Expo Real 2025: Zwischen Zweckoptimismus und Realismus – Ein Markt im Wandel
Die Expo Real 2025 bot einen vielschichtigen Einblick in die aktuelle Lage des Immobilienmarktes, der sich in einer Phase der Neuorientierung befindet. In einer lebhaften Podiumsdiskussion mit Experten wie Franz Pöltl (EHL Immobilien), Gerald Kerbl (TPA), Birgit Kraml (DLA Piper) und Walter Senk wurde deutlich, dass die Messe trotz reduzierter Stände und verhaltener Marktaktivität eine wichtige Plattform für Austausch und neue Impulse bleibt.
Marktstimmung: Zweckoptimismus trifft auf Realismus
Franz Pöltl beschreibt die Stimmung auf der Messe als ambivalent:
„Die Expo Real war eine Messe zwischen Selbstvergewisserung und Selbsttäuschung. Wer wollte, fand Aufbruchstimmung, wer konnte, sprach von Realismus.“
Er betont, dass die Zeiten, in denen Transaktionen schnelle Gewinne versprachen, vorbei sind:
„Eine Transaktion kommt heute zustande, wo beide gerade noch leben können und nicht, wo beide die Gewinne des Jahrhunderts machen.“
Diese nüchterne Einschätzung prägt die aktuelle Marktphase, in der Family Offices und liquide Privatinvestoren als stärkste Käufergruppen agieren. Gerald Kerbl ergänzt:
„Die stärkste Käufergruppe am Markt sind Family Offices, Privatstiftungen und Privatinvestoren. Sie sind schnell entschlossen, liquide und sehen Chancen in sogenannten Trophy Assets.“
Rechtliche und steuerliche Unsicherheiten als Investitionshemmnis
Die Komplexität des österreichischen Mietrechtsgesetzes und die jüngsten Änderungen im Grunderwerbsteuerrecht erzeugen erhebliche Unsicherheiten, die Investoren verunsichern. Birgit Kraml erläutert:
„Die letzten Jahre waren die Mietrechtsgesetzgebung sehr mieterfreundlich, teilweise nicht nachvollziehbar. Das macht den Wohnungsmarkt für internationale Investoren komplett uninteressant.“
Gerald Kerbl ergänzt, dass diese Unsicherheiten das Vertrauen ausländischer Investoren nachhaltig beeinträchtigen:
„Es gibt einen Vertrauensverlust ausländischen Kapitals, was für eine kleine Volkswirtschaft wie unsere verheerend ist.“
ESG als unverzichtbarer Faktor
Nachhaltigkeit und ESG-Kriterien bleiben ein zentrales Thema, vor allem bei Banken und institutionellen Anlegern. Birgit Kraml fasst zusammen:
„Jede Immobilie, die ich kaufe, werde ich mir überlegen müssen, wie ich sie nachhaltig gestalte, um sie taxonomiekonform zu machen.“
Franz Pöltl ergänzt, dass auch wenn Privatinvestoren manchmal weniger streng sind, die Banken keinerlei Nachsicht zeigen:
„Die Banken haben keinen Millimeter nachgegeben. ESG ist ein Muss für die Finanzierung.“
Internationale Perspektiven: Österreich im Vergleich
Die Experten sind sich einig, dass Österreich derzeit international als weniger attraktiver Standort wahrgenommen wird. Franz Pöltl erklärt:
„Österreich wird von institutionellen Investoren als unsicherer Markt wahrgenommen. Die wirtschaftliche Performance lässt derzeit zu wünschen übrig.“
Im Vergleich dazu seien deutsche Investoren im Zyklus bereits weiter, während asiatische Investoren verstärkt in Märkte mit höheren Renditen investieren. Gerald Kerbl ergänzt:
„Österreich ist für asiatische Investoren aktuell kaum interessant, da die Renditen zu niedrig sind und die Finanzierungskosten zu hoch.“
Chancen und Zukunftsaussichten
Trotz der Herausforderungen sehen die Experten Lichtblicke. Franz Pöltl zeigt sich vorsichtig optimistisch:
„Es gibt Investoren, die bereit sind zu investieren. Die Preislandschaft hat sich geändert, aber Liquidität wird helfen, den Aufwärtstrend zu starten.“
Besondere Dynamik zeigt sich im Hotelsegment und bei Infrastrukturimmobilien wie Datencentern und Batteriespeichern, auch wenn Österreich hier noch Nachholbedarf hat. Birgit Kraml betont:
„Die Verschmelzung von Immobilien und Infrastruktur wird immer deutlicher. Datencenter sind ein wachsender Investitionsbereich, auch wenn wir in Österreich noch nicht die Kapazitäten haben.“
Politische Rahmenbedingungen und Handlungsbedarf
Ein zentrales Thema der Diskussion war der politische Einfluss auf den Markt. Gerald Kerbl bringt es auf den Punkt:
„Wir brauchen Politiker, die drei bis vier Jahre in die Zukunft denken. Wenn ich heute zu wenige Wohnungen habe und das Investment in Wohnen weniger attraktiv mache, habe ich in drei bis vier Jahren weniger Wohnungen.“
Birgit Kraml ergänzt die Notwendigkeit von Reformen:
„Die politische Unsicherheit, Mietdeckelungen und steuerliche Änderungen tragen nicht dazu bei, Vertrauen zu schaffen. Das ist ein massiver Handlungsbedarf.“
Fazit
Die Expo Real 2025 zeigte einen Markt im Umbruch, der sich von kurzfristigen Spekulationen verabschiedet und sich auf nachhaltige, langfristige Strategien konzentriert. Die Herausforderungen sind vielfältig – von rechtlichen Unsicherheiten über politische Rahmenbedingungen bis hin zu internationalen Wettbewerbsnachteilen. Dennoch bieten sich Chancen für Investoren, die antizyklisch agieren und langfristig denken.
Der Dialog der Experten macht deutlich, dass politische Stabilität, regulatorische Klarheit und eine klare ESG-Strategie entscheidend sein werden, um das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen und die Attraktivität Österreichs als Investitionsstandort zu stärken.
Die vollständige Diskussion mit Franz Pöltl, Gerald Kerbl, Birgit Kraml und Walter Senk steht Ihnen als Aufzeichnung zur Verfügung – ein unverzichtbarer Einblick in die aktuellen Entwicklungen und Perspektiven des Immobilienmarktes.