Die Gespräche mit Gerald Beck von der Bundesimmobiliengesellschaft, Klemens Braunisch von der FH Wien, Peter Engert von der ÖGNI, Harald Kröger von RBI und Raphael Lughammer von der LZH Group offenbarten sowohl die aktuellen Herausforderungen als auch die enormen Chancen, die sich durch die konsequente Integration von Nachhaltigkeitsprinzipien ergeben.
Nachhaltigkeit in Real Estate: Praxisnahe Ansätze führender Branchenexperten
Die Bedeutung von Nachhaltigkeit in Real Estate wächst kontinuierlich in der österreichischen Immobilienbranche, wie die Diskussionen beim ESG Talk eindrucksvoll verdeutlichten. Gerald Beck von der Bundesimmobiliengesellschaft betonte dabei die fundamentale Transformation, die derzeit in der Branche stattfindet: „Das Thema greift immer breiteren Raum und das ist wichtig so! Mittlerweile sind alle Konzepte und alle Bereiche aus der Immobilienbranche davon betroffen." Diese Aussage unterstreicht, dass Nachhaltigkeit in Real Estate Projekten nicht mehr als isolierter Aspekt betrachtet werden kann, sondern als ganzheitliche Leitlinie für sämtliche Unternehmensbereiche fungieren muss.
Besonders bemerkenswert war Becks kritische Reflexion über die oft vorhandene Diskrepanz zwischen öffentlichen Bekenntnissen zu Nachhaltigkeitsprinzipien und deren tatsächlicher Implementierung. „Die Umsetzung dieser Maßnahmen, das sind Mühen auf jeder Ebene. Da muss man durchdenken, da muss man sich mit vielen neuen Dingen beschäftigen, dann muss man viele neue Denkmuster auch entwickeln", erläuterte Beck die tieferliegenden Herausforderungen. Die Bundesimmobiliengesellschaft positioniert sich in diesem Kontext als Vorreiter, der über das oft anzutreffende „Greenwashing" hinausgeht und einen flächendeckenden Ansatz verfolgt.
Peter Engert von der ÖGNI betonte im Rahmen des ESG Talks die Bedeutung der “transformativen Finanzierung” als entscheidenden Hebel für nachhaltige Immobilienentwicklung. “Wenn Finanzierung darauf abzielt, Immobilien zu erhalten, wertbeständig zu erhalten, Klimawandel-Resilienz aufzubauen, Energiequellen zu tauschen – wenn es da Finanzierungen gibt, ist das ein wichtiger Schub”, erläuterte Engert. Besonders bemerkenswert war sein Plädoyer, über reine Regulatorik hinauszudenken und stattdessen “auf das Herz und auf das Hirn” zu achten. Diese menschenzentrierte Perspektive spiegelt sich auch in seiner Betonung der Mieterbelange wider: “Was macht man, um unsere Werte zu erhalten, um unseren Mietern das Leben zu erleichtern? Mit geringeren Betriebskosten.” Engerts Ausführungen verdeutlichten, dass erfolgreiche ESG-Strategien nicht nur ökologische und wirtschaftliche, sondern auch soziale Aspekte berücksichtigen müssen, um ganzheitlich wirksam zu sein.
Klemens Braunisch von der FH Wien hob die zunehmende Sensibilisierung der Studierenden für Nachhaltigkeitsthemen hervor und betonte die selbstverständliche Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Curricula. „Die Studierenden haben durch ihr Studium hier noch viel stärker erfahren, wie entscheidend auch dieser Bereich für die Zukunft ist", beschrieb Braunisch den Erkenntnisgewinn im akademischen Umfeld. Diese Entwicklung ist besonders bedeutsam, da sie zeigt, wie sich das Bewusstsein für nachhaltige Immobilienentwicklung bereits in der Ausbildung verankert.
ESG Investing: Neue Finanzierungsmodelle für nachhaltige Immobilien
Die Gespräche mit Eva-Maria Hammerschmid und Klaus Michal von der Raiffeisen Bank International verdeutlichten, wie ESG Investing die traditionellen Finanzierungsmodelle der Immobilienbranche transformiert. „Gemeinsam versuchen wir, die bestmöglichen Projekte zu finden, die auch die nachhaltigsten sind", erläuterte Klaus Michal die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Sustainable Finance und Real Estate Finance Teams. Diese kooperative Herangehensweise zeigt, wie ESG Investing neue Möglichkeiten für nachhaltige Immobilienprojekte schafft.
