Das fängt damit an, dass es eigentlich kein Viertel ist, sondern ein Dreieck. Zwischen Praterstraße, Handelskai, Engerthstraße und Ausstellungsstraße gelegen, gleicht es von der Anlage her den Wiener Nobelvierteln. Aus gutem Grund, wenn man die Historie betrachtet: 1873 hatte die Donauregulierungs-Kommission Bauland bekommen, das durch die Trockenlegung entstanden war und privat verkauft wurde. Deshalb befinden sich hier hauptsächlich Immobilien aus der Hoch- und Spätgründerzeit. Das Fehlen von Durchzugsstraßen macht sich äußerst positiv bemerkbar, und im Zentrum gibt es den großen Max-Winter-Park.
Rückblende
Im Jahre 1162 wird der Wiener Prater als „Pratter“ zum ersten Mal urkundlich als kaiserliches Jagdrevier erwähnt, eine weitere urkundliche Erwähnung ist im Jahr 1403 zu finden. 1560 machte MaximilianII. das gesamte Gebiet zum exklusiven Revier für die Habsburger, und zwei Jahrhunderte lang war ausschließlich Adeligen der Zutritt zu dem sechs Quadratkilometer großen Areal erlaubt. JosephII. öffnete es schließlich im Jahre 1766 für die Bevölkerung und setzte auch die ersten Schritte zum „Wurstelprater“. Er genehmigte Gastwirten und Kaffeesiedern, ihre Zelte im Prater aufzustellen. Zusätzlich fanden Feste und Veranstaltungen statt, in deren Rahmen Schausteller Buden errichteten, die oftmals nicht wieder abgebaut wurden, sondern fix auf dem Gelände verblieben.
Der Prater und seine Umgebung
Im Prater entstanden im Laufe der Jahrzehnte immer mehr Attraktionen: im Rahmen der Weltausstellung 1873 in Wien die „Rotunde“– damals der größten Kuppelbau der Welt mit einem Durchmesser von 108 Metern und einer Höhe von 85 Metern; 1895 der erste Themenpark, „Venedig in Wien“, mit Lagunen, Seufzerbrücke, Dogenpalast, Gondeln und Gondolieri; 1897 das Riesenrad zur Feier des 50. Thronjubiläums Kaiser Franz JosephI.
Beginn der Bauaktivitäten
Zwei Jahre nach der Wiener Weltausstellung wurde das Gelände neben dem Prater– auf dem einst die Familie Stuwer fast 100 Jahre lang Kunstfeuerwerke veranstaltet hatte– erschlossen, und damit begann der Aufstieg. Die ersten Häuser entstanden in den 1880er Jahren entlang der Ausstellungsstraße. Anfang des 20. Jahrhunderts war bereits ein großer Teil des Stuwerviertels verbaut. Auf der einen Seite der Vergnügungspark, auf der anderen das erste technische Großprojekt der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, der Nordbahnhof. Dieser erreichte 1898 seine größte Ausdehnung und war auch maßgeblich am Aufschwung des Viertels beteiligt.
Ein Detail am Rande: Der nordöstliche Teil des Stuwerviertels war Ende des 19. Jahrhunderts als neuer Stadtteil „Donaustadt“ projektiert. Da aber der Name bei der Bevölkerung nicht gebräuchlich war und sich stattdessen andere Grätzlnamen bildeten, wurde er 1954 für den neuen 22. Bezirk verwendet.
Kurze Blütezeit
Die Blütezeit des Viertels war aber nur von kurzer Dauer, vielleicht auch ein Grund, warum es danach so lange unbeachtet blieb. Der Prater wuchs immer weiter und wurde letztendlich zum größten Vergnügungspark Europas. In dessen Umfeld entstand Anfang des 20. Jahrhunderts im nahen Stuwerviertel eine Rotlichtszene, die sich zu einer der größten Wiens entwickelte. Der Nordbahnhof verlor nach dem Ersten Weltkrieg seine Bedeutung, und wenige Jahrzehnte nach der Bebauung ging es hier bereits wieder bergab. Der Glanz erlosch, die Schönheit blieb– wenn auch versteckt.
100 Jahre Prostitution
Was auch blieb, war die Rotlichtszene mit all ihren unangenehmen Ausprägungen, und das fast 100 Jahre lang. So sehr man bemüht war, den Wiener Prater als Attraktion zu erhalten, so wenig kümmerte man sich um dessen Umgebung. Die angrenzende Venediger Au wurde zum Drogentreff und passte von der tristen Stimmung her hervorragend zu den kaum genutzten Gleisanlagen des Nordbahnhofs. Davor die Lassallestraße, die ins „Nirgendwo“– sprich nach Transdanubien– führte, damit bildete auch die Donau eine Grenze, und eben der Prater.
Auf dessen anderer Seite sah es nicht viel besser aus.
Die ehemalige Prinzenallee mit lockerer Villenverbauung hieß mittlerweile Rustenschacherallee, parallel dazu lief die Böcklinstraße mit stattlichen Gründerzeithäusern, die niemanden mehr interessierten. Statt der Gleise war es hier der Donaukanal, der das Gebiet faktisch von der Zivilisation abschnitt. Und genau so ging es in den beiden Vierteln auch zu.
Die einst so stolzen Häuser standen da– in ihrer Pracht vergangener Jahrzehnte– und warteten in Ruhe auf bessere Zeiten. Ein wenig sollte es noch dauern, aber für Immobilien dieser Bauart spielt Zeit ja kaum eine Rolle.
Umnutzung des Nordbahnhof-Areals
In den 1980er Jahren kam Bewegung in die Umgebung, und es erfolgte die schrittweise Umnutzung des zentral gelegenen Nordbahnhof-Areals. 1994 wurde vom Gemeinderat ein städtebauliches Leitbild für die Bebauung des Nordbahnhofs beschlossen. Kurz danach begannen auch die ersten Bauarbeiten entlang der Lassallestraße, die sich immer weiter in das ehemalige Bahnhofsgelände hinein erstreckten.
Zurück in der Zivilisation
Der Praterstern wurde umgestaltet, womit er seine „Schrecken“ verlor, und der Prater sowieso. Weil jede Stadtentwicklung ihre Auswirkungen auf die Umgebung hat, war klar, dass sich über kurz oder lang auch das einst boomende Viertel diesem Einfluss nicht entziehen würde können. Die U1 band es mittlerweile an die Innenstadt an. Einen weiteren Schub gab es mit der U2, die vom Karlsplatz bis in die neue seestadt aspern reicht, womit die Lage heute als äußerst verkehrsgünstig bezeichnet werden kann. Damit ist das Stuwerviertel wieder in die Zivilisation eingebettet. Die Wirtschaftsuniversität und das http://viertel-zwei.at, das derzeit erweitert wird, tragen viel zur Attraktivität der Gegend bei.
Das Karmeliterviertel im gleichen Bezirk hat gezeigt, was aus einer nicht gefragten Wohngegend werden kann, und diese Entwicklung holt das Stuwerviertel jetzt nach.
Eine neue Blütezeit hat begonnen.
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