Das Transaktionsvolumen bei Wohn- und Serviceimmobilien ist generell in die Höhe geschossen, wobei gerade der Teilmarkt der Gesundheits- und Sozialimmobilien überproportional zugenommen hat. „Sowohl nutzerseitig als auch aufseiten der Investoren erfreuen sich Seniorenimmobilien zunehmender Beliebtheit, da sie nicht nur überdurchschnittlich hohe Renditen aufweisen, sondern aufgrund der demografischen Entwicklung auch eine langfristig hohe Nachfrage generieren und somit geringe Leerstandsquoten sichergestellt werden können“, erklärt Walter Eichinger, geschäftsführender Gesellschafter Silver Living Gruppe. Silver Living arbeitet derzeit in der steirischen Hauptstadt an der Umsetzung eines besonderen Generationenwohnprojekts. Das generationenübergreifende Zusammenleben unter einem Dach ist wieder stark im Kommen. Es bietet ähnlich dem immer seltener werdenden Großfamilienmodell eine wirksame Alternative zur zunehmenden Vereinsamung in Ein-Personen-Haushalten. „Das Grazl“ wird insgesamt 159 Mietwohnungen – mit und ohne Betreuungsleistung – sowie umfangreiche Gewerbe- und Gemeinschaftsflächen umfassen: eine Stadt in der Stadt sozusagen“, so Eichinger.
Marktsegment im mittelklassigen Bereich
Früher eher als Sonderinvestitionsform bekannt, ist besonders in den letzten Jahren ein steigendes Interesse institutioneller wie privater Investoren an dieser Assetklasse zu bemerken. Derzeit werden noch über 90 Prozent solcher „Betreuten Wohnungen“ durch gemeinnützige Bauträger, also mit zum Teil massiven öffentlichen Förderungen, errichtet. Allmählich bildet sich aber für Immobilienentwickler und Investoren ein interessantes Marktsegment im mittelklassigen Bereich heraus. „Während die Renditen bei Standardwohnungen und Büros stetig fallen, können gut geplante und durchdachte frei finanzierte Seniorenimmobilien durchaus deutlich höhere Erträge bringen“, meint Samantha Riepl, Geschäftsführerin von SR Immobilien.
Alternativen zum klassischen Wohnbau
Durch das internationale Interesse wird der Markt auch für Projektentwickler zunehmend attraktiv. Thomas Morgl, geschäftsführender Gesellschafter Silver-Living-Gruppe: „Viele sind bereits auf der Suche nach Alternativen zum klassischen Wohnbau, schrecken aber oft vor der scheinbaren Komplexität von Seniorenwohnformen wie Betreutem Wohnen oder Generationenwohnen zurück.“ Ganz unberechtigt sind diese Sorgen allerdings nicht, denn Betreutes Wohnen ist in Österreich weiterhin eine komplexe Angelegenheit. Es wird immer noch sehr unterschiedlich gefördert, und die Objekt- und Subjektförderung ist je nach Bundesland individuell geregelt. Außerdem muss es nachhaltig und realistisch bepreist werden. „Es macht keinen Sinn, ein Projekt an einem Standort zu realisieren, an dem sich die Bewohner die Miete später nicht leisten können“, erklärt Morgl. Die Leistbarkeit für Seniorinnen und Senioren ist ein maßgeblicher Faktor. Entscheidend für den Erfolg ist dabei nicht nur die Errichtung barrierefreier und seniorengerechter Wohnhausanlagen, „sondern auch die gezielte Auswahl eines professionellen Betreibers vor Ort, der langfristig für Struktur, Stabilität und Weitblick in der Betreuung sorgen kann“, sagt Samantha Riepl.
In der aktuellen Situation rund um die gestiegenen Grundstückspreise ist es schwierig, Liegenschaften beziehungsweise Standorte zu finden, die eine dementsprechende Bepreisung ermöglichen – speziell in urbaneren Gegenden. Lukas Hochedlinger, Managing Director Central & Northern Europe bei Christie & Co, erwartet daher, „dass viele geschlossene Hotels in alternative Nutzungsmöglichkeiten wie etwa Pflegeeinrichtungen oder Seniorenwohnungen umgewandelt werden“.
Gut durchdachte Konzepte
In Großstädten wie Wien gilt es aufgrund der guten Versorgung durch die öffentliche Hand neue Herangehensweisen und gut durchdachte Konzepte zu finden. So entwickeln value one und Silver Living gemeinsam unter der Marke MILESTONE Silver Living ein serviceorientiertes Wohnprodukt für Seniorinnen und Senioren im mittleren Preissegment. Gemeinsam werden moderne Wohnangebote im innerstädtischen Raum geschaffen, die ein unabhängiges Leben, ein serviciertes Lebensumfeld sowie eine starke Community verbinden. „Das Servicekonzept umfasst die Anwesenheit eines Community-Managers mit Unterstützung eines haustechnischen Dienstes sowie ein digital unterstützendes AAL-System innerhalb des Apartments, das es den Bewohnern ermöglicht, so lange wie möglich individuell in den Apartments zu leben“, erklärt Sabine Müller, Chief Innovation & Marketing Officer bei value one. In Wien und Umgebung sind einige Standorte in Prüfung, aber es wäre für value one auch durchaus denkbar, das Konzept ins Ausland zu tragen. Müller: „Der demografische Wandel hat eine europäische Dimension, und daher hat das Produkt auch europäisches Potenzial.“
Die aktuell größte Herausforderung
Die größten Schwierigkeiten in der nächsten Zukunft haben aber nichts mit der Assetklasse an sich zu tun, sondern mit anderen Unwägbarkeiten. In der gesamten Baubranche ist es zu einem starken Kostenanstieg bei den Baumaterialien und Dienstleistungen gekommen. „Gemeinsam mit Verzögerungen bei Lieferterminen wird dies die größte Herausforderung für alle Immobilienentwickler in der näheren Zukunft sein“, so Thomas Morgl.
Der Demografische Wandel
Während in Österreich derzeit etwa 844.000 Einwohner über 75 Jahre alt sind, werden es in zehn Jahren bereits 1,077 Millionen Menschen sein. Allein durch diese demografische Veränderung werden – laut RegioPlan – für die Seniorinnen und Senioren in Österreich deutlich mehr Wohneinheiten benötigt und davon ca. 3.100 Wohneinheiten pro Jahr im Bereich Betreutes Wohnen nachgefragt werden. Die derzeitigen Projekte bringen allerdings nur knapp 700 jährlich auf den Markt, was im Bereich Betreutes Wohnen einen rechnerischen Fehlbestand von 24.000 Wohneinheiten für die nächsten zehn Jahre ergibt.