Besonders bemerkenswert ist dabei die doppelte Zielsetzung der Bank: Sie verfolgt nicht nur die Unterstützung ihrer Kunden bei der Erreichung von Nachhaltigkeitszielen, sondern steht selbst unter dem Druck, die sogenannten „finanzierten CO2-Emissionen" zu reduzieren. „Das können wir nur gemeinsam mit dem Kunden, niemals alleine", fasste Michal die notwendige Partnerschaft prägnant zusammen und verdeutlichte damit die neue Realität im Bankensektor, in der Nachhaltigkeit als fundamentales Prinzip die gesamte Geschäftspolitik durchdringt.
Dekarbonisierung in Real Estate: Strategien für die Zukunft
Die Diskussionen zur Dekarbonisierung offenbarten sowohl innovative Lösungsansätze als auch strukturelle Herausforderungen. Raphael Lughammer von der LZH Group präsentierte mit der Modulbauweise einen wegweisenden Ansatz für nachhaltige Immobilienentwicklung. „Aus unserer Historie heraus haben die meisten unserer Projekte modular entwickelt und hergestellt", erklärte Lughammer und positionierte sein Unternehmen als einen der führenden Umsetzer dieser Technologie in Österreich.
Die wirtschaftliche Rentabilität der Dekarbonisierung stelle sich jedoch erst bei größeren Volumina ein, wie Lughammer erläuterte: „Ein kleines Projekt in Modulbau, zahlt sich weniger aus. Das heißt, ich muss das Ganze größer denken." Diese strukturelle Herausforderung verdeutlicht die Komplexität der Transformation zu nachhaltigeren Bauweisen und unterstreicht die Notwendigkeit strategischer Planung und Skalierung.
Modulbau als Innovationstreiber
Die Integration von nachhaltigen Anwendungen erfordert einen ganzheitlichen Ansatz in allen Projektphasen, wie die Diskussionen beim ESG Talk verdeutlichten. Lughammer betonte dabei die Aufgeschlossenheit der nachrückenden Generation: „Die sind vom Mindset her auf jeden Fall aufgeschlossener, offener. Die haben noch nicht gemacht und können deswegen nicht so machen, wie sie bisher immer gemacht haben." Diese Offenheit für innovative Ansätze sieht er als entscheidenden Treiber für die weitere Verbreitung nachhaltiger Bauweisen.
Besonders wertvoll erscheint dabei der multidisziplinäre Austausch zwischen verschiedenen Marktteilnehmern, wie Eva-Maria Hammerschmid von der RBI hervorhob: „Das sind einfach verschiedene Perspektiven, die man auf ein Thema hat, und wenn man die zusammen an den Tisch bringt, glaube ich, kann man gemeinsam auch an guten Lösungen arbeiten." Dieser vielschichtige Dialog wird als Schlüssel für die gemeinsame Entwicklung zukunftsfähiger Lösungsansätze betrachtet.
Green Building Standards: Implementierung in der Praxis
Die praktische Umsetzung von Green Building Standards erfordert nicht nur technische Innovation, sondern auch eine neue Fehlerkultur, wie in den Diskussionen deutlich wurde. Lughammer betonte dabei: „Man macht Fehler. Nur man sollte den Fehler nicht zweimal machen. Das heißt, aus den Fehlern zu lernen, sich weiterzuentwickeln." Diese pragmatische Sichtweise unterstreicht die Bedeutung des kontinuierlichen Lernens und der Weiterentwicklung in einem sich transformierenden Marktumfeld.
Die Veranstaltung an der FH Wien demonstrierte eindrucksvoll, wie sich Theorie und Praxis erfolgreich verbinden lassen, um konkrete Lösungen für die Herausforderungen der Branche zu entwickeln.
Fazit: Wegweisende Impulse für die Zukunft
Der 3. ESG Talk an der FH Wien hat eindrucksvoll demonstriert, dass die österreichische Immobilienbranche die Herausforderungen der Nachhaltigkeit nicht nur ernst nimmt, sondern aktiv innovative Lösungen entwickelt. Die Gespräche mit den Branchenexperten offenbarten sowohl die Komplexität der anstehenden Transformation als auch die enormen Chancen, die sich durch die konsequente Umsetzung von ESG-Prinzipien ergeben.