Walter Senk: In Innenstädten setzen sich zunehmend Budget-Designhotels durch. Für welche Gästegruppe sind diese interessant?
Oliver Soini: Es fällt schwer zu generalisieren, aber die Budget-Hotels ziehen natürlich eher junge Menschen an. Es zählt in den Budget-Hotels nicht mehr die typische Sterne-Kategorie, und es gibt sehr unterschiedliche Klassen je nach Design und Preisgefüge. Das haben die großen Ketten erkannt und innerhalb ihres Portfolios Splittermarken gegründet.
Glauben Sie, dass die Sterne-Einteilung generell überholt ist?
Oliver Soini: Nur teilweise. In der hochpreisigen Kategorie haben die Sterne nach wie vor ihre Berechtigung. Beim Thema Budget-Hotels spielen die Sterne aber keine große Rolle. Ich vergleiche das immer gerne mit Restaurants, die ihre Michelin-Sterne oder ihre Hauben haben. Die Restaurants stellen das gar nicht mehr so sehr in den Fokus. Die Gäste interessieren sich weniger für die Sterne oder Hauben, die ein Experte verliehen hat, und setzen mehr auf die Einschätzung anderer Gäste. Daher haben im Internet – um jetzt wieder auf die Hotels zurückzukommen – Seiten wie TripAdvisor nach meinem Empfinden einen viel höheren Stellenwert. Budget-Hotels sind eben im Internet und den sozialen Medien sehr präsent, und da zählt eher die Meinung des Gastes als die eines Kritikers.
Nehmen die Budget-Hotels den Großen die Kunden weg?
Oliver Soini: Das glaube ich nicht. Die großen Ketten haben ein ganz starkes Buchungssystem mit einem riesigen Potenzial, und sie kümmern sich ja genauso um ihre Kunden. Budget-Designhotels verdrängen eher Familienhotels.
Warum können Familienhotels nicht umsteigen? Fehlen ihnen die Ideen?
Oliver Soini: Nein. Es fehlt ihnen häufig eher die Kapitalkraft als die Innovationskraft. Viele Familienhotels in den Metropolen wurden inzwischen vererbt und sind abgezahlt. Sie haben keine Schulden und können daher noch wirtschaftlich überleben, da die Vorgängergeneration alles geebnet hat. Jetzt müsste man investieren, aber dafür fehlt das Kapital. Und hier kommen mehr und mehr die Budgethotels rein und übernehmen dieses Metier.
Betrifft diese Entwicklung nur die DACH-Region oder ganz Europa?
Oliver Soini: Das betrifft ganz Europa.
Die Entwickler und Betreiber verlassen auch immer stärker die A-Städte.
Oliver Soini: Die Märkte vergrößern sich insofern, als sich Hotelentwickler und Hotelbetreiber nicht nur in den A-Märkten, sondern auch in den B- und C-Märkten bewegen. So schauen sie sich in Deutschland zum Beispiel auch Städte wie Krefeld oder Oberhausen an. Diese werden von Investoren außerhalb Europas sehr wohl verstanden, und zahlreiche Mikromärkte haben für Betreiber und Investoren auch ihren Reiz.
Wer fährt nach Krefeld?
Oliver Soini: Es gibt dort einen Industrie- und Gewerbepark, und zum Flughafen Düsseldorf sind es nur 25 Minuten mit dem Auto, in die Stadt selbst auch. Bei großen Messen findet man in Düsseldorf oft keine Übernachtungsmöglichkeiten, in Krefeld jedoch schon. Solche speziellen Marktcharakteristika muss man sich ansehen.
Welche Veränderungen sind Ihnen noch aufgefallen?
Oliver Soini: Bars und Restaurantbetriebe gewinnen in Hotels mehr an Bedeutung. Früher ist man zum Übernachten ins Hotel gegangen und dann ein paar Straßen weiter ins Restaurant. Das hat sich verändert. Viele neue Budget-Hotels haben eine fantastische Bar, und dort gehen nicht nur Hotelgäste hin, sondern auch zahlreiche Gäste von außerhalb. Die Betreiber achten darauf, dass man den Gast, der im Haus übernachtet, auch dort behält, um zusätzlichen Umsatz zu generieren. Wir bauen in Mainz ein niu-Hotel, ein neues Konzept der Novum-Gruppe, und in der Bar würde ich auch zur Barfly werden. In anderen Hotels gibt es ab und zu Kochevents, und es entsteht dabei eine dermaßen tolle Stimmung, dass man sich einfach wohlfühlt.
Ist das für Sie mehr ein Trend oder eine Entwicklung?
Oliver Soini: Ich sehe es nicht als Trend, sondern als eine langfristige Entwicklung – diese hat mit unserem gesellschaftlichen Wandel zu tun. Lebensqualität und Lebensgefühl sind auf dem Vormarsch, und das bemerkt man auch im Hotelbereich.