--}}
 

Wohnungsnot, Zinsen, Demokratie, Immobilienkredite & Milliardenmarkt

Wenn man sich lange nicht gesehen hat und sich auf einer Veranstaltung wie dem Wiener Real Estate Salon trifft, dann gibt es viel zu besprechen. Letztendlich komme ich im Gespräch mit Georg Formanek, Geschäftsführer der Dr. Georg Formanek GmbH, auf die derzeit brennenden Themen zu sprechen … und auf einen milliardenschweren Markt, der in Österreich noch brachliegt.

© Tania232323

Was haben Sie vom Wiener Real Estate Salon am 20. Juni mitgenommen?

Georg Formanek: Zwei Themen waren sehr interessant für mich. Zum einen das Thema ESG, das auf uns zurollt und immer wichtiger wird. Es hat eine ungeheure Dimension und wird den Markt verändern beziehungsweise tut das schon. ESG ist derzeit dort wichtig, wo man direkt mit dem Kapitalmarkt zu tun hat, sei es bei Finanzierungen oder zum Beispiel als Developer, der letztlich Produkte für institutionelle Investoren entwickelt. Für Family-Offices ist ESG derzeit noch Nebenschauplatz. Das heißt nicht, dass darauf nicht geachtet wird, aber es besteht nicht diese Wichtigkeit wie bei anderen Investoren. In vielen Fällen ist genügend Eigenkapital vorhanden, und man ist weniger auf die Kapitalmärkte angewiesen. Das kann sich aber ändern, sollte einmal jemand auf die Idee kommen, Vermietungsverbote für Objekte auszusprechen, die nicht gewisse Kriterien erfüllen. 

Der zweite Bereich?

Leistbares Wohnen. Das Thema ist im Augenblick sehr schwierig. Wir haben zu hohe Preise. Was mich aber beunruhigt, ist nicht nur das immobilienspezifische Thema. Wenn wir eine Wohnungsnot bekommen, wie in England oder den USA, weil zu wenig gebaut wird, gibt es eine große Anzahl an unzufriedenen Menschen, und der Ruf nach dem Staat wird lauter. Der hat aber auch nicht die finanziellen Möglichkeiten, endlos in den Markt einzugreifen.

Das ist insgesamt gefährlich für die Gesellschaft und gefährdet letztlich auch die Demokratie, denn dann besteht die Gefahr, dass man nicht mehr nach dem starken Staat ruft, sondern nach einem starken „Mann“. In Frankreich sieht man ja die Entwicklung bei den Wahlen und bei uns sind die Vorzeichen ähnlich. Das, finde ich, ist ein politisch sehr unerfreuliches Umfeld. Man sollte von politischer Seite her nachdenken, wie adäquate Lösungen aussehen, aber die Rahmenbedingungen machen es derzeit sehr schwierig, sie auch umzusetzen. In schwierigen Zeiten sehnen sich die Menschen eben nach einfachen Antworten. 

Wie schätzen Sie die Preisentwicklung ein?

In Österreich hat die Preisanpassung noch nicht stattgefunden. Die Preise sind noch nicht dort, wo sie sich im Ausland befinden. Die Banken tauchen noch durch und stellen die Kredite nicht fällig, sondern zinsfrei. Wenn die Preise nachgeben, können private Investoren zwar kaufen, aber die Masse der Bevölkerung leidet darunter.

Das Problem ist aber: Wenn die Preise im Ausland sinken und in Österreich nicht, kommt es kaum zu großen Transaktionen. Wenn einem Investor eine Büroimmobilie in Toplage neben dem Central Park in New York um neun Prozent angeboten wird, warum soll er dann hier kaufen? Kapital ist flexibel. Wenn wir glauben, dass wir in Österreich um fünf Prozent verkaufen können, während man etwa in Deutschland um sieben Prozent kaufen kann, dann wird das nicht funktionieren. (Das zeigt sich bereits bei den Marktberichten: In Österreich gingen alle Investments des zweiten Quartals 2024 auf das Konto österreichischer Investoren – Anm. d. Red.)

