Der Übergang ins Jahr 2024 und das Inkrafttreten des ESG-Gesetzes
Das Jahr 2023 neigt sich dem Ende zu, und wir blicken gespannt auf das Jahr 2024. Ein bedeutendes Ereignis wird das Inkrafttreten des ESG-Gesetzes sein, zumindest teilweise und für große Unternehmen. Dieses Gesetz wird von vielen als notwendig erachtet, um faire Regeln für das Erreichen der Klimaziele zu etablieren. Es gibt jedoch auch kritische Stimmen, die den administrativen Aufwand bemängeln.
Die Komplexität von Immobilien und der administrative Aufwand
Angesichts der steigenden Komplexität im Immobilienbereich stellt sich die Frage, ob der administrative
Aufwand des ESG-Gesetzes gerechtfertigt ist. Silvia Wustinger-Renezeder gibt zu, dass sie nicht tief genug in den Gesetzestext eingetaucht ist, um eine fundierte Meinung dazu zu haben. Sie betont jedoch die grundsätzliche Wichtigkeit des Klimaschutzes, wie er auch in der Taxonomieverordnung und anderen EU-Regulierungen verankert ist.
Bewusstsein für Klimaschutz in der Immobilienbranche
Wustinger-Renezeder unterstreicht die Bedeutung eines branchenweiten und europaweiten Bewusstseins für den Klimaschutz. Sie sieht es als eminent wichtig an, dass Gebäude besser eingehaust, geschützt und energieeffizienter gestaltet werden, um niedrigere Energiezahlen zu erreichen. Auch wenn manche Bereiche möglicherweise überbordend reguliert sind, kann sie zu einzelnen Themen keine spezifische Aussage treffen.
ESG als vorübergehendes Thema?
Ein interessanter Aspekt, der in Gesprächen immer wieder auftaucht, ist die Idee, dass ESG in gewisser Weise ein endliches Thema sein könnte. Das Ziel ist es, dass klimaneutrales und klimafittes Bauen irgendwann selbstverständlich wird und in Fleisch und Blut übergeht. Auf die Frage, wie lange dieser Prozess dauern wird, ist Wustinger-Renezeder optimistisch: Sie glaubt nicht, dass es Generationen brauchen wird, sondern eher eine Frage der nächsten zehn Jahre ist.
Die Herausforderung der Bestandsimmobilien
Ein wichtiger Einwand ist die lange Halbwertszeit von Immobilien. Gebäude, die vor zehn Jahren errichtet wurden, gelten heute noch als neu und werden oft nicht angefasst. Wustinger-Renezeder sieht hier zwei treibende Kräfte: Einerseits wird die EU uns dazu zwingen, früher zu handeln, andererseits wird das Klima selbst uns dazu drängen.
Praktische Erfahrungen mit nachhaltigen Baukonzepten
Wustinger-Renezeder teilt ihre persönlichen Erfahrungen mit einem kürzlich fertiggestellten Haus, das mit Bauteilaktivierung und Deckenkühlung ausgestattet ist. Drei ihrer Mieter haben ihr mitgeteilt, dass die Deckenkühlung ein entscheidender Grund für die Wahl der Wohnung war. Diese positive Resonanz sieht sie als Zeichen dafür, dass solche Lösungen angesichts der klimatischen Verhältnisse zunehmend gefragt sein werden.
Photovoltaik und New Work
Ähnliches beobachtet sie bei Photovoltaikanlagen, die verstärkt nachgerüstet werden und bei Neubauten bereits zum Standard gehören. Dies zeigt, wie schnell sich nachhaltige Technologien durchsetzen können. Auch im Kontext von New Work und Homeoffice gewinnen energieeffiziente und komfortable Wohnlösungen an Bedeutung.
Herausforderungen in dicht bebauten Gebieten
Eine besondere Herausforderung sieht Wustinger-Renezeder in der Umrüstung innerhalb dicht bebauter Gebiete wie Wien. Sie ist gespannt darauf, welche technischen Lösungen gefunden werden, um alle Häuser ohne Gas zu versorgen. Dies wird ihrer Meinung nach noch eine spannende Aufgabe sein.
Klimaneutralität in Wien bis 2030?
Auf die Frage, ob das Ziel der Stadt Wien, bis 2030 klimaneutral zu sein, realistisch ist, antwortet Wustinger-Renezeder mit einem klaren Nein. Sie hält es für gut, wenn dieses Ziel bis 2040 oder 2050 erreicht wird, sieht 2030 jedoch als absolut nicht machbar an.
Nachverdichtung und Bauordnungsnovelle
Eine mögliche Lösung könnte eine Bauordnungsnovelle sein, die eine stärkere Nachverdichtung nach oben und mehr Begrünung unten ermöglicht. Wustinger-Renezeder würde eine solche Entwicklung sehr begrüßen. Sie sieht es als sinnvoll an, in gut erschlossenen Gebieten wie Wien nachzuverdichten, anstatt am Stadtrand oder auf dem Land neue Infrastruktur schaffen zu müssen.
Flächenwidmung und Zersiedelung
In diesem Zusammenhang betont sie die Notwendigkeit, über die Flächenwidmung nachzudenken. Die Nachverdichtung in den Kerngebieten sieht sie als wichtige Aufgabe für die nächsten 10 bis 20 Jahre, um der Zersiedelung entgegenzuwirken.
Grüne Anreizmodelle
Ein interessanter Vorschlag sind grüne Anreizmodelle, wie beispielsweise die Möglichkeit, für jeden gepflanzten Straßenbaum 50 Zentimeter über die Firsthöhe hinaus bauen zu dürfen. Wustinger-Renezeder zeigt sich von solchen Ideen begeistert und lobt die Bemühungen Wiens zur Begrünung der Stadt, wie etwa das Ziel, Millionen von Bäumen zu pflanzen.
Ausblick und Fazit
Abschließend betont Wustinger-Renezeder die Vorreiterrolle Wiens im Vergleich zu anderen europäischen Städten in Bezug auf Begrünung und nachhaltige Stadtentwicklung. Sie sieht die Herausforderungen, die der EU Green Deal und die damit verbundenen Regulierungen wie die KIM-Verordnung mit sich bringen, als Chance für Innovation und nachhaltige Entwicklung im Immobiliensektor.
Die Immobilienbranche steht vor großen Herausforderungen, aber auch vor spannenden Möglichkeiten. Die Auswirkungen des EZB-Leitzinses auf Immobilieninvestitionen, die Anforderungen des ESG-Gesetzes und die Notwendigkeit nachhaltiger Bauweisen werden die Branche in den kommenden Jahren prägen. Es wird darauf ankommen, innovative Lösungen zu finden, die sowohl den Klimaschutz als auch die Bedürfnisse der Bewohner berücksichtigen.
Mit dem Fokus auf Nachverdichtung, energieeffiziente Gebäude und grüne Technologien kann die Immobilienbranche einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten. Dabei wird es entscheidend sein, den administrativen Aufwand in einem vertretbaren Rahmen zu halten und gleichzeitig effektive Maßnahmen umzusetzen. Die nächsten Jahre werden zeigen, wie schnell und erfolgreich dieser Wandel vollzogen werden kann.