2023 verzeichnet die CEE-Region, wie alle europäischen Investmentmärkte, ebenfalls einen Rückgang, der sogar noch etwas deutlicher als in den westlichen Märkten ausfällt. „Die Gründe dafür sind vielfältig und dürften unter anderem am deutlich höheren Leitzinssatz als im restlichen Europa, an der höheren Abhängigkeit von internationalem Kapital sowie im anhaltenden Ukraine-Konflikt liegen“, sagt Markus Arnold, CEO und Alleineigentümer von Arnold Immobilien. Diese Faktoren haben dazu geführt, dass die Investmentaktivitäten im ersten Halbjahr 2023, verglichen mit dem ersten Halbjahr 2022 um 71 Prozent nachgegeben haben. Analysiert man die Länder im Detail, ergeben sich signifikante Unterschiede, weiß Markus Arnold: „Die Tschechische Republik etwa erweist sich einmal mehr als der stabilste Investmentmarkt der CEE-Region.“ Ähnlich wie in Österreich haben eigenkapitalstarke lokale Investoren teilweise das rückläufige Interesse der internationalen Anleger kompensiert.
Zahlreiche EU-Förderprogramme
Die CEE-Region profitiert allerdings weiterhin von zahlreiche EU-Förderprogramme, die auf die Unterstützung von Investitionen abzielen. Diese wirken sich positiv auf die Länder aus, meint Wolfgang Gomernik, Geschäftsführer der DELTA Gruppe & Leitung Business Development Er gibt allerdings zu bedenken: „Westeuropa bietet immer noch eine höhere Attraktivität für institutionelle Investoren im Vergleich zu CEE, zum Beispiel aufgrund von BIP, Marktgröße oder Regulierung.“
Höhere Wachstumsdynamik
So ist unter anderem der deutsche Immobilienmarkt „mit den Big-7-Kernstädten wesentlich größer und breiter als die CEE-Märkte, in denen zumeist nur die Hauptstädte als A-Standorte gelten“, zieht Keegan Viscius, CEO von CA Immo, einen Vergleich. Dafür liegt der Vorteil der CEE-Märkte in der höheren Wachstumsdynamik, einem geringeren Rückgang der Renditen und dem geringeren Flächenangebot. In vielen CEE-Ländern wurden nämlich in den vergangenen Jahren während Covid viele Büroprojekte eingestellt, „weshalb die Auswahl an Neubauten für Büromietinteressenten geringer ist und Mieten aus diesem Grund zum Teil sehr stark steigen“, sieht Johannes Bauer, Prokurist bei der S+B Gruppe, gute Chancen in dieser Assetklasse. Viele Unternehmen möchten ihre Mitarbeiter wieder aus dem Homeoffice in die Büros locken und suchen deshalb hochwertige und großzügige Büroflächen.
Der Fokus der S+B Gruppe liegt auf Warschau, Prag und Bukarest, wobei die Projekte nicht vordergründig Bürohäuser sein müssen. „Bei der Assetklasse sind wir ziemlich flexibel“, so Johannes Bauer, allerdings zählt „Lage, Lage, Lage“. In mehreren Ländern befindet man sich in der Due-Diligence-Phase für Grundstücksankäufe „mit erfolgversprechenden Projekten“; zuletzt wurde „in Warschau eine größere Liegenschaft erworben“.
Polen ist erfolgversprechend
Polen gilt auch bei anderen österreichischen Playern als erfolgversprechender Markt. Für Sebastian G. Nitsch, CEO von 6B47 Real Estate Investors, ist „Polen ein interessanter Residential Markt, im speziellen der Student-Housing-Bereich. Deshalb hält 6B47 auch weiterhin daran fest.“ Die Renditeentwicklungen sind deutlich besser als in den anderen europäischen Märkten. Ähnlich sieht es auch Andreas Köttl, CEO value one holding AG: „Polen war und ist immer noch ein Markt, in dem die Assetklasse studentisches Wohnen unterentwickelt ist. Wir haben in Partnerschaft mit Nuveen entschieden, diesen Markt zu erschließen, und bislang hat uns der gemeinsame Erfolg recht gegeben.“ Nuveen Real Estate und Value One/MILESTONE Student Living Joint Venture haben bereits zwei Studentenwohnprojekte in Polen fertiggestellt.
„Aus unserer Sicht sind Prag und Warschau im CEE-Raum die interessantesten Märkte“, sagt Keegan Viscius. Diese verzeichnen demografisches Wachstum und sind gute, attraktive Standorte für Firmenansiedlungen, unter anderem für Wachstumsbranchen wie IT. „Die Immobilienmärkte sind attraktiv, da das Angebot an neuen Flächen limitiert ist und ein gutes Mietwachstumspotenzial besteht.“ Dennoch hat die CA Immo in CEE keine Neubauprojekte in Umsetzung, mögliche Ankäufe werden sehr selektiv geprüft. „Derzeit haben für uns in der CEE-Region vor allem Refurbishments und Investitionen in den eigenen Bestand Priorität“, so Keegan Viscius über die aktuelle Strategie.
Ein unendliches Potential
Auch wenn die Ukraine derzeit ein sehr schwieriges Terrain ist, sieht Wolfgang Gomernik „ein schier unendliches Potenzial und die Chancen im Wiederaufbau“. Trotz schwieriger Bedingungen hat die DELTA Gruppe das Land nicht verlassen und beschäftigt dort weiterhin rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Es wird das größte Wiederaufbauprogramm Europas seit dem Zweiten Weltkrieg stattfinden“, ist Gomernik überzeugt. Dennoch rät er zur Vorsicht: „Die Zeit ist reif und doch noch jung für potenzielle Neueinsteiger.“