Die 0,25 Prozent Zinsrückgang bewirken noch gar nichts. Betrachtet man allerdings die Zinskurve der EZB, zeigt sich: Wenn die Zinsen einmal zu sinken begonnen haben, dann hat es bisher mindestens drei Jahre gedauert, ehe sie wieder gestiegen sind. Daher können wir einmal davon ausgehen, dass sie zumindest nicht mehr steigen werden. Das ist ja schon etwas.

Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?

Die Summe der faulen Immobilienkredite im Gewerbe- und im Zinshausbereich wird drastisch steigen, und die Banken werden in den kommenden zwei bis drei Jahren Wertberichtigungen vornehmen müssen. Die Probleme betreffen viele Banken. Die Frage ist, wie lange man die Dinge unter der Decke halten kann. 

Ich kenne Portfolios, bei denen ich mich frage, ob sich jemand die Immobilien angesehen hat, die finanziert wurden. Es wollten natürlich alle am Boom partizipieren, aber es hat vor allem kleinen Instituten oft das Wissen gefehlt. Man kann nicht etwas finanzieren, wenn man wenig Ahnung von einem Markt hat, der nicht der Heimmarkt ist. Der Immobilienmarkt ist fremdkapitalgetrieben. Auf jeden Fall haben die Banken mitgespielt, und für kleinere Institute auf dem Land sind zwei, drei Millionen Euro viel Geld.

Diese Entwicklung ist aber auch ein zweischneidiges Schwert: Fallende Preise kommen zwar den Investoren entgegen, aber die Masse der Bevölkerung leidet darunter – damit sind wir wieder beim Thema Gesellschaft.

Wann sollte man wieder Immobilien kaufen?

Jetzt ist die Zeit der Privatinvestoren, die Geld haben und relativ günstig einkaufen können. Sie nützen die Chance, denn irgendwann werden auch die großen Investoren bei sinkenden Zinsen wieder Kapitalabflüsse verzeichnen, dann werden sie sich geistig Richtung Startblöcke bewegen, und irgendwann werden sie alle gleichzeitig zu laufen beginnen. Mit weiteren Zinsschritten rechne ich nicht vor Ende des Jahres, daher ist jetzt ein guter Zeitpunkt zu investieren.

Welche Assetklassen wären jetzt interessant?

Wohnen ist sicher interessant, wenn man bedenkt, dass wir eine Wohnungsknappheit bekommen werden. Bei Büros bin ich nicht sicher, wie sich der Markt entwickeln wird. Hier gibt es vor allem konjunkturelle Faktoren, die schwer zu einzuschätzen sind. Eher überzeugt bin ich von Logistik und Light Industrial. 

International – vor allem im angloamerikanischen Raum, zunehmend aber auch in Deutschland – gibt es eine sehr interessante Entwicklung: Viele Unternehmen bunkern ihr Geld nicht in Immobilien, sondern verkaufen sie, bleiben im Objekt und zahlen Miete. Das lukrierte Geld stecken sie in Forschung und Entwicklung. Das ist bei uns aber noch die absolute Ausnahme.

Rechnet sich diese Vorgangsweise für Unternehmen?

In jedem Fall. Wenn man ein Objekt um einen gewissen Prozentsatz verkauft, um das Geld in Forschung und Entwicklung zu stecken, dann muss auf lange Sicht mehr herauskommen. In den USA ist das gang und gäbe, die haben einen viel mehr von Investmentbanken beeinflussten Ansatz. In Österreich ist das oft nicht der Fall. Wir haben noch ein gewisses Sicherheitsdenken in Bezug auf den Immobilienbesitz. In Deutschland gab es bereits Untersuchungen dazu, und es zeigt sich, dass es sich um einen Milliardenmarkt handelt, der noch weitgehend brachliegt.

21.11.2024

"Wir brauchen keine Politik der Eintagsfliegen, sondern eine gemeinsame Strategie."

Trotz multipler Krisen muss der Wohnbau in Österreich absolute Priorität haben. "Sozialer Friede ist eine Grundlage unserer demokratischen Gesellschaft", meint Klaus Baringer, Vorstandsvorsitzender der GESIBA und Obmann des GBV im Interview mit der Immobilien-Redaktion.

