangel zu entschärfen. Die Gesetzesnovelle schafft mehr finanziellen Spielraum und bessere Finanzierungsmöglichkeiten für bisher von Altersdiskriminierung betroffenen Menschen im besten Alter”, so Christoph Kirchmair.

Weitere Gründe, die für eine Finanzierung via Kredit sprechen, sind unter anderem der Erwerb eines Autos (18 %), der Kauf einer neuen Immobilie (16 %), die Finanzierung der Einrichtung an einem neuen Wohnort (14 %), die Aufbesserung der eigenen Pension bzw. das Halten des bestehenden Lebensstandards (11 %). Demgegenüber sagen drei von zehn Studienteilnehmer, dass es für sie noch keine Gründe für eine Finanzierung gibt (31 %). „Auch hier kann die HIKrG-Novelle dazu führen, dass sich heimische Senioren künftig eher zutrauen, an kleine wie große Finanzierungsvorhaben zu denken. Früher erschien ihnen das aufgrund der strengen Kreditvergaberegeln nahezu unmöglich”, so der Wohnbau-Finanz-Experte Pablo Viveros.

Immobilienkredite im Alter: Das können sich heimische Senioren vorstellen

Aufgrund von regulatorischer Altersdiskriminierung sind Best-Ager häufig von Kreditvergaben ausgeschlossen. Dennoch gewährte Kredite orientierten sich an der statistischen Lebenserwartung, die Folge: Abschlüsse mit kurzen Laufzeiten und hohen monatlichen Kreditraten. Weniger als die Hälfte der Studienteilnehmer mit aktuell laufendem Kredit gibt an, finanziell nicht oder nur bei größeren Anschaffungen durch die monatliche Kreditrate belastet zu sein (45 %). Nicht mehr zwingend erforderliche vollständige Kredittilgung zu Lebzeiten ermöglicht künftig auch Senioren Zugang zu Immobilienkreditfinanzierung mit längeren Laufzeiten und günstigeren monatlichen Kreditraten.

Beim Blick in die Zukunft sehen rund 40 Prozent der Befragten für die Aufnahme eines Immobilienkredits eine Kredithöhe bis zu 75.000 Euro als realistisch, 39 Prozent geben hier eine Maximalhöhe von 150.000 Euro an. Jedoch kommt für ein Fünftel der Befragten auch eine Kredithöhe von über 150.000 Euro in Frage (21 %). Für je knapp ein Drittel ist eine Kreditrate in Höhe von bis zu 250 Euro (31 %) bzw. 500 Euro realistisch (31 %). Für ein knappes Fünftel der Befragten wären jedoch auch monatliche Kreditraten zum Erwerb von Immobilieneigentum von über 750 Euro vorstellbar (19 %).

„Besondere Bedeutung hat die monatliche Kreditrate durch die seit letztem Jahr gültige KIM-V. Sie gibt eine maximale Verschuldungsquote von 40 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens vor. Für Pensionisten ist das, ebenso wie für Jungfamilien, eine starke Hürde. Durch Zugang zu Immobilienkrediten mit längeren Laufzeiten und günstigeren monatlichen Kreditraten können auch Senioren die Verschuldungsquote der KIM-V besser erfüllen. Trotz kontinuierlicher Zinsschritte der EZB gibt es am Markt nach wie vor sehr attraktive Immobilienkreditangebote mit Fixverzinsung und langfristigen Laufzeiten”, führt Pablo Viveros aus.

Was Österreichs Senioren im Alltag bewegt

Abseits finanzieller Fragen wird der Alltag österreichischer Best-Ager vor allem von Freizeitaktivitäten bestimmt. Mehr als ein Viertel gibt an, wöchentlich mehr als 15 Stunden damit zu verbringen (26 %), bei mehr als der Hälfte sind es fünf bis 15 Stunden (52 %). „Am wichtigsten ist den Befragten Zeit in der Natur (61 %), Zeit mit der Familie (48 %) oder Freunden zu verbringen (41 %). Auch Reisen (28 %), Fitness und Sport (24 %) sowie gesunde Ernährung (18 %) haben für ältere Menschen in allen Bundesländern Österreichs einen hohen Stellenwert”, bot Marketagent-Studienleiterin Judith Traxler Einblicke in die aktuelle Lebenswelt der Befragten und schildert weiters: „Wichtigste Informationsquellen für gesellschaftliche, finanzielle und wirtschaftliche Themen sind das Fernsehen (78 %), das Internet (50 %), Print-Tageszeitungen (40 %) und Radioprogramme (38 %). Als Informationsquelle spielen Social-Media-Dienste nur eine sehr geringe Rolle (9 %).”

Hinsichtlich Geschlecht, Alter (bis 75 Jahre), Ausbildung und Bundesland entspricht die Verteilung im Sample der österreichischen Bevölkerung. Knapp mehr als die Hälfte der österreichweit 1.032 Befragten der Studie sind weiblich. Rund ein Drittel hat als höchsten Bildungsabschluss zumindest die Matura. Ein Drittel befand sich bei der Befragung in der Altersgruppe 55 bis 60 Jahre, rund 45 Prozent in der Gruppe 61 bis 70 Jahre und ein knappes Fünftel in der Gruppe 71 Jahre oder älter. Rund 60 Prozent wohnen in einer Immobilie in ihrem Besitz oder im Besitz eines Familienmitglieds, 40 Prozent sind Mieter. Knapp zwei Drittel der Studienteilnehmer sind aktuell bereits in Pension oder nur (mehr) geringfügig beschäftigt. Ein Drittel verfügt über ein monatliches Nettohaushaltseinkommen von mehr als 3.000 Euro. Bei rund 26 Prozent beträgt es 2.000 bis 2.999 Euro. Mehr als die Hälfte der Befragten wohnt in einem Haushalt mit zwei Personen, knapp 30 Prozent leben alleine.

Über die Studie

Die Studie wurde vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent zum ersten Mal durchgeführt. Im Zeitraum von 30. März bis 7. April 2023 wurden insgesamt 1.032 Frauen und Männer in Österreich im Alter ab 55 Jahren zu ihren Einstellungen, Wünschen und Bedürfnissen zum Thema Finanzierung befragt.

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  • Erschienen am:
    29.04.2023
  • um:
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