21.11.2024

Bau Invest Lounge: Experten diskutieren BIM und überregionale Chancen im Immobilienmarkt

Die kürzlich stattgefundene “Bau Invest Lounge”, organisiert von Digital Findet Stadt, bot eine Plattform für führende Persönlichkeiten der österreichischen Immobilienbranche. In einer aufschlussreichen Podiumsdiskussion tauschten Lars Oberwinter, Gerhard Rodler, Markus Galuska und Georg Stadlhofer ihre Erkenntnisse und Perspektiven aus. Die Veranstaltung beleuchtete aktuelle Trends, Herausforderungen und Innovationen in der Immobilienbranche, mit besonderem Fokus auf überregionale Zusammenarbeit und den Einsatz moderner Technologien wie Building Information Modeling (BIM).

20.11.2024

Wirtschaftlicher und ökologischer Nutzen: Die Bedeutung von Sanierung für Gesellschaft und Umwelt

Die kürzlich von apti und ÖGNI veranstaltete Konferenz zum Thema "Wirtschaftlicher und ökologischer Nutzen: Die Bedeutung von Sanierung für Gesellschaft und Umwelt" bot tiefe Einblicke in die Zukunft der Gebäudesanierung. Drei bemerkenswerte Vorträge beleuchteten verschiedene Aspekte dieses wichtigen Themas.

Geschrieben von:

Chefredakteur bei

Immobilien Redaktion
Interview-Partner:
Dieser Inhalt:
  • Erschienen am:
    25.07.2024
  • um:
    07:00
  • Lesezeit:
    5 min
  • Aufrufe: (letzte 90 Tage)
              
  • Bewertungen und Kommentare:
    1
  • Inhaltsbewertung:
    4.00 / 5
  • Lesevergnügen:
    5.00 / 5
  • Jetzt bewerten

Kategorie: Inland

Artikel:802

Die vielfältigen Inhalte unser Artikel und Videos befassen sich mit der Immobilienmarktentwicklung in Österreich und geben gemeinsam mit den relevanten Branchennews einen aktuellen Überblick. Allerdings werfen wir auch einen Blick in die Zukunft der einzelnen Assets. 
Mit diesem Blick in die Zukunft garantieren wir allen Lesern und Leserinnen, bei den entscheidenden Entwicklungen vorne dabei zu sein. Wir denken oft schon über Themen nach, die andere noch gar nicht als solche erkannt haben und greifen Entwicklungen auf, bevor sie sich am Markt etabliert haben.

Newsletter Abonnieren

Abonieren Sie unseren täglichen Newsletter und verpassen Sie keine unserer redaktionellen Inhalte, Pressemeldungen, Livestreams und Videos mehr.

Bitte geben Sie Ihren Vor- und Nachnamen ein, es sind exakt 2 Worte beginnend mit Großbuchstaben erlaubt.

Vielen Dank! Ihre Daten wurden gespeichert. Damit Ihre Anmeldung gültig wird klicken Sie bitte den Link in dem Bestätigungsmail das wir Ihnen gesendet haben.

Werbung

Das Immobilien-Redaktion Unternehmen der Woche 46/2024

Wir Gratulieren Korte Immobilien Fröndenberg zu erreichten 22 Punkten!

Korte Immobilien Fröndenberg

Winschotener Straße 12, 58730 Fröndenberg/Ruhr

Immobilienmakler Fröndenberg. Mehr als nur ein Makler. Erfolgreich seit 1975! Familienunternehmen in zweiter Generation. Verkauf von Häusern, Wohnungen und Baugrundstücken. Persönliche Beratung. Individueller Service. Tätig in Fröndenberg, Menden, Unna und Umgebung.

Unternehmen

Produkt/Leistung

Profil News

Platz 2

Raiffeisen Immobilien Österreich

Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Platz 1, 1020 Wien

Raiffeisen Immobilien ist die Maklerorganisation der Raiffeisenbanken Gruppe in Österreich und bietet Fullservice: Immobilienvermittlung, Bewertung, Investment

Unternehmen

Produkt/Leistung

Profil News

Platz 3